Interview

Henning Wagner von Orgadata

„Mit der Digitalisierung werden alle Prozesse geprüft!“

Henning Wagner ist bei Orgadata in Leer als Senior Product Marketing Manager tätig und beschäftigt sich mit der Entwicklung durchgängiger digitaler Geschäftsprozesse. Im Interview geht er auf Aspekte von Akquise, Planung, Kalkulation, Fertigung und Verkauf ein und erläutert, wie kleine Unternehmen so zusätzliche Vorteile erwirtschaften können.

metallbau: Bei der Digitalisierung denkt man sofort an CAD-Daten, BIM-Projekte und automatisierte Fertigung. Damit es sich rechnet, braucht man aber eine bestimmte Betriebsgröße, stimmt das?

Henning Wagner: Grundsätzlich bietet die digitale Welt allen Unternehmen tolle Chancen. Insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen gibt es auch lukrative Förderprogramme, wenn sie Schritte in die Digitalisierung gehen wollen. Oft lassen sich Angebote auf die Besonderheiten verschiedener Betriebsgrößen zuschneiden, wie das zum Beispiel auch bei Orgadata‘s neuem Produktionsleitsystem LogiKal MES der Fall ist. Es dient der Digitalisierung der Fertigung im Fenster-, Türen- und Fassadenbau (siehe Fachartikel metallbau 7/8)

metallbau: Wie weit fassen Sie das Thema Digitalisierung?

Wagner: Aus meiner Sicht ist die Digitalisierung für ein Unternehmen umso sinnvoller, je umfassender sie umgesetzt wird. Das fängt bei der Homepage an, geht über Arbeitsvorbereitun-gen und Fertigung bis hin zur Lieferung eines Produktes. Ich möchte das am Beispiel einer Firmenhomepage erläutern: Ich kann nur empfehlen, auf Analyse-Tools zu setzen und die Besuche der Firmenhomepage unter die Lupe zu nehmen. Daraus lässt sich zum Beispiel ablesen, wer zu welcher Zeit wie lange die Homepage besucht hat. Die Verweildauer sagt oft schon etwas darüber aus, ob ein tatsächliches Kaufinteresse vorliegt. Unter Umständen lässt sich sogar die nötige Kaufkraft ersehen.Wichtig ist auch die Geschwindigkeit. Baut sich eine Webseite nicht schnell genug auf, verlassen die User die Seite wieder, sind genervt und schauen sich womöglich beim Mitbewerber um. Viele Homepages sind heutzutage noch reines Design. Besser ist es, wenn die Unternehmen Mehrwerte auf ihrer Seite bieten. Zum Beispiel ein Tool, mit dem die Webseite-Besucher digital einen Termin mit dem Unternehmen vereinbaren können.

metallbau: Inwieweit ist diese digitale Durchgängigkeit rund um die Konstruktions- und Kalkulationssoftware LogiKal gegeben?

Wagner: LogiKal bildet den gesamten Arbeitsalltag des Metallbauers ab. Das Programm unterstützt sowohl bei der Arbeitsvorbereitung im Büro als auch bei der intelligenten Ansteuerung der Maschinen in der Werkstatt. In der Werkstatt setzt dann LogiKal MES an, weitere Unterstützung bietet unsere Aufmaß-App Smart Measure. Damit lassen sich die Dokumentationen auf der Baustelle direkt in digitaler Form aufnehmen und so ohne erneute Dateneingabe ins System bringen. Darüber hinaus gibt es Schnittstellen für Interaktionen mit anderen Programmen.

metallbau: Wichtig ist also, dass es Schnittstellen zu speziellen Anwendungsprogrammen gibt?

Wagner: Mit LogiKal können Metallbauer konstruieren, kalkulieren, statisch vorbemessen, bestellen, Maschinenbearbeitungsdaten generieren und vieles mehr. Manchmal können aber auch Ergänzungen aus Spezialprogrammen sinnvoll sein. Es gibt beispielsweise Unternehmen, die die tragenden Elemente und Dachkonstruktionen von Wintergärten mit der Software KKP von Soft-Ing-Team konstruieren. Die Seitenteile konstruieren sie in LogiKal. So kommen die Stärken beider Softwarelösungen in ein und derselben Konstruktion zum Tragen. Möglich wird das durch eine Schnittstelle.

metallbau: Es geht ja auch darum, dass die im Allgemeinen aufwändige Angebotsphase durch die digitalen Instrumente schneller und preiswerter wird.

Wagner: In der Angebotsphase liegen in der Tat oft noch Potenziale, um effektiver zu arbeiten. Und es ist definitiv so, dass durch eine grafische Unterstützung die Projekte einfacher zu ändern sind und auch die aktuelle Materialermittlung und Kostenabschätzung sofort auf Knopfdruck vorliegt.

metallbau: Lohnt sich also die Anschaffung verschiedener Softwaremodule und vielleicht sogar einer Virtual-Reality-Brille für den Metallbaubetrieb?

Wagner: Prinzipiell amortisiert sich die Anschaffung spezieller Softwarelösungen und anderer digitaler Tools schon bei wenigen Projekten. Insbesondere dann, wenn der Metallbauer wie bei unserer Lösung fallbezogen kurzfristig und kurzzeitig etwaige Module zubuchen kann. Wie schon gesagt, lohnt sich eine Software umso eher, wenn man sie vom Aufmaß bis zur Auslieferung durchgängig einsetzen kann, ohne Unterbrechungen. Die von Ihnen genannte Virtual-Reality-Brille, also VR-Brille, ist noch Zukunftsmusik. Wir experimentieren zurzeit mit solchen technischen Neuheiten und erkunden, wie der Metallbauer sie einsetzen kann.

metallbau: Welche Fragen muss ein Unternehmen klären, wenn es seine Betriebsabläufe von A bis Z digitalisieren will?

