Fensterbau Frontale
Die „Sommer Edition“ ist vergessenVom 19. bis zum 22. März stellten in Nürnberg ca. 970 Aussteller aus 44 Ländern aus. Im Vergleich zu den Besucherzahlen (ca. 110.000) vor der Pandemie wäre noch Luft nach oben gewesen, doch mit rund 75.000 Besuchern ist das Messeduo Fensterbau Frontale und Holz-Handwerk als Branchentreff bestätigt. Klar ist aber auch, das dreiwöchige Zeitfenster zwischen der Messe Dach + Holz in Stuttgart und der Holz-Handwerk hat der Messe Nürnberg einige Besucher gekostet.
Bei vielen Innovationen für den Metallbau ging es darum, Fehlerquellen zu reduzieren, Lager- und Transportflächen zu minimieren und mithilfe montagefreundlicher Technik die Arbeitszeit der Fachkräfte zu schonen.
Megathema Dichtung
Mit einer kleinen PR-Show enthüllte das Unternehmen Soudal sein Messe-Highlight. Unter einem natürlich roten Tuch verbarg sich MF 167. Mit dem neuen Füll- und Dämmstoff lassen sich gleich zwei Ebenen beim Fenstereinbau abdichten – und zwar unabhängig davon, ob die Innenräume mit Putz oder PVC-Leisten weiterbearbeitet werden. „Konventionell wird bislang raumseitig meist noch mit einem weiteren Mittel wie einem Acryldichtstoff gearbeitet“, so Soudal-Pressereferent Alexander von Vulté. Summa summarum rund 30% Zeitersparnis verspricht der belgische Hersteller. MF 167 hat eine hohe Luftdichtigkeit, die durch die Kombination von hoher Flexibilität, exzellentem Haftverhalten und einer speziellen Zellstruktur erreicht wird. Für die wasserdichte Ebene außen kann je nach Einbausituation die Fensterfolie SWS Outside Extra, Soudatight Hybrid oder das Soudaband PRO BG 1 verwendet werden. Die Systemkombinationen wurden vom ift Rosenheim und der HFA Wien geprüft. Wie die Redaktion metallbau in der Ausgabe 12/2023 berichtet hat, ist dieser Zulieferer mit zweistelligen Wachstumsraten in der D-A-CH-Region auf Expansionskurs.
Ein Dichtband für zwei bis drei Abmessungen
Mitarbeiter von Kontex aus Blomberg machten verkleidet als Gorilla auf das Multifunktionsband namens Kingkon aufmerksam. In zwei Monaten wird das „affenstarke“ Multifunktionsband in den Markt eingeführt.
Das 3-Ebenen-Dichtband (3.000 Pa) hat eine Leistungsbreite von 8 – 40 mm. „Das Band bietet eine erweiterte Funktionalität, weil sich Dichtungsbänder in unterschiedlichen Abmessungen von ein und derselben Rolle abtrennen lassen. Fensterbauer brauchen keine Dichtbänder in unterschiedlichen Größen zu bestellen und zu langern; auf der Baustelle ist in jedem Fall das richtige parat“, erläuterte H. Jörn Bornemann, Geschäftsführender Gesellschafter von Kontex.
Die Bedeutung von Dichtsystemen ist aber auch durch nötige Anpassungen der Bauelemente an den Klimawandel gestiegen. Deflex zeigte in Nürnberg Systemlösungen für Türen und Fenster, die sowohl für den direkten als auch den indirekten Hochwasserschutz anwendbar sind. Ferner können statt einer Klimaanlage hochtransparente Fensterglas-Folien im Sommer vor überhitzten Räumen und zugleich vor Sonnenblendung oder Schlageinwirkung schützen.
