Schallschutzlabor in Betrieb genommen
Das Schallschutzlabor ist der erste Prüfraum im Technikum, wo der Dichtungsspezialist Athmer künftig seinen Kunden zusätzliche Leistungen anbietet. Das Unternehmen in Arnsberg-Müschede firmiert unter dem Dach der Julius Cronenberg Sophienhammer Gruppe, die insgesamt 250 Mitarbeiter beschäftigt.
Von 35 dB auf 52 dB – die technische Entwicklung für den Schallschutz von Abdichtungen ist enorm. Eines der bekanntesten Produkte von Athmer ist der Schall-Ex. Diese Türdichtung bringt es heute laut ift-Prüfzeugnis auf 52 dB. „In den 1960-er Jahren ist er mit 35 dB an den Verkaufsstart gegangen.“ Anlässlich der Einweihung des Schallprüflabors hob der geschäftsführende Gesellschafter Carl-Julius Cronenberg die enorme technische Entwicklung der Schalldichtungen hervor. Obwohl die Veranstaltung nur vier Tage vor der Bundestagswahl stattfand, war ihm ob seiner Kandidatur für die FDP keinerlei Aufregung anzumerken. Und es lief ja dann auch alles glatt: Am 24. September zog der Sauerländer in den Bundestag ein.
Aber zurück zu den Dichtungen. Über den Schallschutz hinaus können die automatischen Dichtungen in Türen auch Rauch-, Feuerschutz- und Strahlenschutzfunktionen erfüllen. Hin und wieder tut sich ein neues Arbeitsfeld auf, jüngst die Abdichtung von Ganzglastüren.
Damit die Dichtungen optimal auf das Material und die Konstruktionen der jeweiligen Bauelemente abgestimmt sind und den vielfältigen Anforderungen an die Funktion gerecht werden, ist ein umfassendes Portfolio nötig. „127 Seiten stark ist der aktuelle Profi-Katalog ausgefallen, der Ende September erschienen ist“, berichtete Holger Pertz, der die Geschäfte bei Athmer führt.
Beim Bau des Prüflabors hat Athmer mit dem ift Rosenheim kooperiert. Die notifizierte Zertifizierungsstelle und bauaufsichtlich zugelassene Prüf-, Überwachungs- und Zertifizierungsstelle für Tore, Automatiktüren und Antriebe kann nun in Zukunft auch in Arnsberg für Hersteller von Türen die Schalldämmwerte zertifizieren.
Diffizile Labortechnik
Der technische Leiter Maico Ludwig wies in seinem Vortrag auf die aufwändigen baulichen Maßnahmen hin, die beim Bau eines Prüflabors notwendig sind. „Der frühere Fußboden der ca. 100 Quadratmeter großen Halle erfüllte nicht die Voraussetzungen, für ein Schallprüflabor muss der Aufbau des Bodens bekannt sein. Also wurde der Boden herausgerissen, und eine Baustahlbewehrung mit 158 t Beton gefüllt. Als Raum im Raum wurde das Prüflabor akustisch vom Rest des Gebäudes entkoppelt. Mit den eingezogenen Betonwänden schaut es aus, als ob in der Halle ein Bunker steht.
Die Einrichtung des Labors wurde eine Woche lang eingemessen. Auf dem Boden sind die Messpunkte zu sehen, von denen aus die vorgegebenen Soll-Werte regelmäßig vom ift Rosenheim überprüft werden. An den Decken und Wänden sind nach Abmessung schallschluckende Deckensegel aus Blech angebracht und Holzrahmen mit Dämmkitt gefüllt, damit die normativen Messwerte erreicht werden. Für diverse Prüfkörper sind in die Wände zwei Prüföffnungen integriert, welche sich dank Modulbauweise schnell und flexibel an das zu prüfende Element anpassen lassen. Für den Einbau schwerer Bauteile wurde als Transportgerät ein Robot 280 angeschafft.
Öffnung A = 4000 x 2800 mm [BxH], kundenspezifisch mittels modularem Trennwandsystem anpassbar, im Raster von 20 mm
Öffnung B = 1250 x 2125 mm [BxH] reduzierbar auf Standardtüröffnung 1000 x 2125 mm [BxH] und auf Norm-Fensteröffnung 1250 x 1500 mm [BxH].
Der Schallprüfstand erfüllt die Anforderungen der DIN EN ISO 10140 und wird vom ift Rosenheim überwacht. Die messtechnische Ausrüstung stammt von der Firma Norsonic-Tippkemper. Die Schalldämmung wird nach DIN EN ISO 717-1 bewertet und kann bei Bedarf auch in Anlehnung an ASTM-E 413-87 oder ASTM-E 1332-90 erfolgen. Für die Kalibrierung der Geräte im zweijährigen Turnus ist DAkkS zuständig.
