Jens Scholtyschik, alpha Metallbau
Verglaste Balkone sind ganzjährig nutzbarJens Scholtyschik, Geschäftsführer des Spezialisten für Balkonverglasungen alpha Metallbau aus Dresden, spricht über die Vorteile, Balkone ganzjährig nutzen zu können, und darüber, was der Orkan Kyrill und Katzen damit zu tun haben.
metallbau: Herr Scholtyschik, wie kamen Sie zum Thema „Balkonverglasung“?
Jens Scholtyschik: Ich komme eigentlich aus dem öffentlichen Dienst. Vor 14 Jahren habe ich aber nach einer neuen Herausforderung gesucht. Über die Handwerkskammer Sachsen bin ich dann auf meine jetzige Firma, die alpha Metallbau, gestoßen. Ihr Hauptprodukt ist die rahmenlose Balkonverglasung, das fand ich megaspannend. Also habe ich die Firma übernommen. Damals waren Balkonverglasungen für mich noch komplett neu. Mittlerweile ist es aber so: Ich kann durch keine Stadt oder durch keinen Ort mehr fahren, ohne dass ich Balkone anschaue und sage: „Oh, den kann man sich gut verglast vorstellen!“ Da schlägt mein Herz gleich höher.
metallbau: Wie verbreitet ist die Balkonverglasung?
Scholtyschik: Sie ist immer noch ein Nischenprodukt und in der Fläche relativ unbekannt. In Hamburg kennt man die Balkonverglasung kaum, hier in Sachsen, in Dresden, schon. Bei den Wohnungsgenossenschaften gehören Balkonverglasungen mittlerweile zum guten Ton. Es werden in der Regel nur noch Balkone gebaut, die auch verglasungsfähig sind. Mieter und Eigentümer achten schon sehr darauf.
metallbau: Welche Balkone im Bestand sind denn überhaupt verglasungsfähig?
Scholtyschik: Balkone mit Bedachung. Ich rege mich immer auf, wenn ich neue Balkone sehe, die ganz stylisch versetzt angeordnet sind. Bedachung bedeutet doch Wetterschutz, das ist ein großer Mehrwehrt des Balkons! Und ich brauche eine vernünftige Brüstung. Bei einem einfachen Gitter gibt es zwar die Möglichkeit, die Verglasung auf den Boden zu stellen. Diese Lösung ist aber relativ selten, weil sie teuer ist. Ich brauche ja mehr Glas und eine andere Befestigung. Es ist also immer schön, wenn ich eine vernünftige Brüstung habe – zum Beispiel aus Beton oder Aluminium mit Glaselementen.
metallbau: Verglasen Sie mehr Balkone im Neubau oder im Bestand?
Scholtyschik: 95 Prozent unserer Aufträge sind Objekte im Altbestand, also viele der Wohnblöcke, die zu DDR-Zeiten gebaut wurden. Da gibt es den sogenannten WBS 70. Sechs Meter lang und 1,6 Meter hoch ist die Verglasung – ein Klassiker! Die Wohnungsgenossenschaften bieten ihren Mietern die Verglasung an, weil sie wollen, dass diese darin wohnen bleiben. Normalerweise zahlen die Mieter die Verglasung selber. Es gibt aber auch Vermieter, die die Kosten auf die monatliche Miete umlegen. Diese wird dann vielleicht 20 Euro teurer.
metallbau: Wie hat sich der Markt Balkonverglasung in den letzten zwei bis drei Jahren entwickelt?
Scholtyschik: Der ist stabil geblieben. Es fällt aber auf, dass in den alten Bundesländern das Thema im Neubau etwas mehr an Präsenz gewinnt. Bei einigen Neubauvorhaben wird die Balkonverglasung gleich mitgeplant. Macht ja auch Sinn: Man spart damit bis zu 20 % Energie, weil sie aus dem Balkonraum einen Wärmepuffer macht. Schauen Sie nur nach Finnland, Helsinki: Da gibt es so gut wie keinen Balkon, der nicht verglast ist. Ich sage immer: Ich warte noch auf die Verordnung, die sagt, dass jeder Balkon aus energetischen Gründen verglast sein muss! Ergänzen will ich aber an dieser Stelle: Die Balkonverglasung setzen wir mittlerweile auch häufig für Terrassendächer ein. Das ist ein Markt, der stark im Kommen ist.
metallbau: Welche Vorteile hat die Balkonverglasung noch?
