BIM in der Vertragsgestaltung
Mit Auftraggeber und KooperationspartnernBuilding Information Modeling (BIM) ist derzeit in aller Munde und Gegenstand zahlreicher Fachbeiträge. Doch was genau verbirgt sich hinter diesem Begriff und wie ist die BIM-Arbeitsweise künftig bei der Vertragsgestaltung mit dem Auftraggeber und den Kooperationspartnern zu berücksichtigen?
Bei Building Information Modeling (BIM) handelt es sich um eine datenbankgestützte Planungsmethodik, bei der alle Projektbeteiligten an einem mindestens dreidimensionalen virtuellen Gebäudemodell arbeiten. Diesem sollen sich alle Informationen über Qualitäten, Quantitäten, Kosten und Termine entnehmen lassen. Mit Hilfe des BIM sollen im Wesentlichen die Bauabläufe vereinfacht, Schnittstellenprobleme und Informationsbrüche vermieden, Planungsfehler frühzeitig erkannt und beseitigt sowie eine höhere Kosten- und Terminsicherheit bei Großprojekten erreicht werden.
Neue rechtliche Herausforderungen
So vielversprechend die an das BIM gestellten Erwartungen sind, so vielfältig sind jedoch auch die Fragen, die das BIM gerade in rechtlicher Hinsicht aufwirft. Die wechselseitigen Rechte und Pflichten der an einem Bauvorhaben Beteiligten werden grundsätzlich in zahlreichen Verträgen, die der Bauherr mit den einzelnen Projektbeteiligten abschließt, festgelegt. Eine widerspruchsfreie vertragliche Festlegung der Rollen, Verantwortlichkeiten und Leistungen der einzelnen Projektbeteiligten und ihr Zusammenwirken untereinander sind für den Erfolg von Bauprojekten von wesentlicher Bedeutung. Da die Planungsmethode BIM die Art und Weise der Bearbeitung und Realisierung von Bauprojekten wesentlich verändert, sind letztlich auch die mit den einzelnen Projektbeteiligten abzuschließenden Verträge, insbesondere deren Leistungen, neu zu beschreiben und die „neuen“ Verantwortlichkeiten voneinander abzugrenzen.
Mit Blick auf diese neuen Herausforderungen ist auch die Frage der Vergütung der im Zusammenhang mit der Planungsmethode BIM von den Projektbeteiligten zu erbringenden Leistungen zu klären. Demnach stehen aus rechtlicher Sicht insbesondere die Themen Leistung, Vergütung und Haftung im Mittelpunkt.
Die vertragliche Leistungsbeschreibung
Für alle Projektbeteiligten, mithin auch die Bauausführenden, die an einem BIM-Modell arbeiten, ist es von besonderer Bedeutung, in den mit dem Auftraggeber und den Kooperationspartnern abzuschließenden Verträgen die im Zusammenhang mit BIM zu erbringenden Leistungen so exakt wie möglich zu beschreiben. So sollte u.a. festgelegt werden, in welcher Form und Güte der Auftraggeber den Bauausführenden die Ausführungsplanung zur Verfügung zu stellen hat und in welcher Form und Güte die Bauausführenden ihre Werk- und Montageplanung zu erstellen haben.
Darüber hinaus sollten die Mindestanforderungen an den abstrakten Detaillierungsgrad/die Planungstiefe des BIM-Modells, der zu bestimmten Zeitpunkten zu erreichen ist, festgelegt werden. Auch Regelungen dazu, welches BIM-Modell und demzufolge welche Software zu verwenden ist, welche Aufgaben die Projektbeteiligten jeweils im Zusammenhang mit der BIM-Arbeitsmethode übernehmen und wie die Schnittstellen zwischen den einzelnen Projektbeteiligten definiert sind, sollten in die Verträge aufgenommen werden. Des weiteren sind klare Regelungen zur Benutzung des Datenraums, wie zum Beispiel die Bestimmung von Zugriffs-, Nutzungs- und Änderungsrechten, die exakte Festlegung der Kommunikationsprozesse, Verpflichtungen zum Datenschutz und zur Datensicherheit sowie Regelungen zur Dokumentation und Archivierung erforderlich. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass sich das BIM-Modell dynamisch über den Projektzeitraum weiterentwickeln wird und sich daraus Änderungen der Leistungen ergeben können. Gerade bei umfangreichen BIM-Projekten sind die Bauschaffenden gut beraten, einen eigenen BIM-Koordinator einzubinden.
