BIM im Metallbau

Die Einführung ist in vollem Gange

Die Methode Building Information Modeling (BIM) steht für das Zusammenführen vieler – manche sprechen von allen – Daten in einem digitalen Gebäudedatenmodell (Building Information Model) und für das wechselseitige Austauschen der zum jeweiligen Zeitpunkt für die jeweilige Rolle relevanten Informationen zu den funktionalen und physischen Eigenschaften der einzelnen Bauteile. Im Idealfall nutzen alle Beteiligten beim Entwerfen, Planen, Realisieren und Betreiben von Gebäuden dieses digitale Gebäudedatenmodell. Die Ziele liegen auf der Hand: Es sollen die Entscheidungen durch die virtuelle Vorwegnahme des tatsächlichen Bauens früher und, mittels der Informationen über die Eigenschaften der Bauelemente und ihren Status, schneller und besser getroffen werden. Im Ergebnis sollen die Qualität gesteigert, die Terminpläne eingehalten werden und die Kosten im geplanten Rahmen bleiben.

Verschiedene Varianten von BIM

In der Praxis wird zwischen verschiedenen BIM-Varianten unterschieden. Es beginnt mit „little BIM“ und „closed BIM“. Beim „little BIM“ werden die Daten in einem oder in wenigen der beteiligten Unternehmen in einzelnen Projektphasen genutzt. „Closed BIM“ bedeutet, dass eine Software mit spezifischem Datenformat zum Einsatz kommt. Am Ende der Entwicklung stehen „big BIM“, bei dem viele Beteiligte über alle Phasen hinweg durchgängig digitale Gebäudedaten nutzen und „open BIM“, das allen Beteiligten den Austausch und das Teilen digitaler Informationen mittels neutralem Datenformat und offener Schnittstellen ermöglicht. Das IFC-Format spielt hierbei eine große Rolle. IFC steht für Industry Foundation Classes, ein neutrales Datenformat, das aus den USA stammt und seit Mitte der 90iger-Jahre durch den buildingSMART International (1) ständig weiterentwickelt wird. Die Version IFC4 wurde als offizieller ISO-Standard (ISO 16739:2013) veröffentlicht. Das IFC-Format wird heute von allen maßgeblichen Programmen unterstützt. BIM findet heute weltweit in zunehmendem Maße Anwendung.

BIM in Europa

In Europa sind eine Reihe von Ländern BIM-Vorreiter, dazu gehören Finnland, Großbritannien, die Niederlande, Norwegen und Dänemark. Die Übersicht (S. 7)  zeigt den BIM-Status in einer Auswahl von Ländern. Vor allem Großbritannien, die Niederlande und Norwegen verfolgen konsequente Pläne zur Einführung in ihren Ländern. Sie messen der Methode BIM eine entscheidende Bedeutung für eine verbesserte Termintreue und höhere Kosteneffizienz bei Hochbau- und Infrastrukturprojekten zu. Und sie wollen ganz gezielt die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Bauindustrie fördern.
Großbritannien strebt mit seinem 4-Jahresplan zur Einführung eine Reduktion der Projektkosten in der Investitionsphase um 20 % an. Die angepeilten Effekte für die Nutzungsphase, auf die der Löwenanteil der Gebäudelebenszykluskosten entfällt, wurden noch nicht beziffert. In den Niederlanden erklärte der Rijksgebouwendienst (2) BIM für öffentliche Bauvorhaben ab einem Projektvolumen von 10 Mio. Euro zur verbindlichen Methode und veröffentlichte eine entsprechende nationale Norm. Das EU-Parlament befasste sich im Zusammenhang mit der Richtlinie über die öffentliche Auftragsvergabe mit BIM. In der Richtlinie 2014/24/EU (3) findet sich ein Passus, der es den EU-Mitgliedsstaaten erlaubt, „elektronische Instrumente für die Gebäudedatenmodellierung“ für öffentliche Bauaufträge und Wettbewerbe zu verlangen.
Norwegen startete mit der Arbeitsgruppe CEN/BT/WG215 BIM eine internationale Normungsinitiative mit Vertretern aus sieben weiteren europäischen Ländern beim Europäischen Komitee für Normung CEN (4). Die vom Europäischen Normungsinstitut CEN verabschiedeten Normen müssen in nationale Normen überführt werden, in Deutschland in das DIN-Normenwerk. Mittlerweile arbeitet das Technische Komitee CEN/TC 442 – BIM mit deutscher Beteiligung an entsprechenden Normen. Einer der bereits verabschiedeten Eckpunkte ist die Übernahme bestehender ISO-Normen, u.a. der ISO 16739 „IFC“.