Beschlagsystem NX für Alu
Dass die Frage nach der passenden Dichtung in Türen und Fenstern zunehmend wichtiger wird, hat Roto Frank mit dem Kauf von Deventer (ca. 160 Beschäftigte) im Jahr 2016 lange schon deutlich gemacht und wirbt seither mit Beschlägen und Dichtungen sozusagen aus einer Hand. Auf der Fensterbau Frontale ging es vorrangig um das neue Beschlagsystem NX, dessen Applikationen in Elementen mit Exponaten in der „Roto City“ vorgeführt wurden. Im Jahr 2018 hatte Roto Frank auf der Messe in Nürnberg das Drehkipp-Beschlagsystem für Fenster und Fenstertüren aus Kunststoff und Holz neu präsentiert. Auf der BAU 2023 wurde dann für Alurahmen die Bandseite NX | A16 mit 16-mm-Beschlagnut vorgestellt: Spezialisierte Fensterhersteller produzierten bereits Elemente mit „Roto NX“, die Prüfungen gemäß RC 4 bestanden haben und in hoch sicherheitssensible Gebäude eingebaut wurden. Der Nutzen dieses “Baukasten”-Prinzips wird u.a. deutlich, wenn Hersteller Drehkipp-Fenster aus Kunststoff- und aus Aluminiumprofilen mit 16-mm-Beschlagnut fertigen: Sie profitieren wirtschaftlich von einem schlanken Lagerbestand. Denn die Bandseite für Aluminiumprofile Roto NX | A16 unterscheidet sich nur durch wenige Bauteile von der Bandseite Roto NX | P für Kunststoff-Fenster. „Ab sofort seien die meisten Beschläge aus der NX-Reihe für die Rahmenmaterialien PVC und Holz auf Aluminium übertragbar“, teilte Eberhard Mammel mit. Bei Bedarf kann beispielsweise NX I A16 mit „TiltSafe“-Sicherheitsschließstücken und der „TiltFirst“-Technologie kombiniert werden. Mammel, der den Bereich Produktanpassung und Sortimentsvermarktung leitet, machte darauf aufmerksam, dass die Bedeutung der Dichtungen in Fenster- und Türsystemen oft unterschätzt werde. „Vor allem, wenn sie optimal auf die Funktionen des Beschlags abgestimmt sind, machen sie Bauelemente nicht nur dichter, sondern auch langlebiger und sicherer“, sagte er und wies darauf hin, dass Fenster für den optimalen Schall- und Wärmeschutz mit TPE-Dichtprofilen von Deventer ausgestattet werden können.
Produktkataloge - digital oder print?
Der Dichtungsspezialist GfA aus Marxen bei Hamburg stellt ca. 5.490 unterschiedliche Dichtungen her – unter anderem für Fenster, Türen, Tore, Treppen, Rollläden oder Stahlzargen. Zur Messe stellte der Branchenzulieferer sein überarbeitetes 600 Seiten starkes Dichtungskompendium vor. Das dicke Printexemplar sei auf der Messe 500-mal geordert worden, berichtete Nico Czok, Geschäftsführer von GfA-Dichtungen. „Die Handwerker nehmen immer noch lieber ein Stück der Dichtung mit in die Werkstatt und schlagen dort in Ruhe den Katalog auf als mit dem digitalen Tool und dem digitalen Katalog auf der Baustelle die Dichtung zu identifizieren.“ Czok geht davon aus, dass der neue Katalog entgegen allem Digitalisierungstrend ca. 20.000 mal gedruckt wird. Dr. Hahn hingegen setzt viel dran, künftig auf Printkataloge verzichten zu können. Auf der Messe stellte der Spezialist für Türbänder ein neues digitales Tool vor, mit dem sich Verarbeiter ihren individuellen Katalog zusammenstellen können. „Im Jahr 2023 haben wir noch ca. 600.000 Druckseiten beauftragt, daunter fanden sich viele Papierseiten, die von den Fertigungsbetrieben nicht gebraucht wurden“, informiert Klaus Weiss, der bei Dr. Hahn das Marketing leitet. Unterteilt nach Bändern für Metalltüren und solchen für Türen aus Kunststoffprofilen wird künftig aus dem digitalen Katalog mit dem Tool „click & select“ ein PDF mit den vom jeweiligen Verarbeiter ausgewählten Produkten generiert. Weiss hebt einen weiteren Pluspunkt hervor: Dank digitaler Suchfunktion können Nutzer schnell ein bestimmtes Band finden ohne sich durch den Katalog blättern zu müssen. Ab der Messe neu im Katalog wird das Rollenband AT für flächenversetzte Profilsysteme zu finden sein, mit dem sich optimierte Wärmedämmwerte erzielen lassen. Die Bänder sind systemangepasst und wurden in enger Zusammenarbeit mit den Profilherstellern entwickelt. „Verschiede Profilkombinationen benötigen spezielle Varianten“, sagt Weiss. Für die Auftragsbearbeitung ist daher die genaue Angabe der jeweiligen Profilkombinationen erforderlich. Die Dr. Hahn Anwendungstechnik erstellt für diese Fälle Einbauzeichnungen.
