Dank Information im Vorteil
Freiwillige Herstellererklärung statt abZ und abPRechtsanwalt Michael Halstenberg ging in seinem Vortrag beim Brandschutzkongress auf CE-gekennzeichnete Bauprodukte ein, die nicht alle Anforderungen erfüllen, die der Bauherr benötigt, um die erforderlichen technischen Bauwerksnachweise führen zu können. Teils können freiwillige Herstellererklärungen für die Nachweise genutzt werden, doch Vorsicht: Der Teufel steckt im Detail.
Dass der Bauherr alle Nachweise zu führen hat, regelt
§ 53 MBO 2016 nunmehr ausdrücklich. Im Fall, dass CE-gekennzeichnete Produkte in ihrer Leistungserklärung nicht alle Eigenschaften aufführen, die für die Nachweisführung gebraucht werden, ist er also in der Verantwortung, ergänzende Erklärungen zu organisieren.
Nach Info von RA Michael Halstenberg sind 370 harmonisierte Normen jedoch als unkritisch zu bewerten. Nur ca. 84 Normen weisen Lücken auf, die zu Sicherheitsproblemen führen können, wenn das CE-gekennzeichnete Bauprodukt nicht die entsprechenden Eigenschaften und damit auch keine Angaben hierzu aufweist. „Das gilt z.B. für das Glimmen einer Mineralwolle“, so der Jurist. In Bezug auf den Brandschutz betrifft dies folgende sicherheitsrelevanten Probleme:
Platten mit Trägermaterial auf Holzbasis für Verwendungsbereiche, in denen die Anforderung „schwerentflammbar“ oder „nichtbrennbar“ besteht. Hier ist das Glimmverhalten nicht geregelt.
Rauchschürzen für natürliche oder maschinelle Rauchabzugsanlagen. Hier ist das Brandverhalten nicht geregelt.
Druckbelüftungsanlagen in Sicherheitstreppenräumen und Feuerwehraufzugsschächten. Hier kann die Wirksamkeit der Rauchfreihaltung nicht erklärt werden.
Entrauchungsklappen für maschinelle Rauchabzugsanlagen. Bei diesen Produkten sind die Aussagen zum Brandverhalten in einer Leistungserklärung nicht ausreichend.
Wärmedämmstoffe für Gebäude – werkmäßig hergestellte Produkte aus Mineralwolle (MW)-Spezifikation. Hier können neben dem Glimmverhalten keine ausreichenden Angaben zum Schmelzpunkt und zur Formstabilität im Rahmen der Leistungserklärung abgegeben werden.
Ergänzende Herstellererklärungen
Soweit die VV TB in Bezug auf harmonisierte Bauprodukte auf zusätzliche nationale Anforderungen verzichten muss, kann sich die Praxis nur damit behelfen, dass der Bauherr oder auch der Planer bzw. das Bauunternehmen für die erforderlichen technischen Bauwerksnachweise die notwendigen Angaben im Rahmen von zusätzlichen „freiwilligen“ Herstellererklärungen erhält. Für die Richtigkeit haften die Hersteller. Diese wollen naturgemäß, dass ihre Produkte auch Verwendung finden. Daher besteht für sie ein Anreiz, solche Erklärungen zusätzlich zur Leistungserklärung abzugeben. Damit ist ein Wechsel zu einem stärker zivilrechtlich geprägten Sicherheitssystem verbunden.
Für eine Übergangszeit ist damit zu rechnen, dass Hersteller noch auf allgemein bauaufsichtliche Zulassungen (abZ) und allgemein bauaufsichtliche Prüfzeugnisse (abP) zurückgreifen und auch „freiwillig“ eine Ü-Kennzeichnung aufbringen. In diesem Fall können sich die Beteiligten bei der Erstellung bautechnischer Nachweise grundsätzlich weiterhin auf diese Erklärung und Kennzeichnung beziehen. Das gilt aber nur, solange die Geltungsdauer der betreffenden abZ oder abP noch nicht abgelaufen ist – längstens bis zum 15.10. 2021.
Die MVV TB ebenso wie die BauPVO lassen freiwillige Erklärungen der Hersteller zu, um bautechnische Nachweise zu erstellen. Die unteren Bauaufsichtsbehörden müssen dann aber die Zuverlässigkeit dieser Herstellerangaben im Einzelfall prüfen und bewerten. Hierzu enthalten die Übergangserlasse der Länder aus 2016 ermessensleitende Anweisungen an die zuständigen Bauaufsichtsbehörden, die auch künftig zur Beurteilung der Zuverlässigkeit von freiwilligen Herstellerangaben herangezogen werden können.
Noch gültige abZ/abP
Beruht die Herstellererklärung auf einer abZ und einem abP, deren Geltungsdauer noch nicht abgelaufen ist, und erfüllt der Hersteller die Nebenbestimmungen dieser Verwendbarkeitsnachweise weiterhin, sollen die Bauaufsichtsbehörden – auch bei fehlender Ü-Kennzeichnung des Bauprodukts – regelmäßig davon ausgehen, dass die Angaben des Herstellers zuverlässig sind und der bauwerksbezogene Nachweis insoweit erbracht ist. Der Bauaufsicht bzw. dem Prüfingenieur oder Prüfsachverständigen sollte durch die am Bau Beteiligten daher möglichst eine noch nicht abgelaufene abZ oder abP des Herstellers auch dann vorgelegt werden, wenn das Bauprodukt nicht mehr mit einer Ü-Kennzeichnung versehen wird.
Ist die Geltungsdauer einer solchen abZ oder eines abP nicht mehr zur Verfügung sehen die Erlasse einiger Bundesländer, z.B. Baden-Württemberg vor, dass die Bauherren auch solche eigentlich „ungültigen“ Nachweise in Bezug nehmen können. Denn der frühere Verwendungsnachweis ist ein Indiz dafür, dass das Produkt, wenn es nach Angaben des Herstellers weiterhin nach den entsprechenden Anforderungen produziert wird, die Anforderungen auch weiterhin erfüllt. In den Ländern, in denen es an einer entsprechenden Regelung fehlt, ist es den Bauaufsichtsbehörden nicht verwehrt, eine solche Vermutung bei der Ausübung ihres Ermessens ebenfalls anzustellen, auch wenn dies nicht ausdrücklich geregelt ist.
Stehen keine abZ und/oder abP zur Verfügung, gelten für die Frage der Zuverlässigkeit von Herstellerangaben komplexe Kriterien. Den Erlassen der Länder lässt sich hierzu eine Grundregel entnehmen. Diese lautet, dass die Bauerherren in jedem Fall eine (sonstige) prüffähige technische Dokumentation zu den in Bezug genommenen Eigenschaften der Bauprodukte, d.h. den Herstellerangaben, vorlegen sollen. Dabei dürfte eine Prüffähigkeit regelmäßig nur gegeben sein, wenn sowohl die technischen Regeln angegeben werden als auch die Stelle, die eine Qualitätssicherung vorgenommen hat. Im Übrigen ist die Verlässlichkeit von freiwilligen Herstellerangaben für die unteren Bauaufsichtsbehörden und für die Sachverständigen, die an ihrer Stelle tätig werden, nur schwer zu beurteilen. Das Fehlen erforderlicher Angaben oder deren „Unglaubwürdigkeit“ kann die Beteiligten vor erhebliche Probleme stellen.