Auf Effizienz und Qualität getrimmt

„Wir wissen alles über unseren Antrieb.“

Der Erfolg von Hörmann ist auch ein Resultat der erfolgreichen Kooperation mit den Verarbeitern. Deshalb hat sich die Redaktion metallbau in den Hörmann Werken in Brockhagen umgeschaut: Dort ist die Fertigung von Industrietoren und Antrieben angesiedelt.

Obwohl ein Global Player mit weltweit ca. 6.000 Mitarbeitern, ist Hörmann  ein familiengeführtes Unternehmen, versteht sich als solches und lebt dies auch mit seinen Mitarbeitern. Konkret: Beim Betriebsfest  kürzlich war sich Christoph Hörmann nicht zu Schade, für die Belegschaft Würstchen zu grillen. Die Fotos dieser Veranstaltung hängen in der Produktionshalle. Familienunternehmen heißt im Fall von Hörmann aber auch, dass Mitarbeiter nicht selten in zweiter oder dritter Generation beim Unternehmen beschäftigt sind.

Industrietore in 22 Hallen. 40 % der in Brockhagen produzierten Tore werden im Binnenmarkt abgesetzt, 60 % im europäischen Ausland. Wer bei Hörmann bestellt,  erhält innerhalb von Deutschland 15 Tage später das Tor geliefert.

Die Produktion läuft meist im Zweischichtbetrieb, aktuell fordert die Nachfrage drei Schichten. „Im Herbst müssen wir meist von zwei auf drei Schichten umstellen“, sagt Dipl.-Ing. Michael Rahe, Produktmanager in Brockhagen. Der hohe Automatisierungsgrad der Fertigung ist stark industriell geprägt und dennoch handelt es sich bei den Toren um Einzelanfertigungen. Die Werksmitarbeiter lernen bei ihrer Einarbeitung alle verschiedenen Arbeitsstationen kennen. Folglich sind sie nicht jeden Tag mit derselben Arbeit beschäftigt, sondern können zwischen den Arbeitsstationen flexibel wechseln. „Wir versuchen möglich zu machen, was geht, Arbeitszufriedenheit wird bei Hörmann großgeschrieben“, stellt Rahe fest.

Einzelanfertigung in Massen. Das Werk für Industrietore hat eine Produktionsfläche von rund 85.000  m2, die in 22 Hallen gegliedert ist. 35 Förderfahrzeuge, meist Seitenstapler,  sind auf den Straßen unterwegs. Unzählige Paletten mit Lamellen sowie die Pakete mit Zargen und Laufschienen lagern in Hochregalen in vier Gassen – ca. 60 Meter lang und ca. 20 Meter hoch. Automatisierte Kräne, so hoch wie die Regale und so breit wie die Gassen, fahren auf und ab und lagern zwischen den Regalen Paletten und Pakete ein. Mitarbeiter sind hier keine tätig.

Die Produktionsstraße startet mit dem Einspritzen von flüssigem PU-Schaum. Vorder- und rückseitige Lamelle laufen über ein Band, ca. 20 Düsen spritzen den PU-Schaum auf die untere Lamelle. Während sich die Masse festigt, dehnt sie sich aus und füllt alle Hohlräume aus.

Je nachdem, wie hoch der Wärmedämmwert des Tores sein soll, bemisst sich der PU-Schaum zwischen den Lamellen auf 42 mm bzw. auf 67 mm. Letztere Bautiefe wird im April 2014 eingeführt. Die neue Konstruktion optimiert den U-Wert um bis zu 40 %. „Mit dem besseren U-Wert möchten wir weitere Markttrends setzen“, erläutert Rahe. Noch in dieser Anlage werden die beiden Lamellen zu einem Element verkantet, anschließend werden sie nach den bestellten Maßen zugesägt und gebohrt.

Die automatisierte Bohranlage erhält über den Barcode die Informationen, für welche Lamelle welche Bohrungen vorgesehen sind. Die Kontrolle der individuellen Bestellmaße läuft über die CNC-gesteuerte Anlage. Im nächsten Schritt werden in die Lamellen die Aussparungen für die Fensterelemente geschnitten, und das seitliche Einfassungsprofil wird montiert. In diesem Stadium werden die Lamellen nasslackiert, für doppelwandige Lamellen wird das Coil-Coating-Verfahren eingesetzt. Über die Lackieranlage werden die Lamellen in das Obergeschoss transportiert. Dort werden Dichtungen in die Fensterausschnitte eingezogen – dieser Prozess wurde 2013 automatisiert. Die Kunststofffensterscheiben setzen die Mitarbeiter händisch ein.

Auch wenn es Maschinen auf dem Markt gibt, mit denen sich ein weiterer Fertigungsabschnitt automatisieren ließe, muss dies nicht immer die wirtschaftlichere Variante sein. „Beim Einbau für Schlupftüren beispielsweise rechnet sich die Automatisierung nicht“, berichtet Rahe. Die Technologie dafür ist aktuell noch derart anfällig, dass Menschen diese Arbeit wesentlich präziser und effektiver leisten.

Zargen und Laufschienen separat. In der Halle, in der die Zargen gefertigt werden, lagern zahlreiche Reihen Coils. In einer automatisierten Anlage wird das Zargenseitenteil profiliert. Eine Stanze locht die nötigen Aussparungen für die Montage. „Wie bei den Bohrungen kann der Monteur an den unterschiedlichen Stanzungen schnell erkennen, welche Montageteile für welche Aussparungen vorgesehen sind“, erläutert Rahe. Zwei Mitarbeiter schrauben die Laufschienen schräg an die Zargen. „Unsere Vormontage soll die Monteure vor Ort so weit wie möglich entlasten“, betont Rahe.