Abdeckprofile als Fingerschutzsystem
In Kooperation mit dem Türbandspezialisten Dr. Hahn hat die schweizer Marke Planet von Assa Abloy einen Tür-Fingerschutz als bandseitiges Abdeckprofil entwickelt. Tomás Layrón, Inside Sales Manager der Niederlassung in Richterswil, erklärte am Messestand: „Das System für Neubau und Nachrüstung lässt sich ohne aufwändige Verschraubungen an der Tür vornehmen und mit minimalem Zeitaufwand installieren.“ Auch die Demontage, wenn beispielsweise Wartungen am Türelement erforderlich sind, ist werkzeuglos möglich. Um das passende Modell zu finden, werden nur wenige Daten zur Planung benötigt. Es reicht die Kenntnis des Durchmessers der Bänder aus, um das Planet Abdeckprofil passgenau aufstecken zu können. Der gesamte Planungsaufwand ist damit erheblich reduziert. Das System wird in den Band-Durchmessern von 18 bis 23 Millimetern angeboten. In Kombination mit dem ebenso verfügbaren Sortiment von Adapterringen können so die allermeisten Türsituationen schnell und optimal bedient werden. Unabhängig vom Türmaterial sitzt die neue Generation des Abdeckprofils dabei immer sicher und erfüllt alle Ansprüche an eine bündige Optik.
Mit nur zwei Komponenten – dem Schutzrollo auf der Bandgegenseite und einem festen Abdeckprofil auf der Bandseite – deckt das System den Spalt an der Nebenschließkante zwischen Flügel und Rahmen vollständig ab und verhindert auf diese Weise, dass Personen unbeabsichtigt in den Spalt greifen. Der Einbau des Abdeckprofils ist für einen Monteur einfach und nimmt mit einem Aufwand von ca. 10 Minuten pro Tür etwa ein Drittel der Montagezeit vergleichbarer Schutzprofile in Anspruch. Der Montagefuß ist im Standard verklebt und kann bei schlecht haftenden Böden zusätzlich verschraubt oder auch mittels optional erhältlichen Montagewinkeln angebracht werden.
Zur Diskussion, ob sich Automatiktüren mit Fingerschutzrollos oder besser mit einem Bewegungssenor normkonform absichern lassen, wird die Redaktion in Kürze gesondert einen Fachbeitrag veröffentlichen.
Schlosslinie mit System & Finesse
Assa Abloy hat sein Schlossprogramm für Holz- und Stahlblechtüren überarbeitet. Das Angebot „Solution Locks“ reicht von Schlössern für Basisanforderungen mit verbesserten einbruchhemmenden Eigenschaften über Panikschlösser und -gegenkästen sowie selbstverriegelnde Sicherheitsschlösser mit Kippfallentechnologie bis hin zum mechatronischen Hochsicherheitsschloss. In puncto Vereinbarkeit von Dichtigkeit, Einbruchschutz und Barrierefreiheit setzen die Sicherheitsschlösser der N8-Baureihe mit Selbstverriegelung über Kippfalle und 20 mm Riegelausschluss neue Maßstäbe, stellte Gerhard Hennecke von Assa Abloy fest. Der Entwicklungsleiter Innovationsprojekte betonte: „Der Kippfallen-Mechanismus stellt sicher, dass sämtliche durch Vorlast an der Tür auftretenden Kräfte kompensiert werden – sei es aufgrund von Dichtungsdruck oder eines verzogenen Türblatts. Unabhängig von der Anzahl der Verriegelungspunkte sowie etwaigen thermisch bedingten Druckunterschieden bleibt dadurch die Leichtgängigkeit von Drücker sowie Zylinder erhalten.“ Die Vorgaben für Panik- und Notausgangsverschlüsse gemäß EN179 / EN1125 werden durchgängig erfüllt.
