Metallstaub
Allgegenwärtige & unterschätzte GefahrEs gibt Regeln und Maßnahmen, die die Konzentration schädlicher Partikel in der Luft begrenzen sollen. Arbeitgeber stehen in der Pflicht, ihre Arbeitnehmer zu schützen. In der Praxis besteht bei der Umsetzung Nachholbedarf.
Der Staub ist kein Freund des Menschen. Auf Baustellen oder an stationären Arbeitsplätzen ist er meist allgegenwärtig, denn viele Tätigkeiten erzeugen Schwebeteilchen, die das menschliche Auge gar nicht wahrnimmt. Kommt der Mensch mit Staub in Berührung oder nimmt ihn sogar auf, kann das schwere Erkrankungen nach sich ziehen.
Zu den Metallarbeiten mit Staubemission gehören unter anderem das Schweißen, das Trennen, das Drehen, das Fräsen, das Schleifen und die additive Fertigung. Handgeführte Maschinen nehmen dabei die Hauptrolle im Staubfilm ein. Während sichtbare Späne schnell zu Boden fallen, sich größere Staubpartikel nicht lange in der Luft halten und absinken, erzeugen manche Metallarbeiten sogenannte Feinstäube, die Schleimhäute reizen oder in die Lunge gelangen. Teilchen bis zu einem Durchmesser von 5 μm halten sich ohne Luftbewegung stundenlang in der Luft. Ohne Schutzvorkehrungen inhalieren Menschen diese Metallstäube zwangsläufig.
Begrenzte Selbstfiltrierung
Der menschliche Organismus verfügt über eine natürliche Selbstreinigungskraft: Mikroskopisch kleine Flimmerhärchen filtern verunreinigte Atemluft in den Bronchien. Der Bronchialschleim befördert die Fremdkörper dann zum Abhusten in den oberen Atemtrakt. Ist die Staubkontamination zu groß, überfordert das die körpereigenen Fähigkeiten. Gesundheitliche Folgen reichen von Hustenreiz und Bronchitis über Hauterkrankungen bis zu Staublunge und Krebstumoren.
Schweißrauche in der Lunge
Eine besonders beachtenswerte Rolle nimmt in diesem Zusammenhang das Schweißen ein. Schweißrauch birgt, abhängig von Schweißverfahren und Material, ein grundsätzliches Gefährdungspotenzial für die Gesundheit Anwesender. Schweißrauch ist aufgrund einer Partikelgröße von weniger als 1 µm durchweg alveolengängig: Er dringt beim Einatmen bis tief in die Lungenbläschen (Alveolen) vor und setzt sich dort fest. Hier wirken die Teilchen bestenfalls lungenbelastend, beispielsweise bei Aluminium- oder Eisenoxid. Die Mehrzahl ist jedoch toxisch wie zum Beispiel bei Kupfer-, Mangan- oder Zinkoxid. Das Einatmen von Schweißrauch bei der Verarbeitung von Chrom (VI)-Verbindungen, Blei-, Titan- oder Nickeloxiden kann sogar Krebs verursachen. Schon bei Ermüdung und Atembeschwerden läuten die Alarmglocken. Geringere Produktivität und Fehltage folgen. Wer den Gesundheitsschutz seiner Arbeitnehmer nicht ernst genug nimmt, gefährdet nicht nur deren Unversehrtheit, sondern auch den eigenen Unternehmenserfolg. Egal, welcher Werkstoff zum Einsatz kommt, Metallverarbeiter sollten grundsätzlich lüftungstechnische Maßnahmen durchführen und den Schweißrauch mittels effektiver Absaug- und Filteranlagen direkt am Entstehungsort erfassen.
Grenzwerte beachten
Ob beim Schneiden, Schleifen oder Polieren – generell gilt, die Exposition von Metallstaub unterhalb der Toleranzgrenze zu halten. Je höher die Konzentration eines potenziell krebserzeugenden Stoffes am Arbeitsplatz, desto höher das Erkrankungsrisiko und entsprechend dringlicher die Notwendigkeit zusätzlicher Risikominderungsmaßnahmen. Daran anknüpfend erarbeitete die Berufsgenossenschaft Holz und Metall (BGHM) Leitlinien des Arbeitsschutzes (siehe Infokasten), die vor, während und nach staubigen Tätigkeiten zutreffen. Sie zielen auf technische und organisatorische Maßnahmen, Hygieneschritte sowie persönliche Schutzausrüstung ab.
Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) hält mit den Technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS) eine umfassende Lektüre für Arbeitsplatzgrenzwerte und Arbeitsschutzmaßnahmen bereit. TRGS 910 bietet beispielsweise eine Einsicht der Toleranzgrenzen und eine Gefährdungsbeurteilung bezüglich krebserzeugender Stoffe bei Metallarbeiten.
