SG im Fensterbau
Technologie fordert QualitätssicherungDie Klebetechnik zwischen Glas und Fensterrahmen ist ein vergleichsweise junges Verfahren. Alle in diesem Beitrag beschriebenen Materialien und Prozesse sind Stand der Technik. Klebetechnologie für Fensterkonstruktionen kann nur erfolgreich eingesetzt werden, wenn die Auswahl von Klebstoff, Konstruktion und Maschinentechnik beachtet und aufeinander abgestimmt wird. Ziel des Verfahrens kann die aussteifende Wirkung des Klebeverbundes, eine veränderte Optik mit einer Reduzierung der Profilansichtsbreiten, die Erhöhung des Lichteinfalls oder die Optimierung des Fertigungsprozesses sein. Wichtig ist die Lage der Klebefuge innerhalb der Fensterkonstruktion. So ist z.B. bei einer Klebung auf der Glasposition 4 in der Regel nicht mit stehendem Wasser aus Schlagregenbelastung zu rechnen — wohl aber aus einem Reinigungsprozess. Die auftretenden Temperaturspitzen sind wesentlich geringer als bei einer Klebung auf Position 1 oder 2. Ähnlich verhält es sich mit der UV-Beständigkeit. Auch eine Klebung im Falzgrund benötigt eine gewisse UV-Beständigkeit aufgrund der Reflexion des Lichts innerhalb des Glases. Auch im Fensterbau ist ein Klebstoff nicht universell einsetzbar, deshalb ist eine sorgfältige Auswahl hinsichtlich der Eigenschaften unerlässlich und Bestandteil der Entwicklung eines Fenstersystems.
Drei Klebetechniken
Für die Falzgrundklebung und die Überschlagsklebung werden Klebstoffe eingesetzt, deren Elastizitätseinstufung eher „elastisch“ ist. Der Klebstoffauftrag erfolgt mit Applikationsautomaten, wobei der Klebstoff erwärmt und durch eine Dosierpumpe zur entsprechenden Düse transportiert oder in einer 2-Komponenten-Mischanlage gemischt und als pastöse Masse aufgetragen wird. Für die Überschlagsklebung (Position 1 oder 4/6, abhängig von Zweifach- oder Dreifach-Glas) und die Stufenglasklebung wird der Klebstoff mittels einer Dreiecksdüse als definierte Dreiecksraupe aufgetragen. Die Raupe kann umlaufend oder nur abschnittsweise aufgetragen sein. Bei der Falzgrundklebung wird der Klebstoff mit einer Nadeldüse umlaufend in den Glasfalzraum eingespritzt. Bei dieser Methode muss besonders auf die Auswahl des Klebstoffes geachtet werden, da es sonst zu Unverträglichkeiten zwischen Isolierglas-Randverbund und dem Klebstoff kommen kann. Für beide Klebearten muss die relativ geringe Soforthaftkraft der Klebstoffe beachtet werden. Die Fensterflügel müssen bis zur teilweisen Aushärtung des Klebstoffs ruhig gelagert werden, um ein Verrutschen des MIG zu vermeiden, es sei denn, die Scheiben wurden zusätzlich geklotzt. Eine weitere Möglichkeit der Klebung ist die Verwendung eines dünnen Klebebandes (zum Beispiel geschlossenzelliges Acrylatklebstoffband). Die Applikation erfolgt mit einem speziellen Rollenapplikator mit definiertem Anpressdruck auf das Glas. Dieses wird anschließend mit einem Anpresswerkzeug in den Flügelrahmen eingepresst. Vorteil dieser Bänder ist die hohe Soforthaftkraft, die weiteren Arbeiten können in kurzer Zeit erfolgen.
Prozesstechnik
In prozesstechnischer Hinsicht ist vor allem bei „weichen“ Klebesystemen ein Verzicht auf die Klotzung nicht sinnvoll, da die Anpresskraft der Glashalteleisten nicht ausreichend ist, um das MIG bis zur Ausreaktion des Klebstoffes an der vorgegebenen Position zu halten. Ein Entfallen der Klotzung hätte zur Folge, dass der Fensterflügel bis zum Abschluss der Reaktion des Klebstoffes in horizontaler Position gelagert werden muss. Ansonsten könnte das MIG bereits bis auf das Profil absinken, was nicht zulässig ist.
Zusätzlich ist bei teilweise ausgefülltem Glasfalzgrund zu beachten, dass dann mindestens eine Scheibe des Mehrscheiben-Isolierglases ohne mechanische Lastabtragung bleibt. Für diesen Fall sind herkömmliche Isolierglas-Randverbundsysteme nicht ausgelegt. Bei Klebesystemen, die weniger Schubweg aufnehmen können, kommt aufgrund der hohen Soforthaftkraft des Klebebandes ein Absinken des kompletten Isolierglases seltener vor und ist als eher unproblematisch anzusehen. Für das Isolierglas gilt auch, dass mindestens lastabtragende Klötze eingesetzt werden müssen. Prinzipiell gilt: Eine Verglasung ohne lastabtragende Klotzung ist nur in Einzelfällen nach Absprache mit dem Hersteller und der angepassten Dimensionierung und Ausführung des Randverbundes möglich.
