Schweiz

Erfahrungen mit BIM

Mangel an Interesse & Standards

Metaltec Suisse, der schweizerische Fachverband des Metallbaus, ansässig in Zürich, hat im September zum BIM-Seminar nach Olten eingeladen. Die Veranstaltung machte klar: Die BIM-Arbeitsweise ist in der Branche zwar eher selten, aber bereits in großen Betrieben wie Methabau in Amriswil und in kleinen wie Pletscher Metallbau in Schleitheim gängig. Insgesamt steht das Thema ähnlich hinten an wie in Deutschland.

Building Information Modeling (BIM) ist als Arbeitsmethode und Datenmodell ein Teilaspekt der Digitalisierung in der Bauwirtschaft. Doch der Einzug der BIM-Arbeitsweise bei den ausführenden Metall-/Fassadenbauern ist verhalten. Yves Hörler von Aepli berichtet, der Betrieb in Gossau erhalte seit zwei Jahren jährlich etwa fünf Anfragen für Objekte, die in BIM-Arbeitsweise abgewickelt werden sollen; höchstens zwei davon gehen in die Umsetzung. Das Unternehmen mit rund 230 Mitarbeitern ist einer der Marktführer in der Schweiz.

Beim Bau von Einfamilienhäusern wird BIM in den nächsten zehn bis fünfzehn Jahren weiterhin keine Rolle spielen. Davon ist David Mate Ban überzeugt. Der gelernte Metallbaukonstrukteur ist als BIM-Berater in der D-A-CH-Region tätig; die Abläufe im Metallbau sind ihm vertraut; die IT wurde während seiner Tätigkeit für Orgadata sein zweites berufliches Standbein. Nach seinen Erfahrungen hinkt die Schweizer Metallbaubranche der BIM-Arbeitsweise ähnlich hinterher wie die deutsche. Allerdings verfüge die Schweiz über sehr gute, kostenfrei zugängliche Publikationen zum Thema, etwa das SIA Merkblatt 2051 oder das Arbeitsdokument COBie mit Grundlagen. Im Vergleich zu den beiden Ländern sei die ungarische Branche zehn Jahre voraus. BIM wird dort allerdings zuvörderst als Mittel für mehr Transparenz den Betrieben der Bauwirtschaft vom Staat verordnet.

Die allzu langsame Umsetzung von BIM speziell in der Metallbaubranche führt Ban auch darauf zurück, dass Unternehmer und Verbände zu wenig in den gewerkeübergreifenden Gremien aktiv sind, die sich um die Fortentwicklung und Standardisierung der BIM-Arbeitsweise kümmern. Zudem sollte die Arbeitsweise mit BIM in die Ausbildungspläne der Azubis aufgenommen werden. AM Suisse Metaltec Suisse-Vorstand Roland von Allmen pflichtet ihm bei, dass Metallbauer mehr Initiative für die Anwendung der BIM-Arbeitsweise in den beruflichen Schulen und in den Verbänden zeigen könnten. „Es tut sich etwas, aber es reicht nicht aus, um unsere Interessen bei der Entwicklung von Standards einzubringen und aktuelle Informationen betriebsintern weiterzugeben.“

Kooperation nur auf gleicher Stufe

buildingSmart International ist eine weltweite Organisation, die sich um die interdisziplinäre Zusammenarbeit in der gesamten Bau- und Immobilienbranche kümmert. Das Gremium setzt sich für openBIM ein und einen durchgängigen, softwareunabhängigen Datenaustausch. Die Schweiz ist dort mit Bauen Digital Schweiz vertreten. Thomas Glättli referierte über das Bemühen der unabhängigen Initiative, nationale und internationale Standards zu definieren. „Aktuell nutzt jeder Betrieb BIM, wie er meint“, bedauerte er und wies darauf hin: „Eine gewerkeübergreifende Zusammenarbeit kann nicht funktionieren, wenn nicht alle Baubeteiligten auf einer Stufe BIM nutzen.“ Der Schweizer Metall-/Fassadenbau orientiert sich an einem Stufenplan (siehe Abbildung). Die meisten Branchenbetriebe befinden sich auf der Stufe 0 oder der Stufe 1; Methabau oder der Fassadenplaner Idpartners in Zürich arbeiten auf Stufe 3.

„Betriebe auf unterschiedlichen Stufen können nicht kooperieren“, betonte Ban. Ferner versteht der Experte nicht, weshalb Metallbauer ein Objekt, für das sie mit der BIM-Arbeitsweise beauftragt sind, in 2D konstruieren und umsetzen, und dann nach Fertigstellung die 2D-Zeichnungen von einem Dienstleister auf 3D generieren lassen. „So wird nurmehr ein ‚riesiges Chaos‘ erzeugt und keiner weiß, was es mit diesen Daten soll.“

Aber selbst wenn Betriebe prinzipiell in 3D zeichnen, sind diese 3D-Modelle nicht zwingend BIM-kompatibel. „Entscheidend für BIM-konforme Daten ist die Möglichkeit, dass den Konstruktionsteilen Attribute als Info hinzugefügt werden können; diese Option muss die Software vorhalten“, macht Ban aufmerksam. Über das sogenannte Raumbuch können via Programm an Bauteilen Verknüpfungen zu Dateien, Aufgaben oder URLs erstellt werden, die z.B. für Monteure auf der Baustelle abrufbar sind.