Bei den Varianten mit Motorschlössern begünstigt die entkoppelte Vorlast obendrein einen besonders schnellen Entriegelungsprozess. Aus dem Tagbetrieb heraus nimmt dieser weniger als eine halbe Sekunde in Anspruch. Die genannten Schlossvarianten können auch mit Obenverriegelung und/oder einer Überwachungsfunktion ausgestattet werden. Aufgrund der deutlich reduzierten mechanischen Belastung profitieren Verarbeiter und Betreiber von langlebiger Funktionalität, auch bei erhöhten Anforderungen.
Die mechanischen N8-Sicherheitsschlösser umfassen Lösungen mit den Panikfunktionen B, C und E. Ebenfalls erhältlich sind Varianten für bidirektionale Fluchtweganforderungen mit unabhängig einwärts oder auswärts öffnenden Panikseiten. Die elektromechanischen Versionen können sowohl im Stand-alone- als auch im Hi-O BUS-Betrieb genutzt werden. Standardmäßig stehen im Stand-alone-Betrieb bereits drei Signale an Rückmeldekontakten zur Verfügung. Wird eine umfangreichere Überwachung benötigt, lässt sich der volle Funktionsumfang per BUS oder iO-Modulen abrufen. Der Wechsel zwischen beiden Betriebsmodi kann am Schloss durchgeführt werden.
Sollen zweiflüglige Vollpanik-Türsysteme entsprechend EN179 /EN1125 realisiert werden, stehen dafür passende Panik-Gegenkästen zur Verfügung. Diese sind – je nach Anforderung – über den Drücker (EN179) oder per Panik-Griff- und Druckstange (EN1125) bedienbar. Auch eine motorisch betriebene Variante ist erhältlich, die ein mechanisches Gehflügel-Schloss entriegeln kann. So lässt sich einstellen, ob nur der Gehflügel freigegeben werden soll oder Geh- und Standflügel gleichzeitig.
Zum Markt
Was den schwächelnden Markt betrifft, kompensieren einige Zulieferer die Krise mithilfe von Kurzarbeit. Mancher Fensterbauer wie beispielsweise Internorm führt für seine Mitarbeiter flexible Zeitarbeitskonten, die bei vielen Angestellten zu konjunkturell florierender Zeit gefüllt wurden und nun abgebaut werden. Zudem kann die jährliche Geldprämie in Arbeitszeit umgewandelt werden und so der Start in die Kurzarbeit hinausgezögert werden. Klar ist, dass die Rezession inzwischen derart wirkt, dass auch eine internationale Ausrichtung die Einbußen hierzulande kaum ausgleichen kann. Absatzeinbrüche von mindestens 10 Prozent geben Zulieferer aus verschiedenen Marktsegmenten der Branche an. Für die ca. 420 Mitglieder des VFF reklamiert Geschäftsführer Frank Lange keine Insolvenzgefahr. „Die Probleme werden mit Kurzarbeit gelöst, existentielle Schwierigkeiten hat keines unserer Mitglieder bislang. Die Firmen sind auf Auftragssuche.“
Während im Nicht-Wohnbau der konjunkturelle Tiefpunkt erst im Jahr 2025 erwartet wird, ist nach Einschätzung der Branchenexperten die konjunkturelle Talsohle im Wohnbau erreicht; die Nachfrage nach Modernisierung steigt wieder. Für einen ausschlaggebenden Grund dieser Entwicklung hält Lange die seit Jahreswechsel klare Haltung der Bundesregierung zum Stopp von Fördermaßnahmen. Viele hätten im Herbst 2023 noch abgewartet, ob der Sanierungszuschuss nicht doch auf 30 Prozent erhöht wird. Ferner können seit 20. Februar wieder KfW-Förderanträge für Neu- und Umbau gestellt werden. Nach wie vor gibt aber die Entwicklung des Marktes Grund zur Sorge, wie Lange feststellte – und das, obwohl es an Arbeit nicht fehle: Eine Studie hat ca 209 Mio. Fenster in Deutschland ermittelt, die aus energetischen Gründen ausgetauscht werden sollten. Wird diese Zahl mit den ca. 15 Mio. Fenstereinheiten verrechnet, die jährlich auf dem Deutschen Markt abgesetzt werden, dann wäre die Branche mehr als 15 Jahre mit den Modernisierungsarbeiten beschäftigt.