Interview

Angemessen versichert?

Eine jährliche Prüfung empfiehlt sich

Die SMK Versicherungsmakler AG in Gießen ist Kooperationspartner des Verbandes der Fenster- & Fassadenhersteller in Frankfurt (VFF) und verfügt daher in punkto Versicherungen für Betriebe der Metallbaubranche über vielfältige Erfahrungen. Wir haben bei Vertriebsleiter und Versicherungsfachwirt Alexander Crisan nachgefragt, worauf Unternehmer achten sollen.

metallbau: Herr Crisan, was empfehlen Sie Unternehmen, damit diese versicherungstechnisch immer up-to-date sind?
Alexander Crisan:
Der bestehende Versicherungsschutz sollte jährlich von einem spezialisierten und qualifizierten Versicherungsmakler geprüft werden, am besten indem das vorhandene Versicherungswesen in einem persönlichen Gespräch durchgesprochen wird. Dabei ist es entscheidend, dass die richtigen Fragen gestellt werden und das Besprochene schriftlich festgehalten wird. Weiterhin bieten wir Rahmenverträge an, die sich im Hintergrund aktualisieren, sodass neue Leistungen auch ohne Anpassung als mitversichert gelten, das ist eine wichtige Dienstleistung. Zudem sollte ein Unternehmen den Makler bei Neuanschaffungen oder Veränderungen eigenständig kontaktieren, also besser einmal zu viel als einmal zu wenig anrufen.

metallbau: Welche neuen Risiken haben Sie wegen aktueller Marktveränderungen in den vergangenen fünf Jahren in den Versicherungsschutz aufgenommen?
Crisan:
Unterschiedlichste Bereiche wurden erweitert. Im Bereich Hackerangriffe haben wir eigene Lösungen. Die zusätzliche Absicherung von etwaigen Vermögensschäden durch Planungsfehler mit Building Information Modeling (BIM) Maßnahmen haben wir in unsere kostenfreien Deckungserweiterungen aufgenommen.

metallbau: Welche Rolle spielt heute Computerkriminalität?
Crisan:
Dies muss in älteren Verträgen natürlich völlig neu bewertet werden. Computerkriminalität hat verschiedene Folgen es geht um Schadenersatzforderungen von Kunden aufgrund Datendiebstahl oder Datenmissbrauch, um Eigenschäden durch gehackte Systeme mit Wiederherstellungskosten der IT. Der Betriebsstillstand durch gehackte computergestützte Produktionsmaschinen ist auch ein Thema oder auch die Verwaltungs-EDV oder Phishing- und Pharming-Mails, die zu einem Vermögensverlust führen können.

metallbau: Welche Themen sind in den Hintergrund gerückt?
Crisan:
Die Nachfrage nach Elektronikversicherungen hat nachgelassen, denn die Preise für Büroelektronik sind tendenziell gefallen und die Kunden sehen aufgrund des Preisverfalls keinen außerordentlichen Absicherungsbedarf. Im Einzelfall jedoch kann diese Absicherung besonders wichtig sein.

metallbau: Inwiefern sind Gesetzesänderungen für die Unternehmensversicherungen relevant?
Crisan:
Insbesondere zur neuen Datenschutzverordnung DSGVO haben wir Deckung umgehend aufgebaut, falls man einen Verstoß begeht. Ein anderes Beispiel ist das Mindestlohngesetz, hier haben wir unsere Strafrechtschutzbedingungen erweitert, sodass Streitigkeiten in punkto Mindestlohngesetz sowohl strafrechtlich als auch zivilrechtlich mitversichert sind. Auch ist inzwischen der meist nur in den teuren Strafrechtsschutzverträgen mitversicherte bedingte Vorsatz in unseren eigenen Deckungserweiterungen beitragsfrei mitversichert. Bei Insolvenzfällen hat sich die Rechtsprechung insofern geändert, als Insolvenzverwaltern umfassende Rechte zugebilligt wurden, auf bereits langjährig zurückliegende Forderungen zuzugreifen. In Konsequenz haben wir die Forderungsausfallversicherung um den Baustein der Insolvenzanfechtung erweitert. Inzwischen können langjährig zurückliegende Forderungen über einen Zusatzbaustein und gegen Mehrprämie versichert werden.

