BIM im Metallbau (Teil 3)

Implementiert bei Waagner-Biro

Nachdem in den ersten beiden Serienteilen die Grundprinzipien der Arbeitsweise mit BIM und die Arbeit in der „Virtual Reality“ erläutert wurden, geht es in diesem dritten Beitrag spezifisch um den Metallbau.

Grundsätzlich können mit den bei Stahlbauern weitverbreitenten Software Anwendungen wie z.B. Advanced Steel oder Tekla Structures nicht nur die Stahldetails abgebildet und die Werkstattplanung ausgearbeitet werden, sondern auch 3D-Informationen, Materialeigenschaften, Bauteilnummern, Stücklisten, etc. erzeugt werden. Anwender dieser Programme arbeiten also, bewusst oder unbewusst, schon bauteilorientiert und sollten sich auf BIM-Prozesse gut einstellen können.
In der Architekturplanung werden im deutschsprachigen Raum vor allem Programme wie ArchiCAD, Allplan und Revit eingesetzt. Genau hier kommen nun die allfälligen Schnittstellenthemen auf: Wie koordiniert man die Modelle der Planung mit denen des Metallbaus?

Eine kombinierte Arbeitsweise könnte z.B. folgendermaßen aussehen:

Projektstruktur / zentrale Datenbank wird in einer führenden BIM Planungssoftware (z.B. Revit) aufgesetzt und funktioniert als ‚Mutter-Model‘. Grobe Geometrie und Elemente werden angelegt.

Diese Information wird von diesem Model über eine Schnittstelle in ein Stahlbaukonstruktionsprogramm exportiert. Dort wird in 3D die Geometrie weiterentwickelt und der Stahlbau im Detail konstruiert.

Dieses detaillierte Stahlbaumodell funktioniert als Basis für Montageplanung, Werkstattplanung, Stücklisten und Kommunikation mit dem Fertiger.

Relevante Informationen können wieder zurück in die führende BIM Planungssoftware importiert werden. Alle Detailmodelle werden hier zusammengeführt und deren Zusammenspiel durch den BIM-Koordinator gemanagt (Koordination der Gewerke). Dieses Modell funktioniert auch als Basis für Kommunikation mit Architekten, Kunden usw.

BIM eröffnet für Planer, Ausführende und Betreiber große Möglichkeiten, lange verlorenes Land im Bauprozess zurückzuerobern und auch neue Geschäftsfelder zu erschließen – Neugier, Initiative und Begeisterungsfähigkeit sind natürlich vorausgesetzt. Für eine umfassende Digitalisierung aller Planungs-, Ausführungs- und Betriebsprozesse ist die gesamte Palette der Anforderungen zu betrachten. Es geht nicht nur um die technische Planung des Objektes, sondern auch um die Digitalisierung von Kosten- und Terminmanagement, Statuserfassung, Ressourcenplanung, Dokumentenmanagement, Kommunikation etc. Dabei reicht es im Beispiel der Kostenplanung nicht, dem einzelnen Bauteil z.B. eine Kosteninformation zuzuordnen – betrachtet werden muss das gesamte Management des Zukaufprozesses inklusive Zahlungen. Für derartige Prozesse gibt es schon seit Langem datenbankbasierte ERP-Softwareprodukte wie z.B. SAP, die sich am Markt gut etabliert haben. Auch für Dokumentenmanagement haben sich in der Bauwelt schon umfangreiche Softwarelösungen etabliert. In jedem Fall werden für die immer größere Anzahl an Einzeldaten und für einen effizienten Umgang mit dieser Fülle an Daten Datenbankanwendungen gebraucht.
So schnell wird es wohl kein Softwareprodukt geben, das alle Anwendungen zentral abdeckt. Die Frage ist, ob das für die Bauindustrie überhaupt eine wünschenswerte Entwicklung wäre. Klar ist, dass für die langfristige Vision einer durchgängigen Datenkette im Bauwesen die unterschiedlichen Datenwelten aus digitalen Planungsdaten, ERPs und Logistikmanagement zusammenwachsen müssen und der Einsatz an unterschiedlichen Softwareanwendungen minimalisiert werden soll.
Aber eine kleinteiligere IT-Landschaft hat auch den Vorteil, dass es für verschiedene Spezialanwendungen (wie Statische Berechnung, Geometrieoptimierung etc.) auch eine sehr spezifische Weiterentwicklung dieser Expertensoftware geben kann. Entscheidend sind intelligente Schnittstellen zwischen den Anwendungen und eine Vernetzung der verfügbaren Daten.

Die Implementierung

Die Implementierung von BIM als neue, zentrale Arbeitsweise kann einen erheblichen Ressourcenaufwand bedeuten und in frühen Phasen empfindliche Auswirkungen auf die Produktivität eines Unternehmens haben. Daher sei vor allem Einsteigern empfohlen, dieses Vorhaben gut zu planen und sich ausgiebig und (Software-)unabhängig beraten zu lassen.
Dabei ist ein besonderer Fokus auf den adressierten BIM-Level zu legen: Es empfiehlt sich, zunächst die eigenen Prozesse und Methoden zu fokussieren und Skills aufzubauen. Das entspricht dem BIM Level 2: Erzeugen datenreicher Modelle im eigenen Unternehmen. Hier entstehen bei überschaubarem Aufwand schnell greifbare Mehrwehrte wie z.B. eine verlässliche Mengen- und Massenermittlung und verlässlich konsistente Planmaterialien.
In weiterer Folge kann man sich dann der wesentlich größeren Herausforderung einer interdisziplinären, modellbasierten Zusammenarbeit im BIM Level 3 stellen: Die hier entstehenden Fragen nach brauchbaren Schnittstellen und Methoden modellbasierter Kommunikation und Abstimmung bedingen einen souveränen Umgang mit den digitalen Daten der eigenen Arbeitswelt.

