Arbeiten mit Lebensqualität
Betriebsführung und Familienleben in BalanceMagnus Hilger
Ludwig Bittl ist Metallbauunternehmer im bayerischen Dollnstein und Familienvater. Er möchte nicht als Selbständiger sein eigener Knecht sein, ihm geht es um ein ausgewogenes Verhältnis von Betriebsführung und Familienleben. Damit dies gelingt, setzt sich der Ingenieur bewusst Grenzen.
Groß dimensioniert wirkt das Betriebsgebäude von Metallbau Bittl mit seinen rund 1.200 m2 Fläche, idyllisch in Dollnstein im bayerischen Altmühltal gelegen. Neben Inhaber Ludwig Bittl arbeiten dort noch ein Auszubildender sowie drei geringfügig Beschäftigte. Sie übernehmen vor allem die Montagearbeiten.
Vater Karl Bittl hatte das Unternehmen 1980 in Ortsmitte gegründet und war 1985 ins Gewerbegebiet umgezogen. Zehn Jahre später erweiterte er den Betrieb mit einem Anbau. Bis zu 20 Mitarbeiter waren im Unternehmen zeitweise tätig. Die Entscheidung, den Betrieb in kleinerem Umfang fortzuführen, hat Ludwig Bittl schließlich ganz bewusst gefällt. Nach seinem Studium zum Stahlbau Diplomingenieur (FH) und Schweißfachingenieur war er 2002 eingestiegen und hatte das Unternehmen 2005 von seinem Vater übernommen.
Die Verschlankung erfolgte nicht aus wirtschaftlichen Gründen. Ausschlaggebend war der Wunsch nach mehr Lebensqualität. Ludwig Bittl legt großen Wert darauf, neben der Arbeit im Metallbaubetrieb auch Zeit für seine Familie und Hobbys zu finden. „Mir gefällt das so, da bin ich unabhängiger. Ich kann ohne Weiteres auch mal einen Tag frei nehmen“, berichtet der 38-Jährige. „Ich kenne viele Kollegen, die führen tolle Aufträge aus, in toller Qualität“, so Bittl, „haben aber keine Lebensqualität. Sie gehen in aller Früh ins Büro und hören dann erst abends um acht Uhr wieder auf.“ Stress und Druck gebe es bei ihm zwar zeitweise auch, aber eben auch genügend ruhigere Phasen.
Dabei sind Arbeit und Familie keineswegs strikt getrennt. So hilft seine Frau Karolin beispielsweise im Büro aus oder packt bei Bedarf auch mal mit an. Die 34-Jährige war als Tierärztin zudem regelmäßig als Vertretungskraft für verschiedene Praxen in der Umgebung tätig. Derzeit pausiert sie diese Arbeit für die achtmonatige Tochter Marie. Auch sein Vater hilft als Schlossermeister noch gelegentlich aus. Und nicht zu vergessen ist Hund Poldi, der sowohl im Betrieb ist als auch sein Herrchen immer mal wieder auf Montage begleiten darf.
Gute Auftragslage. Neben dem üblichen Schlosserbedarf fertigt Ludwig Bittl kleinere Stahlbauten und übernimmt Feuerverzinkung, Sandstrahlen und Pulverbeschichtung.
Seine Aufträge stammen jeweils zur Hälfte von Privatkunden und aus öffentlichen, beschränkten Ausschreibungen. Diese Aufträge tragen auch den größeren Teil zum Umsatz bei. Damit er über die Ausschreibungen rechtzeitig informiert wird, ist er bei den Bauämtern der Umgebung registriert. Meist handelt es sich dabei nur um kleinere Aufträge, beispielsweise einzelne Türen oder Fenster. Häufig fertigt er auch Terrassenkonstruktionen, kleinere Balkone, Treppen und Geländer. Dazu verarbeitet er Stahl und Edelstahl, bei Profilen greift er auf das Angebot von RP-Profil zurück. Besonders die Nachfrage nach Konstruktionen aus Edelstahl, vor allem der Sorte V4A, hat in den letzten Jahren zugenommen. Auch für größere Stahlkonstruktionen bestünde im Betrieb Kapazität, allerdings kann das Unternehmen — unter anderem wegen der Konkurrenz aus dem Osten — preislich nicht mithalten.
Zum Zeitpunkt seines Einstiegs ins Unternehmen 2002 war die Auftragslage eher schwierig, hat sich zwischenzeitlich aber gut entwickelt: „Jetzt wird es manchmal zuviel, ich musste schon einiges absagen.“ Zugunsten seiner Lebensqualität setzt er sich Grenzen.
Nur einmal jährlich übernimmt er ein größeres Projekt und lagert Teile davon aus. „Größere Aufträge bekommt man oft nur, wenn man alle Leistungen anbieten kann“, berichtet Ludwig Bittl. So übernimmt ein befreundeter Unternehmer dann beispielsweise den Bau von Fenstern, Türen und Fassaden aus Aluminium. Früher wurde im Betrieb selbst noch Aluminium verarbeitet, der Schwerpunkt liegt aber inzwischen bei Stahl und Edelstahl. „Die Verarbeitung ist aufwändig, die Profile ändern sich regelmäßig und man benötigt neue Stanzen und weiteres Zubehör“, erklärt Ludwig Bittl. „Das rechnet sich bloß, wenn man nur noch Türen und Fenster aus Aluminium fertigt.“
Eines der größeren Projekte für den Metallbaubetrieb war beispielsweise die Ausstattung des nahegelegenen Fliegerhorstes Neuburg mit Brandschutzelementen. Besonders stolz ist der Unternehmer auf eine „Schafbank“, die er für eine Ausstellung in Eichstätt erstellt hat und die inzwischen vor seinem Haus ihren Platz gefunden hat. Auf der einen Seite ist die metallische Oberfläche des Schafs, entworfen von Karolin Bittl, pulverbeschichtet, ein bearbeiteter Stein aus lokalem Jura dient als Sitzfläche. Auf der anderen Seite dagegen ist die stählerne Oberfläche nicht versäubert und rostig und auch die Steinplatte wurde nur grob bearbeitet.