metallbau: Welche Fehler unterlaufen Unternehmen der Metallbaubranche bei ihren Versicherungen am häufigsten?
Crisan:
Bei der Inhaltsversicherung werden häufig bei halbfertigen Erzeugnissen nicht oder nicht ausreichend die Wertsteigerungen berücksichtigt, sodass eine massive Unterversicherung gegeben sein kann. Nicht immer im Blick der Unternehmer ist die Zeitwertentschädigung bei Maschinen: Es gilt in der Regel eine 40% Regelung, was bedeutet, dass der Zeitwert (unter Berücksichtigung von AfA-Listen) unter 40% des Neuwertes als Grundlage des möglichen Schadens gezahlt wird. Im Schadensfall von Maschinen hat das fatale Auswirkungen. Hier sehen wir in unseren prämienneutralen Zusatzbedingungen immer eine Neuwert-entschädigung vor, sofern die Maschinen noch in Betrieb sind.
Ein weiterer heikler Punkt sind Betriebsunterbrechungen, beispielsweise, wenn im Vertrag falsche Haftzeiten vereinbart sind. Zwar kann der Versicherungsnehmer für den technischen Wiederaufbau seines Unternehmens etwa sieben Monate benötigen, jedoch reicht diese Zeit erfahrungsgemäß nicht aus, um dieselbe Auftragslage wie vor Eintritt des Schadens zu erreichen. Unserer Erfahrung nach werden weitere 12 Monate benötigt, um die kaufmännische Betriebsbereitschaft (Umsatz) wie vor dem Schadensfall zu erreichen. Wurde also eine Haftzeit von nur 12 Monaten abgeschlossen, führt dies zu einer massiven Unterdeckung, denn der Kunde muss sieben Monate überbrücken und bangen.

metallbau: Kommt es auch vor, dass falsche Versicherungssummen angesetzt werden?
Crisan:
Oftmals wird in den Verträgen nicht der korrekte Rohertrag angesetzt. Das passiert, wenn die Zahlen nicht konkret ermittelt, sondern nur überschlagen werden. Die Betriebsunterbrechungsversicherung ist in vielen Fällen nur ein Annex zu einer Inventarversicherung, bei der eine jährliche Prüfung der Versicherungssumme nicht erfolgt. Dies kann bedeuten, dass eine Unterversicherung in der Inhaltsversicherung auch auf die kleine Betriebsunterbrechungsversicherung eins zu eins angerechnet wird.

metallbau: Können Sie anhand eines Zahlenbeispiels aufzeigen, um welche Summen es geht, wenn ein Unternehmer über keinen aktuellen Versicherungsschutz verfügt?
Crisan: Hat der Metallbauer A ein Anlagevermögen mit etwa 1,5 Mio. Euro, unwissentlich aber nur 1 Mio. Euro Inhaltswert versichert und ich unterstelle einen Schaden von 400.000 Euro durch Brand und Rußschäden, dann werden 266.666,67 Euro gezahlt — nur 2/3 des Schadens, da eine Unterversicherung entstanden war. Die Größenordnung der Unterversicherung wird auf die Schadenssumme angerechnet.

metallbau: Haben Sie vielleicht noch ein anderes Beispiel durch die Kooperation mit dem VFF parat?
Crisan:
Wir sind bei einem Großschaden hinzugezogen worden, obwohl der Unternehmer nicht bei uns versichert ist. Der Unternehmer bat um unsere Unterstützung bei der Schadensabwicklung. Dabei sind einige Fehler aufgeflogen, verantwortlich dafür war eine andere Agentur, die die Firma versichert hatte. Nun muss das Unternehmen, also der Versicherungsnehmer, bei der Schadenhöhe von etwa 5 Mio. Euro mit 30% Abzug rechnen. Das sind 1,5 Mio. Euro Abzug. Für dieses Beispiel ist es wichtig zu wissen: Bei einem versicherergebundenen Agenten haftet der Versicherungsnehmer quasi für den korrekten Versicherungsschutz und er muss dem Vermittler ein Verschulden bei der Beratung nachweisen. Dies ist sehr schwierig, außerdem vertritt der Vermittler die Interessen des Versicherungsunternehmens und nicht die des Versicherten, da er mit dem Unternehmen einen Vertrag hat und gegenüber der Versicherung sogar weisungsgebunden ist. Bei einem Makler besteht durch das Sachwalterurteil und die Vertretung der Interessen des Versicherungsunternehmens eine andere, für den Versicherungsnehmer positivere Verhandlungsgrundlage.

