Die Branche der Feuerverzinker
55 Prozent Auslastung in Europa900 Teilnehmer aus über 50 Ländern und rund 65 Aussteller waren bei der Intergalva in Berlin dabei. „Sieben bis acht Millionen Tonnen Stahl werden jährlich in Europa verzinkt, mit 25 Prozent ist in Deutschland der größte Markt“, berichtete Martin Kopf, Präsident der EGGA, bei der Pressekonferenz anlässlich der Messe.
Die Auslastung der Feuerverzinker in Deutschland ist höher als der europäische Schnitt von 55 Prozent wie Paul Niederstein versicherte. Der Vorstandssprecher des Industrieverbandes Feuerverzinken, der Interessenvertretung der deutschen Stückverzinkungsindustrie, informierte: „Im Jahr 2017 wurden hierzulande von 1,9 Millionen Tonnen Stahl 80 Prozent im Lohnauftrag feuerverzinkt.“
In Deutschland gibt es etwa 147 Verzinkereien, die rund 4.800 Menschen beschäftigen und einen Umsatz von rund 760 Mio. Euro erzielen. Im Jahr 2017 wurden 110.000 Tonnen Zink für das Stückverzinken eingesetzt. Die größten Anlagen haben Verzinkungskessel mit einer Länge von 19,5 Metern.
Wenn man die letzten zwei Jahrzehnte betrachtet, kann die Entwicklung der Stückverzinkungsindustrie in Deutschland als durchweg positiv bewertet werden. Die jährliche Feuerverzinkungstonnage konnte von ca. 1,4 Mio. Tonnen um mehr als 30 Prozent auf 1,9 Mio. Tonnen gesteigert werden. Deutsche Verzinker haben die Bedeutung des europäischen Marktes erkannt und betreiben zusätzlich mehr als 40 Verzinkungsanlagen in EU-Ländern.
Mit rund 49 Prozent Tonnageanteil nimmt die Bauindustrie die Spitzenposition ein. Industrieausrüstungen machen 12,5 Prozent und Transport- und Fahrzeugbau liegen mit rund 11 Prozent auf Platz 3. Diese drei Konstruktionszweige machen mehr als 70 Prozent aller Anwendungen für die Verzinkung aus. Typische Produkte der deutschen Verzinkungsindustrie sind Schutzplanken, Balkongeländer, Treppenanlagen, Trailer für Nutzfahrzeuge und PKW, Stahlkonstruktionen aller Art, moderne Stahl-Glas-Architektur oder Parkhäuser. Aufgrund eines strategisch geplanten Marktentwicklungsprogramms in den letzten Jahren bieten neue und innovative architektonische Anwendungen wie stückverzinkte Fassaden-Elemente oder auch das Stückverzinken von Straßenbrücken und Offshore-Anwendungen neue Potenziale.
Nach dem Verzinken ist es nicht ungewöhnlich, dass Kunden aus Gestaltungs- oder Korrosionsschutzgründen eine Nass- oder Pulverbeschichtung wünschen. Verzinker betreiben zunehmend auch Beschichtungsanlagen und übernehmen das Beschichten feuerverzinkter Stahlteile für ihre Kunden. Auch Verpackung von verzinkten Produkten, Montage auf der Baustelle oder Lieferung an den Endkunden des Kunden gehören zu den Dienstleistungen, die moderne Stückverzinkereien zunehmend anbieten.
Feuerverzinker europaweit
In der European General Galvanizers Association (EGGA) sind rund 700 Stückverzinkungsunternehmen aus 23 Ländern mit einer Gesamtverzinkungsleistung von ca. 7,4 Millionen Stahl pro Jahr organisiert. Rund 65 Prozent der EGGA-europäischen Tonnage werden von Deutschland, Italien, Großbritannien/Irland, Polen und der Türkei veredelt. Die wirtschaftliche Entwicklung in den europäischen Ländern ist sehr heterogen: Einige Länder mussten in den letzten zehn Jahren dramatische Mengeneinbußen hinnehmen, andere — nicht wenige Länder haben sich sehr positiv entwickelt und konnten kontinuierlich zulegen. In allen EGGA-Ländern gibt es Überkapazitäten. Im europäischen Durchschnitt hatte die Verzinkungsindustrie einen Auslastungsgrad von nur 55 Prozent. Die bedeutendsten Märkte für die europäischen Verzinker sind die Bauindustrie mit ca. 45 %, Straßenausstattung mit 13,5 % sowie Landwirtschaft, Ver- und Entsorgung, Industrieausrüstungen und Transport mit jeweils rund 8 % der Tonnage.
