Rechnen in der Wolke

Cloud Computing mit Chancen und Risiken

Die „Cloud“ ist in aller Munde. Eindrucksvolle Kosteneinsparungen und erhöhte Flexibilität erscheinen möglich, was ist jedoch mit der Datensicherheit? Autor Dipl.-Kaufmann Thomas Schneider beleuchtet Chancen und Risiken für Metallbau­unternehmer. Nach Angaben des Cloud Monitors 2014 (Bit-kom) nutzen 37 % der Betriebe mit der Größe 20 bis 99 Mitarbeiter Cloud Computing.

Das „Rechnen in der Wolke“, wie Cloud Computing übersetzt werden kann, nutzen natürlich verstärkt große Unternehmen. In der Größe 100 bis 499 Mitarbeiter sollen es laut Cloud Monitor 48 % sein, in der Größe 500 bis 1.999 Mitarbeiter sogar 64 %. Laut Prognosen soll der Cloud-Computing-Markt alleine im Zeitraum von 2010 bis 2015 ca. 40 % jährlich wachsen. Anderseits sind die Vorbehalte aufgrund der jüngsten Datenskandale wie die NSA-Affäre gewachsen.

Auch im Metallbau nimmt die Datenmenge zu, der elektronische Austausch mit Kunden und Lieferanten wird immer mehr Realität und vom Geschäftspartner vorausgesetzt. Zwar nehmen die Kosten tendenziell ab, werden jedoch über Ausgaben für den unaufhaltsamen technischen Fortschritt wieder gesteigert, die Datenverarbeitung ist deshalb auch im Mittelstand ein bedeutender Kostenfaktor.

Die Cloud Anbieter möchten die hohen Wachstumsraten beibehalten und bieten ihre Leistungen zunehmend dem Mittelstand an. Schätzungen des Verbands der deutschen Internetwirtschaft gehen von Wachstumsraten von über 50 % in diesem Jahr aus, 2016 soll der Umsatz mit Cloud Computing über 6 Milliarden Euro liegen. Ist es da nicht Zeit, auf den fahrenden Zug aufzuspringen? Höhere Flexibilität zu geringeren Kosten hört sich nicht schlecht an.

Dennoch erscheint das Thema bei Metallbauern schon deshalb schwierig umsetzbar, da die Verantwortlichkeit für die Datenverarbeitung oft „nebenbei“ durch einen Mitarbeiter wahrgenommen wird und es damit schwierig wird, die unterschiedlichen Angebote zu vergleichen, relevante Punkte vertraglich festzuschreiben und die beste Lösung für das eigene Unternehmen zu finden.

Einsatzmöglichkeiten

Eine einheitliche Definition der „Cloud“, also der „Wolke“, besteht nicht. In seiner geringsten Ausprägung bedeutet es schlicht, dass Daten nicht lokal auf Servern des Metallbauers, sondern bei einem Dritten – einem Dienstleister – gespeichert und von dort bei Bedarf abgerufen werden. Da der Anbieter darauf spezialisiert ist und die entsprechende Infrastruktur vorhält, werden Größenvorteile realisiert, deren Kostenvorteile zumindest teilweise an die Kunden weitergereicht werden. Entsprechende Angebote können um zusätzliche Leistungen erweitert werden, die bis zur vollständigen Anmietung von Hard- und Software reichen. Die Angebotsspanne bewegt sich in diesem Rahmen:

1. Infrastructure as a Service (IaaS): Rechenleistung und Speicherung

2. Platform as a Service (Paas): Plattformen für Entwicklung und Betrieb von Anwendungen

3. Software as a Service (SaaS): Anwendungen zur Miete

4. Business Process as a Service (BPaaS): Komplette Geschäftsprozesse aus der Cloud

Vor allem das IaaS-Angebot vergrößert sich stetig. Metallbauer erhalten damit die Möglichkeit, kurzfristig und je nach Bedarf (on demand) Infrastruktur-Ressourcen wie Rechenleistung in Form von virtuellen Servern (Instanzen) und Speicherplatz zu beziehen.