metallbau: Unterlaufen bei der schlichten Haftpflichtversicherung auch Fehler?
Crisan:
Eine ausreichende Deckungssumme ist ganz wichtig. Weiterhin sind viele Kosten oder Tätigkeiten in einer Haftpflicht mit kleineren Deckungssummen versehen, dies ist gefährlich. Bei Arbeiten auf Grundstücken vom Auftraggeber werden häufig zu niedrige Deckungssummen für Tätigkeitsschäden angesetzt. Wird im Vertrag nichts über Lohnveredlung gesagt, besteht dafür kein Versicherungsschutz. Ferner wird das Risiko von Planungsfehlern häufig außer Acht gelassen: Ein Betrieb bewegt sich nämlich bereits im Bereich einer reinen Fremdplanung, wenn für Kalkulationen/Pläne Schutzgebühren verlangt werden. Leider passiert es immer wieder, dass Nachbesserungsbegleitschäden, nicht zu verwechseln mit Mängelbeseitigungsnebenkosten, nicht abgesichert sind.
Werden Teile für den Export hergestellt, muss das in der Haftpflicht gesondert berücksichtigt werden. Viele Unternehmen meinen, wenn sie Exportteile für einen Großhändler in Deutschland herstellen, der allerdings dezidiert diese Teile weiter in die USA/Kanada exportiert, dass sie dann keine sogenannte „USA/Kanada“- Deckung benötigen, dies ist jedoch falsch.

metallbau: Die Überprüfung der Versicherungen kann aber auch ein erhebliches Einsparpotenzial offenlegen. Haben Sie auch dafür ein Beispiel?
Crisan: Hier eine pauschale Antwort zu geben, ist schwierig. Bei Verträgen, die lange Zeit bei einem Agenten bestanden haben und bei denen keine Veränderungen mehr vorgenommen wurden, sind häufig nicht mehr marktgerecht, weder inhaltlich noch prämienseitig. Häufig ist dann im Vergleich eine Ersparnis realisierbar, allerdings sollte man als Versicherungsnehmer einen passgenauen und umfänglichen Versicherungsschutz ins Auge fassen. Bei preiswerten Lösungen wird die Prämienersparnis häufig mit einem Weniger an Leistungen erkauft und der Kunde steht ohne erforderlichen Versicherungsschutz da. Denn am wichtigsten ist die Versicherung immer dann, wenn es zu einem Schadenfall kommt.
Jeder Unternehmer hat ein individuelles Risiko- und auch Absicherungsbedürfnis, sodass eine pauschale Antwort darauf schwierig ist. Einige unserer Mandanten sind grundsätzlich gewillt, nur das Großschadensrisiko versichern zu wollen und zahlen Kleinschäden aus der eigenen Tasche. Aber auch in diesem Punkt hat jeder Unternehmer eine eigenständige Einschätzung, was für ihn ein Kleinschaden ist oder nicht. Grundsätzlich ist jeder Vertrag ohne Selbstbeteiligung eine Art von möglicher Überversicherung.
  metallbau: Welche Versicherungen werden von den Fenster- und Fassadenbauern am häufigsten beansprucht? Crisan: Häufig ist es die Betriebshaftpflichtversicherung, insbesondere Beschädigungen von Fremdgewerken oder durch Mängel an einer Sache, im Zuge deren Reklamation fremde schadensfreie Gewerke zurückgebaut werden müssen und damit immense Kosten verbunden sind. Die Brand-Schäden sind eher selten, aber wenn diese zum Tragen kommen, ist die Schadenshöhe immer recht hoch insbesondere wegen der Rauch und Rußschäden. Zuwachs registrieren wir bei den Sturm- und Elementarschäden, auch böswillige Beschädigungen durch Neider, z.B. Anschläge durch Buttersäure kommen häufiger vor.
 

metallbau: Welche Fehler passieren bei der Schadensmeldung am häufigsten bzw. sind am brisantesten und welche Unterstützung leisten Sie als Makler bei der Abwicklung?
Crisan: Häufig werden Schäden zu spät gemeldet bzw. keine Maßnahmen zur Schadensminderung getroffen. Wir unterstützen die Mandanten von Beginn an mit der Erst-Schadenmeldung sowie mit Informationen, welche Erstmaßnahmen ergriffen werden müssen. Abhängig von der Art und Größe des Schadens unterscheiden sich die Vorgehensweisen und damit auch unsere aktive Schadenunterstützung. Im gewissen Rahmen können wir auch eigenständig Freigaben für einige Erstmaßnahmen geben. Bei Großschäden werden Vorort-Besichtigungen mit Gutachter und Regulierer von uns koordiniert und auch wahrgenommen. Auch steigen wir aktiv in die Verhandlungen ein und sind damit auf Seiten unserer Kunden, dies kann ein Agent welcher einem Unternehmen zugehörig ist nicht leisten. Unser Ziel ist es, dass der zeitliche und organisatorische Aufwand beim Mandanten so gering wie möglich ist, indem man gemeinschaftliche Lösungen findet. Es geht darum, den Betrieb schnell wieder arbeitsfähig zu machen und auch berechtige Ansprüche Dritter zufrieden zu stellen.

www.smk.ag

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