Österreich

Gänsweider Metalltechnik

Zusammenspiel von Tradition & Moderne

Einige der herausragenden Projekte von Gänsweider Metalltechnik verbinden alten und neuen Gebäudebestand und fügen den historischen Bausubstanzen moderne Gestaltungselemente hinzu. Dank der Expertise des steirischen Traditionsbetriebs schweben Priesterschüler in Graz ebenso sicher in der Höh‘ wie auch Gondelfahrer in La Paz.

In der Region, wo die berühmten Lipizzaner gezüchtet werden und mit dem Label „Lipizzanerheimat“ geworben wird, hier südlich von Graz ist das Unternehmen Gänsweider Metalltechnik ansässig. Mit Pferden haben die beiden Geschäftsführer Gerald Gänsweider und Thomas Sattler aber nichts am Hut. Sie binden sich lieber die Skier unter die Füße und sind auch mit ein paar mehr Pferdestärken unterwegs. Der ursprüngliche Gründer der Firma war auch kein Schmied, sondern Schlosser. Das ist jedoch mehr als ein Jahrhundert her.

Zwar ist der heutige Geschäftsführer nicht der Nachfahre des ursprünglichen Besitzers, aber die Firma ist stolz auf ihre langjährige Erfahrung und das Know-how in einem Handwerksberuf, der bereits vor 130 Jahren und bis heute ausgeübt wird: die Gewichtsschlosserei. Diese ist einer von vier Geschäftsbereichen. 2003 übernahm der Vater des jetzigen Geschäftsführers, Franz Gänsweider, die Firma; im selben Jahr zieht die Firma nach Söding bei Graz. Sohn Gerald Gänsweider ist damals bereits als Mit-Gesellschafter eingetragen. Heute führt er die Geschäfte zusammen mit Thomas Sattler, der 2013 in die Firma einstieg. Als Prokuristen in der Geschäftsleitung sind noch mit dabei: Ing. Thomas Schwarzgruber, der den Geschäftsbereich Stahlbau leitet, und Dipl.-Ing. Bernhard Stiendl, der den Bereich Aluminiumbau verantwortet. Mit Aufträgen im Stahl- und Aluminiumbau erwirtschaftet die Firma etwas mehr als 50 Prozent ihres Umsatzes. Die Gewichtsschlosserei, also die Herstellung von Geländern, Treppen und Stahltüren, hat einen Anteil von 15 Prozent am Gesamtumsatz. Dieser liegt bei 10 Mio. Euro im Jahr.

„Mit 30 Prozent Anteil am Umsatz ist der Anlagen- und Maschinenbau derzeit der erfolgreichste und zukunftsträchtigste Bereich“, sagen die Geschäftsführer. Daher liege auch 2023 der Fokus darauf. Daneben will man sich verstärkt um die Pflege der Beziehungen zu den Stammkunden widmen. Dazu zählen die Spar-Märkte in ganz Österreich, für die Gänsweider die Stahlkonstruktionen liefert. Auch einer der größten Anlagenhersteller Europas gehört dazu, die Andritz AG. Für den Konzern, der nach dem Grazer Stadtteil Andritz benannt wurde, fertigt und liefert Gänsweider Komponenten für die Herstellung von Maschinen für die Papierherstellung, den Bau von Wasserkraftwerken und Umweltanlagen.

Seilbahnkomponenten für Bolivien

Seilbahnen von Doppelmayr transportieren Menschen in 96 Ländern der Welt, und bei Weitem nicht nur in Skiregionen. Für das größte urbane Seilbahnnetz in Bolivien lieferte der Weltmarktführer aus Österreich Gondeln und Seilbahnstützen, die die Millionenmetropolen La Paz und El Alto miteinander verbinden. Wer dort in einer der Kabinen über den Megastädten schwebt, ist sich sicher nicht bewusst, dass dort auch Komponenten des steirischen Unternehmens verbaut sind. Doppelmayr gehört zu den Stammkunden von Gänsweider; der Betrieb fertigt Stahlkomponenten wie Seilbahnträger, Seilläufe und Tragstützen. Nicht immer landen die Bauteile auf einem anderen Kontinent.

Innen Barock, außen Glas

Für ein besonderes Restaurierungsprojekt blieben die Metallbauer in der Region. Der Hofwirt in Seckau, ein denkmalgeschützter Barockbau direkt neben der Abtei Seckau, wurde 2013 restauriert. Das Besondere dabei: Während in den Innenräumen die barocke Pracht erhalten blieb, entschied sich das beauftragte Architekturbüro Pernthaler bei der Außengestaltung für eine moderne Kombination aus Glas und Stahl. Gänsweider: „Es war eine hohe technische Herausforderung, den Altbestand und den Neubestand in Einklang zu bringen.“ Sattler erläutert: „Die Herausforderungen lagen vielfach im Detail. Die sehr großen Glasscheiben wurden mittels Punkthaltern, die beim Stahlbau montiert sind, fixiert. Auf diese Weise konnte die Verglasung sehr transparent ausgeführt werden.“

„Von vielen unserer Mitbewerber heben wir uns insofern ab, als  wir alle Bereiche des Stahl- und Aluminiumbaus abdecken“, betont Gerald Gänsweider. „Wir bieten außerdem einen  hohen Vorfertigungsgrad und liefern in der Regel vorgefertigte Bauteile an die Baustelle“, ergänzt Thomas Sattler. So geschehen bei einem der größten Projekte der Firmengeschichte; auch hier stand die Verbindung von altem und neuem Baubestand im Vordergrund.

