Oberflächen nach EN 1090

Mehr Aufwand für Verzinken und Beschichten

Juristisch gesehen ist der Metallbauer derjenige, der für die Qualität einer Verzinkung oder Beschichtung verantwortlich ist, auch im Rahmen der EN 1090. Dabei muss der Verzinkungs- bzw. Beschichtungsprozess in die werkseigene Produktionskontrolle (WPK) eines Metallbetriebes integriert werden. Deshalb sollte man einige grundlegende Aspekte in der Lieferkette beachten. Zum Beispiel sind die Bauteile verzinkungs- bzw. beschichtungsgerecht zu konstruieren, und der Metallbauer sollte den Feuerverzinkungs- oder Beschichtungsbetrieb bereits bei der Auftragsvergabe umfassend über spätere Verwendungszwecke und ggfs. die erforderliche Korrosivitätskategorie informieren. Voraussetzung für eine EN 1090-konforme Verzinkung wiederum ist, dass die Feuerverzinkungsbetriebe nach der DASt-Richtlinie 022 ‚Feuerverzinken von tragenden Bauteilen‘ zertifiziert sind und einmal jährlich überwacht werden. Beschichtungsunternehmen wie Flüssig- und Pulverbeschichter können sich durch PÜZ-Stellen (Prüf-, Überwachungs- und Zertifizierungsstellen) überwachen lassen.

Zusammenarbeit nur mit qualifizierten Veredlern

In der Regel hat der Metallbauer jedoch keine Ressourcen oder nicht das nötige Know-how, um die Qualität des Oberflächenveredlers zu überwachen. Die Fremdüberwachung übernehmen z.B. unabhängige Institute wie das IFO Institut für Oberflächentechnik in Schwäbisch Gmünd. Das IFO ist eine nach ISO 17065 akkreditierte und notifizierte Zertifizierungsstelle gemäß EU-Bauproduktenverordnung mit einem nach ISO 17025 akkreditierten Prüflabor. Sie überwacht Oberflächenveredler im Bereich des Korrosionsschutzes von Aluminium- und Stahltragwerken. Das Institut zertifiziert Feuerverzinkungsbetriebe nach DASt 022, überwacht als PÜZ-Stelle Beschichtungs- und Eloxalbetriebe und stellt entsprechende Korrosionsschutzbescheinigungen nach EN 1090 für Feuerverzinker, Beschichtungs- und Eloxalbetriebe aus. Darüber hinaus überprüft es die werkseigene Produktionskontrolle (WPK) von Metallbaubetrieben und führt Zertifizierungen nach der EN 1090 durch. „Es ist im eigenen Interesse des Metallbauers und für seine WPK unabdingbar, dass er ausschließlich mit qualifizierten und überwachten Dienstleistungsunternehmen zusammenarbeitet, welche die rechtlichen Anforderungen an den Korrosionsschutz einhalten“, erklärt Ute Brunner-Bäurle, Bereichsleiterin der Überwachungs- und Zertifizierungsstelle beim IFO. Sie empfiehlt Metallbauern, sich auch durch entsprechende vertragliche Regelungen mit dem Zulieferer abzusichern, um Haftungsausschlüsse durch die Oberflächenveredler auszuschließen. Eine zusätzliche Absicherung durch eine Versicherung ist gegebenenfalls erforderlich.
Überwachte Oberflächenveredler erhalten bei Erfüllung der Anforderungen nach der EN 1090 vom Zertifizierer eine Konformitätserklärung im Bereich Verzinken bzw. Beschichten mit Pulver- oder Flüssiglack. Dabei wird nicht nur der Fertigungsprozess, sondern auch die chemische oder mechanische Vorbehandlung, die Qualifizierung des Personals, die Endkontrolle der beschichteten Teile und letzten Endes auch der Umgang mit fehlerhaften Produkten überwacht. Einen Überblick über zertifizierte Veredler findet man zum Beispiel auf der Homepage des IFO. „Ca. 90 % der deutschen Feuerverzinkungsunternehmen lassen sich nach den Anforderungen der EN 1090 überwachen. Unterdessen sind auch immer mehr europäische Unternehmen interessiert, denn ein Zertifikat erspart lange Erklärungen zwischen den Geschäftspartnern“, sagt Brunner-Bäurle.

