Auf Montage spezialisiert

Objekteure gelten als Abenteurer der Branche

„Ich wollte schon immer mein eigener Herr sein und frei wie der Wind“, sagt Alexander Schneller. Nach dem Abitur und einer Metallbaulehre hat sich der 44-Jährige aus dem bayerischen Inchenhofen bald mit seinem Vater und seinem Bruder selbständig gemacht. Die ersten Aufträge erhielt der Handwerker von einem befreundeten Unternehmer, der schon damals mehr zu tun hatte als er über Kapazitäten verfügte.

„Wir kooperieren noch heute und puffern so Engpässe jeglicher Art“, berichtet Schneller, der mit seinem Bruder sechs Festangestellte beschäftigt und mit einem Pool aus Subunternehmern Auftragsspitzen abdeckt. Der Vater macht seit fünf Jahren altershalber nur noch Innendienst. Im Schnitt ist Schneller & Söhne mit zehn bis 14 Mann für drei Metallbauunternehmen aus der Region im Einsatz. „80 % unseres Umsatzes machen wir mit Schüco Installationen, der Rest umfasst die Montage von Wintergärten, Reparaturen und Sanierungen von Glasfassaden“, sagt der Chef.

Keine lästigen Betriebs­strukturen

Der Bayer ist typisch für seine Branche, was Auftragsstruktur und -lage angeht, wenngleich er mit der Firmengröße eher im oberen Drittel rangiert. Volker Jauch hat sich 1989 in Weil der Stadt selbständig gemacht, nachdem er bereits vier Jahre zuvor aushilfsweise in der Metallmontage Einblicke gewonnen hatte. Der gelernte Autosattler und Möbelpolsterer in der Automobilindustrie hatte die Nase voll von Konzernstrukturen und wollte selbstverantwortlich denken und handeln. „Als Branchenfremder habe ich viel Lehrgeld bezahlt“, sagt der heute 54-Jährige rückblickend. So brauchte er einige Jahre, bis er über Kaltakquise allmählich die richtigen Auftraggeber und Mitarbeiter gefunden hatte.

Heute arbeitet Jauch mit zwei Angestellten dauerhaft für vier Auftraggeber, darunter seit 2012 der Fenster- und Türenbauer Biffar aus Edenkoben. Bis München, Nürnberg oder Frankfurt reicht das Einzugsgebiet des Objekteurs aus dem Großraum Stuttgart, der sämtliche Prüfungen für Brand- und Rauchschutz abgelegt hat, um im Premiumbereich zu arbeiten. Die weiten Anfahrtswege, auch das machte die Recherche deutlich, sind ein Indiz für den Mangel an diesen Metallbauspezialisten auf dem Arbeitsmarkt.

Das bestätigt auch Günther Korn, Geschäftsführer der 2013 bei Generalübernehmer Goldbeck im sächsischen Tirpersdorf gegründeten Montage GmbH, die als Dienstleister von den Standorten Treuen, Bielefeld und Hirschberg aus für die dezentralen Goldbeck Regionalgesellschaften arbeitet.

Objekteure als typische Subunternehmen

In Summe umfasst die Firma bundesweit 214 Mitarbeiter, zuzüglich 14 Monteure in der Schweiz. Aufgrund des jährlichen Wachstums der Goldbeck Gruppe um 17 % auf zuletzt 1,9 Milliarden Euro Umsatz leisteten die eigenen Monteure nur noch ein Volumen von 45 % an den 428 Objekten, die im jüngsten Geschäftsjahr realisiert wurden. 55 % entfielen im Metallbereich auf bundesweit 20 Subunternehmer, die in der Regel drei bis zwölf Mitarbeiter beschäftigen. „Allein zwölf unserer Dienstleister sind aus dem Osten“, sagt Korn, der selbst Stahlbaumonteur in der DDR gelernt hat und später nebenberuflich Stahlbau-Ingenieurwesen studierte, was er sowohl 1991 mit dem Ost- als auch 1998 mit dem West-Diplom abschloss. Fast alle Partner arbeiten zu 100 % für Goldbeck. Der Grund: Goldbeck ordert genügend Nachfrage, investiert viel in das Know-how seiner Dienstleister und bezahlt offenbar auch ordentlich. Korn: „Als Goldbeck verkaufen wir Qualität und Verlässlichkeit und sind deshalb nur an langfristigen Beziehungen interessiert.“ Hinzu kommen die hauseigenen Zeichnungen und Abkürzungen sowie die gruppeninterne Sprache, in die sich Einsteiger vertiefen müssen. Entsprechend sind die meisten Subunternehmer 15 und mehr Jahre dabei — Goldbeck stellt ihnen eine verlässliche Auslastung in Aussicht.