Lufttechnische Maßnahmen
Soweit Metallstäube in explosionsfähigen Konzentrationen in der Arbeitsatmosphäre vorliegen, sind Explosionsschutzmaßnahmen zu treffen. Der Staub sollte an der Austritts- oder Entstehungsstelle möglichst vollständig erfasst werden, um ihn gefahrlos zu entsorgen. Ist eine ausreichende Erfassung des Staubes nicht möglich, kommen weitere lufttechnische Maßnahmen, wie Arbeitsplatzlüftungen zum Einsatz. Dabei ist die Luft so zu führen, dass so wenig Staub wie möglich in die Atemluft der Beschäftigten gelangt. Einrichtungen zum Erfassen, Niederschlagen und Abscheiden von Stäuben sowie lufttechnische Maßnahmen müssen einerseits dem Stand der Technik entsprechen. Andererseits verpflichten sich Arbeitgeber, kontinuierlich den Nachweis der ausreichenden Wirksamkeit dieser Einrichtungen erbringen. Abgesaugte Luft eignet sich nur dann für eine Rückführung, wenn sie anerkannte Verfahren und Geräte zur Reinigung durchlief. Das bedeutet eine Filtrierung mit Filtern der Staubklasse H. HEPA-Filter und hoher Volumenstrom verbessern spür- und messbar die Raumluftqualität für Arbeitende und Nutzer von Nebenräumen. Relativ einfach umzusetzende Einhausungen von problematischen Arbeitsplätzen in Kombination mit einer ausreichenden Absaug- und Filterleistung stellen auch in großen Hallen eine gute Luftqualität sicher. Dokumentierte Wartung und Instandhaltung dieser Einrichtungen gehören selbstverständlich dazu.
Autor
Matthias Gräf ist Geschäftsführer der Gelsenkirchener möcklinghoff Lufttechnik. Der Fokus seiner Arbeit liegt auf Arbeits- und Gesundheitsschutz. Mit seinem 13-köpfigen Team entwickelt und produziert der gelernte Mechatroniker Systeme zur Luftreinigung für Arbeitsplätze.
Leitlinien des Arbeitsschutzes
Vor der Arbeit
Gefährdungsbeurteilung erstellen, Schutzmaßnahmen festlegen und dokumentieren
Besondere Gefährdungen durch Staubzusammensetzung berücksichtigen, z.B. bei asbest-, quarz- oder schwermetallhaltigen Stäuben
Möglichen Einsatz ungefährlicherer Produkte und Verfahren prüfen
Arbeitsplatzgrenzwerte entsprechend der Staubzusammensetzung beachten
Beschäftigungsbeschränkungen beachten, z.B. Jugendarbeitsschutz- und Mutterschutzgesetz
Staubarme Arbeitsverfahren und Maschinen auswählen, z.B. fest installierte oder mobile Absaugungen, Einsatz von Entstaubern und daran angeschlossener Handmaschinen
Staubarme Produkte bevorzugen, z.B. pastös statt pulverförmig
Belastete Bereiche begrenzen, z.B. Abtrennungen auf Baustellen
Auf Baustellen den Einsatz von Luftreinigern vorsehen
Betriebsanweisung erstellen und Beschäftigte unterweisen
Hygienemaßnahmen festlegen, z.B. getrennte Aufbewahrung von Alltags- und Arbeitskleidung, Reinigung von Arbeitskleidung, Waschgelegenheiten, vom Arbeitsplatz getrennte Bereiche zum Essen und Trinken
Geeignete persönliche Schutzausrüstung bereitstellen, z.B. Atem-, Augen- oder Hautschutz
Arbeitsmedizinische Vorsorge prüfen und in Abhängigkeit von den eingesetzten Stoffen und Rahmenbedingungen Pflicht- oder Angebotsvorsorge organisieren, gegebenenfalls Biomonitoring
Schutzmaßnahmen regelmäßig auf Wirksamkeit prüfen
Bei gefährdenden Tätigkeiten mit krebserzeugenden oder keimzellmutagenen Gefahrstoffen der Kategorie 1A oder 1B ein Verzeichnis der exponierten Personen führen
Während der Arbeit
Staubarme Arbeitsverfahren konsequent anwenden
Absaugung einsetzen, mobile Absaugung nahe der Entstehungsstelle positionieren oder mitführen
Luftreiniger einsetzen, Abluft falls erforderlich ins Freie abführen
Arbeitsplatz regelmäßig von Staubablagerungen reinigen, dabei nicht trocken kehren oder abblasen
Persönliche Schutzausrüstung konsequent einsetzen
Hygienemaßnahmen beachten, z.B. Händewaschen vor Pausen
Am Arbeitsplatz keine Nahrung aufnehmen und nicht rauchen
Nach der Arbeit
Arbeitsbereich staubarm reinigen, z.B. Absaugen oder Feuchtreinigung, nicht trocken kehren oder abblasen
Staubige Arbeitskleidung nicht abblasen
Persönliche Schutzausrüstung reinigen und prüfen, z.B. Filter wechseln und vor Gefahrstoffen geschützt aufbewahren
Hygienemaßnahmen beachten, z.B. gegen Verschleppung gefährlicher Stäube in unbelastete oder private Bereiche