Produktive Organisation
Wie Wilhelmer dem engen Wettbewerb trotztMetallbau Wilhelmer bietet unter anderem Konstruktionen aus Alu, Stahl und Glas an. Mit derzeit 13,5 Millionen Euro Umsatz und rund 65 Mitarbeitern hat sich der Oberkärntner Metallbauer einen guten Namen gemacht. Dabei sah es am Anfang gar nicht nach einer Erfolgsgeschichte aus. Denn gestartet hatte Unternehmensgründer Arnold Wilhelmer seine Firma aus der Not heraus. Nachdem der gelernte Schlosser 1994 aufgrund der Insolvenz seines Arbeitgebers ohne Job dastand, beschloss der 50-Jährige, sich selbständig zu machen.
Die Geschäfte entwickelten sich erstaunlich gut. Bereits 1995 verlegte Wilhelmer Senior den Firmensitz vom im Drautal gelegenen Steinfeld ins Mölltaler Kolbnitz, wo er bessere Räumlichkeiten zur Verfügung hatte. Schon damals erhielt er Unterstützung durch seinen Sohn Andreas. Der Bauingenieur, der in einem Tiefbauunternehmen arbeitete, konnte dem Vater immer wieder Aufträge vermitteln. Andreas Wilhelmer wuchs mehr und mehr ins Unternehmen hinein. Als es der Vater schließlich 2005 an den Sohn übergibt, macht das Unternehmen mit 18 Mitarbeitern bereits 1,8 Mio. Euro Umsatz im Jahr.
Arbeitsteilung
„Mein Vater ist ein typischer Handwerker“, erzählt der heutige Geschäftsführer. „Lieber in der Werkstatt oder auf Montage, als im Büro und der Welt der Zahlen unterwegs.“ Andreas Wilhelmer hingegen, der bereits vorher für Finanzen, Technik und Verkauf zuständig war, geht Dinge gerne strategisch an. Bereits 2005 verfügt das Unternehmen über ein breites Portfolio von Alu, Blech bis Niro. „Gerade der Alumarkt war und ist hart umkämpft“, sagt Wilhelmer. „Ich stand deshalb vor der Frage, ob wir die Sparte ganz aufgeben oder uns stärker in Metall und Glas positionieren sollen.“ Er hat damals aufs richtige Pferd gesetzt, indem er sein Unternehmen modernisiert, Abläufe optimiert und sich stark auf Metall und Glas als Kernkompetenz fokussiert hat. Denn das Unternehmen konnte seinen Umsatz in den folgenden kaum zehn Jahren um 750 % nach oben schrauben.
Diese Entwicklung kommt nicht von ungefähr. Denn Andreas Wilhelmer hat sein Geschäft ebenfalls von der Pike auf gelernt: „Ich habe gefertigt, montiert und gezeichnet.“ Erfahrungen, die ihm heute zugute kommen. „Mir war aber auch klar, dass wir uns durch eine Modernisierung des Maschinenparks und durch eine Optimierung aller Produktions- und Geschäftsprozesse ganz neu aufstellen müssen.“
Techniksprung
Er beginnt die vier Sparten Alu, Blech, Niro und Schlosserei in Teams zu organisieren und investiert in Maschinen und Anlagen der Firma elumatec. Denn Wilhelmer will seine Kompetenzen in Glas und Gebäudemäntel deutlich stärken. Er setzt Profilsysteme von Schüco ein, die über Schnittstellen von der Planungssoftware zur Maschinensteuerung exakt für die Projekte des Unternehmens zugerichtet werden. Während im bisherigen Werk I die Schlosserei untergebracht bleibt, baut er ab 2006 ein weiteres Werk, in dem aus Alu, Blech und Niro neue Produkte entstehen. Bis heute ist dieses Werk II auf einer Fläche von 7.000 Quadratmetern angewachsen, wobei die Produktionshalle 1.000 Quadratmeter umfasst. „Auf dieser Fläche haben wir die Möglichkeit, unsere Prozesse völlig neu zu durchdenken und zu gestalten“, sagt der Bauingenieur. Heute haben alle Sparten