Matthias König, Berater

„Meine Mandanten stehen meist sehr unter Druck!“

Matthias König war bis Mitte 2023 viele Jahre Sprecher der Geschäftsführung der Unternehmensgruppe Alfred Bohn. Heute berät er mit der Firma prodatio consulting Unternehmen, steht ihnen als Beirat zur Seite und publiziert zu Managementthemen. Wir haben mit ihm über sein neues Arbeitsfeld gesprochen.

metallbau: Herr König, Sie haben zu relevanten Themen rund um die Bewältigung der Baukrise in verschiedenen Fachmedien publiziert. Wie kam es dazu?

Matthias König: Ich wurde zu Fragen rund um Strategie, Fortbestandssicherung, Kostenmanagement und Organisationsentwicklung angesprochen. Um praktische Antworten und Anstöße für Veränderungsprozesse zu liefern, entschied ich mich für die Publikationen. Die Resonanz darauf war bemerkenswert hoch.

metallbau: Welche Maßnahmen bei Liquiditätsengpässen gibt es für Unternehmen, wenn die Geschäftsführer ehrlich und frühzeitig den Austausch mit dem Warenkreditversicherer bzw. dem Lieferanten suchen?

König: Generell ist in den verschiedenen Phasen der Entwicklung der Liquidität eine Vielzahl von Maßnahmen möglich, auch wenn das Vertrauen unter den Stakeholdern schon stark strapaziert wurde. Jedoch hängt die Wirksamkeit der Maßnahmen stark vom Zeitpunkt und der Qualität der Umsetzung ab. Berücksichtigen muss man aber auch, dass verloren gegangenes Vertrauen schwer wieder aufgebaut werden kann, erst recht in unternehmerischen Notsituationen mit ungewissem Ausgang.

metallbau: Welche Bedeutung kommen Lieferantenkredite bei Liquiditätsengpässen zu?

König: Natürlich ist es sehr problematisch, mit Lieferantenkrediten zu arbeiten, wenn die Warenkreditversicherer das Limit reduziert oder gar gestrichen haben. So weit darf man es nicht kommen lassen. Das rechtzeitige Einreichen der angeforderten Unterlagen, die natürlich eine entsprechende Güte haben müssen und der frühzeitige, konstruktive Austausch mit den Warenkreditversicherern sind hier wesentliche Punkte. Das kann den Druck reduzieren, unter Zeitnot handeln zu müssen und ermöglicht es dem Unternehmen, besser durchdachte Entscheidungen zu treffen​.

metallbau:  Sie schreiben in Ihren Artikeln immer wieder von „transparent durchfinanzierten Unternehmen“; was heißt das?

König: Durchfinanziert bedeutet zunächst, dass auf Basis einer vorgelegten Planung der notwendige Finanzbedarf ermittelt wurde sowie die Quellen für seine Deckung verlässlich nachgewiesen werden können und diese dort auch tatsächlich abrufbar sind. Im praktischen Kontext bedeutet dies, dass ein Unternehmen eine solide Finanzierungsstruktur (Eigen- und Fremdmittel) hat, die es ihm erlaubt, auf kurzfristige und langfristige finanzielle Bedürfnisse schnell und effektiv zu reagieren.

 

metallbau: Welche Stolperfallen sind Ihnen als Berater bekannt, sodass eine Finanzdarstellung nicht als durchfinanziert bewertet wird?

König: Im Hinblick auf die Stolperfallen gibt es verschiedene Aspekte. Sehr wichtig ist die Stimmigkeit der vorgelegten Zahlen, die sowohl zur Entwicklung des Unternehmens passen als auch die Marktentwicklung widerspiegeln sollten. Als weiterer Punkt ist zu verdeutlichen, dass an der Performanceverbesserung im Unternehmen stetig gearbeitet wird. Wichtig sind auch klare Planungsprämissen mit wesentlichen Aussagen zu z.B. Marktannahmen und Einkaufspreisentwicklungen, der Personal- und Sachkosten u. v. m.

metallbau: Mit welchen Schwächen in der Durchfinanzierung halten Metallbauer gerne hinter dem Berg, um das Betriebsmanagement zu schönen? Sie kennen das Verhalten wahrscheinlich aus Erfahrung!

