Brücken mit Tücken

Wärmedämmung fachgerecht befestigt

Die strengeren EnEV-Anforderungen stellen Planer und Fassadenbauer vor

komplexe Aufgaben und verlangen den Konstruktionsweisen innovative

Ideen ab. Besonders der Metallbauer, der mit sehr wärmeleitfreudigen Werkstoffen wie Stahl oder Aluminium zu tun hat, muss sich wegen der erhöhten Anforderungen mit neuen Materialitäten, Systemen und Lösungen auseinandersetzen. Eine einfache Verankerung und Stahldübel reichen in den meisten Fällen nicht.

Egal, ob vorgehängte hinterlüftete Fassade (VHF) oder die klassische Variante eines Wärmedämmverbundsystems (WDVS) – irgendwie muss die Wärmedämmung an diversen Stellen mit der tragenden Struktur mechanisch verankert werden. Das sind die klassischen Aufgaben eines Fassadenbauers. Die Stellen, an denen die Wärmedämmung durchdrungen wird, waren schon immer kritisch, weil diese materialbedingt zu punktuellen Wärmebrücken führen können.

Früher, als die Anforderungen an den Wärmeschutz noch etwas lockerer waren, konnte man über diese Stellen rein rechnerisch hinwegsehen. Heute hat man es hie und da mit ganz anderen Dimensionen zu tun. Liegen die Dicken der Dämmung im Durchschnitt zwischen 120 und 160 Millimetern, so kann es durchaus schon mal sein, dass eine Dämmung mit 300 Millimetern zu durchbohren ist. Gerade bei metallischen Unterkonstruktionen sind die Energieverluste dadurch unverhältnismäßig hoch. Die Verankerungen müssen dann sowohl in der Länge als auch im Durchmesser und der Anzahl entsprechend größer dimensioniert werden. Je größer wiederum der Durchmesser ist, desto größer ist auch die Leitfähigkeit der Verankerung − und der Metallbauer wird vom Thema Wärmebrücke wieder eingeholt.

Thermische Trennung

Bei vorgehängten hinterlüfteten Fassaden ist dieses Thema im wahrsten Sinne des Wortes auch noch größer. Denn je dicker die Dämmschicht ist, destso größer wird die Gesamtausladung der Unterkonstruktion, was wiederum zu einer statisch höheren Beanspruchung führt. Die Verankerung der Unterkonstruktion im tragenden System dahinter wird daher auch wieder größere Lasten aufnehmen müssen. Die statischen Eigenschaften der Wandkonsolen spielen eine sehr wichtige Rolle. Stahl, Aluminium oder ähnliches helfen da nicht weiter, weil deren Wärmeleitfähigkeit schlichtweg zu groß ist. Dazu hat der Fachverband vorgehängte hinterlüftete Fassaden (FVHF) zusammen mit anderen Verbänden schon 1998 eine „Richtlinie Wärmebrücken bei vorgehängten hinterlüfteten Fassaden“ herausgegeben, in der die U-Werte inklusiv der punktuellen Wärmebrücken durch Verankerungen abgelesen werden können.

Die Industrie hat auf diese vermeintlichen Schwachstellen inzwischen reagiert. Eine Antwort heißt: thermisch getrenntes System. Es kommt dann zum Einsatz, wenn Balkone o.ä. montiert werden müssen. Bei konventionellen WDV-Systemen gibt es beispielsweise Montageelemente, die vom Metallbauer bereits vor dem Auftragen der Wärmedämmung im Mauerwerk verankert werden. Im Anschluss wird die Wärmedämmung montiert und alles verputzt, sodass nach außen erst einmal alles dicht ist. Der Monteur muss im nächsten Schritt nur noch minimal invasiv eingreifen und nicht riesige Schlitze oder Löcher in die Dämmung schneiden, um das Bauteil anschließen zu können.

Diese Vorteile nutzt auch die Wärmedämmindustrie. Dosteba in Reutlingen-Betzingen, mit Hauptsitz in der Schweiz, stellt beispielsweise Montageelemente her, die mit Polyurethan und GFK Wärmebrücken vermeiden. „Wir haben vor allem Erfahrung mit klassisch verputzten Systemen“, sagt Michael Menden, Geschäftsführer von Dosteba. „Aber natürlich kennen wir die Thematik der punktuellen Wärmebrücken sehr gut und können mit unseren Elementen inzwischen darauf reagieren.“ Dosteba hat wärmebrückenfreie Befestigungsmöglichkeiten und Anschlüsse im Portfolio. Damit diese Anschlüsse fachgerecht montiert werden, bietet das Unternehmen für Fassadenbauer und Monteure auch Inhouse-Seminare an. Die Schulungen sollen vermitteln: Es gibt Lösungen.