Weil in der Regel die Montage nur fünf Prozent der Gesamtsumme eines Objektes ausmacht und die Kapazitäten allenfalls ausgeglichen sind, ist der Kostendruck in der Branche nicht so enorm. Im Gegenteil: Goldbeck schaut, dass seine Monteure Einzelzimmer in Hotels oder Ferienwohnungen haben, wenn sie bis zu sechs Monate von zu Hause weg sind. Die Wochenenden sind in der Regel frei, um Zeit für die Familie zu haben.

Auftragslage ermöglicht Arbeiten in der Region

Schneller hat zwar Anfragen aus Berlin oder Frankfurt, nimmt aber nur Aufträge im Dreieck Ulm, Ingolstadt, München an, sodass er und sein Team maximal 150 Kilometer von zu Hause entfernt arbeiten und zur Baustelle pendeln können. „Wir sitzen im Speckgürtel der Republik mit Vollbeschäftigung und einem Lohnniveau und Arbeitsbedingungen, die von Audi und BMW geprägt sind“, betont Schneller.

Denn wie Jauch, in dessen Einzugsgebiet Konzerne wie Daimler, Porsche oder Bosch sitzen, tun sich die Objekteure schwer, geeignete Arbeitskräfte aus der Metallbranche oder dem Schreinerhandwerk zu finden. Mit ihren Einstiegslöhnen von 13 Euro je Stunde auf der Basis einer 40-Stunden-Woche, zuzüglich oft unbezahlter Fahrzeiten sind sie in dieser Zielgruppe kaum wettbewerbsfähig. Die Folge: Oft sind es Quereinsteiger und Abenteurer mit handwerklichem Geschick, die in dieser Branche landen. Einen Arbeitstag in einer Fabrikhalle würden sie nicht durchhalten.

„Der Spaßfaktor ist bei uns wichtig“, heißt es in allen Interviews. Denn bei allem Leistungsdruck lieben diese Männer trotz der körperlich harten Arbeit die Freiheit, die ihr Beruf an der frischen Luft bei Wind und Wetter an wechselnden Einsatzorten mit sich bringt. Und ein Chef sagt: „Weil ich ja immer selbst mit vor Ort bin, kann ich allein schon deshalb keinen Stinkstiefel im Team gebrauchen.“

Objekteure gesucht

Nicht selten wählen auch Zeitarbeiter über diese Schiene den Weg in den ersten Arbeitsmarkt. Und fast überall dominieren Osteuropäer die Szene, die hier ihre Chance nutzen, wo statt Computer noch Muskelkraft gefragt ist, statt Sprachfinesse handwerkliches Geschick und statt Diplomatie ein geradliniger Charakter. Entsprechend sind viele Monteure der Branche und ihren Arbeitgebern oft zehn und mehr Jahre treu, während sich viele andere nach dem ersten Winter auf einer zugigen Baustelle bereits verabschieden. Dazwischen gibt es viele, die drei bis vier Jahre bleiben und abwarten, wo sich eine Perspektive ergibt, entweder mit weniger Aufwand dasselbe Geld zu verdienen oder eben anderenorts mehr.

Nicht umsonst sind gerade deshalb viele deutsche Monteure aktuell aus Brandenburg oder Mecklenburg-Vorpommern, wo es nahezu keine Alternativen gibt. Die aktuelle Zuwanderung durch hunderttausende Flüchtlinge sehen viele Arbeitgeber deshalb mit Interesse. Sie spekulieren auf ein Arbeitskräftepotenzial, das sie vor dem Hintergrund des demographischen Wandels dringend brauchen.

Jauch, der Schwabe, würde aufgrund der guten Auftragslage gerne noch drei, vier Mitarbeiter dauerhaft einstellen. Allein, er findet keine. „Die mir das Arbeitsamt schickt, wollen 1.600 Euro netto und Feierabend um 16.30 Uhr, das geht einfach nicht“, klagt der 54-Jährige, dessen Mitarbeiter ihr 20.000 Euro teures Werkzeug selbst auswählen und zusammenstellen dürfen. Auch bräuchte er dann ein drittes Fahrzeug und einen dritten Werkzeugsatz.