Sitz der EGGA ist in Birmingham, zudem wird ein Büro in Brüssel eröffnet. „Auch wenn viele europäische Verzinker nicht wenige industriepolitische Entscheidungen der EU kritisch sehen, bekennt sich die europäische Verzinkungsindustrie klar zu Europa und zur europäischen Zusammenarbeit. Von den erhebliche Synergien profitiert jeder“, so Martin Kopf.⇥ma ◊
Feuerverzinken verlängert die Feuerwiderstandsdauer von Stahl
Der Korrosionsschutz durch Feuerverzinken verbessert die Feuerwiderstandsdauer von Stahl. Dies ergab ein aktuelles Forschungsprojekt der Technischen Universität München. „Hierdurch ist zukünftig bei einer Fülle von Stahlbauten eine deutlich wirtschaftlichere Lösung durch eine Feuerverzinkung möglich“, so Prof. Dr. Martin Mensinger, Inhaber des Lehrstuhls für Metallbau. Der Feuerwiderstand eines Bauteils steht für die Dauer, während der es im Brandfall seine Funktion behält. Dabei muss das Bauteil die Tragfähigkeit sicherstellen. Nicht selten verfehlen Stahlkonstruktionen ohne zusätzliche Brandschutzmaßnahmen eine geforderte Feuerwiderstandsklasse von R30 (früher F30), die im Brandfall für mindestens 30 Minuten eine funktionierende Tragfähigkeit fordert. Die Folge ist, dass passive Brandschutzmaßnahmen für Stahlbauteile wie Verkleidungen, Spritzputze oder Brandschutzbeschichtungen eingesetzt werden müssen. Passive Brandschutzmaßnahmen sind kostspielig und bewegen sich in Höhe von 10-15% der Rohbaukosten (ab Oberkante UG). Zudem müssen sie auf der Baustelle aufgebracht werden. Dies führt als Folge häufig zu einer Bevorzugung der Betonbauweise. Durch eine im Werk aufgebrachte Feuerverzinkung können derartige Stahlkonstruktionen nun die geforderte Feuerwiderstandsklasse von R30 häufig erreichen. Zusätzliche passive Brandschutzmaßnahmen sind nicht mehr erforderlich. Der Einsatz feuerverzinkter Profile trägt damit wesentlich zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit und Wettbewerbsfähigkeit von Stahl- und Stahlverbundkonstruktionen im Vergleich zur Betonbauweise bei.
Physikalischer Prozess
Die Verbesserung des Feuerwiderstands basiert auf einer verringerten Emissivität von feuerverzinkten Stählen. Emissivität ist ein Maß dafür, wie stark ein Material Wärmestrahlung mit seiner Umgebung austauscht. Gerade in der Anfangsphase eines Brandes führen verringerte Werte der Emissivität zu einer deutlich verzögerten Erwärmung der Bauteile und können insbesondere bei Bauteilen mit einer ausreichenden Massivität wesentlich dazu beitragen, einen geforderten Feuerwiderstand von R30 zu erreichen. Ein umfangreiches Forschungsprojekt am Lehrstuhl für Metallbau der TU München hat die Veränderung des Feuerwiderstands durch Feuerverzinken intensiv untersucht. Empirische Studien durch Brandversuche gehörten ebenso dazu wie komplexe Simulationen. Darauf aufbauend wurde ein Rechenmodell entwickelt, das die Quantifizierung und Berechnung dieser Verbesserung möglich macht. „Durch die Konzipierung eines Rechenmodells, das es erlaubt, den Feuerwiderstand von feuerverzinkten Stahlkonstruktionen zu berechnen, ist ein unmittelbarer Praxistransfer unserer Forschungsarbeiten gegeben. Fachleute, die Brandschutz für Stahl planen, haben mit der Feuerverzinkung jetzt eine neue Option. Für die Feuerverzinkung ergeben sich hierdurch völlig neue Anwendungsmöglichkeiten jenseits des Korrosionsschutzes und für den Stahlbau werden verbesserte Wettbewerbschancen geschaffen“, sagte Prof. Dr. Mensinger. In Kürze wird das Berechnungsmodell publiziert und für die Praxis verfügbar sein. Das Forschungsprojekt der TU München wurde fachlich begleitet durch die Forschungsvereinigung Gemeinschaftsausschuss Verzinken (GAV), Forschungsvereinigung Stahlanwendung (FOSTA) und den Deutschen Ausschuss für Stahlbau (DASt).