BIM in Deutschland

Seit vielen Jahren werben verschiedene Firmen und Organisationen für BIM. Allen voran der deutschsprachige buildingSMART e.V., in dem Schüco seit 2008 aktiv ist. Und trotzdem gibt es in Deutschland Nachholbedarf, auch die Bundesregierung zieht nach: 2013 setzte Peter Ramsauer (damals Bundesminister für Verkehr-, Bau und Stadtentwicklung) unter dem Eindruck von Projekten wie der Elbphilharmonie, Stuttgart 21 und dem Berliner Flughafen die Reformkommission Bau von Großprojekten ein. Der Abschlussbericht vom 29.06.2015 an das heutige Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur enthält  zehn Handlungsempfehlungen, u.a. für ein „Kooperatives Planen im Team“, die „Vergabe an den Wirtschaftlichsten, nicht den Billigsten“, mehr „Partnerschaftliche Projektzusammenarbeit“ und als Punkt 10 die „Nutzung digitaler Methoden – Building Information Modeling“. Die Digitalisierung des Planens und Bauens ist ein wesentlicher Schlüssel zur Verbesserung der Effizienz von Großprojekten.
Die Bundesregierung wird prüfen, wie die Methode des Building Information Modeling (BIM) bei Großprojekten in zunehmendem Umfang angewandt werden kann. Ziel ist, das Prinzip „Erst virtuell, dann real bauen“ zur Regel werden zu lassen. In der Folge stellte Bundesminister Dobrindt am 15. Dezember 2015 einen Stufenplan zur Einführung von Building Information Modeling im Verkehrsbereich vor. Nach zwei Vorbereitungsphasen in den Jahren 2015 bis 2017 und 2017 bis 2020 zur Formulierung von Standards und Regeln sowie zum Sammeln weiterer Erfahrungen mit Pilotprojekten gilt ab 2020: „In der dritten Stufe soll BIM im Zuständigkeitsbereich des BMVI bei neu zu planenden Projekten regelmäßig angewandt werden.“ (5).
Auch der Verein Deutscher Ingenieure (VDI) und das Deutsche Institut für Normung (DIN) starteten 2013/2014 die Arbeiten an Richtlinien und Normen für BIM. Mehrere Arbeitsgruppen nahmen unter reger Beteiligung die Arbeiten auf (6). Seit dem Sommer 2014 läuft parallel dazu BIMiD – BIM Referenzprojekt in Deutschland, gefördert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie als Teil der Förderinitiative „eStandards: Geschäftsprozesse standardisieren, Erfolg sichern“. Es hat zum Ziel, die Building-Information-Modeling-Methode anhand konkreter Bauprojekte beispielhaft zu demonstrieren. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse sollen dazu dienen, BIM insbesondere in der mittelständisch geprägten deutschen Bau- und Immobilienwirtschaft zum Erfolg zu verhelfen.“ (7).
Die große Mehrheit der Verbände der deutschen Bauindustrie ist von den Vorteilen der Methode BIM überzeugt. Sie gründeten 2015, dem Beispiel der britischen BIM Task Group folgend, unter breiter Beteiligung aller relevanten Verbände die „planen-bauen 4.0 – Gesellschaft zur Digitalisierung des Planens, Bauens und Betreibens mbH“. Sie will als „Wegbereiterin bei der Einführung von BIM, d.h. von digitalen Geschäftsprozessen in der Wertschöpfungskette Bau, die beschleunigte Einführung von BIM in Deutschland koordinieren und unterstützen“ (8). Zahlreiche Weiterbildungsanbieter, u.a. bei den Handwerkskammern, bieten vielerorts in Deutschland Schulungen zum Thema BIM an. Eine kurze Internetrecherche fördert eine Vielzahl regionaler Angebote zutage.

