Finanzen

Versicherungscheck

Von der Flut aufgeschreckt

Nur wenige Tage nach der Flutkatastrophe hat Siegfried Thüringer von der SMK Versicherungsmakler AG mit Hauptsitz in Gießen geschädigte Unternehmer beraten. Viele der Betroffenen waren zu der Zeit noch mit Aufräumarbeiten beschäftigt. Wir haben bei dem Versicherungsexperten nachgehakt, wie sich Metallbauer bestmöglich gegen Wasserschäden absichern können.

metallbau: Was meinen Sie, wie hoch ist der Anteil der Menschen und Unternehmen in den betroffenen Gebieten, die nicht gegen Hochwasser versichert sind.

Siegfried Thüringer: Nach meiner Schätzung sind 70 Prozent der Geschädigten nicht gegen Hochwasser versichert, obwohl eine Absicherung möglich gewesen wäre.

metallbau: Welche Fallstricke kann es geben, auch wenn das Risiko Elementarschäden in der Gebäude-, Geschäftsinhaltsversicherung inkludiert ist? Welche Maßnahmen sind jetzt von den Betroffenen und in welcher Reihenfolge mit dem Versicherer zu klären?

Thüringer: Wenn das Risiko Elementarschäden in der Gebäude- und Geschäftsinhaltsversicherung inkludiert ist, empfehle ich folgende Vorgehensweise:

Meldung an den Versicherer

Klärung, ob der Vertrag die Klausel Rückstauklappe enthält. Wenn ja, ist zu klären, ob eine solche im Gebäude vorhanden ist.

Sind Aufräumkosten mitversichert? Wenn ja, in welcher Höhe?

Schriftliche Bestätigung der Deckung beim Versicherer einfordern.

Akontozahlung vereinbaren.

Reinigungs-, Trocknungs- und Reparaturprozess erstellen und umsetzen.

Weitere Akontozahlungen vereinbaren.

Im Totalschadensfall mit dem Versicherer klären, ob Neuwert oder Zeitwert erstattet wird.

Mit dem Versicherer klären, ob es Beschränkungen zum Wiederaufbau gibt (Bsp. wird an einem anderen Ort aufgebaut, wird häufig nur der Zeitwert der beschädigten Immobilie/Gegenstände/Maschinen erstattet).

Klärung, können Maschinen gereinigt und getrocknet werden oder ist die Elektronik so sehr beschädigt, dass es sich um einen Totalschaden handelt.

Bei einfachen älteren Maschinen wird der Versicherer die Trocknung einfordern, bestehen Sie auf den Austausch oder fordern Sie eine Langzeitgarantie vom Versicherer.

metallbau: Das klingt sehr kompliziert. Sie haben über den Versicherungsschutz von Maschinen gesprochen. Gilt das auch für mobile Maschinen wie einen Gabelstapler?

Thüringer: Wenn eine Maschinenbruchversicherung besteht, sind fahrbare Maschinen gegen Wasserschäden versichert. Erstattet wird immer der Zeitwert. Muss ein Stapler neu angeschafft werden, wird unter Umständen nur ein geringer Anteil erstattet.

metallbau: Wie sieht es mit den Computern und anderen elektronischen Geräten wie Telefonen, Zeiterfassungssystem, Einbruchmeldeanlagen usw. aus?

Thüringer: Diese Geräte sind in der Regel nicht zu reparieren. Besteht eine Elektronikversicherung, wird der Neuwert, also Geräte gleicher Qualität ersetzt.

metallbau: Wie lässt sich der Besitz bzw. der Zeitwert von Maschinen, Computern oder Ähnlichem feststellen, wenn die Gegenstände weggeschwemmt oder bei den Aufräumarbeiten entsorgt wurden, bevor noch ein Foto davon geschossen werden konnte, oder auch die Unterlagen zu den Einkäufen durch die Flutschäden nicht mehr informativ sind?

Thüringer: Wegen des massiven Schadens wird jeder Versicherer in diesen Fällen eine positive Lösung finden wollen. Ich gehe dabei von Schadenszahlungen zwischen 20 und 70 Prozent aus. Wenn die Flut alle Nachweise zerstört hat, wäre es dennoch hilfreich, wenn es Fotos aus früherer Zeit gibt oder sich die Einkaufsunterlagen über die Lieferanten organisieren lassen. Diese sind ja steuertechnisch verpflichtet, ihre Unterlagen zehn Jahre aufzubewahren. Sicher wird es bei diesem Entgegenkommen der Versicherungen nicht um Kleinteile gehen, die 1.000 Euro kosten, sondern um größere Anschaffungen. Grundsätzlich bleibt es dabei, die Nachweispflicht liegt beim Geschädigten.

metallbau: Bei vielen Unternehmen geht erst mal nichts mehr. Wer kommt für die weiterlaufenden Kosten wie Gehälter, Pacht usw. und den entgangenen Gewinn auf?

Thüringer: Wichtig ist, dass in der Geschäftsinhaltsversicherung die Risiken Elementar- und Betriebsunterbrechungsschäden versichert ist. Für eine vertraglich festgelegte Zeit kommt der Versicherer für die Kosten auf. Der Unternehmer muss zügig Maßnahmen zur Minderung des Schadens ergreifen: Wie kann ich meine Kunden weiter bedienen? Können andere Unternehmen die Aufträge übernehmen? Können Lieferzeiten und damit die Betriebsunterbrechung durch Zahlung eines höheren Preises verkürzt werden? Übernimmt der Versicherer diese Mehrkosten?

Sie merken, das Thema ist sehr komplex und muss mit viel Erfahrung angegangen werden.

metallbau: Was denken Sie, Herr Thüringer, wie wird sich das Verhalten der Versicherer in Bezug auf die Absicherung der Elementarrisiken in Hochwassergebieten verändern?

Thüringer: Die Versicherer teilen Risikoorte in Gefahrenklassen ein — sogenannte Zürs-Zonen. Das niedrigste Risiko besteht in der Zone eins. Das größte Risiko besteht in Zone vier. In Zone vier ist eine Absicherung zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich. In Zone drei nur mit deutlichen Zuschlägen. Der Verband der Versicherer rechnet bei der Flutkatastrophe im Juli mit einem Schadenumfang von fünf Milliarden Euro. Alle Versicherten müssen in den kommenden Jahren mit deutlichen Prämiensteigerungen rechnen.

metallbau: Möchten Sie sich an die betroffenen Unternehmer persönlich richten?

Thüringer: Ich wünsche euch, dass die Hilfe des Staates schnell ankommt und dass euer Leid damit gelindert wird. Ich biete meine telefonische Hilfestellung bei Fragen  an. Alles Gute!

Siegfried Thüringer von der SMK Versicherungsmakler AG ist nach seinem Studium als Verfahrenstechniker in ein Versicherungsunternehmen gewechselt und war dort als Großschadenregulierer tätig. Über 30 Jahre war Thüringer als Mitbegründer und Vorstand bei der SMK Versicherungsmakler AG in Gießen tätig, auch dort federführend in der Abwicklung von Großschäden. Im Juni ist er aus Altersgründen ausgeschieden, seine Expertise bringt er weiter als Berater ein. Die SMK betreut rund 10.000 mittelständische Kunden und gehört mit mehr als 90 Mitarbeitern zu den großen bundesweit tätigen Risikomanagern. Thüringer steht Flutopfern für eine Beratung am Handy zur Verfügung: Tel. 0171 2317617

www.smk.ag

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