Am Ende der Produktionsstraße, bevor Laufschienen und Zargen mit der Torsionsfeder im Paket verpackt werden, wird das Rohr für die Federwelle händisch zugeschnitten und die Torsionsfeder montiert. Um die Qualität zu sichern, wird das Paket zur Kontrolle gewogen.

Die neue Baureihe 50. Für die Fertigung von Industrietoren aus Aluminium werden im Lager 140 verschiedene Profile vorgehalten. Thermisch getrennte Aluminiumprofile mit dreifacher Kunststoffverglasung beispielsweise erhöhen den U-Wert enorm. 2013 wurde für die Baureihe 50 eine inzwischen komplett automatisierte Fertigungsstraße in Betrieb genommen, wie Rahe berichtet. „Wir haben die Konstruktion der neuen Baureihe für Aluminiumindustrietore stark überarbeitet. Neu ist beispielsweise, dass die Sprossenprofile verschraubt werden“, erläutert er. Beim Modell zuvor wurden T- und Eckverbinder eingesetzt. „Dieser Aufbau erforderte sehr viele händische Prozesse in der Fertigung“, so Rahe. Für die Statik der Fensterscheiben bietet die Schraubverbindung einen wesentlichen Vorteil. „Mit der größeren statischen Belastbarkeit, können wir größere Fensterflächen einbauen.“

Tore und Antriebe an einem Ort. Nur wenige hundert Meter von den Hallen der Indus-trietorfertigung entfernt, befindet sich das Werk, wo die Antriebe und Steuerungen produziert werden. „1998 startete die Produktion mit fünf Mitarbeitern in Künsebeck, 2003 zog das Werk nach Brockhagen in die jetzigen Produktionshallen um“, erzählt Olaf Stöck, Leiter des Technischen Serivce und der Seminare

In den Werkshallen ist mit der Produktion auch der technische Support angesiedelt. In den Abteilungen für Produktmanagement, Qualitätssicherung und Entwicklung sind viele Techniker und Ingenieure tätig.

Stöck weist auf die Fortschritte der Entwicklungsabteilung in Sachen Energieeffizienz hin. „Im Vergleich zu den Antrieben aus dem Jahr 2011 verbraucht ein aktuelles Gerät fünfmal weniger Strom.“ Geht man von einem Strompreis von 30 Cent pro Kwh aus und von täglich fünf Betätigungsimpulsen des Garagentores, verursacht heute ein kraftbetätigtes Tor jährlich 3,20 Euro Betriebskosten. Weitere technische Neuerungen sind die voreilende Lichtschranke, die mit zwei Sensoren die Torunterkante überwacht, oder das Lichtgitter, mit dem sich die gesamte Schließebene von Toren überwachen lässt. „Bei Schnelllauftoren sind die Lichtgitter in der Zarge bereits serienmäßig, für Industrietore ist dies geplant“, kündigt Stöck an.

Hörmann Antriebe sind gefragt. Die Nachfrage nach Normantrieben steigt stetig. In den vergangenen zehn Jahren hat sich die Produktion fast verdoppelt. Über 80 % der Produkte werden von professionellen Verarbeitern eingebaut, der Rest wird an Baumärkte geliefert. Diese Antriebe sind in ihrem Aufbau etwas schlichter. Stöck hebt hervor: „Die Antriebe für den Profi-Verarbeiter unterscheiden sich von denen für die Heimwerker.“ Beispielsweise ist am Do-it-yourself-Antrieb keine mechanische Aufschiebesicherung angebracht und auch kein Soft-Start/Soft-Stopp für ein geräuschärmeres Auf- und Abfahren des Tores.

Ob Steuerung oder Antrieb, jedes Gerät, das das Werk verlässt, ist 100 % geprüft. Nicht nur am Ende der Produktionsstraße, sondern auch zwischen den Montagestationen befinden sich immer wieder Testcenter. Der erste Test für die Antriebe ist noch kein Funktionstest. Zunächst wird die elektrische Sicherheit kontrolliert, beispielsweise bei der Isolations- und Hochspannungsprüfung. Ein weiterer Prüfstand checkt Funktionen wie Abschaltkraft, Beleuchtung und Drehrichtung. Besteht ein Gerät die Tests nicht, wird dieses vom Transportshuttle wieder zum Start der Fertigungsstraße zurückgefahren.

Die Einteilung von Maschinen, Robotern und Transportbändern in den Hallen scheint bis aufs Detail durchdacht. „Es dauert nur wenige Minuten vom Start, wenn das Transportshuttle mit den ersten Bauteilen des Antriebs bepackt wird, bis zum fertigen Antrieb“, sagt Stöck.

Die Arbeitsplätze sind auf Effizienz und Qualität ausgerichtet. Beispielsweise wird den Mitarbeitern auf Bildschirmen angezeigt, welche Teile sie in den Antrieb einbauen müssen. Fährt das Transportshuttle mit den Einzelteilen vor, wird der Barcode aller Teile eingescannt, und die rote Markierung auf dem Bildschirm springt um in eine grüne. Der Mitarbeiter hat dann Gewissheit, dass sein Montagesatz vollständig ist.

Fazit. Auch wenn sich mehrere hunderttausend Antriebe pro Jahr nach einer großen Stückzahl anhören, Stöck geht von weiterem Wachstum aus. Der Fokus auf kontinuierliche Entwicklung wird auch im Werk für  die Industrietorproduktion deutlich, beispielsweise was die geplante serienmäßige Ausstattung mit einem Lichtgitter betrifft oder das neue Angebot, Torblätter mit einer Bautiefe von 67 mm herzustellen.

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