Die Abrechnung erfolgt nach dem Pay as you go-Modell. Der Kunde bezahlt für die Ressourcen (in der Regel pro Stunde oder Gigabyte), die tatsächlich innerhalb eines bestimmten Zeitraums genutzt werden. Der Aufbau eines eigenen „virtuellen“ Rechenzentrums ist damit für jeden möglich, nicht mehr nur für Unternehmen mit hohen Kapitalressourcen.

Meistens beginnt der Cloud-Einsatz mit der Auslagerung der Datenbestände. Hierbei sollte allerdings bereits geprüft werden, inwieweit ein Anbieter auch weitere Lösungen anbietet, wäre doch eine Ausgliederung der verschiedenen Datenverarbeitungsbereiche unterschiedlicher Anbieter noch komplexer.

Vor- und Nachteile der Cloud

Vorteile

Kosteneinsparungen. Aufgrund der Größenvorteile der Anbieter sind erhebliche Kosteneinsparungen zu erzielen. So kostet aktuell die Speicherkapazität von 1 TB auf einer Speicherplatte ca. 50 Euro, bei einer zusätzlichen Sicherung sind die Kosten fast doppelt so hoch, während Cloud-Angebote unter 10 Euro liegen. Eine Abrechnung nach Verbrauch flexibilisiert die Kosten. Vor allem kleinere Unternehmen wählen meist Lö-sungen, bei denen die IT gewissermaßen per Flatrate aus der Steckdose kommt. Ab 120 Euro im Monat werden komplette IT-Arbeitsplätze angeboten.

Hohe Skalierbarkeit von IT-Ressourcen. Es werden exakt die Ressourcen benutzt und bezahlt, die in Anspruch genommen werden. Wird dagegen die Speicherfähigkeit des eigenen Systems nur kurzfristig überschritten, werden Investitionen erforderlich, die meist erheblich größere Speicherkapazitäten bereitstellen, die allenfalls in der Zukunft vollständig genutzt werden und bis dahin nur Kosten verursachen.

Kürzere Reaktionszeiten der IT auf Veränderungen. Der technische Fortschritt hält unverändert an. Hat ein Metallbauer einmal eine Lösung gewählt, soll diese nicht kurzfristig vom technischen Fortschritt überholt werden. Diese Gefahr besteht beim Cloud-Anbieter weniger, da dieser laufend in seine Kernkompetenz investiert.

Nachteile

Wohin sich eine Wolke bewegt, wo sie sich am nächsten Tag befindet, ist ungewiss. Der Speicherort der ausgelagerten Daten ist nicht immer transparent. Große, preisgünstige Anbieter lassen sich ungern in die Karten schauen. Welche Zugriffe welche Behörden in welchem Land gestatten, wird meistens unklar.

Häufig bestehen viele offene Fragen zu Security-, Datenschutz- und Compliance-Aspekten. Die gesetzlichen Anforderungen sind in vielen Ländern geringer als in Deutschland.

Es gibt kaum offene Standards für Cloud-Services. Damit wächst die Gefahr der Abhängigkeit von einem Anbieter (Vendor Lock-in).

Entscheidung für oder gegen den Cloud-Einsatz

Umsatz- und Ergebnisentwicklung sind bei Metallbauern selten spektakulär, in finanziellen Dingen sind die Eigentümer oft konservativ, Investitionen werden aus Eigenkapital finanziert. Wird so vorgegangen, erscheinen zwei Vorteile der Cloud: die Flexibilität und die Reduzierung des Kapitalbedarfs wenig relevant  – zumindest aus Sicht des Inhabers, nicht immer aus Sicht der Mitarbeiter, vor allem der jüngeren. Beim Stand der unternehmenseigenen Datenverarbeitung (DV) unterscheiden sich die Wahrnehmung eines konservativen Eigentümers und jüngerer Mitarbeiter oftmals erheblich. Junge Mitarbeiter erwarten aktuelle Lösungen, kennen den neuesten Stand und erachten einen „antiquiert“ ausgestatteten Metallbauer als altmodischen, unattraktiven Arbeitgeber. Teilweise nimmt der Druck der Geschäftspartner zu, bestimmte Schnittstellen zum Datentransfer zu schaffen, womit entsprechende Hardware und Programme erforderlich werden. Es gibt nicht die pauschal richtige Entscheidung für alle. Vielmehr gilt es, individuell die Vor- und Nachteile der Cloud abzuwägen.