Das Schallprüflabor hat drei Räume, einen Empfangsraum und zwei Senderäume. Mit Betrieb des Labors hat der Zulieferer nun die Möglichkeit, Türen, Fenster, Fassaden und auch Tore darauf hin zu testen, wie viel Schall sie schlucken können.
Ein Versuch lässt sich in etwa so vorstellen: Die akustischen Signale werden aus den beiden äußeren Räumen in den zentral angeordneten Empfangsraum gesendet. Mittels Tetraeder-Lautsprecher wird beispielsweise mit 130 Dezibel bei 500 Hertz viel dumpfer Lärm gemacht. Was davon trotz abgedichtetem Bauelement im Nachbarraum ankommt, misst ein hochempfindliches Mikrofon. Das Ergebnis im Empfängerraum wird präzise am Computer ausgemessen, die Schallschutzwerte des jeweiligen Produkts genau erfasst.
Kooperation im Entwicklungsprozess
In Zusammenarbeit mit dem ift Rosenheim können die Prüfer künftig die Schallprüfungen der Athmer Abdichtungen vor Ort abnehmen. Dies mag manches Prozedere erleichtern, ist aber gewiss nicht der einzige Grund für die Investition in das Labor. Mit dem Technikum steigt Athmer als Dienstleister für Prüfungen in ein neues Marktsegment ein: Neben den Messgeräten für Schallschutz werden Geräte für Luft-, Wind-, Wasser- und Dauerfunktionsprüfungen vorgehalten.
Ludwig unterstrich die unternehmerischen Chancen, Kunden künftig bei Neuentwicklungen zu unterstützen: bei der Auswahl schalldämmender Materialien und bei Organisation und Abläufen der Qualitäts- und Produktüberwachungen. „Eine Produktentwicklung gemeinsam mit unseren Partnern vor Ort beschleunigt den Prozess und kann zu besseren konstruktiven Ergebnissen führen.“ Zudem fordert der Markt, dass innovative Lösungen schneller eingeführt werden. Auch wenn Partner Zertifikate für ausländische Märkte benötigten, könne Athmer bei der Internationalisierung unterstützen.
Prüfingenieur für Bauakustik
Henning Mörchen, der Prüfingenieur für Bauakustik, stieß dieses Jahr zur Belegschaft hinzu. Er betreut die Kunden, die Schallmessungen an Prüfkörpern, Prüfberichte oder ein ift-Prüfzeugnis für eine Zertifizierung brauchen.
Mörchen nutzte seine Antrittsrede, um klarzustellen, wie wichtig ein fachgerechter Einbau der Bodendichtung ist. „Gut funktionierende Bodendichtungen erhalten die Schalldämmung weitestgehend, wenn sie konstruktiv gut in die Tür integriert sind.“ Damit ein Bauelement die ausgewiesenen Leistungseigenschaften in punkto Schalldämmung umsetzt, muss die Konstruktion hinsichtlich ihrer Schallschutzanforderung mängelfrei sein. „Eine Bodendichtung kann Defizite in der Schalldämmung von kritischen Türkonstruktionen nicht auffangen, wenn deren Schwächen in denselben Frequenzbändern auftreten“, so Mörchen.
Produktion wird modernisiert
Direkt gegenüber vom Technikum befindet sich ein Produktionsstandort, wo beispielsweise die Produktfamilie Stadi L hergestellt wird. Die Einzelprüfung von Produkten ist für Marktführer nicht ungewöhnlich: Bevor die Dichtungen verpackt werden, wird jede einer Qualitätsprüfung unterzogen.
Noch wird der Fertigungsablauf der Lose (1 bis 1.000 Stück) auf Papier dokumentiert, langfristig wird auf eine digitale Dokumentation umgestellt. Für den Profilzuschnitt ist ebenfalls eine Modernisierung geplant. Derzeit werden die Aluminiumprofile mit zwei halbautomatischen Kappsägen und einer Stanzanlage bearbeitet. Die Fertigungslinien verfügen über zahlreiche Montagestationen, die Arbeitsabläufe sind getaktet, automatisierte Fertigungsbereiche schließen sich an. So werden Silikondichtprofile beispielsweise von einem speziellen Automaten in Profile eingerollt.
Fazit
Mit dem Bau des Technikums zeigt sich der hierzulande dominierende Marktführer für Türabdichtungen als innovatives Unternehmen, das sich mit umfassenderen Leistungen bei seinen Geschäftspartnern profilieren möchte. Angesichts des allgemein steigenden Lärmpegels und der gesundheitlichen Risiken durch Lärm ist es leicht vorstellbar, dass ein Schallprüflabor Konjunktur hat. red◊