ihre eigenen Bereiche in der Produktion. Wenn er daran denkt, dass früher beispielsweise für die Alubearbeitung die Maschinen erst aufgebaut werden mussten, kann er nur noch schmunzeln. „Im Handwerk gibt es die Tendenz, nur die Produktion als wirklich produktiv zu betrachten. Ein Fehler, denn Effizienz entsteht dann, wenn alle Prozesse entlang der internen Wertschöpfungskette gedanklich durchdrungen sind und man die einzelnen Arbeitsschritte exakt aufeinander abstimmt“, ist Wilhelmers Credo. Softwaretechnisch werden die Planungen dabei durch das System „E-R-Plus“ unterstützt, das speziell auf Betriebe im Stahl-, Metall-, Fenster- und Fassadenbau zugeschnitten ist. „Wir haben das System 2010 als erster Metallbauer in Österreich eingeführt und sind damit sehr glücklich“, sagt Andreas Wilhelmer. Er ist überzeugt, dass die Produktionsleistung und das Prinzip von Ordnung und Sauberkeit am Arbeitsplatz eng miteinander verknüpft sind. Angeregt durch Global Player wie Toyota führte er deshalb die 5-S-Methode ein: Alles Unnötige wird aus dem Arbeitsbereich entfernt, alles was benötigt wird hingegen effizient neu angeordnet. Standards bei den Arbeitsprozessen und Sauberkeit am Arbeitsplatz ergänzen das Verfahren.
Erfolgsfaktor Kommunikation
Gleichzeitig setzt der Geschäftsführer auf den intensiven Informationsaustausch seiner Mitarbeiter – im Team und im Unternehmen. „Sie alle haben ein hervorragendes Know-how und wissen, an welchen Stellschrauben gedreht werden muss, um Produktionsprozesse besser zu gestalten“, betont Wilhelmer. So fällt bei den Kolbnitzern im gleichen Jahr der Startschuss zur Umsetzung von KVP-Projekten. „Mit ihnen haben wir unsere Qualität und Effizienz noch einmal deutlich gesteigert“, so der 43-Jährige. Die praxisgerechte Ausarbeitung von Checklisten etwa beim Wareneingang ist da noch das Geringste. Weil KVP-Prozesse aber keine Selbstläufer sind, muss immer jemand da sein, der sich kümmert. „Ohne einen Kümmerer geht hoffnungsvoll gestarteten KVP-Prozessen gerne die Luft aus.“
Schwerpunkt Österreich und Süddeutschland
Schwerpunktmäßig bearbeitet Wilhelmer Aufträge aus ganz Österreich und dem süddeutschen Raum. „Wir haben dafür 25 eigene Monteure“, erzählt der Chef. „Sie haben den engsten Kontakt zu unseren Kunden und sind unsere Visitenkarte.“ Deshalb setzt er nur bei Auftragsspitzen zusätzliches fremdes Personal ein. Eher selten erhält sein Unternehmen Großaufträge aus der Region wie etwa beim Bau des Pumpkraftwerks Reißeck II. Hier konnte er für 1,8 Millionen Euro spezielle Stollenkonstruktionen und Schlosserarbeiten umsetzen. „Wir liegen hier im Naturpark Hohe Tauern. Unsere Region lebt vor allem vom Tourismus und der Landwirtschaft, Industrie gibt es nicht so viel“, sagt er. Zwar fertigt Wilhelmer auch Wintergärten oder zum Beispiel Präsentationsräume aus Metall und Glas. Ein Leuchtturmprojekt ist für ihn die komplette Umgestaltung der C&A-Fassade in der Wiener Mariahilfer Straße. „Hier haben wir verschiedenste Gewerke von der mehrgeschossigen Pfosten-Riegelfassade bis zur Liftverkleidung und der Vordachkonstruktion realisiert“, sagt Wilhelmer stolz. Eine besondere Herausforderung sei die vorgesetzte Sonderlamellenkonstruktion gewesen, die sein Team im laufenden Betrieb innerhalb von nur acht Wochen realisiert hat.
