Barrierefreie Zugänge

Schwellenfrei ist nur ein Faktor

Soll ein Gebäude barrierefrei sein, richten sich Planer und ausführende Unternehmen fachgerecht nach den Normen DIN 18040 und DIN 18024-1. metallbau berichtet, was es beim Einbau barrierefreier Zugänge zu beachten gilt.

Die Herstellung barrierefreier Zugänge wurde erst 1994 durch die Erweiterung des Grundgesetzes um Artikel 3 angestoßen: „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“ Acht Jahre später wird im Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) §4 Barrierefreiheit definiert. Demnach gelten bauliche Anlagen als barrierefrei, „wenn sie für behinderte Menschen in der allgemeinen üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind“. Im selben Jahr werden im DIN Fachbericht 124 barrierefreie Produkte beschrieben: „Barrierefreiheit ist die Eigenschaft eines Produktes, das von möglichst allen Menschen in jedem Alter mit unterschiedlichen Fähigkeiten ­weitgehend gleichberechtigt und ohne ­Assistenz bestimmungsgemäß benutzt ­werden kann.“

Für barrierefreies Bauen gibt es Vorgaben in der Musterbauordnung (MBO), in der Landesbauordnung und den Technischen Baubestimmungen der Länder. Die DIN 18025⁄ Teil 1 legt Normen für Wohnungen von Rollstuhlbenutzern fest, die DIN 18025⁄ Teil 2 Normen für barrierefreie Wohnungen im Allgemeinen.

Im Jahr 2010 wurde die DIN 18024-2 durch die Veröffentlichung der DIN 18040⁄ Teil 1 ersetzt. 2011 dann die DIN 18025 von der DIN 18040⁄ Teil 2 abgelöst. Derzeit noch in Entwicklung ist die DIN 18070, die die DIN 18024-1 ersetzen wird. Die DIN 18040 gilt für Neubauten, eine sinngemäße Anwendung für Umbauten oder Modernisierungen wird empfohlen.

Neuerungen in der Norm. In der neuen DIN 18040 wurde vieles aus der alten DIN 18024 bzw. 18025 übernommen. Die wesentlichen Unterschiede bestehen in drei Punkten:

Die DIN 18040 konzentriert sich auf Gebäude. Regeln, die nicht Gebäude betreffen, beispielsweise Spielplätze oder Arbeitsstätten, wurden ausgegliedert.

Die DIN 18040 setzt den Grundsatz fest, dass die Vermittlung von wichtigen orientierungsgebenden Informationen über mindestens zwei dieser drei Wahrnehmungsarten erfolgen muss: visuell, akustisch und/oder taktil.

Visuelle Informationen sollen hinsichtlich der Leuchtdichte ihres Umfelds einen visuellen Kontrast aufweisen. Je höher der Leuchtdichtekontrast desto besser ist die Erkennbarkeit. Hohe Kontrastwerte ergeben Schwarz/Weiß- bzw. Hell/Dunkel-Kombinationen. Die Kontrastwahrnehmung kann durch Farbgebung unterstützt werden. Ein Farbkontrast ersetzt nicht den Leuchtdichtekontrast.

Schriftliche Informationen, beispielsweise auf Klingelschildern oder Hausnummern, müssen auch für sehbehinderte Menschen gut lesbar sein. Dies ist gegeben durch die Wahl geeigneter Schriftarten und -größen (Hinweise dazu enthält die DIN 32975).

Beim Einbau beispielsweise von Gegensprechanlagen ist wichtig, dass akustische Informationen auch für Menschen mit eingeschränktem Hörvermögen hörbar und verständlich sein sollten.

Werden schriftliche Informationen taktil erfassbar angeboten, müssen sie sowohl durch lateinische Großbuchstaben und arabische Ziffern als auch durch Braille´sche Blindenschrift vermittelt werden.

Die DIN 18040 definiert den maximalen Kraftaufwand, der für das Öffnen einer Türe erforderlich sein darf. Wird dieser überschritten, werden automatische Türsysteme erforderlich.

Als Basiswissen in Sachen Barrierefreiheit gilt inzwischen, dass untere Türanschläge oder Türschwellen in einem barrierefreien Gebäude nicht zulässig sind. Die DIN 18040-1 jedoch räumt ein: Sind sie technisch notwendig, dann dürfen sie nicht höher als zwei Zentimeter sein.

Karusselltüren und Pendeltüren sind prinzipiell keine barrierefreien Zugänge und daher nur zugelassen, sofern noch eine alternative barrierefreie Passage ins Gebäude vorhanden ist. Im Sinne von Barrierefreiheit sollten Eingangstüren in Krankenhäuser, Einkaufszentren oder Verwaltungsgebäude grundsätzlich automatisch sein. Geeignet sind dafür sowohl Drehflügeltüren als auch Schiebetüren. Letztere werden mit Öffnungsbreiten bis zu vier Metern angeboten.

Drehflügeltüren lassen sich mit einem „low energy“-Antrieb sehr gut an das Gehverhalten von betagten oder motorisch eingeschränkten Passanten anpassen. Bei diesem Türtypus können Flügelbreiten bis zu 1.600 mm automatisiert werden. Über einen Taster kann die Türe angesteuert und betätigt werden. Aber auch über berührungslose Sensorik oder Funkfernsteuerung lassen sich automatische Drehflügeltüren bequem öffnen und schließen. Für Innentüren werden von Herstellern Türassistenten angeboten, mit denen sich per Schalter oder Fernbedienung Türen bis zu einer Breite von 1.100 mm öffnen lassen. Allerdings ist dieser Türassistent ausschließlich für Innentüren ohne Brandschutzanforderungen geeignet.