König: Ja, natürlich, die beiden Hauptprobleme, die mir begegnen, sind nicht valide Zahlen im Sinne Ihrer vorher gestellten Frage, Intransparenz und unrealistische Annahmen in der Planung. Oft findet das Prinzip Hoffnung Anwendung. Aber Hoffnung ist keine Strategie.

metallbau: Damit die Liquiditätsvorschau transparent und nachvollziehbar ist, benötigt ein Betrieb gut aufbereitete Daten. Was muss ein Betrieb leisten, dass die Daten als gut aufbereitet von Lieferanten und Kreditgebern bewertet werden? Halten Branchensoftwares dafür noch keine Standards vor?

König: Natürlich gibt es verschiedene Softwaresysteme, die hier unterstützen. Es sind aber nur Werkzeuge, die nun einmal die Eigenschaft haben, nur so gute Ergebnisse zu liefern, wie es ihre Bedienung und das verwendete Zahlenmaterial ermöglichen. Das heißt, dass die Systeme richtig bedient und gepflegt sein müssen (z. B. Stammdaten) und das Datenmaterial stimmig und aktuell sein muss. Oft erlebe ich, dass die Betriebe mit ihren Jahres- oder Monatsabschlüssen deutlich zu spät dran oder die Daten unvollständig sind. Hier helfen nur straff organisierte Abläufe, kompetente Mitarbeitende sowie gute Führung. Faustformel ist bei den monatlichen Abschlüssen: Am zehnten Werktag des Folgemonats sollten die Abschlüsse vorliegen, damit man sie in der operativen Steuerung noch verwerten kann.

metallbau: Sie schreiben eine Liquiditätsvorschau bis zu 16 Wochen kann im Verhältnis zum Warenkreditversicherer Vertrauen schaffen; aber welcher Betrieb kann bei der aktuellen Zahlungsmoral und gängigen Bauverzögerungen noch seriös eine Liquiditätsvorschau über einen Zeitraum von vier Monaten stellen, wenn nicht das Gros der Liquidität sowieso über die Eigenkapitalquote abgedeckt ist?

König: Zunächst müssen wir festhalten, dass die Geschäftsführung eines Unternehmens gesetzlich dazu verpflichtet ist, die Liquidität für die Deckung der anstehenden Ausgaben zu sichern. Das setzt voraus, dass es eine entsprechende Vorschau gibt, die liquiditätswirksame Einnahmen und Ausgaben sowie die Finanzierungsmöglichkeiten ständig abgleicht. Natürlich sind die Rahmenbedingungen im Baubereich derzeit außerordentlich schwierig und volatil, umso wichtiger ist es, dass man versucht, den Überblick zu behalten. Aus meiner Sicht ist dabei die beste Herangehensweise, eine revolvierende Liquiditätsvorschau zu haben, die einmal in der Woche unter Berücksichtigung bekannter Fakten, realistischer Annahmen und gesicherter Vergangenheitswerte angepasst und im Führungskreis diskutiert wird. Hier kann man dann Korrekturmaßnahmen oder einen zusätzlichen Finanzierungsbedarf besprechen und die dafür geeigneten Maßnahmen einleiten.

metallbau: Die Optimierung der Prozesse ist in aller Munde. Sie proklamieren die Wertstromanalyse und das -design als Arbeitsmethode. Als Ausgangspunkt nennen Sie eine Prozesslandkarte. Weiter ist eine Ist-Analyse nötig, dann braucht es einen Soll-Plan und einen Umsetzungsplan... Wer in den Unternehmen ist in der typischen Funktion, diese Arbeitsabläufe zu übernehmen? Oder braucht es zur Optimierung der Prozesse in jedem Fall einen externen Berater?

König: Ob es einen externen Berater braucht, hängt von der Kultur im Unternehmen und der Qualifikation von Management und Mitarbeitenden ab. In der Regel ist es ratsam, dass Unternehmen intern über die grundlegenden Kompetenzen zur Prozessoptimierung verfügen und diese auch aktiv nutzen. Dennoch kann die Zusammenarbeit mit einem externen Berater, insbesondere bei größeren und komplexeren Projekten oder der Einführung eines Prozessmanagements, erhebliche Vorteile bieten. Die Entscheidung hängt von der Größe des Unternehmens, der vorhandenen Expertise und der spezifischen Komplexität des Optimierungsprojekts ab. Ein hybrider Ansatz, bei dem interne und externe Ressourcen kombiniert werden, kann oft den größten Erfolg bringen.  

metallbau: Langfristig ist also auch interne Kompetenz für Prozessmanagement nötig!

