Aus der Praxis für die Praxis (8)
Mechatronische Schließtechnik – Fluch oder SegenModernisierung in der Schließtechnik kennt viele Facetten, eine davon ist die Elektrifizierung und elektromotorische Unterstützung mechanischer Schlosskomponenten. Der Schließzylinder, der Jahrzehnte lang unspektakulär seinen Dienst verrichtet hat, wird zum integralen Bestandteil eines modernen Schließmanagements mit ausgeklügeltem elektrischen Antrieb oder Freigabesystem.
Vorbei sind die Zeiten, zu denen der Verlust eines wichtigen Gruppen- oder gar Generalschlüssels unübersehbare Austauschkosten produzierte. Heute wird gegebenenfalls drahtlos ein Reset-Befehl an das Schloss gegeben und die einst so wichtige Berechtigung – längst kein metallischer Schlüssel mehr – wird auf seinen Recycling-Wert reduziert. Im Fokus stehen hierbei die drahtlosen Systeme mit autarker Batteriestromversorgung. Korrekterweise sollte von Stromversorgung mit eventuell nur einer singulären Zelle gesprochen werden – die Miniaturisierung fordert schließlich ihren Tribut. Aber kennen wir nicht alle das Phänomen, dass ein portables, elektrisch betriebenes Teil just im Moment des Gebrauchs uns mitteilt: Batterie ist leer!
Wenn die Spannung gestört ist
Der Fantasie sind kaum Grenzen gesetzt, wollte man die Szenarien beschreiben, die hier Unerwartetes an Folgemaßnahmen nach sich ziehen. Wie verhält sich eigentlich in dieser Branche der nicht zwangsläufig technisch affine Anwender oder Betreiber bezüglich Wartung und Service? Besser noch! Was hat der Hersteller unternommen, um einem „geht nicht“- Aha-Effekt vorzubeugen und welche Kriterien drehen alle an der Schraube der kontinuierlichen Funktionalität?
Betrachten wir zunächst die Batterie – wie beschrieben, ist dies der physikalisch korrekte Begriff nur dann, wenn mehrere Zellen zu einem Paket – der Batterie eben – zusammengesetzt werden. Je nach Erfordernis kann dies eine Erhöhung der Zellenspannung oder aber auch eine Erhöhung der Kapazität, also Laufzeit bedeuten. In der Elektrotechnik spricht man von der Reihenschaltung oder Parallelschaltung. Der Hersteller legt fest, was für sein Produkt erforderlich ist, und an dieser Stelle muss sich kein Anwender irgendwelche Gedanken machen. Gedanken machen muss er sich aber über das bisherige Maß hinaus – welches sich beim klassischen Schließzylinder mal gerade im Winter auf Eisfreiheit, also Vorhandensein von Feuchtigkeit und damit verbundene Leichtgängigkeit, beschränkte – auf nunmehr Sommer- wie Winterbedingungen. Die Spannungen dieser Zellen verändern sich, je nachdem welches chemische Grundprinzip zu Grunde liegt. Hinzu kommt natürlich nach wie vor der „Hemmnisfreie Betrieb“ der Mechanischen Komponenten, ohne Mechanik ist Schließen oder Öffnen nun mal nicht möglich. Dies ist verständlicherweise weniger im Flur des Hotels von Bedeutung als im Freigelände des Industriebetriebs mit wenig benutztem Seitentor auf der Wetterseite. Was sagen die Physik und Chemie der Strom liefernden Komponenten? Im Markt befinden sich bereits überwiegend Litium-Verbund-Zellen. Die modernste Art der sogenannten Primärelemente, wie die nicht wieder aufladbaren Zellen/Batterien genannt werden. In der Auflistung hat in der Verwendung von „stand alone“-Technik der Typ Lithium-Thionylchlorid-Batterie besondere Bedeutung gefunden. Eine Stromversorgungszeit von zehn Jahren ist eine gewaltig lange Zeit. Wartungszyklen der hier verwendeten Mechanik sollten einiges kürzer sein als diese Standzeitprognose der elektrischen Komponenten vorgibt.
Zurück zur Eingangsfrage: Was ist bei Hitze, was bei Kälte? Auf den Punkt gebracht: Kein Problem! Eine chemisch/physikalisch bedingte Reaktion – die zu beschreiben, den Rahmen dieser Abhandlung deutlich sprengen würde – gibt den Einsatzbereich vor. Von minus 40 °C bis plus 75 °C gibt die Spezifikation die Anwendung frei und darin sollten wohl alle mitteleuropäischen Umgebungstemperaturen enthalten sein.