Vergütung von Leistungen für BIM
Durch die Verwendung der BIM-Planungsmethode werden die Bauschaffenden bei Erstellung der Werk- und Montageplanung mit neuen und ggf. kosten- und bearbeitungsintensiven Anforderungen konfrontiert, wenn sie innerhalb eines digitalisierten Planungsprozesses ihre Werk- und Montageplanung in das BIM-Konzept einarbeiten müssen. Um zu vermeiden, dass die Bauschaffenden aufwendige technische Bearbeitung ohne angemessene Vergütung schulden, ist im Rahmen der abzuschließenden Verträge darauf zu achten, dass die im Zusammenhang mit BIM zu erbringenden Leistungen angemessen vergütet werden.
Haftungsrechtliche Auswirkungen
Bei der Verwendung der Planungsmethode BIM ergeben sich für alle Projektbeteiligten höhere Haftungsrisiken. Denn durch die intensive kooperative Zusammenarbeit ist generell eine verstärkte Abstimmung zwischen den Projektbeteiligten erforderlich. Außerdem unterliegen die Leistungsbeiträge der einzelnen Projektbeteiligten einer größeren Transparenz, sind leichter und klarer voneinander abgrenzbar und nachzuverfolgen. Diesen zusätzlichen und erhöhten Haftungsrisiken ist im Rahmen der Vertragsgestaltung Rechnung zu tragen. So sollte u.a. eindeutig geregelt werden, wer auf welche Daten zugreifen darf, zu welchen Zeitpunkten welche Daten einzustellen und abzurufen sind, wer welche Daten ändern darf, wie und durch wen die sogenannte „Clash-Detection“, d.h. die Kollisionskontrolle und -erkennung erfolgt, wer die Fehlerbehebung zwischen den BIM-Beteiligten koordiniert, wie die Handlungsabläufe bei Feststellung von Fehlern in der Planung, bei Kosten und Terminen sind, welche Konsequenzen sich ergeben, wenn sich ein Beteiligter nicht an die vereinbarten Abläufe und Regelungen hält und was bei einer Fehlfunktion des BIM-Programms und im Falle eines Datenverlusts geschieht.
Versicherungsrechtliche Aspekte
Aufgrund der sich für alle Projektbeteiligten durch die BIM-Methode ergebenden höheren Haftungsrisiken empfiehlt es sich, bereits vor Vertragsabschluss den eigenen Versicherungsschutz zu überprüfen, ggf. zu erweitern sowie vertraglich zu regeln. Gerade im Kontext mit BIM wird die gebündelte Bauleistungs-, Montage- und Haftpflichtversicherung zukünftig an Bedeutung gewinnen, die in der Regel vom Auftraggeber abgeschlossen wird und die Leistungen aller an einem Bauvorhaben Beteiligten einschließt. Eine solche Versicherung hat den Vorteil, dass sich die Schadensabwicklung deutlich einfacher gestaltet, da eine exakte Klärung der Verursachungsbeiträge nicht erforderlich ist und auch die Softwareanbieter mit in den Versicherungsschutz einbezogen werden können.
Nutzungsrechte
Nicht nur die Planer, sondern auch die Bauschaffenden, die ihre Werk- und Montageplanung in digitaler Form in das BIM-Modell einfließen lassen, sollten darauf achten, die Nutzungs- und Änderungsrechte des Auftraggebers an der von ihnen erstellten Planung einzuschränken und dies vertraglich zu regeln. So sollten die Nutzungsrechte des Auftraggebers zum einen auf das aktuelle Projekt beschränkt bleiben und zum anderen sollten Änderungen an der zur Verfügung gestellten Planung nur unter Hinzuziehung und nach vorheriger Abstimmung mit dem betreffenden Auftragnehmer gestattet sein. Sollte sich der Auftraggeber hiermit nicht einverstanden erklären, sollte zumindest geregelt werden, dass mit dem betreffenden Auftragnehmer nicht abgestimmte Änderungen an dessen Planungsleistung zu einer Einschränkung der dem Auftraggeber gegenüber dem Auftragnehmer zustehenden Mängelansprüche führen. Schließlich kann in Bezug auf besonders schützenswerte Bereiche des BIM-Modells auch die Verwendung von sogenannten Sperrvermerken und Hüllenmodellen vertraglich vereinbart werden.
