Normen für Einbruchhemmung
Neues im Bereich Beschläge und ToreDie Verwendung mechatronischer Beschläge für Fenster und Türen war bislang normativ nicht vorgesehen. Deshalb wurden die Normen zur Ermittlung der einbruchhemmenden Eigenschaften von Bauelementen überarbeitet. Die DIN EN 1627:2019-05 ist im Entwurf veröffentlicht. Der Sicherheitstag (RoSi) des Prüfzentrums für Bauelemente beschäftigte sich mit den geplanten Änderungen.
Die einbruchhemmende Eigenschaft der Bauelemente mit mechatronischen Beschlägen wird vor allem in folgenden Kapiteln behandelt:
E DIN EN 1627: 2019-05 Anforderung und Klassifizierung
E DIN EN 1628:2019-05 statische Belastung
E DIN EN 1629: 2019-04 dynamische Belastung
E DIN EN 1630:2019-05 manuelle Einbruchversuche
Was bleibt gleich?
1. Anwendungsbereich Tore oder Betonfertigteile werden nicht behandelt
2. Widerstandsklassifizierung: RC bleibt RC
3. Anforderungen an die Glasfüllungen gemäß EN 356
4. Werkzeugsätze und Widerstandszeiten
5. Prüfstand, Prüfablauf und und Schablonen als Ausschlusskriterium
Änderungen nach der Entwurffassung
1. Mechanische Anforderungen der mechatronischen Schlösser und Beschläge werden den RC Klassen zugeordnet
2. Alternative Beschlagnachweise nach Tabelle B.1 entfallen und werden durch manuelle Prüfungen ersetzt
3. Anforderungen an mechatronische und elektronische Sicherheitssysteme wurden im Anhang E aufgenommen
4. Zusätzliche Schablone für durchgangsfähige Öffnung: Rechteck: 150 mm x 660 mm
Fazit
In den Entwurf der E DIN EN 1627:2019-05 wurden mechatronische Beschläge aufgenommen. Falls für gewählte Beschlagkombination keine Nachweise vorhanden sind, wurden Verfahren zur Feststellung der Eignung durch
manuellen Werkzeugangriff festgelegt. Die Übertragungsregeln wurden geringfügig geändert, die Kennzeichnung bis RC3 wiedereingeführt. Anforderungen an die elektronische Sicherheit im Anhang E gestellt. Einbruchhemmende Anforderung an die Wände wurden feiner herausgearbeitet.
Anhang E der E DIN EN 1627
Auf den Anhang E der E DIN EN 1627 ging Referent Dr. Marc Zacher von der Firma Uhlmann & Zacherein. Im Normungsausschuss gehörte er der Arbeitsgruppe „electrically controlled“ an. Seiner Einschätzung nach lässt der Anhang viele wesentliche Fragen offen, zudem liegen knapp 400 Einsprüche dazu vor. Zacher befürwortete, den Anhang E in eine eigene Norm zu fassen. „Aus den vorhandenen Unterlagen kann etwas
Praktikables gemacht werden“, meinte er. Nichtsdestotrotz hält er auch eine separate Norm für die Elektronik bei einbruchhemmenden Bauteilen für ein schwieriges Unterfangen. Auch weil man es in diesem Bereich mit Google und Amazon zu tun habe, die sich nicht an normative Vorgaben halten.
Montage, Nachrüstung und Prüfung
Über die Besonderheiten der Montage und Nachrüstung einbruchhemmender Bauteile referierte Matthias Demmel, Geschäftsführer des PFB.
Basis für die Einbruchhemmung sind folgende Normen:
DIN EN 1627 Klassifizierungsnorm
DIN EN 1628 Statische Prüfung
DIN EN 1629 Dynamische Prüfung
DIN EN 1630 Manueller Einbruchsversuch
DIN 18104-1 Aufschraubbare Nachrüstsicherungen
DIN 18104-2 Nachrüstsicherungen im Falz
Bei der Montage eines einbruchhemmenden Bauelements im Objekt sollten folgende Fragen beantwortet werden:
Mauerwerk und Befestigungsmittel
Vorgesetzte Montage, WDVS, Fassadenverkleidung
Rollladenkästen, Beschattungen
Montage in bestehenden Fassadensystemen
Montageanleitung/Montagebescheinigung
Bei der Montage im Objekt kommt es auf Mauerwerk und Befestigungsmittel an:
Bis zur Widerstandsklasse RC3 sind Ziegelmauerwerke auch mit dünnwandigen Ziegeln lösbar. Verstärkte Laibungssteine sind von Vorteil. Ansonsten sind spezielle Befestigungsvarianten mit mehr Aufwand erforderlich.
Hartschaum Montagerahmen sind bis zur Widerstandklasse RC3 einsetzbar, benötigen aber einen Schutz gegen direkten Werkzeugangriff.
Die Einbruchhemmung wird erhöht durch gewebeverstärkendes Verputzen, ein Einputzen der Rahmen/Zargen sowie vorgesetzte gemauerte Fassaden.
Pfosten-Riegel-Fassaden können einbruchhemmend installiert oder nachgerüstet werden, beispielsweise mit einbruchhemmenden Einsatzelementen, dabei sollten die Rahmen zu den innenliegenden Pfosten-Riegel-Profilen verschraubt werden.