Kunststoff- und Aluminiumfenster
Bei Kunststofffenstern erfolgt die Klebung auf dem vom Profilhersteller definierten Untergrund. Der verwendete Kunststoff (meist PVC-U) und die Art der Vorbehandlung der Oberfläche sind festzulegen. Bei Aluminiumfenstern kann auf anodisch oxidierter oder pulverbeschichteter Oberfläche geklebt werden. Die Oberflächen müssen definiert sein und sollten idealerweiser zur Sicherstellung gleichbleibender Qualität einer Überwachung nach den Vorgaben von Qualicoat beziehungsweise Qualanod oder einem vergleichbaren Zertifizierungssystem unterliegen. Jede verwendete Oberflächenbehandlung muss im Klebesystem hinsichtlich ihrer Dauerhaftigkeit überprüft werden. Bei Änderungen der Haftpartner muss die Prüfung erneut ausgeführt werden.
Isolierglas und Dichtstoff
Je nach konstruktiver Ausbildung des Fensterflügels kommt im Randverbund des Mehrscheiben-Isolierglases eine tragende Klebung zum Einsatz oder die Randverbundklebung hat nur abdichtende Aufgaben. Wird eine tragende Klebung im Randverbund angesetzt, so gelten für die Auswahl der Klebstoffe und die Dimensionierung der Höhe des Randverbundes die Regeln der EN 13022-1, in der die Vorgaben für die Bestimmung der Höhe h der äußeren Klebefuge definiert werden. Bereits bei Bestellung muss der Isolierglaslieferant wissen, wie sein Produkt im Anschluss weiterverarbeitet wird. Im dargestellten Beispiel muss die Randverbundklebung dauerhaft das Eigengewicht der äußeren Glasscheibe aufnehmen. Die Funktion des Isolierglases darf nicht unter der Dauerlast leiden: Der äußere Dichtstoff des Isolierglases muss geeignet sein, erhöhte Dauerlasten aus Eigengewicht, Temperaturlasten, erhöhte UV-Strahlung und Umwelteinflüsse schadfrei aufzunehmen. Das Kriechverhalten des Klebstoffs bei erhöhten Temperaturen muss nachgewiesen sein. Besondere Beachtung muss auch der Verträglichkeit des Randverbundes und der Klebung mit angrenzenden Stoffen geschenkt werden, z.B. mit dem Abdichtungsmaterial auf der Raumseite, den Abdeckprofilen, Glasauflagen, Wetterversiegelungen oder Reinigungsmitteln. Diese Produkte müssen mit den tragenden Klebstoffen verträglich sein. Ein Lieferanten- und/oder Materialwechsel verursacht deshalb in der Regel zusätzlich Aufwand und Risiko.
Für ein funktionierendes Glassystem bei geklebten Verglasungen ist die richtige Zusammenstellung der Materialien und Parameter sehr wichtig. So muss immer die Frage der Verträglichkeit der verwendeten Materialien (Dicht- und Klebstoffe, Klotzungsmaterialien) mit den jeweiligen Herstellern genau geklärt sein. Ebenso muss für die vorliegende Anwendung (Klebeart, Verglasungstechnik) die Dimensionierung der einzelnen Stufen des Randverbundes vom Isolierglashersteller festgelegt werden und der Fensterhersteller darf für das jeweilige Fenstersystem nur das vorgegebene Isolierglas-Randverbundsystem verwenden.
Schalldämmung
Die Luftschalldämmung eines Fensters wird von folgenden Faktoren bestimmt, die bei der Entwicklung neuer Konstruktionen zu berücksichtigen sind:
- Glasaufbau (Glasdicken, Glasart, eingesetzte Zwischenlagen, Scheibenzwischenraum)
- Anzahl und Position der Dichtungen zwischen Flügel und Blendrahmen
- Fensterprofil (Material, Geometrie, Ansichtsbreite, Bautiefe)
Ein Vergleich der Luftschalldämmung zwischen konventionellen und geklebten Fensterkonstruktionen zeigt, dass eine Verbesserung der Luftschalldämmung durch geklebte Fensterkonstruktionen nur in dem Umfang möglich ist (1-2 dB), in dem auch die Luftdichtigkeit verbessert wurde.
Qualitätssicherung
Um eine dauerhafte Gebrauchstauglichkeit zu erzielen, ist es erforderlich die Fensterkonstruktionen und die einzelnen Funktionsträger ganzheitlich zu betrachten. Das Isolierglas ist eine wichtige Komponente, die bei geklebten Verglasungssystemen unter Umständen zusätzlich belastet wird. Das ift Rosenheim hat deshalb gemeinsam mit der Holzforschung Austria und der Fachhochschule Bern Architektur, Holz und Bau eine Richtlinie erstellt (VE 08/3 „Beurteilungsgrundlage für geklebte Verglasungssysteme). Diese gliedert sich derzeit in vier Teile, die sich inhaltlich in Teil 1 auf den Nachweis der Dauerhaftigkeit des Klebesystems, in Teil 2 auf die Prüfung der Eigenschaften des geklebten Fensterflügels, in Teil 3 auf die Verträglichkeit unterschiedlicher Materialien und in Teil 4 auf die Qualitätssicherung beziehen.