Wegen des zunehmenden Detaillierungsgrads sind die Datenumfänge der ausführenden Gewerke meist größer als die der Planer, aber dank Cloud-Lösungen dennoch auf dem Tablet zu handhaben. Ban erläuterte, dass Metallbauer beim Level of Detail erst bei Level 300 ins Spiel kommen.

Level 100 bis 500

Level 100 visualisiert die Baumasse; auf Basis dieser Daten ist es bereits möglich, Energiebedarf und Verschattung zu berechnen. Auf Level 200 kann beispielsweise definiert werden, ob Türen nach innen oder nach außen geöffnet werden. Wesentliche Systeme und Bauelemente wie Fassade, Wände, Türen, Decken sowie Räume, Tragwerke und Volumenkörper der technischen Gebäudeausrüstung sind definiert. Ab Level 300 enthält das Modell detaillierte Bauteile, deren Informationsgehalt ausreichend zur Vergabe der Gewerke ist, z.B. das Material der Fenster oder auch Kennwerte wie den U-Wert. Auf Level 400 enthält das Modell detaillierte Bauteile, die ausreichend für die Werk- und Montageplanung sowie zur Fertigung sind. Auf Level 500 können dann beispielsweise die Konsolen für eine VHF-Unterkonstruktion eingezeichnet und die Punkte angegeben sein, wo Dübel gesetzt werden. Wichtig: Bei der Phase 500 (Dokumentationsphase) werden vorgängig vom BIM-Manager im BEP Baustelle für Baustelle definiert, was für Bauteile ersichtlich sein sollten.

Programme von vier Anbietern

BIM gliedert sich in drei Disziplinen: Architektur, Tragwerksplanung und Gebäudetechnik. Die Metall-/Fassadenbaubranche gehört sowohl der Architektur als auch der Tragwerksplanung an – zugleich stammt die Software, die von den Betrieben genutzt wird, häufig aus dem Maschinenbau. Ban empfiehlt daher den Softwareentwickler Autodesk, der die Architektur und den Maschinenbau verbindet; relevant sind die Programme Revit (2D + 3D), AutoCAD und Inventor. Via Revit kann beispielsweise ein Fenster aus dem BIM-Modell separiert und in LogiKal für die Kalkulation weiter bearbeitet werden.

Ban betont jedoch: „Betriebe sollten flexibel mit unterschiedlichen Programmen umgehen können, weil immer häufiger Bauherren die Software  vorgeben.“ Weitere relevante Softwareentwickler sind Nemetschek, Trimble und Hexagon.

BIM in der Branchenpraxis

Für den Metallbauer bietet BIM, wenn die Arbeitsweise eingespielt ist, viele Vorteile. Andrej Binz von Methabau und Reto Wetter von Pletscher Metallbau bestätigen, dass sich „die BIM-Arbeitsweise lohnt“, egal ob es sich um die sprachunabhängige Bildkommunikation über das 3D-Modell handelt oder um die fortlaufenden Dokumentationen an den Bauteilen, die die Nachkalkulation erleichtern.

Die Firma Methabau nutzt in der Anfangsphase von Graphisoft das Programm Archicad, das bei den Architekten in der Schweiz führend ist. Ist die Vorprojektierung gemacht, switchen sie auf Tekla. Andrej Binz berichtet von Aufträgen, für die Methabau als GU agiert. In diesen Fällen werden Stahlbau- und Metallbauaufgaben an Subunternehmen vergeben, die dann ebenfalls in BIM-Arbeitsweise kooperieren. Sicher sei es leichter, für diese Aufträge Stahlbauer als Metallbauer zu finden, aber auch im Metallbau gebe es mehr und mehr Betriebe, die in der BIM-Arbeitsweise kooperieren können. Beauftragte Montagefirmen arbeiten auf der Baustelle teils mit Tablets, für die der GU die Software-Lizenzen zur Verfügung stellt. Die Fachkräfte können dann via Positionsnummern auf den Plänen auf dem Tablet Informationen zum Einbau abrufen.

Stephan Rossi vom Planungsbüro Idpartner in Zürich konstatierte bei seinem Vortrag, die BIM-Zusammenarbeit mit ausführenden Firmen sei generell schwierig. „Der Informationsfluss bleibt stehen, weil Fassadenbauer meist nur nach den Plänen fragen. Vielfach wollen sie sich nicht mit BIM befassen, und andererseits werden sie von Architekten und Fassadenplanern nicht in die BIM-Arbeitsweise involviert. Rossi plädierte dafür, die zweigleisige Arbeit mit und am BIM-Modell und zugleich mit 2D-Papierplänen zu überwinden.

Fazit

Für den Metall-/Fassadenbauer gibt es neben den bekannten Vorteilen der BIM-Arbeitsweise wie Nachhaltigkeit, Transparenz, Fehlerreduktion und effiziente Logistik branchenspezifische Vorteile wie die frühzeitige Großmaterialbestellung, das schnelle Erstellen einer genauen Stückliste für eine präzise Preiskalkulation, eine optimierte Planung von Ressourcen, eine schnellere und präzisere Nachkalkulation sowie sprachunabhängige Bildmontagepläne für die Fachkräfte auf der Baustelle. Am Seminar teilnehmende Metall-/Fassadenbaubetriebe, die bereits auf die BIM-Arbeitsweise umgestellt haben, sind von ihrer Investition und der neuen Arbeitsweise überzeugt. Viele Abläufe und Prozesse werden auf ein optimiertes Arbeitsniveau gehoben.

www.bauen-digital.ch

www.methabau.ch

www.pletscher-metallbau.ch

www.aepli.ch

www.banengine.ch

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