Gasteig HP8 in München
Beispiel für konsequente KreislaufwirtschaftDie Modulbauweise gewinnt an Bedeutung, um eine nachhaltige Zukunft zu fördern: Kulturbauten sollen nicht nur Raum für Kunst und Kultur schaffen, sondern auch verantwortungsvoll mit Ressourcen umgehen. Ein Vorzeigeprojekt ist der Interimsbau „Gasteig HP8“ mit der Isarphilharmonie, bei dem konsequent auf Kreislaufwirtschaft gesetzt wurde.
Der „Gasteig München“ gilt als größtes Kulturzentrum Europas. Hier sind bedeutende Kultur- und Bildungsinstitutionen unter einem Dach konzentriert. Als nach rund 35 Jahren eine Generalsanierung anstand, wurde für diesen Zeitraum ein Areal der Stadtwerke München in Sendling als Interimsquartier entwickelt. Auch hier sollten möglichst viele kulturelle Nutzungen an einem Ort möglich sein, um die Marke „Gasteig“ weiterhin erlebbar zu machen. So entstand aus einem Bestandsgebäude von 1929 und mehreren Neubauten der „Gasteig HP8“.
Zum Ensemble gehören die denkmalgerecht sanierte ehemalige Trafohalle, die „Halle E“ als Eingangsfoyer, aus einem modularen Neubau für einen Konzertsaal mit rund 1.900 Sitzplätzen, der „Isarphilharmonie“, und drei weiteren Modulbauten für öffentliche und kulturelle Institutionen sowie für ein Restaurant. Das alles wurde in nur eineinhalb Jahren Bauzeit und unter Einhaltung des Budgets von rund 70 Millionen Euro fertiggestellt. Dass beides möglich war, liegt u.a. an der modularen Konstruktion und den eingesetzten Baustoffen, unter anderem Stahl.
„Form folgt Funktion“ – dieses Prinzip gilt nicht nur für eine edle Violine in einem schlichten Geigenkasten, wie es gmp-Architekt Volkwin Marg beschreibt, sondern auch für die Isarphilharmonie. Im Zentrum steht das Erlebnis des Hörens und Sehens, das höchste Qualitätsansprüche erfüllt. Die äußere Gestaltung erfüllt ebenfalls anspruchsvolle Kriterien, fokussiert jedoch auf Funktionalität, Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit. Der Bau ist als temporäre Lösung gedacht, daher überzeugt der schlichte Kubus des Gebäudes durch seine klare Formensprache und die modulare Bauweise mit Holz und Stahl. Die Basis des Konzepts bildet eine zeitgemäße Interpretation der Nachhaltigkeit: Ein Konzertsaal, der nicht für die Ewigkeit, sondern als vorübergehender Ersatzbau geschaffen wurde. Nach seiner Nutzung soll er nicht als Bauschutt enden, sondern als Ressource dienen, indem seine Materialien weiterverwendet werden. So vereint der Konzertbau verschiedene Ansprüche: Er ist leicht rückbaubar, liefert beste Klangqualität und bietet hohen Komfort.
Der Neubau für die Isarphilharmonie setzt sich aus zwei konstruktiv getrennten Systemen zusammen. Die äußere Hülle der dunkelgrauen Box besteht aus Stahlblech-Sandwichplatten, wie sie sonst für Industriehallen verwendet werden, in einem Stahltragwerk mit aufgesetzten Fachwerkbindern. Für die Rohbaukonstruktion wurde möglichst wenig Beton verwendet. So bestehen nur das Erdgeschoss des Gebäudes und die Stirnwände hinter den Saalenden aus Stahlbeton. Darüber trägt ein Stahlskelett die Holzwände und Holzdecken des Konzertsaals.
Das Herzstück der Isarphilharmonie bildet der ca. 2.000 m² große, dunkel gehaltene Konzertsaal in Holzmassivbauweise mit einem Volumen von ca. 23.000 m3 (das gesamte Gebäude hat ein Volumen von ca. 55000 m3). Er ist von einer Stahlkonstruktion als Tragwerk umgeben. Die Konstruktion überbrückt mit zehn Fachwerkträgern, die jeweils 3,60 m umfassen, in einer Höhe von 20 m eine Spannweite von 35 m. Jeder dieser Fachwerkträger bringt ein Gewicht von 16,5 t auf die Waage. Insgesamt verbaute der Metallbauer etwa 750 t Stahl. Brandschutztechnisch sensible Teilbereiche sind nach F30/F90 ausgeführt. Darin integriert ist der innere Raum des Konzertsaals aus einem akustisch entkoppelten Stecksystem aus Vollholz. So bilden im Rahmen der Stahlkonstruktion Module aus bis zu 32 Zentimeter starkem Brettsperrholz mit aufgesetzten Fichtenholzlatten den akustischen Raum. Nur punktuell ist die Massivholzkonstruktion des Saals an der sie umgebenden Tragkonstruktion rückverankert.
Die Herstellung der Holzmodule parallel zur Montage der Stahlkonstruktion ermöglichte die Einhaltung der kurzen Bauzeit von 18 Monaten. Allein das stellte sich als besondere Herausforderung dar, doch hinzu kam auch noch die Herausforderung durch die sehr beengten finanziellen und städtebaulichen Spielräume im Interimsquartier.