Ausblick

Zurzeit gibt es einen intensiven Schub in der Anwendung — dies wird auch zu einer wesentlichen Weiterentwicklung der wichtigsten Themen führen.

Die Software: Speziell die ‚großen Player‘ tendieren dazu, eine Ausweitung der bereits existierenden Software Anwendung zu promoten (z.B SAP Construction Project Information Network) und sich damit ein weiteres Stück des „Digitalisierungskuchens“ zu holen. Gleichzeitig gibt es eine unglaublich aktive und kreative Startup-Szene, die uns immer wieder mit intelligenten Lösungen für Spezialthemen überrascht. In jedem Fall braucht es eine Verbesserung in der Anwenderfreundlichkeit und der mobilen Verfügbarkeit (Zugang zur ‚virtual reality‘ in ausreichender Geschwindigkeit, immer und überall).

Die Weiterentwicklung von Schnittstellen: Obwohl Universal-Datenformate wie das IFC-Format (Industry Foundation Classes) prinzipiell eine gute Lösung sein könnten, um die allgegenwärtigen Herausforderungen der BIM-basierten Datenübergabe zwischen den unterschiedlichen Software-Plattformen zu ermöglichen, bleiben in der täglichen Anwendung dieser Schnittstellen noch viele Wünsche offen. Das IFC-Format erlaubt zwar, richtig angewendet – durchaus vielversprechende Möglichkeiten zur interdisziplinären Kommunikation und Koordination – eine reibungslose Daten-Übergabe zwischen allen gängigen BIM Authoring Tools und Simulations-Programmen aus Planung, Bau und Betrieb auf Basis dieses Formats bleibt jedoch weiterhin eine Vision. Die Lösung könnte eine einheitliche Programmiersprache für BIM-Objekte sein. Ob dies jedoch jemals Realität wird, bleibt vor dem Hintergrund der eher bescheidenen Fortschritte des IFC-Formats über die letzten Dekaden und den tendenziell nicht sonderlich an Interoperabilität interessierten, großen Playern der Bausoftwarebranche zu bezweifeln.

Das Informationsmanagement: Die zunehmende Digitalisierung von Planung, Ausführungsüberwachung, Betriebsdaten, Kommunikation etc. stellt das Projektteam vor immense Herausforderungen in Bezug auf die Strukturierung all dieser Daten. Verschiedene Bearbeitungsschritte brauchen verschiedene Datenhierarchien, die aber für eine durchgängige Verwendung und Referenzierung entsprechend zusammenpassen müssen.
Nur eine durchgängige Verwendung der immer gleichen Bezeichnungen für die gleichen Elemente und eine eindeutige Zuordnung zu erforderlichen Datenhierarchien erlaubt eine Bearbeitung der Daten in verschiedener Software für unterschiedliche Zwecke. Projektmanagement wird in Zukunft in zunehmendem Maße „Informationsmanagement“ sein.

Für einen geregelten Ablauf sind auch die vertraglichen Bestimmungen neu zu überdenken. Verträge müssen auf digitale Verfügbarkeit der technischen Vertragsbasis, Datenschutzbestimmungen etc. eingehen. Nicht zuletzt wird das Arbeiten in der virtuellen Welt sich auf das Nachtragsmanagement auswirken. Damit BIM schnell weiterentwickelt wird, wäre es wünschenswert, dass sich Interessierte in Pilotprojekten zusammentun, die auch jenseits von Vertragsgrenzen die Chancen einer umfassenden Digitalisierung mit effizienter Kooperation am virtuellen Modell ausloten.

x

Thematisch passende Artikel:

Ausgabe 12/2022

BIM im Metallbau / Teil II

Drei Fassadenbauer berichten

Hölscher GmbH & Co. KG „Prozessoptimierung steht im Vordergrund“ Jochen Hölscher, Geschäftsführer der Hölscher GmbH & Co. KG aus Kleve hat seine eigene Perspektive auf die BIM-Thematik:...

mehr
Ausgabe 05/2024

BIM-Arbeitsweise

Fassadenplaner & Metallbauer am Projekt

metallbau: Herr Rossi, seit wann beschäftigt sich idpartners schon mit BIM? Stefano Rossi: Wir wagten 2015 den Sprung ins kalte Wasser, und zwar mit dem Scott Sports Headquarters in Givisiez. Die...

mehr
Ausgabe 10/2018

BIM wandelt den Metallbau

Straffe Planung, Fertigung und Ausführung

In den letzten Jahrzehnten hat der Einsatz von 3D-Modellen den Bau auf ein neues Leistungsniveau gehoben. Heute bieten exakte, detaillierte Gebäudemodelle eine Fülle an Informationen, um...

mehr
Ausgabe 2-3/2018

BIM im Metallbau (Teil1)

Implementiert bei Waagner-Biro

Building Information Modeling: Kaum ein Fachbegriff ruft gleichzeitig so viele hoffnungsvolle Assoziationen wie Befürchtungen hervor. Alle Disziplinen des Bauwesens stehen gleichsam vor den...

mehr
Ausgabe 10/2018 Interview

Bernd Mühl, Unger Steel

„BIM ist alternativlos!“

metallbau: Bitte beschreiben Sie BIM in Ihren eigenen Worten: Was ist BIM und inwieweit ist es fu?r Metallbauer wichtig, sich damit auseinanderzusetzen? Bernd Mühl: Einerseits wird mit BIM die...

mehr