BIM Angebote für den Metallbauer

Schon früh gab es bei Schüco die Idee, die umfangreichen Informationen aus der Metallbau-Software SchüCal für einen projektspezifischen Austausch elementkonkreter BIM-Daten zu nutzen. So sollten der Aufwand für die mehrfache Datenerfassung gesenkt und die damit einhergehenden Risiken durch Übertragungsfehler vermieden werden. 2011 realisierte man eine bidirektionale Schnittstelle zwischen SchüCal und Autodesk Revit. Mittels eines kleinen Zusatzprogramms in Revit und einer SchüCal Import-Schnittstelle kann die mit der eindeutigen Element-ID verknüpfte Basisgeometrie als Ausgangspunkt für das detaillierte Ausarbeiten einer Fenster-, Tür- oder Fassadenposition genutzt werden. In der Regel geschieht das auf Basis der geplanten Lochmaße unter Berücksichtigung von Fugenmaßen. Der Metallbauer kann dem Architekten und Planer direkt die in Kalkulation oder Arbeitsvorbereitung ausgearbeiteten Elementinformationen bereitstellen. Mittels der mitgeführten Element-ID werden diese Informationen automatisch den richtigen Bauelementen zugeordnet.

Um welche Daten geht es dabei?

Die 5D-Planung gilt seit mehreren Jahren als Einstieg in BIM. Hierbei werden die dreidimensionalen Geometriedaten der Bauteile mit den Informationen zum zeitlichen Ablauf (4D) und zu den Kosten (5D) verknüpft. Wird dieses Vorgehen konsequent und mehrfach praktiziert, erfolgt ein Nachführen der Modelle in einen „wie-gebaut“-Status. Generell kommt den „Auftraggeber-Informations-Anforderungen“ (AIA) eine besondere Bedeutung zu. Mit ihnen wird beim Projektstart festgelegt, welche Informationen zu welchem Zeitpunkt und in welcher Detailtiefe bereitgestellt und ausgetauscht werden sollen. In diesem Zusammenhang wird die jeweilige Projektentwicklungsstufe durch sogenannte „Level of Development (LOD)“ beschrieben. Sollen beispielsweise am Ende der Bauphase die Daten für eine abschließende Dokumentation der tatsächlich eingebauten und abgenommenen Bauteile bereitgestellt werden, handelt es sich um die Entwicklungsstufe LOD 500 („wie gebaut“ / Englisch: „as built“). Heute gehen die technisch verfügbaren Informationen deutlich über 5D hinaus, und es ist die entscheidende Frage, wie sich die Projektbeteiligten auf die AIA verständigen.
Auch die viel diskutierten Aspekte der Datenmengen und Modellgrößen spielen eine große Rolle. Bei Schüco verfolgt man den Ansatz von verschiedenen Fachmodellen und einem Austausch mit individuell steuerbaren Datenumfängen. Schließlich sind für den Planer andere Informationen relevant als für den Ausführenden. Den Planer interessieren z.B. die U-Werte, den Bauleiter die Montagetermine. Der ausführende Metallbauer benötigt hingegen alle Details für die interne Logistik und Fertigung, beispielsweise die vollständigen CNC-Daten.
Mit SchüCal werden derzeit 3D-Geometriedaten und Attribute zu den Elementeigenschaften (u.a. U-Wert, Liefertermin, Gewicht und Kosten) für den Export angeboten. Beim Import der Elemente in das Revit-Gebäudemodell gibt es drei Optionen: Ein umfassendes, detailliertes Datenpaket mit komplexer 3D-Geometrie, eine reduzierte Datenmenge mit vereinfachter 3D-Geometrie (jeweils in Kombination mit den Attributen zu den Elementeigenschaften) oder nur die Attribute (z. B. nur die Liefertermine der Bauelemente für eine 4D-Planung). Um diesen effizienten bidirektionalen Datenaustausch mit möglichst vielen Architektur- und Planungsprogrammen weltweit zu ermöglichen, wird von SchüCal auch das neutrale IFC-Format (IFC 2x3) mit den oben genannten Attributen zu den Elementeigenschaften bedient.
Die SchüCal-BIM-Schnittstellen für Revit und das neutrale IFC-Format sind mit der seit Langem bestehenden GAEB-Schnittstelle (GAEBXmL) im SchüCal Funktionspaket „Architekten Interface“ zusammengefasst. Dieses ist in SchüCal enterprise bereits standardmäßig enthalten und für die Ausbaustufen basic und advanced gegen einen geringfügigen Aufschlag auf die monatliche Programmmiete erhältlich.
Die praktische Anwendung von BIM bei deutschen Metallbauern steckt noch in den Kinderschuhen. Anders als bei Schüco Partnern in den Niederlanden oder Großbritannien ist sie noch nicht im Alltag angekommen. Viele deutsche Generalunternehmer, Architekten und Planer gehen voran und wenden zumindest teilweise BIM in ihren Projekten an. Im deutschen Metallbau werden die noch seltenen BIM-Anforderungen häufig an die Handvoll mit BIM vertrauter Planungsbüros als externe Leistung vergeben.
Fragt man die deutschen Metallbauer nach den Gründen für ihre Zurückhaltung gegenüber dem Thema BIM, wird am häufigsten die Sorge vor einem Kontrollverlust über die eigenen Daten genannt. Auch deshalb hat Schüco die Austauschfunktionen so implementiert, dass die Anwender auf allen Seiten die volle Kontrolle über den Datenfluss haben. Sowohl beim Export aus dem Gebäudemodell als auch beim Export auf Seiten von SchüCal hat der Anwender die Daten im Blick und kann entscheiden, was er dem jeweils anderen zu diesem Zeitpunkt liefern will. Die Zeitersparnis mag derzeit noch gering sein, aber die ebenfalls anzutreffenden Sorgen vor einer Mehrarbeit infolge von BIM sind, zumindest nach dem Einarbeiten in die neue Arbeitsweise, unbegründet.