Kosten, Kapitalbedarf

Die erste Frage ist schlicht, ob sich eine Cloud rechnet beziehungsweise wie hoch mögliche Einsparungen sind. Wie oben dargestellt, wird eine Cloud-Lösung meistens preiswerter sein. Damit ist allerdings noch nichts über die Höhe der Einsparungen gesagt. Hier ist eine Betrachtung der Gesamtkosten, der „total cost of ownership“ anzustellen.

Bei der Betrachtung der eigenen Datenverarbeitungskosten sind neben der Hardware Raum- und Energiekosten einzubeziehen. Weiterhin sind die geplanten beziehungsweise abzusehenden Investitionen zu berücksichtigen, entfallen diese aufgrund der Cloud-Lösung erfolgt eine Abzinsung der eingesparten Investitionen, entweder zu Geldmarktzinsen oder zum Preis der Fremdkapitalbeschaffung, je nach Kapitalstruktur des Unternehmens. Die Datenverarbeitungsinvestitionen steigen tendenziell an, werden doch beispielsweise immer mehr Mitarbeiter im Außendienst mit mobilen Geräten ausgerüstet und Schnittstellen zu Kunden und Lieferanten eingerichtet. Die Datenmengen nehmen unverändert zu. Bei den Personalkosten im Bereich der DV ist vorsichtig zu planen, ein fachkundiger Ansprechpartner sollte weiterhin vorhanden sein, unabhängig vom Grad der Auslagerung (u.a. um die Auftraggeberkompetenz zu erhalten).

Sicherheit

Die Einstellungen zu diesem Thema sind unterschiedlich. Der eine Metallbauer wittert überall Angriffe und Datendiebstahl, ein anderer fragt sich, welche Gefahren einem Mittelständler ohne innovative Produkte überhaupt drohen. Dabei ist Datensicherheit immer ein Thema. Einerseits aufgrund des in Deutschland gesetzlich verankerten Schutzes personenbezogener Daten, anderseits möchte kein Metallbauer, dass der Wettbewerber Preise und Mengen kennt oder Kunden sehen, was andere Kunden für vergleichbare Leistungen bezahlen.

Eine Kette ist so stark wie ihr schwächstes Glied. Mit der Cloud wird der Sicherheitskette der DV ein weiteres Glied hinzugefügt. Entsprechend kann sich die Datensicherheit durch einen Cloud-Einsatz allenfalls verschlechtern, nicht verbessern. Anderseits reagieren die Anbieter verstärkt auf die gewachsene Sensibilität der Kunden und unterstützen aktiv dabei, beim Kunden die Datensicherheit zu verbessern. Hier bestehen oft erhebliche Defizite im Mittelstand, welche meistens in den fehlenden personellen Ressourcen für die DV begründet sind. Die Zeiten, in denen diese Aufgabe nebenbei wahrgenommen werden konnte, sind lange vorbei. Hier kann der Cloud-Anbieter gefordert werden, einen Beitrag zu leisten. Weiterhin werden dessen eigene Leistungen ständig dem Stand der Technik angepasst, während Metallbauer oft der Entwicklung hinterher hinken.

Die Gewährleistung eines entsprechenden Sicherheits-niveaus bedarf eines gewissen Aufwandes, insbesondere des konsequenten Schutzes der übersandten Daten (z.B. Verschlüsselung). Sind die Abläufe bei den Beteiligten in Fleisch und Blut übergegangen, ist der zusätzliche Aufwand überschaubar.

Ansprüche an die Anbieter

Ist die Entscheidung für einen Cloud-Einsatz gefallen, gilt es, die Vereinbarungen mit dem Anbieter zu treffen, wobei die folgenden Punkte im Mittelpunkt stehen:

Verfügbarkeit

Die Gefahr eines Ausfalls beziehungsweise der zeitweisen Nichtverfügbarkeit steigt, da sowohl die Infrastruktur des Cloud-Anbieters, als auch die des eigenen Unternehmens vorhanden sein muss. Fällt beispielsweise der Strom beim Metallbauer aus, kommt auch die DV zum Stillstand, geschieht dies beim Anbieter, sind die Folgen die gleichen. Entsprechend gilt es einerseits, Ansprüche vertraglich zu vereinbaren, anderseits nachzufragen, was bei Stromausfällen, Beschädigungen der Anlagen oder politischen Verwerfungen seitens des Anbieters geschieht.

