Energetische Verbesserung von Gebäuden
Der aktuelle CO2-Gebäudereport des Bauministeriums (BMVBS) zeigt: Der Gebäudebereich verursacht ca. 40% der CO2-Emmissionen in Deutschland. Die wichtigste Maßnahme ist deshalb die energetische Verbesserung bestehender Gebäude.
Nach Untersuchungen der Deutschen Energieagentur (dena) lässt sich der Energieverbrauch von Häusern im Bestand um bis zu 85% reduzieren. Dies gilt insbesondere für den Austausch energetisch veralteter Fenster und Verglasungen. Vereinfacht gerechnet können jährlich rund 1,2 Liter Heizöl pro Quadratmeter Fensterfläche und pro U-Wert-Verbesserung von 0,1 W/(m²K) eingespart werden, also bis zu 720 Liter bei einem Haus mit 30 Quadratmetern Fensterfläche und Fenstern mit Uw von 1,0 anstatt 3,0 W/(m²K). In Deutschland könnten so pro Jahr bis zu 8,6 Mrd. Liter Heizöl gespart werden („Studie zur energetischen Modernisierung alter Fenster“, Branchenverbände VFF und BF 12/2007).
Neben dem U-Wert als Kenngröße für den Wärmeverlust muss vor allem die Gesamt-Energiedurchlässigkeit (g-Wert) des Glases nach DIN EN 410 beachtet werden. Diese gibt an, wie hoch der Anteil der Sonnenstrahlung ist, der durch die Verglasung in den Raum gelangt und als passiver Solargewinn genutzt werden kann. Mit neuen Isoliergläsern werden auch die unangenehmen kalten Oberflächen alter Verglasungen vermieden. Eine zu niedrige raumseitige Oberflächentemperatur des Glases im Vergleich zur Wandtemperatur empfindet der Nutzer als unbehaglich (Strahlungsasymetrie), vor allem bei großen Glasflächen und großen Temperaturunterschieden. Dies gilt auch für die „Kaltluft“, die an kalten Glasoberflächen abfällt und als störende Zugluft empfunden wird. Oft kann nach dem Glas- bzw. Fenstertausch die Raumtemperatur um 2°C bis 3°C gesenkt werden, sodass sich pro Grad der Energieverbrauch um ca. 6% reduzieren lässt. Hochwärmedämmende Isoliergläser können so zu mehr Wohnkomfort führen, und auch die Bildung von Kondensat im Glasrandbereich und auf der Scheibenfläche wird reduziert. Dies gilt umso mehr beim Einsatz von sogenannten „Warm-Edge-Systemen“, die einen verbesserten Wärmeschutz im Glasrandbereich haben. Bei der Suche nach einer kosten- und energieeffizienten Maßnahme wird von Bauherren oft die Frage gestellt, ob der Austausch der Verglasungen sinnvoll ist oder besser das gesamte Fenster ausgetauscht werden soll. Als erster Schritt sollte der U-Wert des Glases (Ug) abgeschätzt werden, um das energetische Verbesserungspotenzial zu bestimmen. Danach muss die Eignung des Fensterrahmens, der Beschläge und des Baukörperanschlusses geprüft werden, um die Wirtschaftlichkeit der Maßnahme bewerten zu können.
Abschätzung Ug-Wert. Ein Austausch alter Einfach-Verglasungen ist immer sinnvoll. Einfachglas lässt sich optisch sehr einfach an der monolithischen Scheibe erkennen. Hierbei kann es sich um Floatglas, aber auch um Sicherheitsgläser (ESG, VSG, Drahtglas) handeln. Einfachglas hat einen sehr hohen Ug-Wert von 5,8 W/(m²K). Aufgrund der hohen Energieverluste und unbehaglich niedrigen Oberflächentemperaturen lohnt sich deshalb ein Glasaustausch hier immer.