Änderung betrifft genaue Dokumentation

Die Firma Nowack Metallbau aus Burgharting ist nach der EN 1090 zertifiziert und arbeitet seit Jahrzehnten mit dem Feuerverzinker Wiegel und dem Pulverbeschichter Abeltshauser zusammen. Geschäftsführerin Claudia Nowack berichtet, dass sich an der bisherigen hohen Oberflächenqualität auch nach der Zertifizierung nichts geändert hat, nun aber die Verfahrensschritte genau und nachvollziehbar dokumentiert sind und der Kunde jederzeit umfangreiche Unterlagen über die Veredlungsprozesse erhalten kann.
Für die Vergabe eines CE-Zeichens ist das unerlässlich. Die werkseigene Produktionskontrolle geht bei Nowack Metallbau bereits beim Materialeinkauf los. „Bei uns wird jeder Stahl nur noch mit Werkszeugnis eingekauft. Damit kann jedem Auftrag das richtige Material direkt zugeordnet werden“, sagt Claudia Nowack. Nach dem Verzinken wird die Ware stets auf Menge, Abmessungen und Zustand geprüft und mit der Bestellung verglichen. Die anhängenden Verzinkungsdokumente werden auftragsbezogen archiviert. Sie sind entsprechend gestempelt und abgezeichnet. In der Werkstatt wird dann nachbearbeitet, gegebenenfalls Zinknasen und -spitzen entfernt, Löcher nachgebohrt, Gewinde nachgeschnitten. Ist eine nachfolgende Pulverbeschichtung oder Nasslackierung vorgesehen, wiederholt sich die Prozedur.
„Zwischen Feuerverzinker und Beschichter bedarf es in der Regel keiner Vermittlung“, sagt Claudia Nowack, „denn die Arbeitsprozesse sind exakt definiert.“ Sobald aber tragende Bauteile in rauen Umgebungsbedingungen wie Industrie- oder Meeresklima eingesetzt werden, ist eine alleinige Verzinkung oder eine Beschichtung mit Flüssig- oder Pulverlack nicht mehr ausreichend. Überwiegend kommt dann das Duplex-Verfahren zum Einsatz, das ein abgestimmtes Vorgehen verlangt. Dem Beschichter müssen z.B. die Korrosivitätskategorie und die Schutzdauer mitgeteilt werden. „Seit der Einführung der EN 1090 ist das einzige, was sich für uns wirklich verändert hat, die umfangreiche Dokumentation für jedes Bauteil“, berichtet Nowack. „Für jeden EN 1090-Auftrag muss eine Leistungserklärung erstellt werden, um das CE-Zeichen zu erhalten. Die erforderlichen Nachweise und Dokumentationen bekommen wir vom Verzinker bzw. Beschichter. Und wenn ein Kunde eine Dokumentation entsprechend der EN 1090 verlangt, müssen diese Unterlagen zusammen mit allen Zeichnungen, der Statik, den Materialzeugnissen, Fertigungs- und Montageberichten und sonstigen Papieren jederzeit griffbereit sein. Deshalb archivieren wir alles akribisch genau.“ Das Unternehmen hat hierfür eine zusätzliche Kraft auf 450-Euro-Basis eingestellt, „weil das sonst nicht mehr zu schaffen ist.“ So sehr die Geschäftsführerin die Norm auch begrüßt, so sehr stöhnt sie unter der Last der entstandenen Bürokratie: „Das ist ein Riesenaufwand, der teuer ist.“
Eine Dokumentation ist bisher nur ein einziges Mal verlangt worden, berichtet Nowack. Sie wurde für geschweißte Edelstahlkonsolen benötigt, die ein anderer, nicht zertifizierter Metallbauer für ein spezielles Projekt bestellte. „Jeder Kunde kann von uns eine Dokumentation erhalten, nur muss er sie bezahlen. Denn sie ist aufwändig und kann sehr umfangreich sein. 100 Seiten sind keine Seltenheit, dazu kommen die Schweißdaten-dokumentation WPS und die Zeichnungen im Originalformat bis A0.“ Die Unterlagen werden wahlweise elektronisch oder in Papierform ausgehändigt.