Während Rollladenkästen bei der Montage mit Anforderungen an die Einbruchhemmung gesondert zu berücksichtigen sind, haben vorgehängte Beschattungen meistens keinen Einfluss auf die einbruchhemmenden Eigenschaften.
Montageanleitung und -bescheinigung
Zu einbruchhemmenden Elementen nach DIN EN 1627 gehört eine Montageanleitung; in objektspezifischen Fällen kann diese durch eine Technische Zeichnung, die die Montage vollständig darstellt ergänzt oder gegebenenfalls ersetzt werden. Ferner ist eine Montagebescheinigung der ausführenden Montagefirma Bestandteil eines einbruchhemmenden Elementes. Die neue DIN EN 1627 wird voraussichtlich wieder eine verpflichtende Kennzeichnung erfordern. Die Prüfung einbruchhemmender Eigenschaften kann auf Wunsch des Auftraggebers auch vor Ort ausgeführt werden: Manueller Einbruchversuch nach DIN EN 1630.
Bei Vor-Ort-Prüfungen sind diese Punkte zu berücksichtigen:
Auch bei der Prüfung vor Ort können zwei Probekörper je Prüfnachweis (Widerstandsklasse und Bauart) erforderlich werden.
Ein Zustand fortgeschrittener Fertigstellung des Gebäudes erschweren das Aufbringen von Lasten (statische + dynamische Prüfung).
Schäden an den geprüften Probekörpern sowie an den Wandanschlüssen sind möglich. Entsprechende Nacharbeiten sowie ein Austausch muss in Betracht gezogen werden.
Verkehrsbereiche, die durch die Prüfung beeinträchtigt werden, sind abzusichern.
Einbruchhemmung von Toren mit DIN SPEC 18194
Günter Borrmann betreut seit Oktober 2019 am PfB die Sparte der kraftbetätigten Bauelemente, mit den Schwerpunkten, Tore und Automatiktüren. Sein Vortrag zur E DIN SPEC 18194:2019-10 gab Hinweise zur Einbruchhemmung bei Toren, insbesondere zu den Anforderungen und der Klassifizierung nach der nationalen Lösung. Im Juli 2020 wurde aus dem Entwurf der DIN SPEC die DIN TS 18194:2020-07. Die von Borrmann angemerkten Fehler der E DIN SPEC 18194 wurden mit der Veröffentlichung der DIN TS 18194 bereinigt.
Die DIN TS formuliert vier Anforderungen: Jedes Tor, das mit der vorliegenden Norm übereinstimmt, ist … nach dem Grad der Einbruchhemmung in eine Widerstandsklasse einzuordnen.
Die Klassifizierung erfolgt analog zu DIN EN 1627:2011-09, Abschnitt 4; RC 1 N bis RC 6. Die Kennzeichnung erfolgt analog zu DIN EN 1627:2011-09, NA4. Ein Produkt, das den Einbruchwiderstand bei mehr als einem Schließzustand ausweist, ist für jeden Zustand zu prüfen, zu bewerten und zu klassifizieren.
Die vorgegebenen Prüfverfahren orientieren sich an der Produktgruppe 3 nach DIN EN 1627:2011. Sie umfassen: Sektionaltore, Rolltore, Gitter-Rolltore, Hubstaffeltore, nichtaus-schwingende Kipptore, Spiraltore, Hubfalltore, Kipp-/Schwingtore (ausschwingend); Schiebetore, Seitensektionaltore, Drehflügeltore und Falttore.
Die Polizei erkennt die DIN SPEC bzw. DIN TS 18194 und deren Anforderungen an. Die KPK-Listen der Polizei führen die geprüften und zertifizierten Produkte/Hersteller für einbruchhemmende Bauelemente auf. Nach Info des PFB sind aktuell 133 Fenster- und Fassadenhersteller, ca. 110 Türenhersteller, 8 Torhersteller nach DIN V ENV 1627 und 6 Torhersteller nach der neuen DIN TS 18194 gelistet. Bleibt offen, bis wann die KfW- Banken ihr Förderprogramm anpassen.
Fazit
Die veröffentlichte DIN TS 18194 ist die erste, echte Alternative für den Nachweis einbruchhemmender Eigenschaften von Toren. Die Frage, in wie weit die geplanten Änderungen der Normenreihe DIN EN 1627 bis DIN EN 1630 einen Einfluss auf die Einbruchhemmung von Toren haben, hat sich mit der Veröffentlichung der DIN TS 18194 und den darin enthaltenen, datierten Norm-Verweisen geklärt.
Checkliste für die Nachrüstung
¬ Welcher Widerstand muss gemäß dem Sicherheitskonzept gewährleistet werden?
¬ Welche Eigenschaften müssen gewährleistet werden gemäß der bauaufsichtlichen Anforderung. Welche zusätzlichen Anforderungen werden im Leistungsverzeichnis aufgeführt?
¬ Bei Modernisierungen sollte detailliert geklärt werden, wie ist der Bestand in punkto Einbruchhemmung ausgestattet?
¬ Welche Maßnahmen wie Beschläge, Glas, Glasanbindung, Profil und Eckfestigkeit, Druckfeste Montage sind realistisch nachrüstbar?
¬ Klar sollte sein, eine Nachrüstung mit Beschlagselementen nach DIN 18104-1 oder DIN 18104-2 ergeben kein einbruchhemmendes Element nach DIN EN 1627!