Weil in den großen Städten mehr gebaut wird, hat Wilhelmer vor zwei Jahren Projektteams in Wien und Linz etabliert. Dort kümmern sich Projektleiter zusammen mit ihren Technikern um die gesamte Auftragsabwicklung. Von Linz aus wird zudem der süddeutsche Raum bedient. „Wir waren auch in Ungarn und Slowenien unterwegs“, berichtet Wilhelmer. Dort sei der Preisdruck jedoch zu hoch. Inzwischen machen öffentliche Ausschreibungen rund 30 % seiner Aufträge aus. Der Großteil kommt direkt von Architekten oder durch persönliche Kundenempfehlungen.
Investition in Qualität
„Empfehlungen erhalten wir, weil wir auf Qualität und Termintreue setzen“, sagt Wilhelmer. Die Norm EN 1090-1, die seit dem 1. Juli nach der europäischen Bauproduktverordnung für Stahl und Alu verarbeitende Unternehmen Pflicht ist, hat der Kolbnitzer bereits vor einem Jahr eingeführt. Im nächsten Jahr steht die Zertifizierung nach der Qualitätsmanagement-ISO 9001 an.
„Unsere Mitarbeiter sind unsere Stärke“, unterstreicht der Unternehmer. „Regelmäßige Qualifizierungen und Fortbildungsmaßnahmen sind für uns alle Pflicht.“ Gleichzeitig setzt Wilhelmer auf Ausbildung. Sieben Lehrlinge hat er derzeit, möchte das aber noch weiter ausbauen. „Bei uns gibt es die Lehre mit Matura. Deshalb hat unser Nachwuchs nicht nur intelligente Hände, sondern ist insgesamt ganz aufgeweckt“, sagt er lachend. Zudem arbeitet er mit landwirtschaftlichen Schulen zusammen. Denn die Jugendlichen dort haben meist die elterliche Landwirtschaft im Hintergrund und wollen in der Region bleiben. Das ist auch Wilhelmer wichtig, dessen Firma durch und durch Familienunternehmen ist. Seine Frau Heidemarie kümmert sich heute um Produktion und Finanzen, während er für Vertrieb und Qualifizierung zuständig ist. Sein Schwager verantwortet die Schlossersparte, sein Bruder den Bereich Alu. Und selbst sein Vater schaut fast jeden Tag im Betrieb nach dem Rechten.
Qualitatives Wachstum
Bisher hat Wilhelmer viel richtig gemacht, die Wachstumszahlen sprechen für sich. Doch lässt sich der Erfolg einfach fortschreiben? „Wir überleben nur, wenn wir Aufträge aus den Städten in unser Dorf bringen“, sagt der Bauingenieur. Dabei strebt er künftig vor allem ein qualitatives Wachstum an. „Qualität in der Produktion, unsere Flexibilität, Termintreue und die Liebe zu handwerklichen Details — das ist es, worauf wir uns fokussieren“, betont Wilhelmer. Dies erreiche man nur durch nachhaltige Strategien, die die Mitarbeiter voll mit einbeziehen und die Organisation beständig weiterentwickeln. Wilhelmer will seine Alleinstellungsmerkmale weiter schärfen und in den Bereichen Gebäudehülle, Glas und Metall noch stärker werden. Um Kunden auch nach der Umsetzung eines Auftrags langfristig zu binden, kümmert er sich jetzt zunehmend um den Wartungsservice, etwa beim Thema Brandschutz: „Dadurch kann ich die Beziehungen zu meinen Kunden dauerhaft pflegen“, sagt Andreas Wilhelmer.