Ausblick

Die positiven Effekte von BIM für den Metallbauer liegen in der teilweisen Ersparnis von Erfassungsaufwänden und dem Reduzieren von Fehlermöglichkeiten im Informationsaustausch. Das persönliche Gespräch und eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten am Projekt ersetzt BIM nicht, sondern ergänzt es lediglich. Alle erkennbaren Zeichen weisen deutlich darauf hin, dass die flächendeckende Einführung von Arbeitsweisen mit digitalen Gebäudedatenmodellen bevorsteht. Sie werden zukünftig so selbstverständlich werden wie der Einsatz von CAD, E-Mail und Internet. Wenn die Beteiligten mit schrittweisen Praxiserfolgen die wechselseitigen Vorteile erkennen, wird die Bereitschaft wachsen, sich auf einen wirkungsvollen Austausch der relevanten Informationen einzulassen. Davon hängt letztendlich vieles, wenn nicht alles ab. Manche Unterschiede zwischen den Sichtweisen der an einem Bauvorhaben Beteiligten sind eher vom Charakter der Rolle geprägt als von der Methodik und werden auch mit BIM fortbestehen.
Es gilt, sich im internationalen Geschäft schnell anzupassen und sich auf die deutschen Projekte mit BIM vorzubereiten. Der Besuch von Weiterbildungsangeboten zum Einstieg in das Thema BIM ist sehr empfehlenswert. Auch Schüco bietet u.a. Webinare zum Thema BIM an. Nähere Informationen zu diesem und anderen Angeboten finden registrierte Interessenten auf der Schüco Homepage unter „Mein Arbeitsplatz“. Der Start mit einem kleineren Projekt sollte nicht allzu schwer fallen. Auch für BIM gilt der bekannte Spruch: Der Pessimist sagt: „Das Glas ist halb leer“, der Optimist sagt: „Das Glas ist halb voll“, und der Ingenieur sagt: „Das Glas ist doppelt so groß wie es [derzeit] sein müsste“.

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