Fischer Expertenforum
Digitalisierung treibt ErfindergeistNachhaltigkeit, Digitalisierung und neue Bemessungsmethoden befeuern den Erfindergeist der fischer Ingenieure. Mithilfe von digitalen Simulationen lassen sich neuartige Konstruktionen in Funktion und Materialaufwand maximal effizient aufeinander abstimmen. Ein Beispiel dafür ist die Ankerschiene InnoLock.
Vorgehängte hinterlüftete Fassaden (VHF) bieten nicht nur eine systemeigene Flexibilität für optimierte Schalldämmwerte oder zugunsten eines „kostengünstigen“ Blitzschutzes. Dipl.-Ing. Oliver Fröhlich bedauerte, dass die VHF mit Solarzellen als Paneele nicht verstärkt zur Energieerzeugung an Gebäudehüllen eingesetzt wird, obwohl es dazu viele Forschungsvorhaben gebe. Eingebremst werde diese Entwicklung u.a., weil es in Deutschland noch nicht normativ geregelt ist, was eine Photovoltaikfassade ist.
Hemmschuh sind auch die Wärmebrücken, die durch Wandhalterungen erzeugt werden, für deren Befestigung die Dämmung durchlöchert wird.
Bei einer Dämmung unter den Bedingungen 20 cm Beton, 24 cm Dämmung WLG 033; 1 FP/m²; 2 SP/m² wird aktuell ungestört ein U-Wert von 0,131 erzielt; mit dem neuen FLH-R Wandhalter sind nun künftig 0,149 möglich. „Wir setzen darauf, dass die optimierten bauphysikalischen Eigenschaften unseres Wandhalters FLH-R dazu beitragen, dass die Vorteile von VHF künftig verstärkt zur Gestaltung von Gebäudehüllen genutzt werden“, so Christoph Plautz.
Zum Vergleich präsentierte er die U-Werte der Alternativen: Ein Wandhalter aus Edelstahl mit Thermostopp bringt es auf 0,163; ohne Thermostopp auf 0,167. Kaum noch zum Einsatz kommen Aluwandhalter mit Thermostopp, deren U-Wert bei 0,27 liegt und damit nicht mehr den Anforderungen an den Wärmedurchgangswiderstand entspricht.
Der Wandhalter FLH-R minimiert die Wärmeleitfähigkeit durch das Material Edelstahl und dreieckige Aussparungen, die den Durchgangsquerschnitt verringern. Dies bestätigt die Passivhaus-Zertifizierung – ganz ohne zusätzliche thermische Trennung. Zudem ist er, weil aus Edelstahl gefertigt, nicht brennbar.
Die mittels Finite-Elemente-Methode (FEM) optimierte Profilierung des Wandhalters erhöht die statische Leistung. „Wir haben ein 1,5 mm starkes Blech entwickelt, klassische Wandhalter sind 3 mm dick“, berichtete Plautz. Dies ermöglicht einen nachhaltigen Materialeinsatz zugunsten verbesserter bauphysikalischer Eigenschaften und reduzierter Eigenlasten des Systems. „Der Wandhalter kann als Fest- oder Gleitpunkt verschiedene Funktionen übernehmen; ist einfach zu montieren und ermöglicht eine flexible Montage der Profile“, so der Experte.
Formschlüssige Ankerschiene
Dr. Roland Unterweger, Leiter der Business Unit Cast-In bei der Unternehmensgruppe fischer, referierte über das neue Ankerschienenkonzept InnoLock. „Treiber für diese Innovation ist die Digitalisierung“, sagte der Befestigungsexperte.
Das System für schwere Anwendungen besteht aus einer C-förmigen Schiene aus Stahl, in der die Zahnschrauben FBC-S befestigt werden. Im August 2022 erhielt das System eine ETA (Europäische Technische Bewertung) vom DIBt. Kern der neuen Befestigungstechnik ist ein robuster Formschluss durch Verzahnung unter Querlast und Auszug sowie hochfeste, aufgedickte Stahllippen für maximale Steifigkeit und Tragfähigkeit. Ein niedriges Montagedrehmoment von 120 Nm reicht beim Einbau aus; für die Befestigung von Ankerschienen mit einer klassischen keilförmigen Lippe wird ein Montagedrehmoment von 400 Nm gebraucht. „Wenn man sich eine Einbausituation im Fassadenbau auf dem Gerüst im 10. Stockwerk vorstellt, bietet die neue Ankerschiene wesentlich mehr Arbeitssicherheit“, stellte Unterweger fest.
