Der internationale Markt
Der internationalen Bauwirtschaft attestierte Dr. Eckhard Keill für 2017 erstmals seit Jahren eine unter dem Strich wieder etwas bessere Verfassung.
Nach drastischen Einbrüchen fängt sich z. B. die Konjunktur in Russland langsam, erklärte der Roto-Chef. Allerdings sei weiter Verunsicherung spürbar, so dass die sich abzeichnende Stabilisierung im Wohnungsbau fragil bleibe. In China erweise sich dagegen die Bauwirtschaft als tragende Säule des allgemeinen Wirtschaftswachstums. Das schlug sich nach Angaben von Germany Trade & Invest (GTAI) u. a. in einem kräftigen Anstieg begonnener Bauprojekte nieder. Zudem zog die Nachfrage nach Wohnimmobilien erheblich an. Das gelte jedoch nicht für die für Roto besonders relevanten Objekte im oberen Segment.
Nord- und Südamerika
Der mehrjährige Aufschwung in den USA setze sich mit einem erwarteten Plus im mittleren einstelligen Bereich fort. Bisher habe weder das moderat gestiegene Zinsniveau noch die „sprunghafte Trump-Politik“ negative Auswirkungen. In Kanada erhole sich die Bauwirtschaft nach zwei schwachen Jahren deutlicher als prognostiziert. Ein wichtiger Grund dafür seien staatliche Förderprogramme. Eine nach wie vor differenzierte Entwicklung konstatierte Keill für Lateinamerika. So stehe einem wieder positiveren Trend in Argentinien eine erneut schwächelnde Baukonjunktur in Brasilien und nun auch in Mexiko gegenüber.
In Europa gewinne 2017 die leichte Aufwärtstendenz vermutlich an Geschwindigkeit. So rechne das Forschungsnetzwerk Euroconstruct für seine 19 Mitgliedsländer mit einem durchschnittlichen Bauwachstum von 3 %. Bei der spezifischen Länderbetrachtung zeige sich jedoch wie immer eine recht unterschiedliche Situation.
Europa
Das treffe auch oder gerade auf den Wohnungsbau zu. Während Ungarn und Irland hier das Ranking anführten, ordneten die Institute nach den letzten verfügbaren Erhebungen u. a. Österreich, Deutschland, Großbritannien, Finnland und die Schweiz am Ende der Skala ein. Die große Spreizung beruhe indes zum Teil auf einer sehr heterogenen Ausgangssituation in den untersuchten Staaten. Generell profitiere der Wohnungsbau von überwiegend guten Rahmenbedingungen wie einem günstigen Finanzierungsklima, einer positiven Arbeitsmarktentwicklung und steigenden Haushaltseinkommen. Ein Risiko für die künftige Nachfrage stelle das zunehmend höhere Preisniveau bei Wohnimmobilien dar.
Seine Analyse der allgemeinen weltweiten Bautätigkeit schloss Keill mit Deutschland ab. Er warnte wie schon 2016 davor, den Blick nur auf den Neubau zu richten. Der im Gesamtmarkt dominierende Renovierungssektor enttäusche abermals. Im Übrigen lohne es sich im Neubaubereich, „genau hinzusehen“. Stark rückläufig seien in diesem Jahr bereits die Genehmigungszahlen bei Ein- und Zweifamilienhäusern. Das kräftige Plus bei Mehrfamilienhäusern ändere nichts an der Tatsache, dass „Genehmigung noch lange keine Fertigstellung ist“. Die hier für 2017 erwarteten 265.000 Einheiten lägen zudem weit unter dem realen Bedarf von 350.000 bis 400.000 Wohnungen.
Prognose
Mit Blick auf das Geschehen an den internationalen Fenster- und Türenmärkten erinnerte der Roto-Vorstandsvorsitzende zunächst an seine im letzten Jahr geäußerte Einschätzung, dass es hier 2017 „over all“ zu einer Stabilisierung komme. Genau das sei tatsächlich eingetreten. Trotz dieser „guten Nachricht“ habe man es natürlich wieder mit regionalen Unterschieden zu tun.
In Russland gebe es „erste Hoffnungsschimmer“, denn der in den beiden Vorjahren „fast unaufhaltsame freie Fall“ sei inzwischen gestoppt. Dennoch bringe 2017 selbst bei günstigem Verlauf maximal eine Stagnation. Dagegen setze sich in Brasilien die Phase ausgeprägter Marktverluste weiter fort.
