Normen

Aktuelles zu Normen

Immer ein Ohr am „Stand der Technik“

Auch für Metallbauer ist es wichtig, „am Ball“ der DIN-Normen zu bleiben. Der Fachbeitrag wirft einen Blick auf einige wichtige Normen, die gerade veröffentlicht wurden oder in naher Zukunft in den Markt eingeführt werden.

So eine DIN-Norm ist im Grunde eine feine Sache. Sie beschreibt Regeln, an die sich Marktteilnehmer halten müssen, damit es gerecht zugeht und die Sicherheit gewährleistet ist. DIN schreibt auf seiner Website: „DIN-Normen dienen der Sicherheit von Menschen und Sachen sowie der Qualitätsverbesserung in allen Lebensbereichen.“ Metallbauer sind gut beraten, Ohren und Augen offen zu halten, wenn sich hier etwas tut, was ihr eigenes Geschäftsfeld betrifft. Denn es gibt DIN-Normen, die beschäftigen sich zum Beispiel mit Riffelblechen, mit der Höhe von Geländern oder mit Gitterrosten, die im Treppenbau eine Rolle spielen. Insgesamt gibt es rund 35.000 Normen, die so ziemlich alle Bereiche des Lebens und Arbeitens abdecken. Für Metallbauunternehmen wichtig sind zum Beispiel die DIN EN ISO 15610 (Anforderung und Qualifizierung von Schweißverfahren für metallische Werkstoffe - Qualifizierung aufgrund des Einsatzes von geprüften Schweißzusätzen; Ausgabedatum: 2024-06) oder die DIN EN ISO 3834-1 für die Qualitätsanforderungen für das Schmelzschweißen von metallischen Werkstoffen. Die DIN EN ISO 12944 enthält Regeln für den Korrosionsschutz von Stahlbauten und die DIN EN 1090-2 regelt die Ausführung von Stahltragwerken. Letztere ist im September in einer neuen Fassung veröffentlicht worden.

Neufassung
DIN EN 1090-2

Sie heißt in voller Länge: DIN EN 1090-2 „Ausführung von Stahltragwerken und Aluminiumtragwerken – Teil 2: Technische Regeln für die Ausführung von Stahltragwerken.“ Die Änderungen betreffen hauptsächlich die Aufnahme höherfester Stähle. Das sind Baustähle in Form von offenen und geschlossenen Stahlprofilen, Stahlflach- und Stahllangerzeugnissen mit einer Mindest-Streckgrenze von mehr als 460 MPa im thermomechanisch gewalzten oder vergüteten Zustand. Nun stellt sich die Frage: Ist diese DIN-Norm nun relevant für den Metallbauer oder nicht? Karsten Zimmer, Bereichsleiter Technik beim Bundesverband Metall, ist der Meinung: „DIN EN 1090-2 ist eine der wichtigsten und meistgenutzten Normen; die Änderungen, die mit der Neufassung der  DIN EN 1090-2 verknüpft sind, sind für die allermeisten Metallbauer aber nicht von Relevanz. Der Grund: Die meisten Metallbauer verarbeiten keine hochfesten Stähle. Jedoch haben sie jetzt die Möglichkeit.“

„Trotzdem sollten sich Metallbauer immer mit neuen oder novellierten Normen, die ihr Fachgebiet betreffen, wie zum Beispiel die DIN EN 1090-2, befassen“, meint Ronald Kocker. Der Bauingenieur und Technikverantwortliche bei bauforumstahl betreut u.a. den TB-Ausschuss beim Verband (TB = Technisches Büro) und ist in verschiedenen Normungsgremien „unterwegs“ – sowohl beim DIN als auch dem CEN, dem europäischen Normengremium und mittelbar beim ISO, das für die internationalen ISO-Normen zuständig ist. 

Wichtig: die Ausführungsklasse (EXC) des Bauteils

Wenn ein Bauteil versagt, können Menschen zu Schaden kommen? Die Antwort auf diese Frage ist entscheidend für die Ausführungsklasse (engl. Execution class), in der das zu fertigende Bauteil eingeordnet wird. Kurz gesagt: Mit der Ausführungsklasse 1 verbindet man eine geringe Schadensfolge. Die meisten Metallbauer sind dafür zertifiziert, Bauteile der Ausführungsklasse 1 oder 2 zu fertigen. Wichtig aber ist: „Sobald ein Metallbauer Bauteile fertigt, die im Sinne des Baurechts tragend sind, dann müssen diese Bauteile nach der DIN EN 1090-2 gefertigt werden“, so Kocker. Der Experte von bauforumstahl weiter: „Zum Beispiel wenn er mit der Fertigung einer Stahltreppe beauftragt wurde, dann wird diese in der Regel nach Eurocode 3 bemessen, dann ist die zugehörige Ausführungsnorm die DIN-EN 1090-2. Bemessung und Ausführung hängen also unmittelbar zusammen!“