König: Prozessmanagement, im Sinne effizient und effektiv organisierter Prozesse sowie des Aufspürens von Verbesserungspotentialen und deren Hebung ist eigentlich ein Handwerk. Das kann man, wie jedes andere auch, erlernen und man muss es praktizieren, damit es gut funktioniert. In vielen Unternehmen gibt es Prozessmanager oder auch das Qualitätsmanagement, die sich übergreifend um die Prozesse und deren Weiterentwicklung kümmern. Gutes Prozessmanagement ist immer auch Teil guter Unternehmensführung und betrifft alle Führungskräfte, die auch Prozessverantwortung tragen sollten. Das lässt sich nicht sinnvoll und ausschließlich an eine Funktion oder gar eine Person delegieren. Die Unternehmensspitze muss es vorleben, einfordern und natürlich die Rahmenbedingungen (Qualifikation, Ziele, Ressourcen und wichtig! Kultur) schaffen. Kommen dann der erforderliche Fleiß und die Beharrlichkeit dazu, wird es gelingen.

metallbau: Prozessoptimierung hört sich immer so nach einem Ideal an, es geht doch auch dabei wie immer ums Geld.

König: Optimale Prozesse und Kostenoptimierungen sollten immer zusammenhängen und das ist nicht trivial. Damit das funktioniert, braucht man eine gute Methodik. In der praktischen Beratungstätigkeit erarbeite ich auf dieser Basis mit den Mitarbeitenden meiner Mandanten konkrete Lösungen und sorge dafür, dass anwendungsbereites Wissen vermittelt wird. Immer nach dem Prinzip der Hilfe zur Selbsthilfe. Allgemeingültig lässt sich festhalten, dass die größten Verschwendungsparameter in der Metallbaubranche häufig aus einer Kombination von ineffizienten Prozessen, mangelnder oder fehlerhafter Planung, schlechter Kommunikation und unzureichendem Qualitätsmanagement bestehen. Es ist entscheidend, diese Verschwendungen durch gezielte Prozessoptimierungen, Schulungsmaßnahmen und den Einsatz sowie das meisterhafte Beherrschen moderner Technologien in der Vorbereitung und Abwicklung der Projekte zu minimieren.

metallbau: Bei wie vielen Betrieben aus der Metallbaubranche waren Sie als Berater bei der Optimierung von Prozessen bereits behilflich und was sind dabei denn die härtesten Herausforderungen?

König: Grundsätzlich kann und möchte ich keine Informationen über meine Mandanten und deren Probleme geben. Oft werde ich in Situationen angesprochen, in denen bereits die Finanzierer einen erheblichen Veränderungsdruck aufgebaut haben oder schon eine Restrukturierung eingeleitet wurde. Dabei sind leider oft die Probleme hausgemacht. Darüber spricht niemand gern, wie Sie sich vorstellen können. Die Branche ist recht übersichtlich und transparent, jeder Kunde hat ein Recht darauf, dass seine Spezifika vertraulich bleiben. Daran halte ich mich. Es sei nur so viel gesagt: Ich bin über Wochen gut gebucht, das muss als Referenz genügen. Alles Weitere dann bei Bedarf im persönlichen Gespräch mit den Mandanten.

https://prodatio.com

Matthias König ist Diplom-Ökonom und verfügt über mehr als 25 Jahre Erfahrung als Geschäftsführer in der Bauzulieferindustrie. In dieser Zeit hat er zahlreiche Unternehmensgruppen durch Phasen der Restrukturierung und des Wachstums geleitet. Heute ist er Inhaber von prodatio consulting, einer spezialisierten Beratungsboutique für die Bauzulieferbranche. Neben seiner Tätigkeit als Berater steht er Unternehmen als Beirat zur Seite und veröffentlicht regelmäßig Artikel zu strategischen und managementbezogenen Themen in Fachzeitschriften. Kontakt: matthias.koenig@prodatio.com

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