Schnittstellen zwischen den Gewerken

Ein wichtiger Aspekt in den Schulungen ist das Abdichten. Eine Stahlkonstruktion verlangt nach sauber verarbeiteten Abdichtungen. „Viele verstehen unter dem Begriff „Abdichtung“ gerne Silikon. Das genügt aber bei Stahlkonstruktionen natürlich nicht“, weiß Menden. Als Beispiel nennt er die häufigen Fälle von Vordach- oder Geländermontagen. Der Ablauf ist exakt auf die Schnittstellen der aufeinanderfolgenden Gewerke ausgerichtet. Bevor die Wärmedämmung montiert wird, befestigt der Metallbauer die vorgefertigten Elemente am Mauerwerk. Die Positionierungen sind dann schon mal klar. Im Anschluss kann der Stuckateur die Dämmung befestigen und sie sauber verputzen. Sobald diese Schritte vollzogen sind, genügt dem Metallbauer ein kleiner Einschnitt in die Dämmung, die Anschlüsse an sein Montageelement wieder freizulegen, um dort die Anschlüsse für Vordach oder Geländer anzubringen. „Unsere Montageelemente sind so ausgeführt, dass Einschnitte in die Dämmung nur noch ganz geringfügig gemacht werden müssen“, sagt Menden.

Glasfaserverstärkte Kunststoffe
gegen punktuelle Wärmebrücken

Die Besonderheit der Elemente ist das Material GFK. Die Abkürzung steht für glasfaserverstärkten Kunststoff. Dieses Material wird seit knapp zwei Jahren für solche Zwecke verwendet. Die Vorteile liegen auf der Hand. Zum einen hat dieser Kunststoff eine äußerst geringe Wärmeleitfähigkeit und zum anderen optimale statische Eigenschaften. Er sorgt für thermische Trennungen und ist statisch fest. „Jede Materialdurchdringung ist im Grunde eine Wärmebrücke“, weiß Menden. „Wir haben es durchschnittlich mit Dämmdicken zwischen 120 und 160 Millimetern zu tun. In der Spitze sogar mit 300 Millimetern“, sagt er und weist darauf hin, dass dahingehend auch längere und dickere Anker benötigt werden. Diese wiederum stellen erneut Wärmebrücken dar. „Unsere Kunden sind ja hauptsächlich Stuckateure“, erklärt Menden. „Für sie ist das Wissen um die Durchdringungen zunächst nicht so wichtig, sie rühren ja die Dämmung nicht an. Für Metallbauer ist das Thema jedoch deutlich brisanter. Für sie stellen Schnitte in beispielsweise 200 Millimeter Dämmung einen riesigen Aufwand dar. Insofern sind unsere Elemente für die Metallarbeiten eine enorme Arbeitserleichterung.“ Der Bekanntheitsgrad ist laut Menden unter den Fassadenbauern noch nicht so groß, aber er zeigt sich zuversichtlich, weil die Vorteile der Zeitersparnis und des wärmebrückenfreien Montierens auf der Hand liegen.

Profilsysteme für VHF

Historisch bedingt eignen sich die Montageelemente von Dosteba ausschließlich für klassische verputzte Wände. „Wir haben vor allem Lösungen aufgrund unserer Kernkompetenzen entwickelt. Die Fassade selbst ist für unseren Kundenstamm eher vernachlässigbar“, sagt Menden. Für vorgehängte hinterlüftete Fassaden (VHF) haben wiederum andere Hersteller Lösungen entwickelt, die allmählich auf dem Markt angeboten werden. Auch hier spielt das Material GFK eine wichtige Rolle.

Maas Profile aus dem baden-württembergischen Ilshofen beispielsweise hat mit der Marke Tekofix ein Unterkonstruktionssystem mit bauaufsichtlicher Zulassung für vorgehängte hinterlüftete Fassaden entwickelt, das sowohl einfach zu montieren als auch wärmebrückenfrei ist. Der Zimmermeister und Schulungsleiter Thomas Weiß aus dem Unternehmen Maas beschäftigt sich seit vielen Jahren mit dem Thema Wärmebrücken. Er stellt fest: „In der Praxis wird dieses doch eigentlich so wichtige Thema ständig vernachlässigt.“ Er war bei der Entwicklung von Tekofix beteiligt und nennt nicht ohne Stolz einige Vorteile des Systems. „Aufgrund der Materialität dieser Wandkonsole gilt sie mit einem λ-Wert von 0,37 W/(m²K) als wärmebrückenfrei. Noch ein Vorteil ist, dass keine Zusatzprodukte erforderlich sind und sich die Montage dadurch vereinfacht.“ Maas Profile bietet schon seit Längerem wärmebrückenfreie GFK-Thermohalter für die eigenen Bemo-Falzprofildächer an. Eine konsequente Weiterentwicklung ist mit Tekofix nun der GFK-Thermohalter für die VHF. „Wir können damit vermeiden, dass metallische Distanzkonstruktionen punktförmige Wärmebrücken verursachen“, erklärt Weiß. „So hat beispielsweise eine Konsole aus Aluminium mit einem λ-Wert von 160 W/(m²K) eine über 400-fach (!) höhere Wärmeleitfähigkeit als das glasfaserverstärkte Ultramid, der Werkstoff für den Tekofix.“ Dieser langlebige Kunststoff hat sich seit Jahrzehnten in verschiedenen Bauprodukten und auch in der Fahrzeugindustrie bewährt, da er neben seiner Stabilität auch UV-beständig und frei von Weichmachern ist. Außerdem werden die gewünschten U-Werte erreicht. Gerade im Rand-Eck-Bereich einer Fassade sind aus statischen Gründen engere Abstände bei der Befestigung notwendig, was zu einer Erhöhung der punktuellen Wärmebrücken und dadurch zu einer immensen Verschlechterung des U-Wertes führt.