Technische Spezifikation zur DIN EN 1090-2 in Arbeit

Dass das Thema Nachhaltigkeit immer wichtiger wird, beweist die Tatsache, dass zusätzlich zur DIN EN 1090-2 eine technische Spezifikation erarbeitet wird, die sich mit der Wiederverwendung von Altstählen beschäftigt. Ein Metallbauunternehmen durfte schon immer zurückgebaute Stahlbauteile verwenden, wenn das Baurecht das zuließ. Bislang gab es keinen Grund, dies besonders hervorzuheben. Das hat sich im Zuge der Nachhaltigkeits-Debatte geändert. Der Metallbauer trifft nun vielleicht vermehrt auch auf Kunden, die ihr Image aufpolieren wollen und die sich mit einem guten Umweltstanding nach außen positionieren wollen. Der Fachmann vom bauforumstahl führt aus: „Ein Doppel-T-Träger, der aus einer Halle stammt, die zurückgebaut wurde, muss nicht notwendigerweise auf dem Schrottplatz landen. Er soll in Zukunft vermehrt als Bauteil aufbereitet und wiederverwendet werden.“ Apropos Stahl und Nachhaltigkeit: Auch was die Wiederverwertbarkeit anbelangt, spielt der Stahl seine Vorzüge aus (wenn auch die Produktion sehr energieintensiv ist). „Die Möglichkeit der Kreislaufwirtschaft ist gerade beim Werkstoff Stahl gegeben. Er ist der einzige Werkstoff, der im Zuge des Recyclings in sogar höheren Qualitäten hergestellt werden kann“, weiß Ronald Kocker.

Für Metallbauer dürfte es daher spannend sein, wenn ein Normentwurf, der gerade erarbeitet wird, veröffentlicht wird. Laut Karsten Zimmer vom Bundesverband Metall ist im Normenausschuss CEN/TC 135/WG 2 eine Technische Spezifikation zur Wiederverwendung von Baustahl erarbeitet worden. „Diese liegt im Entwurf vor und ist noch nicht veröffentlicht“, so Zimmer.

Ronald Kocker erläutert den Hintergrund wie folgt: „Im Zuge der Überarbeitung der DIN 1090-2 haben auch die Fragen der Wiederverwendung von alten Stahlbauteilen eine große Rolle gespielt. Man hat sich darauf geeinigt, eine technische Spezifikation zu entwerfen, die die Wiederverwendung der Stähle als Ergänzung zur DIN EN 1090-2 regeln soll. Die CEN/TS 1090-201 ist praktisch eine Vor-Norm. TS steht für Technical Specification; diese werden immer dann eingeführt, wenn etwas neu ist und noch nicht den Allgemeinen Stand der Technik widerspiegelt.“

Wenn die Norm veröffentlicht wird, findet der Metallbauer hier Orientierung, was es bei der Verarbeitung von Altstählen zu beachten gilt. Er kann dann mit entsprechender Sicherheit Produkte aus Altstählen verwenden und gebrauchte Stahlbauteile verarbeiten, die unter Umständen bereits 20 Jahre „ihren Dienst getan haben“.

Wann wird die Norm zur Regel?

Direkt nach der Veröffentlichung einer DIN-Norm kann nicht sofort „drauflos gearbeitet“ werden, warnt Kocker. Es dauert mindestens ein halbes Jahr, bis die Norm in der Musterverwaltungsvorschrift Technische Baubestimmung (MVV TB) Eingang gefunden hat. Bedeutet: Die Norm darf erst dann angewendet werden, wenn sie in die MVV TB aufgenommen wurde, die vom Deutschen Institut für Bautechnik in Berlin herausgegeben wird. Der Experte vom bauforumstahl: „Ein Bundesland wird dann die Regel per Amtsblatt veröffentlichen und damit die Verordnung in Landesrecht überführen.“ Stillschweigend gelte: Wenn sie in drei Bundesländern veröffentlicht wurde, dann gilt die Verordnung in allen anderen Bundesländern auch. Wichtig zu wissen: Normen an sich sind keine Gesetze, aber Gerichte sehen die DIN-Normen als allgemein anerkannte Regeln der Technik an.

Wo hat sich was getan, wo tut sich noch was?