Bei vorhandenen Isoliergläsern muss zwischen beschichteten und unbeschichteten Isoliergläsern unterschieden werden. Die heute übliche Wärmeschutzbeschichtung auf Silberbasis macht sich durch einen deutlich niedrigeren Ug-Wert bemerkbar. Unbeschichtete Isoliergläser ohne Gasfüllung wurden noch bis zur zweiten Novellierung der Wärmeschutzverordnung 1995 (WSchVO) eingesetzt und haben einen U-Wert von ca. 2,7 W/(m²K). Wenn keine Lieferunterlagen, Produktnamen oder eine Stempelung auf dem Abstandhalter im Scheibenzwischenraum (SZR) vorhanden sind, die Aufschluss über den Ug-Wert geben, kann man den U-Wert der Verglasung über das Einbaujahr oder mit dem „Flammentest“ abschätzen, bei dem die beschichtete Glasscheibe in Reflexion durch eine andere Flammenfärbung erkannt werden kann. Eine Aussage zu den Eigenschaften der Beschichtung ist nicht möglich. Vorsicht ist dennoch geboten, da bei einigen Beschichtungen (z.B. pyrolytische) keine Verfärbung der Flamme auftritt. Der Fachmann vor Ort kann jedoch mit weiteren Hilfsmitteln den U-Wert der Verglasung abschätzen. Kriterien für Glastausch. Auch beim Glastausch müssen Fragen der Bauphysik, Wärmebrücken und Kondensatbildung geklärt werden. Wird das Einfachglas durch ein Isolierglas mit besserem U-Wert ersetzt, ist die Glasfläche evtl. nicht mehr die kälteste Fläche des Raumes, und der Tauwasserausfall kann nun an anderen Flächen der Außenwand auftreten und Bauschäden verursachen. Es empfiehlt sich deshalb, einen Fachplaner hinzuzuziehen, der geeignete Vorschläge für eine Gesamtsanierung erstellen kann. Aus energetischer Sicht ist der Austausch gegen ein Dreifach-Isolierglas mit Ug-Wert 0,7 W/(m²K) und einem g-Wert von ca. 60% am sinnvollsten. Dies erfordert jedoch eine geeignete Fensterkonstruktion, die ein Dreifach-Isolierglas mit einer Einbaudicke von mindestens 36 mm aufnehmen kann, und die Beschläge müssen das höhere Glasgewicht aushalten. Aber auch mit dem Austausch gegen moderne Zweifachisoliergläser mit Ug-Wert 1,1 W/(m²K) können erhebliche Verbesserungen erreicht werden. Der Ersatz von Mehrscheiben-Isoliergläsern mit Ug von 1,7 bis 1,3 W/(m²K) ist nur sinnvoll, wenn andere Gesichtspunkte wie das Alter der Verglasung, Farbneutralität oder veränderte Nutzungsanforderungen (Sicherheit, Schallschutz etc.) eine Rolle spielen.
Bei der Beurteilung der Energieeinsparung sollte immer auch der g-Wert der Verglasung berücksichtigt werden, da passive Solargewinne durch optimierte g-Werte der Verglasung den Energieverbrauch spürbar senken können.
EnEV-Anforderungen. Die EnEV 2009, die am 1. Oktober in Kraft getreten ist, fordert auch für den Glastausch einen deutlich verschärften Höchstwert. Für die Isolierverglasung wurde der Wert gegenüber der EnEV 2007 von 1,50 auf 1,10 W/(m²K) heruntergesetzt, für das gesamte Fenster von 1,70 auf 1,30 W/(m²K). Falls das Fenster eine Verglasung mit einem Ug-Wert von 1,10 W/(m²K) aus technischen Gründen nicht aufnehmen kann, so lässt sich nach Anlage 3, Abschnitt 2, der EnEV 2009 auch eine Verglasung mit einem Wärmedurchgangskoeffizienten von 1,30 W/(m²K) einsetzen. Die Anforderungen der EnEV nach Abschnitt 3 sind immer dann einzuhalten, wenn die Fläche der geänderten Bauteile, also hier der Verglasung, mehr als 10% der jeweiligen Bauteilfläche des Gebäudes betrifft. Die einfache Reparaturverglasung fällt also nicht unter die EnEV. Zu beachten sind auch die Regelungen der EnEV für Sonderverglasungen der Tabelle 3 in Anlage 3.
Fenstertausch. Neben energetischen und funktionalen Gründen sind es vor allem gestalterische Motive, die für einen Austausch des gesamten Fensters sprechen. Mit neuen Fenstern sind andere Abmessungen, Formen und Materialien realisierbar, und mit raumhohen Fenstern lässt sich die Ausleuchtung der Innenräume mit Tageslicht erheblich verbessern. Beim Austausch der Fenster können auch Schwachstellen im Baukörperanschluss behoben werden, beispielsweise Wärmebrücken oder undichte Abdichtungen, sodass sich das Gesamtsystem „Fenster-Fassade“ deutlich verbessert.
Die Fenstererneuerung im Bestand bedeutet allerdings einen erheblichen Eingriff in das vorhandene Gleichgewicht des Gebäudes. Beispielsweise ergibt sich ein reduzierter nutzerunabhängiger Luftwechsel aufgrund dichterer Fensterkonstruktionen und Einbaufugen, oder es sind zusätzliche Sonnenschutzmaßnahmen notwendig, wenn die Fensterfläche vergrößert wird. Deshalb ist eine sorgfältige Planung und Bauaufnahme durch einen Architekten, Gebäudeenergieberater oder den Fensterhersteller bzw. -lieferanten notwendig. Auch die Montage ist komplexer und aufwendiger und sollte von qualifizierten Fachfirmen ausgeführt werden, um Bauschäden zu vermeiden. Dabei kann der vom ift Rosenheim erarbeitete „Leitfaden zur Planung und Ausführung der Montage von Fenstern und Haustüren“ mit vielen Checklisten, Zeichnungen und Erläuterungen eine wertvolle Hilfe sein.
Der Austausch der Verglasung kann eine interessante Alternative zum Fenstertausch sein, wenn * der Fensterrahmen und die Beschläge intakt und ausreichend tragfähig für das neue Isolierglas sind, * die Verglasung nach den Regeln der Technik möglich ist, * der Uf-Wert des Rahmens akzeptabel ist,
* die Luftdurchlässigkeit des Fensters mindestens Klasse 2 nach EN 12207 erreicht (umlaufende, wirksame Dichtung),
* die Anforderungen der EnEV erfüllt werden können. $
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