Mithilfe der digitalen Entwicklung vom Fertigungsprozess bis zum virtuellen Belastungsversuch der Wechselwirkung zwischen Fertigung, Produktgeometrie und Tragverhalten konnte im Laufe der Produktentwicklung ein optimales Verhältnis von Leistung und Materialeinsatz erreicht werden. Die Abweichung der digitalen Simulationen im Vergleich zum analogen Stahlversuch betragen <5% hinsichtlich Last und Verformung.
Nachhaltigkeit
Prof. Dr. Bernhard Lenz gab angesichts des „beginnenden Klimawandels“ Empfehlungen für zukunftsweisendes Bauen. Er wies auf den wenig nachhaltigen Flächenverbrauch in Deutschland von 7 m²/s hin und machte darauf aufmerksam, dass vermehrte Hitzeextreme und Niederschlagsspitzen andere Bauweisen in punkto Glas, Lüftung, Sonnenschutz oder Entwässerung und Wasserspeicher fordern. Der Architekt und Professor an der Hochschule Karlsruhe regte an, in den Städten kühlere Oberflächen zu gestalten, z.B. indem der Reflexionsgrad von Gebäuden durch die Farbe Super White erhöht wird. Die Nutzung von Holz beim Bauen wird zunehmen, allein weil im Vergleich beispielsweise zu Beton 22% weniger CO2 erzeugt wird – eine natürliche Nachpflanzung vorausgesetzt. Im Sinne der Kreislaufwirtschaft und einem sparsamen Umgang mit Ressourcen werden künftig Bio-Betone, die z.B. aus Wüstensand hergestellt werden, und biobasierte Dämmstoffe eine größere Rolle spielen.
Die derzeit jährlich 230 Mio. Tonnen Bau- und Abbruchabfällen entsprechen ca. 55% des deutschen Abfallaufkommens. Um die Rezyklierbarkeit von Materialien zu steigern, muss die sortenreine Trennung forciert werden, das Cradle-to-Cradle-Prinzip weiter ausgebaut werden. Prof. Dr. Lenz stellte fest: „Der Gesamtbedarf an Gesteinskörnungen kann in Deutschland nur zu ca. 12,5% über Recycling-Baustoffe und zu ca. 5% mittels industrieller Nebenprodukte gedeckt werden.“
Christian Ziegler, Abteilungsleiter Nachhaltigkeit, Umwelt und Energie bei fischer, berichtete über das geänderte Fertigungsverfahren einer Nagelschraube als Beispiel für eine nachhaltige Produktion. Indem der Schaft einer Nagelschraube vom Durchmesser 3,6 mm auf 3,2 mm verringert wurde, wurde eine jährliche Material-einsparung von 43 t Stahl erzielt. „Das Gewinde, welches die Haltewerte erzeugt, hat den gleichen Außendurchmesser behalten. Die Funktion des Produkts wird nun mit geringerem Materialeinsatz umgesetzt“, so Ziegler.
fischer ist nach dem Umweltmanagement ISO 14001 zertifiziert und folgt den 17 Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen. Mit dem sogenannten Nachhaltigkeitskompass werden die Aktivitäten transparent und messbar gemacht. Schlussendlich geht es auch darum, der EU-Richtlinie 2014/95/EU für die NH-Berichterstattung nachzukommen. Um nur einen der Preise für das Engagement und die nachgewiesenen Erfolge zu nennen: 2020 erhielt fischer die Auszeichnung „Deutschlands nachhaltigstes Unternehmen“ in der Kategorie Großunternehmen.
Neue fischer-Firma — Construction Engineering
Dr.-Ing Boglárka Bokor stellte das nichtlineare Federmodell (metallbau 12/2022) vor. Für Fragen ist sie über die neue fischer -Firma Construction Engineering ansprechbar. Das Ingenieurbüro konkurriere nicht mit Planungsbüros, vielmehr gehe es um Support für Bemessung, Begutachtungen, Modellierung & CAD bzw. Services im Brandschutz. Die komplexer werdenden Anforderungen seien Hintergrund dieser Betriebsgründung, hieß es.
Weitere Grafiken & Veranstaltungsfotos