Immer wieder entstehen auch Konstruktionen für den Eigenbedarf. So hat Ludwig Bittl gerade eine Bühne für das Zimmer seiner Tochter in Arbeit. Das Gestell dafür entsteht aus verschweißten Metallresten. Ein Schuppen für die Holzlagerung mit pulverbeschichteten Lamellen, den er als Anbau zum Wohnhaus errichtete, erzielte sogar den ersten Platz beim Leserwettbewerb „Lochblech und Streckmetall“ der metallbau (Ausgabe 02/2012).
Für die Fertigung verfügt der Betrieb über eine Schlagschere, Kantbank und Geländerlehre. Zudem ist eine Anlage zur Pulverbeschichtung vorhanden, bestehend aus Wäscherei, einem Stand zum Aufbringen des Pulvers und dem Ofen. Presse und Schlagschere hat er in den letzten Jahren neu beschafft, ansonsten sieht Ludwig Bittl aktuell keinen größeren Bedarf an Investitionen in seine Anlagen. Bei den Neuanschaffungen für seinen Maschinenpark hat er bewusst auf CNC-Steuerung verzichtet. Auch auf andere moderne Technologien wie Lasertechnik oder Plasma-Schneiden verzichtet er bewusst aufgrund der damit verbundenen Kosten und der für die Rentabilität notwendigen Auslastung. Bei Bedarf setzt er stattdessen auf den Zukauf entsprechend bearbeiteter Komponenten. Und dass die Beschaffung neuer Geräte gar nicht immer nötig ist, zeigt sich am Beispiel der rund 70 Jahre alten Ständerbohrmaschine, mit deren Leistung der Metallbauer immer noch sehr zufrieden ist. „So eine Maschine findet man in dieser Qualität sowieso nicht mehr, die ist echt super.“ Auch wenn CAD-Software vorhanden ist, skizziert Ludwig Bittl viele seiner Projekte lieber mit der Hand und erstellt sie auf Basis seiner Erfahrungen. „Da ich hier keine Serienfertigung betreibe, sondern individuelle Objekte erstelle, geht das oft schneller.“
Praktikum und Ausbildung. Neben seinen Ingenieursabschlüssen hat Ludwig Bittl auch noch einen Ausbilderschein erworben, eine Fachqualifikation nach AdA (Ausbildung der Ausbilder). Regelmäßig stellt er einen Auszubildenden ein, gerade hat sein jetziger Azubi das zweite Lehrjahr abgeschlossen. Bewerber nimmt er frühzeitig unter die Lupe, denn vor dem Beginn der Ausbildung absolvieren sie bereits ein Praktikum im Betrieb. Die Jugendlichen können sich somit schon einen guten Eindruck von der Tätigkeit machen. „Dabei sehe ich, ob der seine Sache gut macht und wenn ja, dann kann er bei mir anfangen.“ Grundsätzlich kann er sich auch die Übernahme der ausgelernten Lehrlinge vorstellen, in der Regel ist aber die Verlockung durch die Industrie sehr groß, „weil sie da einfach mehr verdienen“. Bittl hat Verständnis dafür: „Es ist ein harter Job als Facharbeiter bei einem Schlosser, wenn man das nicht für sich selbst macht. Ich bin keinem böse, der geht, ich kann das nachvollziehen.“
Vorteile, die für eine Tätigkeit im Handwerk sprechen, sieht er wiederum bei den abwechslungsreicheren Tätigkeiten im Vergleich zur Industrie. Für andere Betriebe in der Region, die Fachkräfte benötigen, stellt die industrielle Konkurrenz mit ihren oft reizvolleren Arbeitsbedingungen durchaus eine Herausforderung dar. Andererseits kommen manche dann wieder zurück in das Metallbauhandwerk. Wie einer der Beschäftigten bei Metallbau Bittl, ein Frührentner, der zuvor bei Audi gearbeitet hat und jetzt bei Montagen aushilft.
Gut über die Runden kommen. Zum Metallbaubetrieb Bittl gehört auch noch ein kleiner Geschäftsraum in dem verschiedene Sonderanfertigungen wie Kerzenständer oder auch Figuren zum Verkauf angeboten sind. Die Fertigung dieser Exponate ist ein Hobby von Vater und Sohn, der Verkauf fällt umsatzmäßig nicht ins Gewicht. Der Unternehmer ist mit der Lage seines Betriebs sehr zufrieden. „Die Betriebsführung in dieser Form hat ihre Vor- und Nachteile. Ich werde nicht reich, aber ich komme damit gut über die Runden“, so sein Resümee. „Mir ist es wichtig, dass alles ordentlich ausschaut, so wie ich es von meinem Vater vorgefunden habe und so führe ich es fort.“