Erheblich besser sehe es in anderen für das Unternehmen wichtigen Märkten aus. In China sei in unterschiedlichen Marktsegmenten eine differenzierte Entwicklung zu registrieren. Konstant aufwärts gehe es in den USA, während die noch höhere Steigerungsrate in Kanada durchaus als Überraschung zu werten sei.
In Europa präsentierten sich die Märkte überwiegend in relativ guter Verfassung. Das gelte für West- und Nordeuropa praktisch uneingeschränkt. Im Süden des Kontinents reiche das Spektrum von Stagnation bis zu leichten Pluszahlen. Klammere man Russland und Ukraine beim Blick auf Osteuropa aus, tendierten die Märkte dort mehrheitlich nach oben. Dazu trage die dauerhafte Exportdynamik in Ländern wie Polen und Rumänien erheblich bei. Sie werde durch den anhaltenden Vormarsch von Kunststofffenstern begünstigt.
Roto im internationalen Markt
Als „marktkonform“ charakterisierte Finanzchef Michael Stangier moderate Umsatzeinbußen in Russland. Ein weiteres „Katastrophenjahr“ bleibe daher zum Glück aus. In China gebe es ebenso ein gutes Roto-Wachstum wie in den USA. Kanada gehöre zweifellos zu den positiven Überraschungen. In Brasilien habe sich das Gruppenmitglied Fermax zum Teil von der allgemeinen Marktschwäche abkoppeln können. Erwähnenswert – weil für 2017 atypisch – seien auch die für Roto günstigen Währungseffekte in dem südamerikanischen Land.
Ungeachtet mitunter differenzierter Einzelentwicklungen falle die Umsatzbilanz in West-, Ost- und Südeuropa per saldo jeweils „ordentlich“ aus. Gleiches gelte für Deutschland. Mit dem per Stichtag erzielten leichten Umsatzplus schlage Roto voraussichtlich den für das eigene Geschäft maßgeblichen Herstellermarkt. Unter dem Strich zeigte sich Stangier mit der Umsatzseite ebenso „recht zufrieden“ wie mit dem Abschneiden in der Kategorie „Marktanteile“.
Das per 30. September 2017 kumulierte mittlere einstellige Umsatzminus in der Division Dach- und Solartechnologie (DST) beruhte primär auf dem „enttäuschenden 3. Quartal“ und den meist rückläufigen Märkten, erläuterte der Finanzchef. Geringere Verkaufserlöse meldete er für Süd- und Osteuropa, während ein starkes Umsatzwachstum in Frankreich der Region Westeuropa zu einem moderaten Plus verholfen habe.
Die „negative Überraschung“ sei jedoch das schwache Geschäft im Kernmarkt Deutschland. Dafür gebe es gleich eine Reihe von Ursachen. Konkret wurden genannt: die Konzentration des Neubaubooms auf Mehrfamilienhäuser, die Flachdach-Dominanz in einigen Neubau-Clustern, die nachlassende Renovierung, der „beendete Hype“ rund um die energetische Sanierung sowie die zu geringen Handwerkskapazitäten. Gerade Letztere beeinträchtigten das Wohndachfenster-Geschäft wesentlich.
Den Gruppen-Gesamtumsatz per 30. September bezifferte Stangier auf 483 Mio. Euro. Er übertreffe damit den entsprechenden Vorjahreswert (480 Mio. Euro) leicht. In dem bescheidenen Anstieg schlagen sich, wie es hieß, die in beiden Divisionen gegenläufigen Entwicklungen zwangsläufig nieder.
Hohe Anlageinvestitionen
Im 4. Quartal geht Stangier von keinen „substanziellen Veränderungen“ aus. Für das Gesamtjahr 2017 prognostizierte er einen Gruppenumsatz von etwa 630 Mio. Euro, der damit 1 bis 2 % höher sei als im Vorjahr (622 Mio. Euro). Die Relation zwischen Ausland und Inland verharre bei leicht steigender Auslandsquote im Kern bei zwei Drittel zu ein Drittel. Die tendenziell ein wenig sinkende Zahl der in der Gruppe beschäftigten Mitarbeiter betrage per Ultimo September 2017 circa 4.500. Rechne man das Personal des am 1. September übernommenen chinesischen Beschlagzulieferers Union Ltd. hinzu, erhöhe sich die Zahl auf fast 4.900. red, 13.12. 2017