Frühere Einbeziehung der Bauausführenden
Je nach der zwischen Auftraggeber und Planer vereinbarten Planungstiefe/dem abstrakten Detaillierungsgrad kann es bei Anwendung der BIM-Planungsmethode künftig erforderlich werden, die Bauschaffenden bereits in der Planungsphase beratend einzubinden. In derartigen Fällen sind neue (Beratungs-)Leistungen, die den eigentlichen und typischen Leistungen der Bauschaffenden zeitlich vorausgehen, sowie deren Vergütung in die Verträge mit dem Auftraggeber aufzunehmen. Des Weiteren sollten Regelungen zu Nutzungsrechten in Bezug auf das seitens der Bauausführenden zur Verfügung gestellte Know-how und zur Haftung getroffen werden.
Mehrparteienverträge
Im Zusammenhang mit der BIM-Planungsmethode wird es in naher Zukunft zum Einsatz von Mehrparteienverträgen kommen. Hierbei handelt es sich um einen einheitlichen Projektvertrag, der zwischen dem Auftraggeber einerseits und allen Projektbeteiligten, d.h. bauausführenden Unternehmen, Architekten, Fachplanern, BIM-Managern und Softwareherstellern, andererseits abgeschlossen wird und alle Projektbeteiligten zur Arbeit an einem virtuellen Gebäudedatenmodell und zu dessen Umsetzung verpflichtet.
Vorteil eines solchen Mehrparteienvertrages ist, dass einheitliche vertragliche Regelungen für alle Projektbeteiligten getroffen werden können und sich eine stärkere kooperative Projektentwicklung einstellt. Problematisch ist allerdings, dass viele verschiedene Leistungsbereiche in einem einzigen Vertrag geregelt werden müssen und in der Regel nicht alle Projektbeteiligten zeitgleich in die Projektarbeit einsteigen. Darüber hinaus fehlt es einem Mehrparteienvertrag an Flexibilität, insbesondere dann, wenn Nachträge nur in Bezug auf die Leistungen einzelner Projektbeteiligter erforderlich werden.
Hinweis für die Praxis
Den Bauschaffenden ist generell zu empfehlen, sich zeitnah mit der BIM-Planungsmethode vertraut zu machen. Denn es ist zu erwarten, dass zumindest mittel- und langfristig ein Großteil der Bauprojekte mit BIM abgewickelt wird.
Bauschaffende, die zukünftig bei Bauprojekten die Planungsmethode BIM anwenden sollen, sollten sich bereits in der Ausschreibungs- und Angebotsphase mit den im Zusammenhang mit BIM zu erbringenden Leistungen auseinandersetzen. Andernfalls laufen sie Gefahr, in Kosten-/Haftungsfallen zu tappen, die in der Verwendung nicht vorhandener Software und/oder entsprechender Lizenzen, nicht vorhandenem Know-how, ungeeigneter Personal- und Infrastruktur, einem nicht leistbaren, jedoch geforderten Detaillierungsgrad, über den eigenen Leistungsbereich hinausgehenden Koordinationspflichten, Gewährleistungsverpflichtungen für das BIM-Modell und fehlenden Positionen für eine adäquate Vergütung bestehen können. Daher sollten nicht ausreichend beschriebene Leistungsverzeichnisse frühzeitig kritisch hinterfragt und bestehende Unklarheiten zeitnah mit dem Auftraggeber geklärt werden.
Im Falle der Zuschlags –/Auftragserteilung ist den Bauschaffenden dringend anzuraten, sich — möglichst unter Hinzuziehung von Baujuristen — frühzeitig Gedanken über die genaue Beschreibung der zu erbringenden Leistungen, deren praxisgerechte Vergütung und Abgrenzung zu den Leistungen anderer Projektbeteiligter und den hieraus resultierenden Haftungsfolgen zu machen und für klare Regelungen in den entsprechenden Verträgen zu sorgen.
Die Autoren:
Rechtsanwalt
Prof. Christian Niemöller
Geschäftsführender Gesellschafter der SMNG Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Frankfurt/Main.
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht. Ausgewiesener Experte auf dem Gebiet der umfassenden bau- und immobilienrechtlichen Beratung. Ständiger Berater des Verbandes Fenster + Fassade und Lehrbeauftragter an der DHBW Mosbach.
Rechtsanwältin Elke Hennig
Partnerin der SMNG Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Frankfurt/Main.
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