Interview

Philipp Himmel von Wiegel

„Der Tauchvorgang dauert zehn Minuten!“

Es ist ein heißer Tag, als ich das Werk von Wiegel in Eching besichtige. Doch drinnen in der Werkshalle ist es noch ein paar Grade heißer – trotz Durchzug. Philipp Himmel, Vertriebsleiter bei Wiegel Eching Feuerverzinken, führt mich entlang der Stationen, die die Bauteile aus Stahl durchlaufen, bis sie feuerverzinkt sind.

metallbau: Ist Feuerverzinken besser als eine Beschichtung?

Philipp Himmel: Das kommt darauf an, welchen Anspruch man hat. Aufgrund der Legierungsbildung durch die Feuerverzinkung hält der Stahl mechanischen Belastungen besser stand, als wenn er nur beschichtet wäre.

metallbau: Was ist wichtig, wenn die Werkstücke zu Ihnen zum Feuerverzinken kommen?

Himmel: Zuerst mal brauchen wir eine Aufhängemöglichkeit an den Bauteilen. Einen Träger, der gar kein Loch hat, kann man nicht aufhängen. Hohlkörper müssen Zu- und Ablauföffnungen haben; die Luft muss raus, der Zink rein- und wieder ablaufen können. Außerdem sollten Kunden Aufdopplungen vermeiden, sonst kann es zu Verformungen des Bauteils kommen.

metallbau: Was passiert in den Tauchbädern?

Himmel: Um die Oberfläche zu reinigen, wird das Bauteil in niedrig konzentrierter Salzsäure gebeizt; Verunreinigungen wie Zunder und Rost werden dabei weggeätzt. Danach kommt es ins Fluxbad. Das ist ein Flussmittelbad aus Chloriden. Die Oberfläche wird mit Chloriden benetzt, um das Fließverhalten des Zinks während des Eintauchens zu beschleunigen.

metallbau: Und hier liegen die Zinkplatten…

Himmel: Das ist 99,99 % reines Zink, das Sie hier sehen. Ein Paket Zinkplatten wiegt etwa eine Tonne, in diesem Fall genau: 988 Kilo.

metallbau: Wie viel kostet der Zink?

Himmel: Tagesaktuell liegt der Preis im Einkauf zwischen 2.800 bis 2.900 Euro pro Tonne. Letztes Jahr war Zink sehr teuer. Da war man annähernd bei 4.500 Euro die Tonne, mittlerweile hat sich das nivelliert.

metallbau: Wie oft müssen Sie solche Platten ins Bad auffüllen?

Himmel: Jeden Abend am Ende der Schicht wird nachgesetzt. Den Verbrauch des Tages können wir grob berechnen, dann wissen wir, ob wir ein, zwei oder drei Pakete nachgeben.

metallbau: Und hier ist jetzt das Zinkbad…

Himmel: In dem Zinkbad befinden sich 600 Tonnen schmelzflüssiger Zink. Der Verzinkungskessel hat eine Nutzabmessung von 15,20 Meter Länge, 1,70 Breite und 2,80 Meter Tiefe. Zink wird bei 419 Grad flüssig, darunter würde er sich verfestigen, daher wird das Becken permanent beheizt – 365 Tage im Jahr 24 Stunden am Tag.

metallbau: Wie lange dauert der Tauchvorgang?

Himmel: Der eigentliche Tauchvorgang dauert nur etwa zehn Minuten. Dabei werden die Werkstücke komplett in schmelzflüssigen Zink getaucht; der Zink ist 450 Grad heiß.

metallbau: Und die Durchlaufzeit bei Ihnen im Werk?

Himmel: In der Regel holt der Kunde das Werkstück nach einer Woche ab. Manche Kunden lagern auch bei uns hinten im Hof ihr Material und rufen dann die Menge ab, die sie brauchen.

metallbau: Erläutern Sie kurz den Vorteil des Feuerverzinkens…

Himmel: Feuerverzinken ist ein Schmelztauchverfahren, also keine Beschichtung im klassischen Sinn. Der Stahl reagiert mit Zink und verbindet sich. Durch die Feuerverzinkung haben Sie gerade bei Hohlkörperkonstruktionen außen wie innen einen Korrosionsschutz.

metallbau: Warum hat der Zink so eine schützende Wirkung?

Himmel: Durch den Zink erhält man eine anodische und kathodische Schutzwirkung. Das unedlere Metall opfert sich für das edlere Metall auf. Man kann sich das so vorstellen: kleine Zinkmoleküle streben an die aufgeplatzte Stelle, und der Stahl fängt an der Stelle nicht an, zu rosten.

metallbau: Was sind die größten Bauteile, die hier feuerverzinkt werden?

Himmel:  Das sind zum Beispiel Deckenträger von Parkhäusern oder Hallenstützen.

metallbau: Wer sind Ihre Auftraggeber?

Himmel: Das reicht vom Privatmann, der seinen Gartenzaun geschweißt hat, über Fahrzeugchassis für Anhänger und Auflieger bis hin zu Schwimmpontons und Zubehörteile für Offshore-Anlagen. Die  Offshore-Parks für Windkraftanlagen werden aus großen Rohren gefertigt, dort legen dann die Boote an. Die Pontons werden allerdings in anderen Wiegel-Standorten verzinkt.

metallbau: Dann nehme ich an, dass hier die höchste Korrosivitätsklasse C5 oder Cx gefordert ist.

Himmel: Genau. Cx steht für C extrem. Diese braucht man im Offshore-Bereich oder in Industrieanlagen mit extrem sauren Umgebungen. Wird etwas an der Küste verbaut, raten wir auf jeden Fall zum Duplex-Verfahren, um den Zink vor Einfluss des Salzes zu schützen. Chloridhaltige Luft ist für Zink nicht zuträglich.

metallbau: Was sind das für Stäbe, die hier aufgerüstet sind?

Himmel: Das sind Gewindestangen für Armierungen, die bei der Schalung in den Beton eingebaut werden. Die werden feuerverzinkt, um die Standzeit zu erhöhen.

metallbau: Für welche bekannten Projekte haben Sie noch Bauteile feuerverzinkt?

Himmel: Wir haben zum Beispiel die Dach-Unterkonstruktion für die Allianz Arena feuerverzinkt. Auch die Fußgängerhängebrücke Sky Bridge 721 im Mountain Resort Dolní Morava in Tschechien ist eine unserer Referenzen.

metallbau: Hier sind wir nun am Ende unseres Rundgangs angelangt. Die fertigen feuerverzinkten Träger und Balken sehen eigentlich sehr schön aus…

Himmel: Diese Struktur, die Sie hier sehen, nennt man Zinkblume. Kurz nach dem Feuerverzinken glänzen die Bauteile auch silbrig. Allerdings ist das nicht von Dauer und mit der Zeit wittert die Oberfläche ab und wird matt.

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