Weiß kennt sich in der Gesetzgebung aus wie in seiner Westentasche und nennt einige relevante Normen, die beim energieeffizienten Bauen wie eine Bibel unter dem Kissen liegen sollten. „Die DIN-Norm ‚Außenwandbekleidungen, hinterlüftet – Anforderungen, Prüfgrundsätze (DIN 18516-1)‘ verpflichtet ja, bei der U-Wert-Berechnung die Energieverluste durch Wärmebrückenwirkung der Verankerungen zu berücksichtigen.

In der Praxis und selbst in Energiebilanzen werden diese derzeit noch weitestgehend ignoriert, obwohl seit Einführung der EnEV 2014 bei Zuwiderhandlungen dafür Bußgelder bis zu 50.000 Euro vorgesehen sind“, gibt er kopfschüttelnd zu bedenken. „Übrigens stellt Maas Profile eigens dafür unter www.maas-fassadenplanung.de einen Online-Fassadenplaner kostenlos zur Verfügung, in dem u.a. eine U-Wert-Berechnung unter Berücksichtigung linearer und punktueller Wärmebrücken durch Fassadenunterkonstruktionen durchgeführt werden kann.“ Als weitere gesetzliche Grundlage nennt er: die DIN 10211, bei der die Wärmebrücken nach der FME (Finite-Elemente-Methode) mittels dreidimensionaler genauer Berechnung ermittelt werden.

Montage der Profile

Die Tekofix-Konsolen werden mit Verankerungsmitteln (Kunststoffdübel, Injektionsanker, Betonschraube oder Bolzenanker) in der tragenden Wand befestigt. Dabei ist es egal, ob es sich um Mauerwerk oder Betonwände handelt. An der Vorderseite der Konsole werden die Tragprofile mit den Verbindungsmitteln wie speziellen Bohrschrauben oder Nieten fixiert. Beim Setzen von Nieten ist eine Nietsetzlehre zur Ausbildung der Gleitpunkte zu verwenden, um eine zwängungsfreie, thermisch bedingte Längenänderung der Tragprofile zu gewährleisten. Es können verschiedene Tragprofile, je nach Bekleidung, eingesetzt werden. Mithilfe einer Haltefeder, die einfach in den Tekofix eingeklipst wird, lassen sich die Profile schnell und exakt ausrichten. Auf diesen können sekundäre Unterkonstruktionsprofile oder die Fassadenbekleidung direkt montiert werden. Die Konsolen stehen in Ausladungen von 100 bis 350, sowie in Höhen von 100 bis 300 Millimetern zur Verfügung. Zum Ausgleich von großen Unebenheiten im Verankerungsgrund gibt es Konsolenverlängerungen in Längen von 25, 50 oder 75 Millimetern. Über die angeschärften Konsolenstege lässt sich die Wärmedämmung bei der Montage schnell, sauber und präzise einschneiden. Es können sowohl Produkte aus Steinwolle wie auch aus Glaswolle verwendet werden, abhängig auch von der Anforderung an den Brandschutz. Weiß kennt natürlich auch hier die entsprechenden Normen: „Nebenbei bemerkt, erfüllt der Tekofix laut allgemeiner bauaufsichtlicher Zulassung vom Deutschen Institut für Bautechnik (DIBt) trotz der Materialität die Anforderung B1 „schwerentflammbar“. Sogar Klassifizierung A2, also „nichtbrennbar“ ist nach einem Gutachten des angesehenen deutschen Brandschutzexperten Dipl. Phys. Ingolf Kotthoff möglich, allerdings muss hier Maas Profile noch den Weg über die Zulassung im Einzelfall gehen.“

Ähnlich wie Michael Menden von Dosteba es beschreibt, bestätigt auch Thomas Weiß: „Die meisten Fassadenbauer kennen dieses System noch nicht, und erst langsam wächst auch im Handwerk ein Bewusstsein für die Wichtigkeit, Wärmebrücken zu vermeiden.“ Daher bietet auch Maas Profile Schulungen für Handwerker an, wie man vorgehängte hinterlüftete Fassaden fachgerecht und wärmebrückenfrei montieren kann. Meistens finden die Schulungen als zweitägiges Seminar – bestehend aus Theorie- und Praxisteil – statt. Ein guter Schritt in Richtung Energiewende.

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