Kerstin Hansmann
Vollblut-Unternehmerin in dritter GenerationIn 25 Jahren Firmengeschichte hat die Firma Metall- und Balkonbau Hansmann aus dem brandenburgischen Jacobsdorf so manche Herausforderung gemeistert. Darauf verwies die Geschäftsführerin Kerstin Hansmann im Oktober 2022 anlässlich der Jubiläumsfeierlichkeiten. Seltenheitswert hat sicher, dass die ambitionierte Chefin selbst seit fast 40 Jahren Vollblut-Unternehmerin ist. Ihr Großvater Gustav legte 1923 seine Meisterprüfung im Schlosserhandwerk ab, also ziemlich genau vor 100 Jahren.
Der Vater Eberhard gilt als Pionier des ersten Schlüsseldienstes im einstigen Bezirk Cottbus und baute diesen zum Sicherheitsfachgeschäft aus, das bis heute besteht. Auch Tochter Kerstin war nicht abgeneigt, sich praktisch zu orientieren. Sie absolvierte zunächst eine Ausbildung zur Maschinen- und Anlagenmonteurin und gleich darauf eine zweite Lehre als Instrumenten-Schleiferin. Sie hatte sich bereiterklärt, die Schleiferei des Großvaters eines Tages zu übernehmen. Als er plötzlich verstirbt, steht sie vor einer fast unlösbaren Aufgabe. Sie hat dennoch nicht aufgegeben, seine Arbeit übernommen, den Gewerbebetrieb geführt, die Ausbildung beendet und eine Meisterausbildung zur Schneidwerkzeugmechanikerin begonnen. Das war Bedingung, um überhaupt eine Gewerbegenehmigung zu erhalten. Am 1. Oktober 1985 wagt sie den Schritt in die Selbstständigkeit. – sie war gerade 19 Jahre alt.
Eine neue Zeitrechnung
Fünf Jahre später beginnt mit der politischen Wende in der DDR eine neue Zeitrechnung. „Erst ein Jahr vor dem Mauerfall hatte ich meine Firma neu aufgestellt, auch neue Maschinen angeschafft. Dann brachen mit der Wende viele meiner Auftraggeber weg. Was sollte ich machen? Den Kopf in den Sand stecken oder mich neu orientieren?“, sagt die Unternehmerin. „Ich habe mich für Letzteres entschieden. Meinem Vater und mir war klar: Bauen wird die Zukunft sein. Dementsprechend fiel unsere Neuausrichtung aus.“ Investitionen in einen neuen Maschinenpark für die Aluminiumbearbeitung legten dafür den Grundstein.
Die Rechnung ging auf. Erste Aufträge zur Erneuerung von Balkonbrüstungen stellten Hansmanns vor interessante neue Herausforderungen. Die Entscheidung reifte heran, gemeinsame Wege zu gehen. So gründeten Eberhard und Kerstin Hansmann 1997 die Firma Metall- und Balkonbau Hansmann mit anfangs mit fünf Beschäftigten.
„Wie können wir es noch besser machen?“
Innerhalb kurzer Zeit spezialisierte sich das Unternehmen auf die Produktion und Montage von Aluminiumkonstruktionen wie Balkonbrüstungen, Vordächer, Loggien und vor allem Aluminium-Balkonsysteme. Das Auftragsvolumen wuchs stetig, und so kaufte man in der Nachbarschaft der Firma ein 20.000 Quadratmeter großes Grundstück dazu, um mehr Lager- und Produktionsfläche zu schaffen. Als richtungsweisend erwies sich in diesem Zusammenhang die Kooperation mit der Technischen Hochschule Wildau. Diese zielte 2016/2017 darauf ab, die gesamte Lager- und Produktionslogistik neu auszurichten und eine an die Industrie angelehnte, flussorientierte neue Stufe der Serienfertigung einzuführen.
„Es war aber vor allem mein Vater, der das Unternehmen geprägt und die Entwicklung von Aluminium-Balkonsystemen vorangetrieben hat, immer geleitet von der Frage: Wie können wir es noch besser machen? Seinem Erfindergeist haben wir viel zu verdanken“, bemerkt Kerstin Hansmann anerkennend. Anerkennung gebührt aber auch der Tochter selbst: 2018 wird sie als „Unternehmerin des Landes Brandenburg“ ausgezeichnet.
