Ingo Plück & Heinrich Abletshauser

„Endlich wieder Meisterpflicht!“

16 Jahre lang ruhte die Meisterpflicht für Inhaber der Fachbetriebe Rollladen und Sonnenschutz. Der Bundesverband Rollladen und Sonnenschutz (BVRS) hat dazu unter seinen ö. b. u. v. Sachverständigen eine Umfrage durchgeführt. Diese meldeten einhellig zurück, dass sie seit 2004 eine deutliche Verschlechterung der handwerklichen Leistungen der Betriebe ohne oder mit geringer fachlicher Qualifikation festgestellt haben.  Wir informieren im Interview.

metallbau: Wie viele Inhaber ohne einschlägigen Meister führen in Deutschland inzwischen einen Fachbetrieb für Rollladen und Sonnenschutz?

Ingo Plück: Erhebungen zu dieser Frage liegen uns nicht vor. Nach der Handwerksrechtsnovelle 2004 hat aber die Zahl der Einpersonenbetriebe deutlich zugenommen, während die Zahl der abgeschlossenen Meisterprüfungen erst drastisch zurückgegangen ist und seitdem im Wesentlichen stagniert. Wir gehen daher davon aus, dass bis 2019 immer weniger Betriebe einen Meister als Inhaber oder als technischen Betriebsleiter beschäftigt haben.

metallbau: Welche Auswirkungen hatte es Ihrer Ansicht nach, als das Gewerk Rollladen und Sonnenschutz im Jahr 2004 aus der Handwerksrolle herausgefallen ist? Gibt es Zahlen für Ihre Thesen?

Heinrich Abletshauser: Die Novelle des Handwerksrechts 2003/2004 war in der nunmehr 59-jährigen Geschichte des BVRS die tiefgreifendste und schwerwiegendste Entscheidung. Sie hatte gravierende Folgen vor allem mit Blick auf Gefahrengeneigtheit und Sicherheit sowie präventiven Verbraucherschutz, aber auch mit Blick auf Mittelstandsverantwortung, Kulturgüterschutz und Energieeinsparung. Denn von 2004 bis 2019 bedurfte es überhaupt keiner Qualifikation, nicht einmal des Gesellenbriefs, um sich im Rollladen- und Sonnenschutztechnikerhandwerk selbständig zu machen

metallbau: Haben Sie denn auch Zahlen, die diesen qualitivativen Abstieg Ihre Gewerks belegen?

Abletshauser: Eine Umfrage bei unseren öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen belegt einhellig seit 2004 eine deutliche Verschlechterung der handwerklichen Leistung durch Betriebe ohne oder mit geringer fachlicher Qualifikation. Dagegen stellten die Sachverständigen eine gleichbleibende oder gestiegene Qualität bei Meister- oder gleichqualifizierten Betrieben fest. Nach Aussage der Sachverständigen beruhen bis zu 90 Prozent der Gutachten auf Schäden durch Betriebe ohne einschlägige Berufsqualifikation. Dies passt zu der Tatsache, dass es z.B. in dem Kammerbezirk eines unserer Sachverständigen 555 eingetragene Betriebe mit dem Rollladen- und Sonnenschutztechnikerhandwerk gab, davon aber nur 61 Betriebe hiermit als Hauptgewerk. Die Schäden betrugen nach Auskunft des Sachverständigen insgesamt bis zu 20.000 Euro jährlich bei den von ihm bearbeiteten Gutachten.

metallbau: Gab es auch positive Folgen im Sinne eines vielfältigeren, innovativeren oder flächen-deckenden Angebots?

Plück: Ich würde es anders ausdrücken: Mit der Handwerksrechtsnovelle von 2003/2004 wurde eine Modernisierung des Berufsbildes angestrebt. Das damit verbundene Neuordnungsverfahren wurde engagiert vorangetrieben, sodass zum 1. August 2004 die neue Ausbildungsverordnung in Kraft trat, verbunden mit einer Änderung der Ausbildungsberufsbezeichnung von „Rolladen- und Jalousiebauer/-in“ in „Rollladen- und Sonnenschutzmechatroniker/-in“. Die Veränderung der Berufsbezeichnung spiegelt gleichzeitig eine Anpassung an die fortlaufende Weiterentwicklung unseres Berufsbildes wider. Die Absolventen können durch die bestandene Gesellenprüfung seitdem die Qualifikation zur Elektrofachkraft erlangen. Sie müssen sich nicht mehr wie zuvor auf die Zusatzqualifikation „Elektrofachkraft für festgelegte Tätigkeiten“ nach bestandener Rollladen- und Jalousiebauerprüfung beschränken. Hierdurch konnten die Ausbildungszahlen zumindest stabil gehalten.

metallbau: Welche Verbesserungen für den Markt Ihres Gewerks versprechen Sie sich durch die Rückführung zur Meisterpflicht? Wann wird Ihre Prognose signifikant im Markt sichtbar?