Durch die knappen Ressourcen ist die Verhandlungsposition der Objekteure günstig. Das fängt bei den ausgehandelten Pauschalen und deren Erstattung binnen zehn Tagen nach Rechnungsstellung an und reicht oft bis zu frühzeitiger Information über anstehende Objekte, bei denen der Objekteur auch ungestraft absagen darf, wenn er plausible Gründe hat. Das passt ins Gesamtbild der Branche, die kaum zwischen intern und extern unterscheidet, weil Auftraggeber wie -nehmer an qualitativ hochwertigen Ergebnissen interessiert sind.

Entgegenkommende Auftraggeber

Goldbeck Mann Korn gibt ein Beispiel für den wertschätzenden Umgang: Die interne Belegschaft ist allein für die Grundauslastung ausgelegt und mit Arbeitszeitkonten ausgestattet, um flexibel mit den externen Dienstleistern kooperieren zu können. In nachfragearmen Zeiten, etwa im Winter, wenn den Subunternehmern Auftragslücken drohen, lässt Korn seine eigenen Leute Überstunden abbauen oder Urlaub nehmen, um die Externen auszulasten.

Schneller, der Bayer, achtet darauf, dass er mit möglichst wenigen Vorarbeitern auskommt, denn diese sind Schwachpunkt für gute Ergebnisse: „Wenn der schludert, habe ich hinterher das Gerenne wegen der Reklamationen und wer dafür aufkommt.“ Sein Team ist bereits auf Nachbesserungen, Reparaturen und Wartung spezialisiert. Und auch Jauch übernimmt in seiner Firma diesen Part. Dieser Bereich, darin sind sich alle Beteiligten einig, gewinnt künftig an Bedeutung und wird schon bei der Auftragsvergabe ein wichtiges Kriterium sein.

Nachfolger schwierig zu finden

Dass die Branche insgesamt labil ist, belegt noch ein Indiz. In jüngster Zeit fanden sich für zwei Subunternehmen von Goldbeck trotz guter Rahmenbedingungen keine Nachfolger, als die Inhaber aus Altersgründen aufgeben mussten. Die Folge: Die Goldbeck Montage GmbH übernahm die Betriebe in ihre eigenen Strukturen. Auf der zweiten Führungsebene hat Korn aktuell 36 Mitarbeiter, die jeweils drei bis fünf Baustellen betreuen und damit auch die jeweiligen Montageteams. Diese sind immer die ersten Ansprechpartner, wenngleich auch der Bauleiter vor Ort weisungsbefugt ist. Doch oft sind es fachspezifische Fragen, die das Montage-Know-how betreffen, wie Korn berichtet.

Bewerben sich neue Subunternehmen um Aufträge, die meist über Empfehlung kommen, so sichtet Korn diese auf ihre Leistungsfähigkeit und Ernsthaftigkeit, zumal er gerne exklusiv mit Dienstleistern kooperiert, um die Anzahl seiner Ansprechpartner gering zu halten. Wird man sich einig, bekommt der Neue zunächst einen relativ überschaubaren Auftrag in seiner Nähe, bei dem ihn Goldbeck-interne Profis eng führen und begleiten.

Verläuft das Referenzprojekt für beide Seiten positiv, wird die Zusammenarbeit ausgeweitet. Wie in der Branche üblich, zahlt Goldbeck Pauschalen, die oft 30.000 oder 80.000 Euro umfassen. Diese Budgets beinhalten neben der Entlohnung der Arbeiter auch deren Unterbringung und Transport. Unerwartete Mehrarbeiten — auch das ist in der Branche üblich — werden in der Regel extra vergütet, allein schon, weil man seinen Geschäftspartner nicht verärgern will. Denn langfristige Geschäftsbeziehungen werden großgeschrieben. Vereinzelt wird auch nach Stundensätzen abgerechnet, wenn es der Objekteur wünscht. Meist handelt es sich dann um komplexe Aufträge wie verwinkelte Gebäude, Denkmalschutz, fragile Bausubstanz oder Ähnliches.

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