Mess- und Prüfprotokolle teils nur auf Anforderung

Die Verzinkung muss vom Metallbauer nach der EN ISO 1461 bestellt werden. Die verwendeten Bestellunterlagen sollten dies explizit ausweisen. Die Bestellvorlagen für eine Duplex-Beschichtung müssen zusätzlich der DASt-Richtlinie 022 und der EN ISO 12944-5 entsprechen. Damit bereits die Ausschreibungstexte sowohl der EN ISO 1461 als auch der EN 1090 entsprechen und die Einordnung der Bauteile in Korrosivitätskategorien CX korrekt erfolgen kann, stellt Feuerverzinker Wiegel entsprechende Vorlagen direkt auf seiner Website zum Download bereit. Johann Bengler, Bereichsleiter bei Wiegel, betont: „Wir wollen den Kunden beim Thema Korrosionsschutz von Anfang an optimal beraten und betreuen, um seinen Aufwand in Grenzen zu halten.“
Metallbauer Nowack hat deshalb mit der Firma Wiegel z. B. einen vereinfachten Bestellvorgang für das Feuerverzinken vereinbart und bis auf Widerruf festgelegt, „dass alle Verzinkungsaufträge auch ohne besondere Bestellspezifikation bzw. Vorgaben oder Hinweise auf Grundlage der DASt-Richtlinie 022 in der Vertrauenszone 1 bei einer Materialreferenzdicke von kleiner 30 mm erfolgen.“ Die überwiegende Zahl der Aufträge bei Nowack entspricht der Vertrauenszone 1. Für eine andere Vertrauenszone müssen gesonderte Angaben gemacht werden. Das heißt, wenn ein 50 mm starkes Blech verzinkt werden soll, muss die Vertrauenszone 2 oder 3 gewählt werden.
Ob allerdings ein Auftrag nach EN 1090 ausgeführt werden muss, hat der Metallbauer zu entscheiden. Es sei denn, dies geht aus den Bestellunterlagen bereits eindeutig hervor. „Entweder ist das bereits bei der Ausschreibung oder im Auftrag durch den Architekten oder Planer festgelegt oder wir als Metallbauer müssen das tun. Das betrifft auch die Ausführungsklasse. Bei öffentlichen Aufträgen oder tragenden Bauteilen aus Stahl oder Aluminium ist die EN 1090 Vorschrift, im Zweifelsfall müssen wir den Einsatzzweck nachfragen“, sagt Claudia Nowack. Sicherheitshalber fragt sie ihre Kunden stets per Vordruck und im Voraus ab, ob eine Dokumentation erwünscht ist. Dadurch kann sie beispielsweise auch von vornherein beim Feuerverzinker oder Beschichter eine Schichtdickenmessung anfordern.
Auch hier unterstützt Wiegel seine Kunden und macht im Zweifelsfall von sich aus den Metallbauer auf eine Verzinkung nach EN 1090 aufmerksam. „Das ist durchaus im eigenen Interesse, denn bestimmte Prüfprotokolle machen wir nur auf Anforderung, und die können im Nachhinein nicht mehr erstellt werden“, sagt Johann Bengler. Das betrifft beispielsweise das sehr aufwändige Verfahren der Magnetpulverprüfung. Schichtstärkenprüfungen werden stichprobenartig für die eigene WPK durchgeführt, aber nur auf Anfrage für den Kunden protokolliert.

