Programme Marke Eigenbau

Software für Vaters Metallbaubetrieb

Handwerker sind Praktiker, sie krempeln die Ärmel hoch und erledigen die Dinge selbst. Nicht selten kommt es vor, dass Metallbauunternehmer als passionierte Programmierer ihre Software selbst entwickeln. Manchen wurde dieser Weg mit in die Wiege gelegt. Alice Höffl hat beispielsweise zunächst für ihren Vater, den Mannheimer Metallbauunternehmer Ferdinand Höffl, programmiert. Ihre Software Qomet wird heute von ca. 800 Betrieben der Branche eingesetzt.

Alice Höffl, eins von drei Kindern des Metallbauunternehmers Ferdinand Höffl, wurde von ihrem Vater beauftragt, eine Software für die Auftragsabwicklung zu programmieren. Die beiden anderen führen das Geschäft des Vaters fort. „Doch sie sollte wohl was Ordentliches lernen“, scherzt Volker Weitzel, Marketing- und Vertriebsleiter der Softwareschmiede Höffl, ebenfalls aus Mannheim. „Wenn der Vater Schlossermeister ist, kommt man im Grunde nicht darum herum, praxisorientiert aufzuwachsen“, erinnert sich Alice Höffl.

Schon während ihres Studiums der Wirtschaftsinformatik bekam sie quasi den Auftrag von ihrem Vater: Sie möge doch eine Software entwickeln, die der Schlosserei bei der Auftragsabwicklung behilflich ist. „Vor allem war ihm wichtig, dass man nicht erst nach dem Erstellen der Bilanz sieht, wie effektiv in einem Betrieb gearbeitet wird“, so Höffl weiter. Die Tochter machte sich an die Arbeit. Daraus ist mittlerweile eine eigene Firma gewachsen.

Es entstand Komet – eine Betriebssoftware speziell für Schlossereien und Metallbauer. Die erste Version gab es noch in der alten PC-Sprache DOS. Das war vor dem Siegeszug der grafischen Benutzeroberfläche, wie sie heute Standard ist. 1992 wurde dann die Softwareschmiede gegründet. „Bis hierhin hat es etwa vier Jahre gedauert“, erinnert sich Weitzel. „Das Glück war, dass der Vater alles finanziert hat, weil er eben überzeugt von seiner Tochter und ihren Ideen war.“ Auch die Verpflichtung von Chef-Entwickler Stefan Schmaltz, der heute noch zum Stamm von 15 Mitarbeitern bei den Mannheimern gehört, hat zum Erfolg beigetragen. Heute wird das Programm von rund 800 Kunden genutzt. Der Durchschnittskunde hat etwa vier Arbeitsplätze im Büro und maximal 20 Mitarbeiter im technischen Bereich, in den Werkstätten oder auf Montage.

2007 wurde aus Komet dann Qomet. Die auf der Programmiersprache Java basierende Lösung wurde auch durch zahlreiche Ideen von Kunden und Geschäftspartnern immer wieder weiterentwickelt: etwa für die Projekt- oder Terminplanung, das CRM-System zum Pflegen aller Kundenkontakte und anderes.

Einer, der eng mit der Softwareschmiede zusammenarbeit, ist Manfred Finke. Der Stahlbauunternehmer aus dem südbadischen Efringen-Kirchen, etwa 30 Autominuten südlich von Freiburg, ist seit jeher ein Tüftler. Über einen Zeitraum von mehreren Jahren hat er sich nach Feierabend hingesetzt und an einer Ergänzung zu Qomet gearbeitet. SpeedCalc heißt sein Programm, mit dem man innerhalb von fünf Minuten komplexe Angebote schreiben kann. „Wie viel Zeit ich tatsächlich investiert habe, möchte ich lieber gar nicht wissen“, sagt Finke.

Das Besondere an seinem Programm: Es lässt sich nicht nur an Qomet andocken, sondern ist auch mit allen Datenbanken im Unternehmen verbunden. SpeedCalc berücksichtigt etwa die Lagerbestände im Unternehmen, kalkuliert Fahrt- und Reisekosten mit ein und produziert so mit wenigen Klicks ein vorzeigbares Angebot in Broschürenform. Wer will, kann eigene Deckblätter erstellen, Fotos ergänzen oder sich in einem Vorlagenkatalog bedienen. Die Benutzung ist intuitiv und einfach. „Nach nur vier Stunden Schulung kann man seine eigenen Produkte anlegen“, verspricht Finke. Wer ein bisschen Erfahrung in Excel oder Open Office mitbringt, findet sich auch in SpeedCalc schnell zurecht.

Finke hatte eine Lücke gesehen, die Qomet gelassen hatte. „Ich bin selber ein Qomet-Kunde der ersten Stunde“, sagt er. Den Programmierauftrag für sein SpeedCalc setzte letztlich sogar Alice Höffl mit ihrer Softwareschmiede um. Die beiden Unternehmen verbindet eine enge Partnerschaft. „Wir gehen etwa zusammen auf Messen und präsentieren dort unsere Produkte“, sagt Finke. Im Hauptberuf ist er aber immer noch Stahlbauunternehmer, spezialisiert auf den Bau von Hallen. „Die Partnerschaft mit Manfred Finke und SpeedCalc lohnt sich für beide Seiten“, bestätigt auch Volker Weitzel. Entwicklungsarbeiten treiben die beiden Firmen aus dem Südwesten heute Hand in Hand voran.