Ist damit der Einsatz also ohne Probleme möglich? „Nicht wirklich!“ ist die Antwort. Auch hier steckt der Teufel im Detail. Pflichtbewusste Hersteller lassen natürlich den Kunden per System warnen oder informieren, wenn das Schließsystem der Batterie bezogenen Unterspannung nahe kommt – und da gaukelt diese moderne Spannungsversorgung beim Batteriewechsel gerne ein kleines Schauspiel vor. Durch Lagerung und nur der typischen Selbstentladung unterworfen, bildet dieser Batterietyp eine kleine Schutzschicht, die dem Selbstentladungsprozess entgegenwirkt. Ergebnis: Die messbare Spannung ist geringer als die eigentlich vorgehaltene. Das System würde trotz neu eingelegter Batterie sofort wieder den Austausch verlangen. Deshalb der Tipp: Vor jedem Einsatz ist die „Lagerware“ mit einem kleinen Entladeschock auf den Einsatz vorzubereiten. Der Fach-Monteur weiß, wie das anzustellen ist. Die gebildete Isolationsschicht wird durchbrochen und die „messbare“, gleich „nutzbare“ Spannung hat ihren Nennwert.
Unbedingt erwähnenswert ist aber auch die noch weit verbreitete klassische Versorgung mit den guten alten Alkali-(alcaline) Zellen. Das sind die Zellen/Batterien die schon mal im Verbrauchermarkt kurz vor dem Kassenbereich in der Blisterverpackung auf Mitnahme warten und in mannigfaltigen Geräten ihren Dienst versehen – sie stecken auch in Produkten der elektromechanischen Verriegelung und sollen hier auf keinen Fall vergessen werden. Es ist natürlich wichtig, auch die herstellerseitigen Wartungs- oder besser gesagt Wechsel-Intervalle einzuhalten, denn hier haben das Temperaturverhalten und auch die Selbstentladung weitaus andere Dimensionen. Man spricht von vier Monaten bis zwölf Monaten Einsatzzeit. Diese wird bei Niedrigtemperatur erheblich verkürzt. Achtung: bei –20 °C ist Schluss mit dem Arbeitswillen dieser Stromversorgungselemente. Im norddeutschen Winter sind diese Temperaturen keine Seltenheit mehr.
Spezielle Bedingungen Brandschutztüren
Die Praxis zeigt, dass herstellerseitig erheblicher Aufwand betrieben wird, dem spannungsbedingten Ausfall vorzubeugen. Dies geht u. U. bis zum Hinweis, das Produkt nicht zu verwenden. So warnt Gerhard Gutmann von Assa Abloy Sicherheitstechnik: „Bei Verwendung von elektromechanischen Schließzylindern in Feuer- und Rauchschutztüren kann ein Versagen des Schließzylinders eine undefinierte Schließbartstellung zur Folge haben und dazu führen, dass das Schloss nicht vollständig verriegeln kann. In diesem Fall ist die Brandschutzfunktion der Tür unter Umständen nicht gewährleistet.“ Aus diesem Grund gibt der Hersteller keine generelle Freigabe für die Verwendung von Elektronikzylindern in Feuer- und Rauchschutztüren. Eine vorbildliche „Fürsorge“-Maßnahme, wenn der Kunde/Anwender nicht erst durch Schaden Klug werden muss, sondern eine klare Anweisung für die Planungsphase erhält. In gleichem Atemzug zu nennen ist die unmissverständliche Anweisung der Hersteller mechatronischer Elemente, welche Batterien verwendet werden können, beispielsweise ob wieder aufladbare Batterien oder nur Alkaline beziehungsweise Lithium-Batterien einzusetzen sind ,und natürlich in welchem Intervall der jeweilige Batterietyp zu wechseln ist.
Fazit
Mechatronische und vollelektronische Lösungen bieten sich für die klassische Zutrittskontrolle generell an. Als mechatronische Lösungen bezeichnet man mechanische Schlüssel und Schließ-zylinder, welche um eine elektronische Öffnungs- oder Schließ Logik erweitert werden. Bei vollelektronischen Lösungen erfolgt die Freigabe für einen Schließvorgang ausschließlich auf elektronischem Wege. Integration modernster Prozessortechnik lässt die Transpondergröße auf Chipgröße schrumpfen und eventuell kreditkartenähnlich in der Geldbörse Platz finden. Es bleibt der Hinweis auf kontinuierliche Funktionsnotwendigkeit, welche schon in der Planung, aber auch im Tageseinsatz die Eigenheiten der Spannungsquellen berücksichtigen sollte.