Rasante Entwicklungen für die Produktion
Der DVS-Kongress mit ca. 90 Vorträgen und das tägliche Bühnenprogramm am DVS-Gemeinschaftsstand haben in Düsseldorf ein inhaltlich umfassendes Programm zur Schweißtechnik geboten. Die Präsenz von ca. 1030 Ausstellern hat dem Veranstalter Messe Essen ca. 50.000 Besucher beschert, mehr als 66 Prozent aus dem Ausland.
Die marktführenden Hersteller mühen sich um beste Voraussetzungen für die Betriebe, die ihre Produktion auf Industrie 4.0 umstellen. „Kommunikation, Echtzeit-Datenkontrolle, Datenspeicherung, Cyber-Sicherheit und intelligente Mensch-Maschinen-Interfaces treiben die Entwicklung der Schweißtechnik“, so Harald Scherleitner, der bei Fronius die Sparte Perfect Welding leitet. Er mahnt, die Umwälzungen im Auge zu behalten: „Mit der digitalen Transformation werden sich neue Produkte, Dienstleistungen und Geschäftsmodelle ergeben.“ Der 3D-Metalldruck ist im Markt angekommen. Mit Einsatz dieser Produktionstechnologie können Konstruktionen auf eine Weise produziert werden, die gar nicht vorstellbar waren. Wer nichts verpassen mag, gleicht am besten die zunehmenden Möglichkeiten des 3D-Drucks regelmäßig mit dem Potenzial für sein Portfolio ab.
App für Manuelles Schweißen
Bereits manuelles Schweißen lässt sich digital optimieren. Die App WeldConnect von Fronius unterstützt Schweißer, indem sie die passenden Parameter für die jeweilige Anwendung identifiziert. Dazu gibt der Bediener die verwendete Stromquelle inklusive Schweißprozess, die Materialstärke, Schweißgeschwindigkeit und Nahtgeometrie sowie Grundmaterial, Zusatzwerkstoff und Schutzgas ein oder er scannt mit dem Smartphone den QR-Code auf den Materialien. WeldConnect berechnet dann die Abschmelzleistung und Streckenenergie und generiert einen Vorschlag für die Schweißlösung. Ein Zugriff auf die Stromquelle oder das Herantasten an die richtigen Parameter ist überflüssig.
Manuelle Geräte
Manuelle Geräte sollen flexibel in der Anwendung sein, kompakt im Handling und leistungsstark. Die neue TransSteel 2200 von Fronius ist so ein Allroundgerät. Es vereint Elektrodenschweißen (MMA), Metall-Schutzgas-Schweißen (MIG/MAG) und Wolfram-Inertgas-Schweißen (WIG) in einer Stromquelle. Das Gerät verfügt außerdem über ein zweites Gasmagnetventil, das für einen einfachen Wechsel von MIG/MAG auf WIG sorgt. Hinzu kommen die Geräte der neuen WIG-Serie von Fronius – Magic Wave 230i, MagicWave 190 und TransTig 230i.
Auch ESAB hat auf der Messe in Düsseldorf einen neuen mobilen Allrounder für Werkstatt und Baustelle vorgestellt. Die Multiprozessfunktionalität der Rebel 235 umfasst MIG/MAG-, WIG- und E-Hand-Schweißen. Mit ihrem Gewicht von nur 24 kg und einem Schweißstrom von 235 A bei einer Einschaltdauer von 40 % bietet das Gerät eines der besten Leistungsgewichte ihrer Klasse, wie der Hersteller versichert. „Schweißer sollen mit dieser Entwicklung eine Vielzahl von Anwendungsbereichen und Blechdicken von 0,8 bis 9 mm abdecken können“, sagte Martin Freibergs, Business Product Manager für Industrial bei ESAB. „Die Fülldrahtfunktionalität der Rebel 235ic zielt auf Stahlbauunternehmen ab, die unsere Dual Shield-Drähte nutzen möchten“, so Freibergs weiter. Die Dual Shield-Drähte bieten neben den Vorzügen herkömmlicher Schutzgas-Fülldrähte auch gute Allpositionseigenschaften, hohe Abschmelzleistungen und eine ausgezeichnete Raupenausbildung.“ Das Gerät ist für Drahtspulen mit 200 oder 300 mm Durchmesser geeignet. Ferner erkennt es Netzspannungen von 90 bis 270 V 50/60 Hz. Die Rebel 235ic hat einen Netzanschlussstecker für 230 V.