Informationsaustausch ist wichtig

„Die Schichtdicke einer Verzinkung wird maßgeblich von der Materialstärke und der Stahlzusammensetzung beeinflusst“, sagt Johann Bengler. Das ist in der EN ISO 1461 geregelt. Bei Materialstärken bis 1,5 mm ergibt sich ein minimaler Zinküberzug von 45 μm, bei Materialstärken von mehr als 6,0 mm liegen die Mindestanforderungen bei 85 μm. In der Praxis werden diese meist erheblich übertroffen. „Wird eine einfache Standardverzinkung verlangt, muss der Metallbauer keine besonderen Bestellangaben machen“, erläutert Bengler. „Das betrifft 99,5 % aller Aufträge.“
Nicht alle Korrosivitätskategorien und Schutzzeiträume lassen sich nur mit dem Prozess Verzinken erreichen. Bei extrem hohen Anforderungen, z.B. in Schwimmbädern, im Offshore-Bereich oder bei Bodenkontakt, hat sich das Duplex-Verfahren bewährt, eine Kombination aus Feuerverzinkung und Beschichtung. Der Synergieeffekt erhöht die Schutzdauer um Faktor 1,5 bis 2,5. Die Oberfläche bietet eine hohe Widerstandsfähigkeit und Abriebfestigkeit. Auch typische Unterrostungen treten hier nicht auf. Erfolgt die Beschichtung in mehreren Schichten, ist darauf zu achten, dass jede einzelne Schicht in unterschiedlichen Farbschattierungen appliziert wird und Messprotokolle der einzelnen Schichten erstellt werden, die dem Metallbauer auf Verlangen auszuhändigen sind. Manchmal wird das Duplex-Verfahren auch nur zur optischen Verschönerung verwendet.
Für eine nachfolgende Beschichtung ist nicht die aufgetragene Zinkstärke entscheidend, sondern allein die Vorbehandlung der Oberfläche durch den Flüssig- oder Pulverbeschichter. Wichtig ist auch, dass zwischen dem Feuerverzinken und der anschließenden Beschichtung nur wenig Zeit verstreicht, die Teile trocken gelagert und transportiert werden, gegebenenfalls verpackt. „Auf keinen Fall sollten frisch verzinkte Teile abgewittert werden, bevor sie beschichtet sind“, sagt Bengler. „Das ist ein weit verbreiteter Irrtum, der sich leider noch immer hartnäckig in den Köpfen hält.“ Für den Feuerverzinker ist es daher wichtig zu wissen, was im Anschluss mit den Teilen passiert. Er darf eventuell bestimmte, sonst übliche Nachbehandlungsverfahren nicht ausführen.
Auch benötigt der Feuerverzinker oder Beschichter vom Metallbauer Informationen zur Korrosivitätskategorie (C1 bis C5) und zur Schutzdauer des Korrosionsschutzes, um die Schutzschichten in der gewünschten oder erforderlichen Dicke auftragen zu können. Unverändert bleiben die Anforderungen an die Konstruktion, die der Metallbauer feuerverzinkungsgerecht ausführen muss, was eine entsprechende Planung durch Statiker oder Architekten voraussetzt.

Über den Umgang mit Mängeln

Mögliche Verzinkungs- bzw. Beschichtungsmängel unterscheidet man in drei Kategorien: Funktionsmängel (Verzugserscheinungen), mangelnde Korrosionsbeständigkeit durch Minderschichtdicken oder Abplatzungen und dekorative Mängel. Letzteres sind bei lackierten Oberflächen Scheuerstellen, Kratzer, Mattierungen, z.B. durch Schutzfolien oder Unterschiede im Farbton. „Zur objektiven Bewertung dieser Mängel gibt es – bis auf die Möglichkeit von Schichtdickenmessungen – keine Richtlinien. Allerdings gibt es eine Reihe von Veröffentlichungen, meist durch Sachverständige, die Bewertungen und entsprechende Vorgehensweisen beschreiben“, sagt Ute Brunner-Bäuerle. „Ein Beispiel ist das Fachbuch ‚Hinzunehmende Unregelmäßigkeiten bei Gebäuden‘ von H. Oswald.“
Als geringfügig und akzeptabel werden in der Regel Mängel bezeichnet, die den Korrosionsschutz nicht wesentlich beeinflussen. Diese können beispielsweise mit einer Wertminderung abgegolten werden. Bei Funktionsmängeln, welche die Korrosionsbeständigkeit wesentlich beeinflussen, kann es zum Austausch des Bauteils oder auch zu einer aufwendigen Vorortsanierung kommen.
Kein Metallbauer oder Oberflächenveredler möchte Mängel gern zugeben. „Doch“, sagt Johann Bengler, „wo gefertigt wird und Menschen arbeiten, gibt es Fehler. Sonst wären ja Qualitätsmanagementsysteme überflüssig.“ Für das Stückverzinken regeln außerdem die EN ISO 1461, für das Beschichten die EN ISO 12944 die Details, Empfehlungen zum Korrosionsschutz von Eisen- und Stahlkonstruktionen gibt die EN ISO 14713.
Genau deshalb, weil Metallbauer den ordnungsgemäßen Korrosionsschutz der Bauteile gegenüber dem Kunden gewährleisten müssen und Verzinkungs- und Beschichtungsmängel mittels Sichtprüfung nicht immer leicht erkennbar sind, ist die Wahl von zertifizierten Oberflächenveredlern äußerst sinnvoll. Sie dokumentieren nicht nur den Veredlungsprozess, sondern garantieren auch sachgemäße Vorbereitungsgrade P1 bis P3. Die Art und Sorgfalt der chemischen oder mechanischen Vorbehandlung hat maßgebenden Einfluss auf die Haftung der nachfolgenden Beschichtung und somit auf die Qualität des Korrosionsschutzes.

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