Die neue DIN EN ISO 15614-1

Wichtige Änderungen im Überblick (Teil 2)

Nach mehr als zehn Jahren intensiver Arbeit ist es nun gelungen, eine Norm mit einem Stufenmodell zu veröffentlichen. Dieses Stufenmodell ist jedoch keine Kohabitationsnorm, wie sie von den Normen der Schweißzusätze her bekannt ist. In die Norm wurden an verschiedenen Stellen die Beschreibung von Anforderungen einmal nach dem pazifischen Vorgehen (ASME), bezeichnet als Stufe 1, und zum anderen nach dem europäischen Vorgehen, bezeichnet als Stufe 2, eingefügt.

Die wesentlichen Änderungen der DIN EN ISO 15614-1 wurden in der Maiausgabe von metallbau S. 21 (Teil 1)veröffentlicht, im Teil 2 nun weitere Ergänzungen.

Abschnitt 8.4.4 – Zusatzwerkstoff, Hersteller

Bislang war der Geltungsbereich einer Verfahrensprüfung fest verbunden mit dem Markennamen und so mit dem Hersteller des Schweißzusatzes. In skandinavischen Ländern war dies kein Problem, da dort ein Hersteller führend war. In Deutschland dagegen gibt es viele Hersteller. Lieferengpässe könnten somit dazu führen, dass eine Verfahrensprüfung mit einem Zusatz eines anderen Herstellers zu wiederholen wäre, weil man genötigt ist, diesen anderen Zusatz wegen Beschaffungsengpässen, zu verwenden. Die Neuausgabe der Norm trägt dem Rechnung und erlaubt bei gleicher verbindlicher Bezeichnung einer umhüllten Stabelektrode den Wechsel auf einen anderen Markennamen, solange die Anforderungen an die Kerbschlagarbeit nicht tiefer sind als -20 °C. Bei Anforderungen an die Kerbschlagarbeit unterhalb von -20°C ist ein Wechsel zu einem anderen Hersteller ohne zusätzliche Erprobung nicht zulässig.

Abschnitt 8.4.7 – Wärmeeinbringung

Dieser überarbeitete Abschnitt greift beide Methoden der Berechnung der Wärmeeinbringung bzw. der Lichtbogenenergie auf. Nach ISO/TR 18491 berechnet sich die Lichtbogenenergie aus

in der Einheit kJ/mm. Einen Korrekturfaktor bezogen auf den Schweißprozess, wie er aus DIN EN 1011-1 (alte Fassung von DIN EN ISO 15614-1:2012) bekannt ist, gibt es hier nicht.
Alternativ kann auch die Wärmeeinbringung herangezogen werden. Die Berechnung erfolgt nach ISO/TR 17671-1 (identisch mit DIN EN 1011-1) nach

mit den prozessbezogenen Korrekturfaktoren (k=0,8 für E, MSG; k=0,6 für WIG).

Entscheidend ist, dass im Verfahrensprüfbericht sauber angegeben wird, nach welcher Methode die Aufnahme erfolgt ist, um eine Überprüfung während des Schweißens nach der gleichen Methode anzuwenden. Wichtig ist bei Stufe 2, dass von diesen ermittelten Werten für die Lichtbogenenergie bzw. die Wärmeeinbringung bei Anforderung an die Kerbschlagarbeit um 25% nach oben und bei Anforderungen an die Härte um 25% nach unten abgewichen werden darf.

Abschnitt 8.4.8 – Vorwärmtemperatur

Im Geltungsbereich darf die Vorwärmtemperatur um bis zu 50 °C abgesenkt werden, ohne neue Qualifikation des Verfahrens.

Abschnitt 8.4.9 – Zwischenlagentemperatur

Im Geltungsbereich darf die Zwischenlagentemperatur um bis zu 50 °C erhöht werden, ohne neue Qualifikation des Verfahrens. Ausnahme sind die Werkstoffgruppen 8, 10 und 41 bis 48.

Abschnitt 8.5.2.3 – Art des Tropfenüberganges

Bedingt durch Diskussionen zur ISO 15612 und der Übertragbarkeit einer WPS auf andere Bauarten von Stromquellen, wurde in dieser Norm für den Geltungsbereich in der europäischen Stufe 2 folgende Regelung getroffen: Wird bei der Verfahrensprüfung beim Metall-Schutzgasschweißen eine Stromquelle konventioneller Bauform, also mit „innerer Regelung“ eingesetzt, die keine gezielte programmierte Steuerung des Stroms und der Spannung über die Zeit enthält, darf diese Verfahrensprüfung auf allen Stromquellen auch anderer Hersteller angewendet werden, die ebenfalls keine Wellenformsteuerung besitzen.
Das Gleiche gilt für Verfahrensprüfungen bei Verwendung von Stromquellen dieser Bauform auch mit Pulstechnik.

Wird jedoch in der Verfahrensprüfung eine Stromquelle mit gezielter Wellenformsteuerung eingesetzt, also besitzen die Stromquellen bestimmte MSG-Prozessregelvarianten, wie mit geregeltem Kurzlichtbogen, mit spritzerarmem, energiereduziertem oder leistungssteigerndem Kurzlichtbogen, mit modifiziertem Sprühlichtbogen, mit Impuls- oder modifiziertem Impulslichtbogen, mit zyklischer Drahtbewegung, dann gilt diese Verfahrensprüfung auch nur für diesen Stromquellenhersteller und diesen in der Verfahrensprüfung genutzten Typ.

Literatur

[1 DIN EN ISO 15614-1:2017-12 – Anforderung und Qualifizierung von Schweißverfahren für metallische Werkstoffe – Schweißverfahrensprüfung – Teil 1: Lichtbogen- und Gasschweißen von Stählen und Lichtbogenschweißen von Nickel und Nickellegierungen (ISO 15614-1:2017)
[2] Mußmann, J., Zernitz, H.: „Überarbeitung der bestehenden DIN EN ISO 15614-1 - Ein Weg zur weltweiten Akzeptanz“ DVS, GST 2009, Berichtsband 258 anläßlich der Großen Schweißtechnischen Tagung des DVS im September 2009 in Essen

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