Von manuell bis automatisiert
Zugunsten eines einfachen Übergangs vom manuellen Schweißen zum automatisierten hat Cloos das modulare Qineo-System entwickelt. Dies ist beispielsweise mit der Schweißgeräteserie QINEO NexT möglich, die der Hersteller auf seinem Messestand vorgeführt hat. „Modular lässt sich diese sowohl beim Basis-Schweißgerät für manuelles Handschweißen bis zur Multiprozess-Stromquelle für das automatisierte Roboterschweißen einsetzen“, informierte Klaus-Peter Schmidt, Leiter Business Unit Robots and Welding Products.
Parallel zu den Geräten wird an der Software gefeilt. So bietet die Software QINEO Data Manager (QDM) die Steuerung und Verwaltung der Schweißstromquellen von einem zentralen PC aus. Schmidt erläuterte: „Der Anwender kann mit der QDM-Software alle relevanten Daten der im Netzwerk befindlichen Stromquellen sichern und zurückspielen. Durch den Anschluss eines lokalen WLAN-Zugangs an eine Stromquelle kann eine ‚Punkt-zu-Punkt-Verbindung‘ aufgebaut werden.“ Wird der Zugang zentral am Netzwerk angeschlossen, bietet die QDM die Möglichkeit, mehrere Stromquellen zentral auf einem Windows-Tablet, Laptop oder PC zu bedienen und zu überwachen.
Neuartiges Anti-Spritzer-Mittel
„In der Schweißtechnik heißt Stillstand Rückschritt“, meinte Axel Schuhmann, Produktmanager bei Binzel. Wenngleich dieser Hersteller seinen Fokus auf die Herstellung von Robotern gerichtet hat, sollten auch seine Entwicklungen im Bereich der Ergonomie nicht übersehen werden. „Nach Weiterentwicklung werden die Geräte heute teils um zwei Drittel leichter angeboten“, informierte er. Leichtere Geräte entlasten die Schweißer. Zudem hat Binzel mit dem Bau spezieller Brenner versucht Abhilfe für ergonomisch anstrengende Arbeitspositionen zu schaffen. Für schwer zugängliche Stellen werden die Abimig „T-Modell“ angeboten. Dank des schnell zu wechselnden Brennerhalses entlasten sie die Körperhaltung des Schweißers in den oft üblichen Zwangspositionen erheblich, weil für jede Schweißaufgabe die passende Halsgeometrie gewählt werden kann. Besonders leicht sind die luftgekühlten Abimig A T LW (light-weight) Brenner. Das Schlauchpaket wiegt nur rund die Hälfte von vergleichbaren Schweißbrennern und reduziert damit die Belastung auf den Stütz- und Bewegungsapparat nachweislich. Die luftgekühlten Modelle A T erreichen 180 bis 400 Ampere bei einer Einschaltdauer von 60% (nach DIN EN 60974-7). Flüssiggekühlte W T Brenner erzielen nach obiger Norm 350 bis 600 Ampere bei 100% Einschaltdauer. Dabei verfügen Abimig W T 340 und W T 440 Brenner über ein schmales Frontend und ermöglichen einfachere Zugänglichkeit.
Als weitere Neuheit zeigte der Spezialist für Schweiß-Hightech Abiblue, ein neues Mittel gegen Spritzeranhaftungen. Es enthält einen blauen Farbindikator, der dem Schweißer sofort anzeigt, ob das Werkstück mit Trennmittel benetzt ist – natürlich ohne den Schweißprozess zu beeinflussen. Die in Abiblue enthaltene Adhäsionskomponente sorgt immer für ausreichende Haftung auch auf glatten Oberflächen und lässt sich mit Wasser entfernen. Das kennzeichnungsfreie Abiblue ist biologisch abbaubar und deshalb umweltschonend.