DIN fragt alle fünf Jahre bei den Gremienverantwortlichen nach, ob Normen überarbeitet werden, zurückgezogen oder beibehalten werden sollen. Bis eine Norm neu herauskommt, kann eine Weile vergehen. Wie zum Beispiel bei der DIN ISO 13920. Diese DIN-Norm kam im August 2023 novelliert heraus; ihr Vorgänger stammt aus dem Jahr 2014. Die DIN ISO 13920 befasst sich mit den Toleranzen von Schweißkonstruktionen bei der Fertigung von Stahlbauteilen, also in welchem Bereich sich eine Längenabweichung bei einem Stahlträger bewegen darf. Beschrieben werden erlaubte Abweichungen bei Winkligkeit und Parallelität, bei Längen- und Höhenabmessungen. „Ist die Norm in dem Auftrag genannt, dann ist sie für die Erfüllung des Auftrags wirksam und der Auftraggeber kann das gefertigte Bauteil entsprechend kontrollieren“, so Kocker.

Wer als Metallbauer auch Glas verarbeitet, sollte im kommenden Herbst hellhörig bleiben. Im November werden die überarbeiteten Teile 3-5 der DIN 18008 veröffentlicht, weiß Steffen Schäfer, zuständig für Normung und Technik beim Bundesverband Flachglas e.V. Er sagt: „Die drei Teile werden die aktuellen Fassungen zwar erst ersetzen, wenn sie in der Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB) und danach in den jeweiligen VV TB der Bundesländer veröffentlicht werden. Jeder Anwender sollte sich entsprechend informieren, da die Länder dies in der Regel nicht zeitgleich veröffentlichen. Denn ab dem Tag der Veröffentlichung im jeweiligen Bundesland ist die Anwendung verbindlich anzuwenden.“ Teil 3 der DIN 18008 behandelt punktförmig gelagerte Verglasungen, Teil 4 die Zusatzanforderungen an absturzsichernde Verglasungen und Teil 5 die Zusatzanforderungen an begehbare Verglasungen. Über die Änderungen der DIN 18008 wird im Fachmagazin metallbau Univ-Prof. Dr.-Ing. Geralt Siebert berichten.

Der einhellige Rat der Experten: Einerseits könne man sich derzeit zurücklehnen, andererseits ist anzuraten, sich kontinuierlich weiterzubilden und zu „horchen, was es im Bereich Normung Neues gibt.“ Dipl.-Ing. Karsten Zimmer gehört zur Fraktion, die zur Entspannung rät. Laut dem Bereichsleiter Technik der Fachberatungs- und Informationsstelle des Bundesverbands Metall hat sich in den letzten zwei Jahren wenig bis nichts getan, was im Tagesgeschäft für Metallbauunternehmen relevant wäre. Alle würden derzeit darauf warten, was auf Kommissionsebene passiert. Er sagt: „Die wirklich relevanten Normen im Baubereich sind die im Amtsblatt der Europäischen Union gelisteten harmonisierten Normen. Hier geht seit Jahren nichts voran. Die Normenausschüsse warten auf aktualisierte Normungsaufträge, die aber nicht kommen. Diese Normungsaufträge werden dann für jeden Produktbereich auch Leistungsmerkmale bezüglich Nachhaltigkeit enthalten.“ Salopp zusammengefasst: „Alle blicken auf die EU – aber es geht nur schleppend voran.“

Die zweite Generation der Eurocodes

Allerdings ist absehbar, dass sich bald einiges bewegt. Denn eine gänzlich neue Version des Eurocodes ist „in der Mache“. Die letzte Fassung des europäischen Regelwerks für die Planung und den Entwurf von Bauwerken stammt aus den Jahren 2002 bis 2007. Seit 2015 wird an der neuen Version der Eurocodes gearbeitet. Im Herbst 2027 soll die Veröffentlichung aller Eurocode-Teile der zweiten Generation abgeschlossen sein. DIN schreibt dazu, dass das europaweit einheitliche Regelwerk für die Bemessung von Hoch- und Ingenieurbauten einer „Verjüngungskur“ unterzogen wird. Neu hinzukommen wird ein Regelwerk für die Bemessung von tragenden Bauteilen aus Glas, bei allen anderen zehn Eurocodes werden die Nationalen Anhänge überarbeitet. Susan Kempa koordiniert das Überarbeitungsprojekt im Normenausschuss Bauwesen bei DIN: „Die Nationalen Anhänge ermöglichen es, die Eurocodes in Deutschland und anderen Ländern anzuwenden, indem sie landestypische Besonderheiten im Bauwesen berücksichtigen.“ DIN erläutert, dass das europäische Regelwerk für die Planung und den Entwurf von Bauwerken künftig stärker die Auswirkungen des Klimawandels berücksichtigen wird. Es bleibt also spannend, was sich in der Welt der Normung alles bewegt. Nicht bewegen sollen sich jedenfalls die Bauwerke, die im Zuge des Klimawandels immer öfter starken Stürmen und extremen Wettersituationen standhalten müssen.

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