Nachrüsten bei Industrietoren
Vom Monteur zum Herstellermetallbau: Immer wieder sind Metallbauer verunsichert, wenn es um das Nachrüsten eines Tores geht. Warum ist das Thema zusätzliche Ausstattung am Tor ein Dauerbrenner?
Michael Rahe: Es herrscht eine große Unsicherheit im Markt, welche rechtlichen Folgen eine Änderung/Nachrüstung an einer vorhandenen Toranlage nach sich zieht. Ein Hersteller stellt eine Toranlage nach einer gültigen Richtlinie her und kennzeichnet das Produkt nach der Bauproduktenverordnung als Bauprodukt. Wird an die Toranlage auch ein Antrieb verbaut, wird diese Anlage automatisch zu einer Maschine und unterliegt zusätzlich der MRL (Maschinenrichtlinie). Hier gibt es seitens der Hersteller Prüfverfahren, in denen Tore mit den Antrieben getestet und abgenommen werden. Werden bauliche Veränderungen an dieser Toranlage im Nachgang durchgeführt, so erlischt ggfs. die vom Hersteller ausgefüllte Leistungserklärung/Konformitätserklärung und das Montageunternehmen ist „Hersteller“ der erneuerten Anlage.
metallbau: Welche Verpflichtungen übernimmt der ausführende Betrieb, wenn er durch Nachrüstung einer Komponente zum Hersteller wird?
Rahe: Als Hersteller ist der Montagebetrieb verantwortlich für die Einhaltung der heutigen Sicherheitsanforderungen. Das Unternehmen ist sachkundige Fachfirma und muss mittels Risikoanalyse feststellen, ob alle Gefahren, die von der Toranlage ausgehen, ausreichend bewertet und abgesichert sind.
metallbau: Welche Fragen stellen Seminarteilnehmer am häufigsten, wenn es um das Thema Nachrüsten bei Industrietoren geht?
Rahe: Was darf ich nachrüsten, ohne dass die Konformitätserklärung/Leistungserklärung erlischt? Was muss ich bei einer Umrüstung von Handbedienung auf Kraftbetätigung oder umgekehrt beachten? Welche zusätzlichen Sicherheitsanforderungen muss ich erfüllen, gerade wenn Toranlagen ohne direkte Sicht bedient werden? Das interessiert die Teilnehmer bei unseren einschlägigen Schulungen am meisten.
metallbau: Welche zwei nachrüstbaren Komponenten werden am häufigsten nachgefragt?
Rahe: Antriebsnachrüstungen, um die Funktionen zu erweitern; defekte Komponenten werden gegen neue Antriebe ausgetauscht, bei handbedienten Toren werden häufig Absturzsicherungen nachgerüstet, da diese vor 2001 oftmals ohne diese Komponenten ausgeliefert wurden. Bei Hörmann wurden diese Sicherungen bereits seit 1994 serienmäßig eingesetzt.
metallbau: Können Sie bitte für einige nachrüstbare Komponenten die Fehlerteufel bei der Montage nennen, die sich Ihrer Erfahrung nach gern einschleichen? Was ist zu tun, damit diese vermieden werden?
Rahe: Montagemängel entstehen immer dann, wenn Einbauanleitungen nicht beachtet werden, und/oder nicht sachkundige Fachfirmen die Komponenten einbauen.
metallbau: Bei welchen Komponenten, die nachgerüstet werden, müssen bestimmte Dokumente vorliegen und normative Vorgaben bei der Montage beachtet werden?
Rahe: Nach der Installation oder Nachrüstung erfolgt eine Unterweisung der Anlage. Diese führt in der Regel das Montageunternehmen mit einem Verantwortlichen des Betreibers durch und erklärt die Funktion der Toranlage und deren Sicherheitseinrichtungen. Die Änderungen werden im Prüfbuch dokumentiert. Nach Abschluss der Veränderungen muss die Toranlage den heutigen Sicherheitsanforderungen entsprechen. Das bestätigt das Montageunternehmen mit seiner Unterschrift.
metallbau: Hat sich im Industrietorbereich in den vergangenen zehn Jahren der Stand der Technik insofern geändert, dass Betreiber von Industrietoren verpflichtet wurden, bestimmte Sicherheitstechnik nachzurüsten? Welche?
Rahe: Heute gilt für kraftbetätigte Tore in gewerblicher Nutzung die ASR A 1.7. Diese bildet den heutigen Sicherheitsstandard ab. Somit müssen alle Toranlagen, auch die vor Erscheinen der ASR A1.7 installierten Tore die heutigen Sicherheitsnormen erfüllen. Dazu gehören sowohl die mechanischen Aspekte nach EN 12604 als auch die Anforderungen an kraftbetätigte Tore nach EN 12453.
metallbau: Immer wieder ist von Bestandsschutz von älteren Toranlagen die Rede, was hat es mit dem Bestandsschutz auf sich?
Rahe: Es gibt keinen Bestandsschutz mehr. Die ASR A 1.7 ist hierzu eindeutig. Alle im gewerblichen Bereich installierten kraftbetätigen Toranlagen müssen den heutigen Sicherheitsanforderungen entsprechen.
metallbau: Was ist die neueste Hightech-Sicherheitstechnik, die sich an marktüblichen Industrietoren nachrüsten läßt?
Rahe: Der Trend zu berührungslosen Abschaltsystemen hält unvermindert an. Für zahlreiche Tormodelle sind voreilende Lichtschranken oder Lichtgitter verfügbar, um die Toranlage bereits anzuhalten, bevor ein Personen-/Gegenstandkontakt erfolgt.
metallbau: Beim Verschleiß welcher Komponenten ist der Austausch der Toranlage angezeigt beziehungsweise das Kostenkalkül legt diesen nahe.
Rahe: Das kann ich pauschal nicht beantworten. Je nach Tortyp gibt es unterschiedliche Verschleißteile. Letztendlich ist der Betreiber für die Sicherheit der Toranlage verantwortlich. Die prüfenden Montageunternehmen weisen nur auf Mängel hin und bieten ihren Kunden notwendige Umbaumaßnahmen an.
Halle B3 Stand 300/302/310