Geschäftsstelle für Normen
Normen künftig auf Kosten-Nutzen prüfen 22.01.2025 |Pressegesprächs "Wege aus der Überregulierung im Bauwesen" von Bundesstiftung Baukultur und FVHF im Rahmen der BAU 2025 in München. Erste Antworten gab Dr. Rolf Bösinger, Staatssekretär im Bundesbauministerium, in seinem Eingangsstatement. Mit den Bundesländern habe das Bundesbauministerium eine Initiative gestartet, eine beim Bund verortete Geschäftsstelle für Baunormen einzurichten.
Diese Geschäftsstelle, so der Plan, soll Baunormen im Sinne einer Kosten-Nutzen-Analyse überprüfen und Vorschläge zur Vereinfachung oder auch Abschaffung von Baunormen unterbreiten. Eine stärkere Koordinierungsfunktion des Bundes kündigte Bösinger auch bei der Typengenehmigung für serielles Bauen an, damit eine einmal in einem Bundesland erteilte Baugenehmigung für ein kostengünstig erstelltes Typenhaus bundesweit digital zur Verfügung steht.
Pressegespräch auf der BAU: Neben Moderator Prof. Jan R. Krause diskutierten Reiner Nagel (Bundesstiftung Baukultur), Jan Peter Hinrichs (BuVEG), Inga Soll (Soll Sasse Architekten), Gunther Adler (ZIA) und Dr. Rolf Bösinger (Bundesbauministerium) über Wege aus der Überregulierung im Bauwesen (v.l.n.r.).
Foto: Dennis Neuschaefer-Rube
Zum Verhältnis von Normen und Qualität äußerte sich Reiner Nagel, Vorstandsvorsitzender der Bundesstiftung Baukultur. Baunormen seien ursprünglich geschaffen worden, um Qualität am Bau zu sichern. Mit derzeit mehr als 3.500 Baunormen seien sie jedoch zu einem Hemmschuh für die Gestaltungsfreiheit geworden. Er forderte, durch eine drastische Reduzierung der Baunormen wieder mehr Vertrauen in Planende und Bauausführende zu investieren, da diese fachlich kompetent und lösungsorientiert agierten. Hilfreich seien dabei baukulturelle Leitbilder, die Innovationsfreude und Kreativität fördern.
Für ein investitionsfreudiges Klima am Bau warb Gunther Adler, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Zentralen Immobilienausschusses ZIA. Normen und Gesetze müssten so optimiert werden, dass sie Investierende, Bauherrinnen und Bauherrn zu innovativem, nachhaltigem und wirtschaftlichem Bauen motivierten. Der ZIA fordert seit Jahren eine verbindliche Kosten-Nutzen-Analyse für Baunormen.
Jan Peter Hinrichs, Geschäftsführer des Bundesverbandes energieeffiziente Gebäudehülle (BuVEG), verwies auf die rechtssichernde Funktion von Normen. Nicht alles, was normativ vermeintlich einfacher sei, schaffe auch Rechtssicherheit für die Planenden, warnte Hinrichs.
Eine Ökobilanz beispielsweise sei keine triviale Angelegenheit. Letztlich dürfe eine Vereinfachung von Normen nicht zu einer Verschlechterung des erreichten Standards führen. Gleichwohl werde sich der BuVEG dafür einsetzen, dass die Zahl der Normen nicht weiter zunimmt, sondern auf ein zielführendes Maß reduziert werden kann.
Im Sinne des Klimaschutzes rückt der Erhalt der Bausubstanz immer mehr in den Fokus. Doch sind die geltenden Normen beim Bauen im Bestand überhaupt anwendbar, fragte Moderator Prof. Jan R. Krause von der Hochschule Bochum und übergab das Wort an Inga Soll, Partnerin von Soll Sasse Architekten, die von ihren Erfahrungen bei der Sanierung der Stadthalle Göttingen berichtete. Hier sei es nur durch Einzelfallgenehmigungen gelungen, die 60 Jahre alten Fassadenfliesen in eine vorgehängte hinterlüftete Fassadenkonstruktion zu überführen und die Identität des Bauwerks zu erhalten. Dies sei möglich gewesen, weil alle Beteiligten von der guten Idee überzeugt gewesen seien und gemeinsam Verantwortung übernommen hätten.