Vertraulichkeit

Deutschland hat im internationalen Vergleich hohe Ansprüche an der Datenschutz. Die Verantwortung etwa für den Schutz personenbezogener Daten verbleibt immer beim Unternehmen. Fallen Daten der Cloud Dritten in die Hände, kann kein Vertrag vor Strafen schützen. Nicht zuletzt der NSA -Skandal hat gezeigt, was in anderen Ländern geschieht beziehungsweise geschehen kann. Weiterhin sind die Übertragungswege möglichen Angriffen ausgesetzt.

Integrität

Daten, die in die Cloud gehen, dürfen nicht verändert werden. Welche Folgen beispielsweise bei Bestellungen oder Rechnungen auftreten könnten, bedürfen nicht der Erläuterung. Damit sind auch die Übertragungswege zu schützen, beispielsweise durch eine konsequente, dem aktuellen Wissensstand entsprechende Verschlüsselung.

Standort des Anbieters

Damit sprechen viele Gründe für die explizite Vereinbarung, dass Daten ausschließlich in Deutschland bleiben, was sicherlich die Kosten beeinflusst, aber diesen Preis wert ist. Die Zertifizierung des Anbieters nach ISO 27001 oder vergleichbarer Standards zur Informationssicherheit stellt einen Mindeststandard dar. Unmittelbar damit verbunden ist auch, dass die Unterstützung aus Deutschland und die Problemlösung beziehungsweise Beratung in Deutsch erfolgen, können doch umfassende Englischkenntnisse der DV-Nutzer nicht vorausgesetzt werden.

Bei Fragen zum Anbieter und der Vertragsgestaltung zeigen sich auch ausgewählte Behörden (z.B. das Bundesamt für Verfassungsschutz, deren Landesämter und auch die Innenministerien der Bundesländer) kooperativ, weshalb Metallbauer bei Fragen die Kontaktaufnahme nicht scheuen sollten.

Anbieterauswahl, Vertragsverhandlungen, Marktbeobachtung

Eine Marktbeobachtung bleibt auch nach Vertragsabschluss notwendig, da dynamische Entwicklungen weiterlaufen und die Preise für bestimmte Leistungen tendenziell fallen, wobei ein Anbieter kaum seinen Kunden ein besseres Angebot macht, sondern meist auf die stillschweigende Fortführung des Vertrags setzt.

Ein direkter Vergleich ist bei den vielen verschiedenen Cloud-Angeboten und Leistungen, die dahinter stecken, durchaus schwierig. Im Mittelpunkt stehen dabei die Kosten und die Art des Bezugs der virtuellen Server (Instanzen), aber auch die Rahmenbedingungen.

Wie bei jedem anderen Lieferanten ist auch hier die Qualität der Leistungen regelmäßig zu überprüfen. Dies kann nur durch Spezialisten auf Augenhöhe erfolgen. Im Mittelstand sind häufig die erforderlichen personellen Kapazitäten nicht vorhanden, womit eine Fremdvergabe notwendig wird. Der hier eingesetzte Dienstleister muss unabhängig vom Cloud- Anbieter sein, ist doch nur so eine objektive Kontrolle möglich. Bei der Betrachtung der Gesamtkosten ist diese Leistung zu berücksichtigen.

Fazit

Ob Cloud Computing für einen Betrieb sinnvoll ist, muss anhand einiger Prarameter differenziert und am besten mithilfe eines IT-Fachmanns betrachtet werden. Ist die Entscheidung getroffen, geht es darum, den passenden Anbieter auszuwählen. Der Metallbaubetrieb könnte diese Aufgabe an einen externen Dienstleister vergeben, der dann auch in regelmäßigen Abständen die Leistung des Cloud-Anbieters überprüft und die Angebote auf dem Markt im Sinne des Metallbauers vergleicht.

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