Abletshauser: Höchste Qualität von Produkten und Dienstleistungen, qualifizierte Aus- und Weiterbildung im Gleichklang mit dem rasanten technischen Fortschritt, ein umfassender Verbraucherschutz und eine dauerhafte Bedienung der Zukunftsmärkte Energieeinsparung und Nachhaltigkeit, Sicherheit des eigenen Heims und altersgerechtes Wohnen können unseres Erachtens nur mit der Meisterqualifikation gewährleistet werden. Hier wird es m.E. deutliche Verbesserungen geben. Das lässt sich natürlich schlecht in genauen Daten und Prozentzahlen vorhersagen. Wir als Bundesverband und unsere Mitgliedsinnungen arbeiten jedoch bereits intensiv an Konzepten für höhere Qualifikation und Qualität. Hieran werden wir, das ist uns durchaus bewusst, auch im Rahmen der in fünf Jahren geplanten Evaluation gemessen werden. Deshalb wird zum Beispiel bereits auf Hochtouren an der Organisation von weiteren Meisterkursen gearbeitet, denn den höheren Bedarf wird es natürlich in den nächsten Jahren geben. Wir sehen in der Rückführung neben der erheblich gesteigerten Qualifizierung auch eine Steigerung der Attraktivität des Gewerks und unseres Berufstandes, der besonders auch für die Nachfolgeregelung in der Familie und bei externen Lösungen durchaus hilfreich ist und unterstützende Auswirkungen hat.

metallbau: Der Bestandsschutz gilt für Inhaber eines Betriebs mit Portfolio Rollladen und Sonnenschutz, die keinen Meister nachweisen können. Indes gilt für deren Nachfolger wieder die Meisterpflicht – werden sich mit dieser Vorgabe viele dieser Betriebe aus dem Markt verabschieden?

Plück: Das sehe ich, wenn überhaupt, bei den etablierten Betrieben nur in seltenen Fällen. Unsere Beratungspraxis zeigt, dass die Betriebe, bei denen der Erhalt des Bestandsschutzes aufgrund eines Austauschs der Gesellschafter fraglich werden könnte, unbedingt bestrebt sind, diesen Bestandsschutz zu erhalten. Damit dies möglich wird, arbeiten wir ja gerade daran, den auch aufgrund der Bestandsschutzvorschriften – Stichwort Fristenregelungen – erhöhten Bedarf an Meisterkursen zu bedienen. Gleichzeitig ist die Handwerksorganisation, insbesondere die Kammern, gehalten, Großzügigkeit walten zu lassen und nicht die Einhaltung von Fristen mit der Stoppuhr zu überwachen. Anders sieht es natürlich bei den Betrieben mit Mehrfacheintragungen, bei denen unser Gewerk nicht an vorderer Stelle steht, aus.

metallbau: Wie ist das eigentlich bei Metallbaubetrieben, die im Segment Rollladen und Sonnenschutz Leistungen anbieten. Sind diese dazu auf Basis des Metallbaumeisters befugt oder gibt es auch für diese Inhaber Probleme, ihr Leistungsportfolio im Gewerk Rollladen + Sonnenschutz einem „unqualifizierten“ Betriebsnachfolger zu übergeben?

Abletshauser: Wer was darf, ergibt sich ja in der Regel aus dem jeweiligen Meisterprüfungsberufsbild. Denn ein solches wird ja bei Abgrenzungsfragen herangezogen. Da kann es zwischen Berufen natürlich auch einzelne Überschneidungen geben. Außerdem macht die Handwerksordnung klare Vorgaben, unter welchen Voraussetzungen Arbeiten aus einem anderen Gewerk mitgemacht werden dürfen. Ob diese vorliegen, ist immer eine Frage des Einzelfalls, der von der zuständigen Kammer beurteilt wird. Unabhängig davon haben wir zu den Zentralfachverbänden der „benachbarten“ Gewerke jeweils einen sehr freundschaftlichen Draht, so auch zum BVM. Ich bin daher zuversichtlich, dass wir zweifelhafte Fälle einer guten Lösung zuführen können.

metallbau: Für 2018 hat das Marktforschungsinstitut Branchenradar ermittelt, dass der Umsatz mit Außenjalousien, Raffstores und Rollläden jeweils um rund vier Prozent gegenüber Vorjahr wuchs. Für das Jahr 2020 gehen die Marktforscher von einem Wachstum von 3,7 Prozent aus. Wie sind Ihre Prognosen für den Markt Außenverschattung mit den drei genannten Produkten?

Plück: Nun ja, tatsächlich ist es doch so, dass laut Branchenradar noch im Jahr 2017 bei Außenbeschattungen ein Rückgang, nämlich von 3,5 Prozent, zu verzeichnen war. In 2019 betrug die Abweichung nach oben 3,3 Prozent. Insofern ist doch die für 2020 prognostizierte Steigerung von 3,7 Prozent doch recht positiv. Wir stimmen insoweit mit Branchenradar überein, dass aufgrund dieser Entwicklung sowohl für das laufende als auch für das kommende Jahr ein robust wachsender Markt zu erwarten ist.

www.rs-fachverband.de

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