Scholtyschik: Ein weiterer großer Vorteil ist der Lärmschutz in der Anwendung an den Hauptstraßen. Man kann durch Balkonverglasung den Lärm halbieren. Zu uns kommen Architekten, die eine Balkonverglasung rein aus lärmschutztechnischen Gründen anfragen.
metallbau: Brauche ich da nicht ein anderes Glas?
Scholtyschik: Das kann man pauschal nicht sagen und hängt von vielen Faktoren wie Lage, Anforderung und Größe der Verglasung ab. Glas hat an sich ja schon eine Dämmeigenschaft. Darum ist eine Verglasung in jedem Fall besser als keine. Ein großes Thema ist aber auch immer der Einbruchschutz. Eine Verglasung lässt sich nur mit Gewalt zerstören, und das ist mit Lärm und Aufwand verbunden. Wir hatten aber auch schon Kunden, die eine Verglasung wegen ihrer Katzen haben wollten. Aber die meisten wünschen sich eine Verglasung, um den Balkon ganzjährig zu nutzen.
metallbau: Welches Glas verbauen Sie denn?
Scholtyschik: Wir verarbeiten in der Regel 6 mm ESG-H. Je nach Statik und Gebäudegröße werden aber auch 8 mm oder 10 mm starke Gläser eingesetzt. Es ist ein recht sicheres Glas: Wenn Sie da den Hammer dagegen werfen, kriegen Sie das nicht kaputt, außer, wenn Sie die Kante treffen. Und es hat den weiteren Vorteil, dass es sich durchbiegt, teilweise bis zu 20 cm, auch bei raumhohen Verglasungen. Wir hatten 2007 den Wirbelsturm Kyrill; da ist keine einzige Scheibe zu Bruch gegangen.
metallbau: Was sagen Sie den Eigentümern oder Mietern? Dass man das Glas bei Sturm zur Seite schiebt?
Scholtyschik: Das ist ein Trugschluss. Lieber zulassen als die Scheiben zur Seite schieben.
metallbau: Wie oft müssen Balkonverglasungen gewartet werden?
Scholtyschik: In der Regel alle drei Jahre sollte man sie nachstellen und überprüfen. Unser System ist recht wartungsarm und auch vom Verschleiß her robust. Unsere Verglasung hält mindestens zehn, 15 Jahre – oder auch länger.
metallbau: Was, wenn eine Scheibe kaputt geht?
Scholtyschik: Dann schiebe ich die Scheibe einfach zur Seite. Sie wird ja unten und oben von Glasleisten gehalten. Ich nehme die alte raus, schiebe die neue rein und fertig. Das Wechseln ist eine Sache von einer halben Stunde.
metallbau: Was ist bei der Montage zu beachten?
Scholtyschik: Die Montage ist Millimeterarbeit und setzt immer ein gutes Aufmaß voraus. Gemessen wird bei uns ganz klassisch händisch mit Messstab, Zollstock und Wasserwaage; ein Laserscanner wäre zu viel Aufwand. Gerade im Bestand besteht die Problematik darin, dass ein gerader Baukörper nie so gerade ist, wie er sein sollte. Wir müssen deshalb praktisch ein Rechteck in ein Parallelogramm einbauen. Dafür haben wir ein Profil, mit dem wir eine gewisse Höhendifferenz ausgleichen. Manchmal sind das 1,5 cm oder mehr.
metallbau: Und was ist bei runden Balkonen, funktioniert die Verglasung da auch?
Scholtyschik: Da wird natürlich ein bisschen geschummelt, indem man die Scheibensegmente in einem Winkel aneinandersetzt. Das Montageprinzip ist aber das gleiche. Bei einer 90-Grad-Ecke können wir die Scheiben aus der Front um die Ecke schieben und an der Wand parken. Wenn Sie einen Balkon in U-Form haben und keine Säule links und rechts, kann man ihn unkompliziert komplett öffnen.
metallbau: Was sagt das Baurecht zu verglasten Balkonen?
Scholtyschik: Das ist je nach Bundesland leicht unterschiedlich geregelt. Teilweise sind Balkonverglasungen baugenehmigungspflichtig. Als wir hier vor über 20 Jahren mit den Balkonverglasungen angefangen hatten, fragten wir noch jedes Mal beim Bauamt an. Bei den 300 bis 400 Balkonverglasungen, die wir heute im Jahr bauen, müssen wir nur noch im Einzelfall die Baugenehmigung einholen. Grundsätzlich hat unser Produkt eine EU- und TÜV-Zulassung, sogar eine Zulassung für den amerikanischen Markt.