Markant in diesem Jahr ist auch, dass sich der Vater in seinem 80. Lebensjahr aus dem Unternehmen zurückzieht. „Das war für uns alle nicht einfach“, erklärt die Chefin. „Wobei wir an vielen Schnittstellen im Unternehmen damit befasst sind, den Generationenwechsel zu gestalten, Fachkräfte zu finden und junge Menschen für das Handwerk zu begeistern.“ Dass seit nunmehr drei Jahren erneut vieles auf dem Prüfstand steht, macht es nicht einfacher.
Gestaltungsspielraum erschließen
„Corona war schon grenzwertig, aber das, was wir jetzt mit der weltpolitischen Lage erleben, ist kaum noch zu fassen. Inzwischen stehen wir vor der Frage, welchen Gestaltungsspielraum wir überhaupt noch haben und wie wir diesen erschließen können.“ Kerstin Hansmann bleibt dennoch zuversichtlich, wobei ihr Optimismus möglicherweise auf ihrer eigenen Anpassungsfähigkeit beruht, aber auch aus der Erkenntnis resultiert, dass neue Chancen nicht selten in schwierigen Phasen ihren Ursprung haben. „Zumal alles einer stetigen Veränderung unterliegt“, sagt sie.
Selbst im Balkonbau habe sich in den vergangenen Jahren so einiges getan. Während anfangs überwiegend vorgestellte Aluminium-Balkonsysteme in Standardausführung eine Rolle spielten, setzten nach und nach anspruchsvollste städtebauliche Projekte neue Maßstäbe. So ging beispielsweise die Aufwertung des bestehenden Wohnungsbestandes mit der Umgestaltung ganzer Wohnensemble einher oder es galt, den Bestandsschutz mit innovativen neuen Bauweisen zu verbinden. Das spiegelt sich in interessanten Formgebungen und Farbkonzepten wider. Es hatte ebenso Einfluss auf die Größe von Balkonen oder die Art und Weise ihrer Anbringung, die alles andere als Standard sind, sondern individuellen Wünschen der Auftraggeber folgen. Dass sich diese zunehmend auf Projekte der Wohnraumverdichtung fokussieren, erweist sich inzwischen als ein ressourcenschonender neuer Trend. Ein Beispiel hierfür ist die 2018 realisierte „Housing Area“ in Erlangen — wir haben darüber in der metallbau-Ausgabe 10/2022 berichtet. Bei dem Pilotprojekt ging es darum, bestehende dreigeschossige Gebäude um zwei weitere Etagen aufzustocken und diese mit Balkonen auszustatten. Mehrere Balkonbauer wurden dazu angefragt, letztendlich stellten sich aber nur Hansmanns der Herausforderung.
Kontinuität in bewegten Zeiten
„Das Thema Wohnraumverdichtung werden wir auf jeden Fall im Blick behalten. Als einer der führenden Hersteller von Aluminium-Balkonsystemen werden wir aber vor allem den Anforderungen unserer Auftraggeber nachgehen, zu denen Standardlösungen ebenso wie Sonderkonstruktionen zählen“, fasst Kerstin Hansmann zusammen. Sie fügt an: „Unsere maschinentechnische Ausstattung ermöglicht uns außerdem, als Zulieferer für die Industrie oder je nach Bedarf auch für andere Metallbaubetriebe tätig zu werden.“
Dass das Unternehmen, in dem heute über 80 Beschäftigte arbeiten, dabei auf seine Innovationskraft bauen kann, machten während der Jubiläumsfeierlichkeiten interessante Vorträge deutlich. So ist der Betrieb mit der Herstellung von individuellen Halterungen für Photovoltaikanlagen an Balkonen befasst, und es soll demnächst eine neue Generation von Bodenbelägen zum Einsatz kommen, die gegenüber bislang üblichen Betonwerksteinplatten wesentlich verbesserte Eigenschaften aufweist. „Ich schätze mich glücklich, dass unserem Team so viele Spezialisten und Fachkräfte angehören, die imstande sind, solche Leistungen zu vollbringen“, äußerte sich Kerstin Hansmann im Rahmen der Veranstaltung. Einher gingen ihre Worte mit einem Dankeschön und einer Würdigung langjähriger Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter — die Dienstältesten sind von Anfang an dabei. Genau wie die Chefin selbst sorgen sie für Kontinuität in bewegten Zeiten.
Wohnquartier Röthelheimpark, Erlangen