Mit Schweißtraktor automatisieren
Einen ersten Schritt Richtung Automatisierung kann ein Betrieb mit dem schienengeführten Schweißtraktor Lorch Trac RL Performance gehen. Das Gerät verfügt über eine optimierte Nahtverfolgung, programmierbare Schweißabläufe und einer hundertprozentigen Schweißdatendokumentation. Er beherrscht anspruchsvolle Schweißnähte wie beispielsweise Schweißungen an Trägerstrukturen mit hohen Werkstücktoleranzen, kann aber auch bei Zwangslagen im Rohrleitungsbau optimal eingesetzt werden. Für das WIG-Schweißen im Bereich Edelstahl ist er ebenfalls geeignet.
Die taktile Nahtverfolgung gleicht beim Schweißen Werkstücktoleranzen in vertikaler und horizontaler Richtung sofort automatisch aus und gewährleistet so die Basis für eine perfekte Naht. Weiterer Vorteil ist ein programmierbarer Schweißablauf, bei dem neu unabhängig voneinander sowohl Vorschweißzeit, Segmente, Lücken, Gesamtlänge und Kraterfüllzeit als auch der Job der Stromquelle im Vorhinein fest definiert werden können. Eine Anpassung der Schweißparameter während des Schweißprozesses kann über das TRAC-Bedienfeld vorgenommen werden.
Im Bereich WIG-Schweißen stellt die integrierte AVC- (Automated-Voltage-Control-) Funktion eine reproduzierbare Lichtbogenlänge sicher. Sie ermöglicht ein wiederholbares Schweißergebnis auf gewölbten Flächen und korrigiert bei Verzug des Werkstücks umgehend die Lichtbogenlänge. Für hocheffizientes Schweißen von Rohren in Zwangslage sorgt ein programmierbarer Ablauf für Orbitalschweißen inklusive eines automatisierten Schweißjobwechsels von bis zu acht Segmenten. Eine kontrollierte Abschaltung des Geräts am Schweißnahtende und die automatische Rückkehr des TRACs zur Startposition erhöhen bei häufig wiederkehrenden Schweißaufgaben zudem die Produktivität.
MIG/MAG-Multiprozessschweißgerät
EWM hat auf der Schweißen & Schneiden erstmals das MIG/MAG-Multiprozessschweißgerät Titan XQ gezeigt, das aktuelle Möglichkeiten digitalisierter Schweißtechnik maximal umsetzt. Es wird im nächsten Jahr zu einem Preis von ca. 10.000 Euro in den Markt eingeführt und ist für den Stahl-, Schiffs- und Fahrzeugbau konzipiert. Die Inverter von Titan XQ puls sind auf harten Dauereinsatz im 3-Schicht-Betrieb für niedrig- bis hochlegiertem Stahl sowie Aluminium ausgelegt, sie gewährleisten eine Einschaltdauer von 80 % (Titan XQ puls 350, 400 und 500) und arbeiten im Temperaturbereich von -25°C bis +40°C.
Die Geräte der neuen Serie sind ewm Xnet netzwerkfähig. Schweißanweisungen lassen sich papierlos und inklusive aller Parameter vom Planungsbüro aus an die Titan XQ puls übermitteln. Gleichzeitig erledigt die Software die Schweißnähte-Dokumentation zum Großteil automatisch, detailliert nachvollziehbar für jede einzelne Raupe.
„Da im Gehäuse aus Aluminium viel Entwicklungsarbeit steckt und es mit seinem modularen Aufbau für das Zubehör viele Vorteile bietet, werden bestehende Geräte nach und nach mit einem ähnlichen Gehäuse ausgestattet“, berichtete Johannes Wirth von EWM.
Ausblick
Die Messe Essen entwickelt die Schweißen & Schneiden als Weltleitmesse Nr. 1 weiter und erschließt den Unternehmen der füge-, trenn- und beschichtungstechnischen Branche internationale Wachstumsmärkte. In Düsseldorf wurde nach den Satellitenmessen China, Indien und Russland eine weitere Partnerschaft mit den Vereinigten Arabischen Emiraten unterzeichnet. Im Januar ist die Messe Essen auf der SteelFab in Sharjah mit einem Welding & Cutting Pavilion vor Ort.⇥red ◊
Das nächste Schweißen & Schneiden findet vom 13.9. – 17.9. 2021 auf dem neuen Essener Messegelände statt.