Barrierefreie Türkonstruktion. Was die Konstruktion der Türe anbelangt, gibt die Norm für den barrierefreien Zugang u.a. Bedienkraft und Beschaffenheit der Drückergarnitur vor. Darüber hinaus werden Soll-Werte für die Bedienelemente rund um die Türe angegeben. Zudem gibt die DIN 18040 die Bewegungsflächen vor den Türen so vor, wie Rollstuhlfahrer diese benötigen.

Die Bedienkraft. Für barrierefreie Türkon-struktionen gilt nach der DIN 18040-1: Das Öffnen und Schließen von Türen muss mit geringem Kraftaufwand möglich sein. Nach der DIN 12217 wird dies mit Bedienkräften und -momenten der Klasse 3 erreicht. Für das Öffnen eines Türblatts bei Drehtüren und Schiebetüren werden beispielsweise 25 N angegeben. Bei höheren Bedienkräften sind automatische Türsysteme erforderlich.

An Türen mit Türschließern wird der Richtwert mit folgenden Maßnahmen erreicht:

Hauseingangstüren mit Türschließern müssen so eingestellt werden, dass das Öffnungsmoment der Größe 3 nach DIN 1154 nicht überschritten wird. Es wird empfohlen, Türschließer mit stufenlos einstellbarer Schließkraft zu verwenden. Damit Menschen mit motorischen Einschränkungen genug Zeit haben, um die Türen sicher zu passieren, können Schließverzögerungen erforderlich sein.

Bei Türen, die aus Brandschutzgründen dicht- und selbstschließend sein müssen und bei denen höhere Öffnungsmomente als die der Größe 3 nach DIN 1154 auftreten, lässt sich die vorgegebene Bedienkraft mit Feststellanlagen (z.B. Freilauftürschließer oder Haftmagnete) erreichen. Zudem können im Brandfall an diesen Türen höhere Bedienkräfte auftreten.

Die Freilauffunktion ermöglicht ein nahezu widerstandsloses Begehen der Türe, da nur der Widerstand der Türbänder entgegenwirkt. In der Freilauffunktion ist die Türe frei beweglich, als ob kein Türschließer montiert wäre, und wird nicht automatisch geschlossen. Bei Stromausfall oder im Brandfall wird die Türe vom Türschließer sicher geschlossen.

Das Institut für Bautechnik (DIBt) hat Richtlinien für Feststellanlagen festgesetzt. Nach diesen ist es bei Freilauftürschließern erforderlich, einen Handauslösetaster zu verwenden. Dieser Taster muss rot sein und die Aufschrift „Tür schließen“ tragen. Der Taster muss sich in unmittelbarer Nähe des Abschlusses befinden und darf durch die offen gestellte Türe nicht verdeckt sein.

Treten bei Feuer- und Rauchschutztüren von Sicherheitsschleusen zu Garagen höhere Öffnungsmomente auf als die der Größe 3 nach DIN 1154, dann lässt sich mit automatischen Türen die Vorgabe der als barrierefrei geltenden Bedienkraft erreichen.

Türdrücker. Drückergarnituren sind für motorisch eingeschränkte und sehbehinderte Menschen greifgünstig zu installieren. Dies ist möglich durch bogen- oder u-förmige Griffe, senkrechte Bügel bei manuell betätigten Schiebetüren. Ungeeignet sind Drehgriffe wie beispielsweise Knäufe und eingelassene Griffe.

Bedienelemente. Um Schalter und Taster zu bedienen, sollte nicht mehr Kraft benötigt werden als 2,5 bis 5,0 N. Das Auslösen der Funktion sollte eindeutig zurückgemeldet werden, beispielsweise durch ein akustisches Bestätigungssignal, ein Lichtsignal oder die Schalterstellung. Als barrierefrei gelten Bedienelemente mit folgenden Eigenschaften: Für Rollstuhlnutzer muss eine Bewegungsfläche von mindestens 1.500 x 1.500 mm freigehalten werden. Selbstverständlich müssen die Schalter stufenlos zugänglich sein. Für die Rollstuhlnutzer müssen sie einen seitlichen Abstand zu Wänden beziehungsweise bauseitigen Einrichtungen von mindestens 50 cm aufweisen. Sind Hausbriefkästen beispielsweise nur frontal anfahrbar, müssen sie in einer Tiefe von mindestens 15 cm unterfahrbar sein. Gemäß der Norm sollen die Schalter grundsätzlich ca. 85 cm über der Bodenhöhe angeordnet werden. Ist in einer Wohnungseingangstür ein Spion vorgesehen, muss dieser für Personen erreichbar sein, die im Rollstuhl sitzen. Es wird der Einbau auf einer Höhe von 120 cm über Bodenhöhe empfohlen.

Das Brandschutzkonzept stellt spezielle Anforderungen an ein barrierefreies Gebäude. Für Menschen, die nicht zur Eigenrettung fähig sind, sollten beispielsweise sichere Bereiche für einen Zwischenaufenthalt sichergestellt werden.

Fazit. Automatische Türen bedeuten für Menschen mit Behinderung weit mehr als Komfort, für ihren autonomen Lebensalltag sind sie vielmehr unverzichtbar. Zudem sorgen Automatiktüren im Sommer wie im Winter für eine klimatische Trennung von Außen- und Innenbereich. Dank moderner Technik erkennen die Türen, ob jemand nur vorbei gehen oder durch die Tür gehen möchte — ein zusätzlicher energetischer Pluspunkt. Weitere detaillierte Angaben zu barrierefreien Treppen, Rampen usw. finden sich in den angegebenen Normen. ⇥red ◊

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