Die VE 08/3 orientiert sich bezüglich der Prüfverfahren an der Europäischen Technischen Richtlinie ETAG 002 – 1 „Leitlinie für die Europäisch Technische Zulassung für geklebte Glaskonstruktionen“, sodass danach ermittelte Ergebnisse auch übertragen werden können. Der Begriff „System“ bedeutet in diesem Zusammenhang, dass nur ein abgestimmtes und geprüftes System verwendet werden darf. Der Systembeschreibung kommt deshalb eine wichtige Funktion zu, sie sollte folgende Informationen enthalten:
- Systembezeichnung mit Angabe der Profile, Verstärkungen, Dichtungen, Verglasungen, Klotzungen und Beschläge
- Verbindungen und Öffnungsarten
- Hinweise zur Fertigung, Transport und Lagerung
- Einbauanleitung und Montagebeschreibungen
- Anleitung zur Pflege, Wartung und Reparaturhinweise
- Definition und Dokumentation der Systemänderungen
Da Fenster der Nachweisstufe 3 unterliegen, muss eine werkseigene Produktionskontrolle (WPK) ausgeführt werden. Die Verglasungstechnik weicht hier von den gültigen technischen Richtlinien ab. Die Klebung ist ein eigenständiger Fertigungsgang und sollte deshalb als eigenständiger Teil der WPK verstanden werden. Dieser wird in Teil 4 der Richtlinie beschrieben und auch die Klebstoff-/Klebebandhersteller geben dazu eine Anleitung.
Fertigung
Die typisch handwerkliche Auftragsmethode mit Kartusche und Auspresspistole hat sich im Versuch nicht bewährt. Die Einflüsse auf die Verarbeitungsqualität bezüglich Gleichmäßigkeit der Auftragsmenge und der Auftragsform entsprechen nicht den optischen und technischen Ansprüchen an die Klebung. Eine händisch betriebene Führung einer automatischen Dosiervorrichtung ist denkbar, erfordert jedoch sehr gut eingearbeitetes Personal. Dies verursacht in der Regel zusätzliche Investitionen in Applikationsanlagen für die jeweiligen Klebstoffsysteme sowie in die Vorbehandlung der Substrate (Rahmenmaterialien).
Der Verglasungsvorgang lässt sich bei geklebten Systemen in vollautomatische Fertigungssysteme einfügen. Von der Längenoptimierung beim Einsatz verleimter Kanten, über die Profilbearbeitung, Rahmenherstellung, Oberflächenbehandlung und Bestückung mit Beschlägen bis zum Verglasungsprozess durch Klebung bietet die Maschinenindustrie heute Lösungen an. Neben der aufwändigsten Lösung einer vollautomatischen Linie sind auch Teillösungen möglich.
Voraussetzung für alle Klebeverfahren ist eine weitgehend staubfreie Umgebung für die Klebestation, die frei ist von störenden Einflüssen sowie ein separater Raum für Lagerung von Isolierglas und Flügelrahmen. Zu den störenden Einflüssen zählen Ausgasungen anderer Chemikalien, zu hohe oder zu niedrige Temperaturen und Luftfeuchten. Deshalb sollte das automatische Auftragssystem bei empfindlichen Klebesystemen eine Anpassung der Reaktionszeiten auf Umgebungstemperatur und -feuchte enthalten. Für alle Methoden ist ein Qualitätssicherungssystem und eine werkseigene Produktionskontrolle (WPK) notwendig, die vor allem eine regelmäßige Überprüfung der Haftflächen, des Mischbildes des Klebstoffs und die Hafteigenschaften nach der Aushärtung umfasst.
Baurechtlicher Nachweis
Geklebte Verglasungssysteme stellen im Fensterbau eine von den Normen bisher nicht beschriebene Variante dar. Dennoch ist auch ein Flügel mit geklebter Verglasung Teil eines Fensters, das nach DIN EN 14351-1 CE-gekennzeichnet werden muss. Voraussetzung ist, der Flügel entspricht im geschlossenen Zustand noch der Definition einer linienförmigen Lagerung. Die Klebung von Festverglasungen, die häufig auf der Baustelle erfolgt und keinen Einstand für die Sicherung zur Aussenseite hat, ist nicht enthalten.Neben dem üblichen Weg, das geklebte Fenster als System zu definieren und auf seine Leistungseigenschaften im Rahmen eines TT (Type Test) zu prüfen und nachzuweisen, kann der Nachweis für die CE-Kennzeichnung auch über Zusatzprüfungen nach der ift-Richtlinie VE 08/3 erfolgen.