Wagner: Es sollte die Vorteile analysieren und eine Strategie erarbeiten. Auch ist zu klären, welche Kompetenzen die Mitarbeiter benötigen und ob die erforderliche Organisationsstruktur vorhanden ist. Nach Möglichkeit sollten bei einer angestrebten Digitalisierung eines Unternehmens alle Prozesse auf den Prüfstand. Dabei gilt: Wer einen schlechten analogen Prozess digitalisiert, erhält einen schlechten digitalen Prozess. Wenn wir unser Produktionsleitsystem LogiKal MES bei Kunden einführen, dann werfen wir einen genauen Blick auf die Abläufe in der Werkstatt. In einem Analyse-Workshop gehen wir mit den Kunden alles durch, Arbeitsschritt für Arbeitsschritt.

metallbau: Mit welchen Vorteilen kann ein Betrieb ganz generell rechnen?

Wagner: Zur Einführung des MES-Systems ging es beim Pilotprojekt eines Metallbaubetriebes mit 42 Mitarbeitern darum, die aufwendigen, bis zu 300 Seiten langen Projektaufträge so digital einzubinden, dass jeder Mitarbeiter nur die Daten erhält, die für seinen Arbeitsplatz relevant sind. Auch wurden die Laufwege, Fehlproduktionen und Informationsverluste minimiert, Produktänderungen wurden unkomplizierter umgesetzt. Jetzt läuft dort auch die Werkseigene Produktionskontrolle (WPK) automatisiert ab. Die Arbeitsschritte werden lückenlos digital protokolliert. Die WPK macht sich sozusagen von alleine.

metallbau: Nennen Sie ein paar konkrete Beispiele, was geändert werden muss.

Wagner: Es sollten Tools vorhanden sein, die das Aufmaß und die Entwurfsphase erleichtern und die über Schnittstellen zu MES-Systemen verfügen. Dies ermöglicht eine durchgängige Datenverarbeitung von Anfang an. Daten müssen nicht mehrfach eingegeben werden und Medienbrüche werden vermieden. Außerdem muss jedes Bauteil, das aus einem Profilstab zugeschnitten wird, sowie jedes Einzelteil im gesamten Fertigungsprozess identifizierbar sein. Dazu bekommt es einen Barcode. In LogiKal MES sind die Bearbeitungsschritte und die entsprechenden Prozessdaten hinterlegt und so erhält der Werker über den gescannten Barcode genaue Informationen, was mit dem jeweiligen Bauteil zu tun ist.

metallbau: Viele Metallbaubetriebe haben einen gut gemischten Maschinenpark, in dem sich moderne aber auch ältere Maschinen und Geräte befinden. Kann man hier überhaupt durch-gängig digitalisieren?

Wagner: Ältere Maschinen sind prinzipiell kein Problem. Wichtig ist, dass der Arbeitsplatz an der Maschine einen Monitor mit Anbindung an ein MES-System wie LogiKal MES hat und über einen Scanner verfügt. Nur dann können dem Werker die Arbeitsschritte angezeigt werden. Wir digitalisieren nicht die Maschine, sondern den Arbeitsplatz mit dem Menschen.

metallbau: Wird dies der werkseigenen Produktionskontrolle gerecht? Wie wird die Qualität gesichert?

Wagner: Ein gutes Produktionsleitsystem führt die Mitarbeiter sicher durch den Prozess. Das gilt sowohl für die Arbeitsstationen mit Maschinen als auch für jene, an denen überwiegend händisch gearbeitet wird. Die Menschen in der Werkstatt bekommen jederzeit genau angezeigt, was zu tun ist. Auch dass die Arbeitsschritte in der vorgegebenen Reihenfolge abgearbeitet werden, wird sichergestellt. Die Tätigkeiten und deren Ergebnisse werden am Ende automatisch in der WPK zusammengefasst festgehalten. Ganz so, wie es die europäische Bauproduktenverordnung verlangt. Das sichert unter anderem die gleichbleibende Qualität in der Fertigung.  

metallbau: Fassen wir nochmal zusammen: Wann ist es für den klein- und mittelständischen Handwerksbetrieb sinnvoll, sämtliche Prozesse zu digitalisieren?

Wagner: Generell kann auch das Handwerk enorm von der Digitalisierung profitieren. Allein die geltenden Normen und die Bauproduktenordnung verlangen verschiedene Dokumentationen und Nachweise. Egal, ob es sich um ein privates oder ein öffentliches Bauvorhaben handelt. Besondere Sorgfalt in der Dokumentation ist geboten, wenn es sich um sicherheitsrelevante Bauteile handelt, beispielsweise Fluchttüren oder Brandschutzelemente. Derjenige, der fertigt, muss dokumentieren.

metallbau:  Dadurch wird auch von Metallbaubetrieben immer mehr Bürotätigkeit verlangt, die letztlich niemand honoriert.

Wagner: Das ist richtig und hier ist es wichtig, dass der Endkunde über die erforderlichen Nachweise aufgeklärt wird. So kann er leichter nachvollziehen, welche Betriebe korrekt und nach hohen Qualitätsansprüchen arbeiten. CE-Kennzeichen und WPK sind das Minimum, was eingefordert werden sollte. Und da Sie den bürokratischen Aufwand ansprechen, möchte ich Ihnen augenzwinkernd sagen, dass ich eine Software kenne, die dabei ganz gut unterstützt.

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