Fronius zur EuroBlech digital
Virtuelle & interaktive Räume fehlenVieles Gute wurde aus der Not geboren. Das könnte auch das Schicksal der Digitalen Messen werden, aktuell lässt das neue Format allerdings noch viele Wünsche offen. Mag nach umfassenden Verbesserungen die Zukunft hypriden Veranstaltungen gehören, eins ist gewiss: Den Austausch face-to-face am analogen, haptischen Messestand wird das neue Format so schnell nicht ersetzen. Ohne Tracking der Produkte, die von Besuchern virtuell angeschaut werden, und ohne Tracking der Besucher an den jeweiligen digitalen Messeständen gibt es für eine seriöse Berichterstattung keine Grundlage. Ob so eine digitale Messe lebt, ist für einen Fachjournalisten bislang nicht zu durchschauen. Statisten im Ausstellerverzeichnis sind gang und gäbe, allein einen Listenplatz bei einer physischen Messe zu belegen, wäre hingegen den meisten Unternehmen wahrscheinlich zu teuer. Wir haben die Unternehmen Fronius und Trumpf nach ihren Erfahrungen gefragt, die Branchenzulieferer waren Aussteller auf der EuroBlech digital. Für den Hersteller von Schweißtechnik hat uns Annette Kehm geantwortet.
metallbau: Frau Kehm, inwiefern unterscheidet sich Ihr Ausstellungsportfolio auf digitalen Messen von dem auf analogen Messen?
Annette Kehm: Normalerweise präsentieren wir auf der Euroblech ein großes Portfolio an manuellen und automatisierten Schweißsystemen. Ein Highlight sind dabei die Live-Vorführungen, bei denen Besucher unsere Geräte in Aktion erleben können. Dies war auf der digitalen Euroblech in diesem Jahr leider nicht möglich. Zu sehen gab es vier Produkte: etwa die CE-zertifizierte Cobot-Schweißzelle SmartCell, mit der auch kleine und mittelständische Unternehmen ihre Schweißprozesse einfach und günstig automatisieren können. Oder das neue Schweißgerät TransSteel Pulse, das mit seinem Impulslichtbogen schnellere Schweißgeschwindigkeiten bei größeren Materialstärken ermöglicht und gleichzeitig die Nacharbeit verringert. Eine weitere Neuheit war die „Handling-to-Welding“-Roboterschweißzelle, die Bauteile unterschiedlicher Geometrien und Werkstoffe mithilfe eines Handhabungs- und eines Schweißroboters zusammenfügt. Und schließlich haben wir mit Acerios ein spannendes Verfahren für die selektive und effiziente Reinigung von Bau-teiloberflächen mit Heiß-Aktiv-Plasma gezeigt.
metallbau: Welche digitalen Formate haben Sie ausgewählt?
Kehm: Die Art der Präsentation war durch das Format der digitalen Euroblech fest definiert. Wir haben unsere Produkte durch Fotos, Beschreibungstexte und Verlinkungen auf Youtube-Videos vorgestellt. Daten über Profilaufrufe oder das Nutzerverhalten liegen uns allerdings derzeit noch nicht vor.
metallbau: Im Vergleich analog − digital: wie viele Kontakte haben Sie bei der digitalen Euroblech machen können im Vergleich zur analogen?
Kehm: Die Zahl der Gespräche und Kontakte auf der digitalen Euroblech war leider im Vergleich zur analogen Variante nicht sehr hoch. Das liegt sicherlich auch daran, dass sich das Format − und allgemein das Konzept „digitale Fachmesse“− bei weiten Teilen der Zielgruppe erst noch etablieren muss. Vielen potenziellen Besuchern ist noch gar nicht klar, welchen Mehrwert digitale Messen im Vergleich zum Besuch einer Website oder auf einem Social-Media-Kanal bieten.
metallbau: Welche Chancen zur Optimierung haben Sie bislang für die Digitalen Messen ausgemacht?
Kehm: Digitale Messen sollten verstärkt auf einen Erlebnis-Charakter setzen, um sich von anderen Online-Angeboten wie Websites und Sozialen Medien abzugrenzen. Virtuelle Ausstellungsräume und interaktive Messestände können dafür sorgen, dass der Besucher eher das Gefühl bekommt, sich auf einer tatsächlichen Veranstaltung zu befinden. Natürlich ist das persönliche Gespräch durch nichts zu ersetzen − wir sollten jedoch versuchen, dafür eine möglichst gleichwertige Alternative zu finden, indem wir auf virtuellen Messen verschiedene Arten der Kontaktaufnahme anbieten.
metallbau: Was halten Sie davon, künftig Messen prinzipiell hybrid zu veranstalten?
Kehm: Digitale Inhalte werden in Zukunft − unabhängig von Corona − immer stärker gefragt sein. Jedes Unternehmen muss sich deshalb unweigerlich mit diesem Thema auseinandersetzen. Mithilfe von digitalen Angeboten können Anwender sich schnell, flexibel und unverbindlich über Hersteller und deren Produkte informieren − das schafft natürlich jede Menge neue Anknüpfungspunkte. Wann immer es jedoch möglich ist, persönlich mit Kunden und Interessenten in Kontakt zu treten, sollte man diese Möglichkeit auch nutzen. Ich sehe deshalb hybride Messen als einen interessanten Ansatz, um die Vorteile von physischen und virtuellen Veranstaltungen miteinander zu vereinen. Beide Formate stehen nicht zwingend in Konkurrenz zueinander, sondern ergänzen sich im Idealfall. sm ◊