App für Fahrtkosten

Dass es hilft, einen schlagkräftigen und von der Sache überzeugten Partner zu haben, das weiß wohl kaum jemand so gut wie Ralf Kramer. Der Obermeister der Metallbauinnung Oberhausen-Mülheim hatte es sich so schön ausgemalt: Er wollte eine Software haben, die es Handwerkern erlaubt, die Fahrtkosten schnell und verlässlich zu kalkulieren. Sein Partner der ersten Wahl: die Handwerkskammer in Düsseldorf, zu der auch seine Innung gehört. Heute gibt es das Programm als App für die gängigen Smartphone-Betriebssysteme. Doch der Weg dahin war steinig.

Etwa 10.000 bis 15.000 Euro hatte Kramer als Entwicklungs- und Programmierkosten für seine App-Idee ausgemacht. „Ich dachte halt, dass die Handwerkskammer mich dabei unterstützen würde.“ Immerhin sollte seine Idee allen Handwerkern zugutekommen. Doch weil er eben auch Funktionsträger einer Innung ist, lehnte die Kammer sein Gesuch ab. Kramer ging − wie er heute einräumt − leicht verbittert, einen anderen Weg. Er suchte Hilfe in der Werbewelt. Die Essener Agentur Koch unterstützte ihn: Sie entwickelte eine Marke für die App und steuert heute auch den Vertrieb mit.

X-Route heißt die Fahrtenbuch-App, die es für iOS- und Android-Betriebssysteme zu kaufen gibt und entsprechend über den App-Store von iTunes und via Google Play vertrieben wird. Die Verkaufszahlen sind jedoch noch recht bescheiden. Gerade 187 Mal wurde die App zum Preis von knapp unter zehn Euro nun über iTunes heruntergeladen. Im Google-Store waren es sogar nur 76 Downloads. Macht zusammen 263 Downloads, von denen 52 sogar einen Gutschein einlösten. In Summe 211 zahlende Kunden − finanziell gesehen ist die App bisher noch ein Flop.

Ralf Kramer lässt sich davon nicht entmutigen. Er will die Handwerker-App nun zu einer Jedermann-App umprogrammieren lassen und so einer breiteren Zielgruppe öffnen. Bislang zeichnet das Programm sich aber auch durch einige Besonderheiten aus, die eben speziell Handwerker ansprechen. So unterscheidet es die Fahrtkosten etwa nach Art des Einsatzes. Rückt ein Handwerker etwa zu einem Notfalltermin aus, so kann er die Hin- und Rückfahrt voll dem Kunden in Zahlung stellen. Bei einem geregelten Termin ist das nicht möglich. Solche organisierten Fahrten im Laufe eines geschäftsüblichen Tages dürfen nur zu 30 % berechnet werden.

In X-Route kann man am Handy die Fahrtkosten berechnen und diese dann per Mail an den Kunden schicken. Die App archiviert diese Angebote − ein Vorteil, sagt Kramer. Denn gerade die Diskussion über Fahrtkosten führt oft zu vermeidbaren Missverständnissen mit den Kunden. In der App sind auch die am häufigsten von Handwerkern genutzten Fahrzeuge vorinstalliert. So lassen sich deren Kosten bequem errechnen. Eigene Fahrzeuge können ergänzt werden. „Wir arbeiten bereits an einer zweiten Version mit noch mehr Features“, sagt Babak Hejazi, Kreativchef in der Digital-Abteilung der Werbeagentur Koch. Noch steckt die neue Anwendung in den Kinderschuhen.

Dass sich Handwerksunternehmen auf der Suche nach einer eigenen Lösung für Hausgemachtes entscheiden, ist nicht unüblich, sagt Weitzel. „Auf Nachfrage stellt sich dann jedoch oft heraus, dass Word und Excel einfach mit Makros erweitert wurden.“ Dies ist auch ein Grund, warum man bei Qomet der Tabellenkalkulation zusätzlich Raum geschaffen hat. „Wer mit Excel kalkuliert, fühlt sich gleich zu Hause.“

Häufig trifft man auch auf Firmen, die jemanden kennen, der Programmierer ist. „Schafft man es wirklich mal, da reinzuschauen, ist das gar nicht verkehrt, was da gemacht wurde“, lobt Weitzel, schränkt aber ein: „In der Regel ist das alles punktuell und nichts, was man der Allgemeinheit anbieten könnte.“ Heißt: Es mangelt in der Regel noch an Design oder einer Marke für die Software.

Harry Riesen hat vor einem Jahr einen kleinen Metallbaubetrieb in Köln-Deutz übernommen. Dabei fiel ihm eins auf: „Dass es keine vernünftige Software zur Zuschnittsberechnung von Längen gibt“, so Riesen. Bei Platten gibt es hingegen mehrere Standardprogramme. Der Jungunternehmer nahm die Sache gemeinsam mit einem befreundeten Programmierer dann selbst in die Hand. In ihrer Freizeit und an den Wochenenden entwickelten die beiden das Programm. Auf dem Portal www.zuschnittsberechnung.de kann jeder das Programm nutzen − derzeit noch kostenlos. „Demnächst wird das Programm kostenpflichtig“, so Riesen. Dafür müssen jedoch noch neue Strukturen aufgebaut werden. Daran arbeitet Andreas Mierau vom IT-Büro Mierau Solutions aus Sankt Augustin. Mierau hat langfristige Pläne für die Software, die wohl noch in diesem Jahr als App angeboten wird. Dann soll das Programm auch intensiver beworben werden. Denn aktuell ist Mierau mit den Nutzerzahlen noch nicht ganz glücklich. „Im Moment haben wir etwa 800 Aufrufe pro Monat.“ Da, so Mierau, ist noch viel Luft nach oben.

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