Gläserne Loggien

2008 entschloss sich die Diözese Graz-Seckau ein Gebäude aus dem 19. Jahrhundert, in dem die katholische Privatschule mit Priesterseminar untergebracht war, zu sanieren. Die Architektur sollte auch die Modernisierung der Schule unterstreichen. Die Umgestaltung erfolgte nach Plänen des Büros Architektur Consult aus Graz. Ein Gestaltungselement waren sogenannte „Cubes“ – gläserne Loggien an der Außenfassade. Per Sondertransport wurden die fertigen Loggien auf die Baustelle gebracht und dort mit Hilfe eines Krans an den Außenwänden montiert.

Das Projekt mit einem Auftragsvolumen von 2, 5 Millionen Euro erstreckte sich über einen Zeitraum von zwei Jahren. Neben den gläsernen Loggien wurden alle Innentüren aus Stahl, zum Teil in Brandschutzausführung, Dachverglasungen und Stahltreppen hergestellt. Die große Herausforderung sei es gewesen, alle Arbeiten während des laufenden Schulbetriebs durchzuführen.

Derzeit arbeiten die Metallbauer an einem Auftrag für das Pharmaunternehmen G.L. Pharma mit Hauptsitz im steirischen Lannach. Gänsweider wurde mit den Stahlkonstruktionen, Brandschutztüren und Schlosserarbeiten für die neue Produktionshalle mit Bürotrakt betraut. Das Auftragsvolumen ist mit 3,5 Millionen Euro noch größer als das der Arbeiten für das bischöfliche Gymnasium. 2020 startete das Projekt. 2023 soll das neue Gebäude fertiggestellt sein. „Die Herausforderungen liegen im Stahlbau mit den Tragekonstruktionen für eine freitragende Halle mit sehr hohen Spannweiten“, berichtet Gänsweider.

„Immer ein Auf und Ab“

Die Pandemie und Ukrainekrise empfinden beide Geschäftsführer als größte Krisen, die die Firma bislang getroffen haben. Man habe durchaus Verluste hinnehmen müssen. Gänsweider erläutert, warum: „Wir vereinbaren in der Regel Fixpreise mit unseren Auftraggebern. Dafür kalkulieren wir die Aufträge bis Bauende; doch in der Pandemie mussten wir Material wesentlich teurer einkaufen, als wir kalkuliert hatten. Durch den Ukrainekrieg haben sich die Preise für Stahl und Aluminium teilweise verdoppelt.“

Auch für die nahe Zukunft sieht der Geschäftsführer wenig Grund zum Aufatmen. Letztes Jahr hatte der Wohnungsbau noch geboomt, doch jetzt gehe es wegen der steigenden Baupreise und der Zinsdynamik steil bergab. Der Geschäftsführer gibt folgende Prognose ab: „Die Bauindustrie wird sich in eine sektorale Rezession begeben. Der Wohnungsbau in Österreich wird in den nächsten ein bis zwei Jahren sinken; der Gewerbebau hingegen funktioniert noch sehr gut.“ Das klingt doch positiv, wenn die Industrie weiter investiert, oder? Aber Gänsweider winkt ab: „Das ist richtig, aber wir merken, dass Mitbewerber, die bisher ihr Augenmerk auf den Wohnungsbau legten, nun bei den Ausschreibungen für die Industrie mit dabei sind. Das führt zu einem stärkeren Verdrängungswettbewerb.“

Trotz der schwierigen Zeiten wird investiert – in Technologie und Mitarbeitende: Letztes Jahr wurde eine Photovoltaik-Anlage auf der Produktionshalle mit einer Leistung von 120 kWp installiert. Zudem erwarb man eine neue Doppelgehrungssäge für den Zuschnitt von großen Profilquerschnitten aus Aluminium; beides zusammen eine Investition von rund 350.000 Euro.

Der Nachwuchs

Gemeinsam mit zehn anderen regionalen Unternehmen ist der Metallbaubetrieb Mitglied in einem Ausbildungsverbund. Die derzeit sieben Auszubildenden lernen andere Betriebe kennen und müssen sich in einem anderen Umfeld bewähren. „Bei uns erlernen sie das handwerkliche Know-how in vier Geschäftsbereichen. In den Lehrwerkstätten arbeiten die Lehrlinge gemeinsam an Projekten und vertiefen dabei ihre sozialen Kompetenzen“, betont der Firmenchef.

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