Erfolgreicher Stahlbau in Brandenburg
„Von den Referenten der Handwerkskammer werden wir meist exklusiv betreut“, sagt Steffi Tauschke mit einem Zwinkern. „Häufig sind nur drei, vier Teilnehmer bei Vorträgen, bei denen in anderen Regionen sicher der ganze Saal besetzt wäre.“ 70 Kilometer nordöstlich von Berlin, ca. 40 Kilometer von der polnischen Grenze entfernt führt das Ehepaar Ulf und Steffi Tauschke einen Stahlbaubetrieb mit 20 Beschäftigten.
Die Region um Höhenland ist die Heimat von Ulf Tauschke, und obwohl dieser Ort in Brandenburg eher zu den Dörfern gehört, aus denen die Jungen nach der Wende abgewandert sind und noch abwandern, ist er geblieben. Der 45-Jährige hat seine Ärmel hochgekrempelt und mit Rene Mattuschka, einem gelernten Metallbauer, einen Handwerksbetrieb aus der Taufe gehoben. Ulf Tauschke Stahlbau & Montagen wurde 1994 gegründet, heute beschäftigt das Unternehmen 20 Mitarbeiter, die einen Umsatz von ca. zwei Millionen Euro erwirtschaften.
Regalmontage floriert. Groß geworden ist der Betrieb mit der Montage von Regalen für Kunden aus der Industrie. „In den vergangenen zwei Jahren können wir in diesem Segment einen Zuwachs von etwa 10 % verzeichnen“, berichtet Ulf Tauschke. Die steigende Nachfrage führt der Metallbaumeister auf die Norm EN 15635 zurück, die zum August 2009 eingeführt wurde. Die Vorgaben betreffen die Anwendung und Wartung von Lagereinrichtungen und schreiben jährliche Regalinspektionen vor. Ulf Tauschke hat sich für diese neuen Aufgaben beim TÜV SÜD sowohl als Regalinspekteur qualifiziert als auch weitergebildet, um festgestellte Schäden gemäß der Norm zu beseitigen. „Viele Lagerbetreiber wissen noch nichts über ihre neuen Pflichten und unterschätzen nicht selten die statischen Auswirkungen diverser Schäden“, so Tauschke. Seiner Erfahrung nach haben Unternehmen die Instandhaltung von Schwerlast-Regalanlagen über lange Jahre vernachlässigt. „In diesem Bereich besteht enormer Nachholbedarf.“
Im Schwerpunkt bedient Tauschke drei Marktsegmente: die Montage von Regalen, Schwerlastregalen und Fassadenverkleidungen, die Fertigung und den Aufbau von Hallen sowie den Treppenbau für Industriebetriebe. Die Anfragen für die Montage kommen teils auch aus dem Ausland, unsere entferntesten Baustellen waren in den USA, Brasilien, Italien und den skandinavischen Ländern. Als Monteur zu arbeiten, heißt von Montag bis Donnerstag elf Tage unterwegs zu sein. Von Donnerstag bis Sonntag können sich die Mitarbeiter drei Tage lang zu Hause erholen, um dann wieder für elf Tage aufzubrechen. Die Auftraggeber, die Monteurtrupps buchen, mieten häufig auch die Technik: Vom Anhängerkran über Arbeitsbühnen, Hebebühnen bis hin zum Teleskopstapler und Gabelstapler.
Hallen im Bausatz. Mit dem Hallenbau bedient Tauschke in erster Linie den regionalen Markt. „Unsere Kunden sind vor allem Bauern und Handwerksbetriebe“, berichtet er. Dieses Segment möchte er gerne ausbauen. Produziert er aktuell jährlich ca. sieben Hallen, möchte er die Fertigung bis auf 30 steigern. „Etwa zwei Wochen brauchen wir, um aus acht Tonnen Stahl die Elemente für eine Halle zu fertigen.“ Dem Unternehmer schwebt vor, neben der individuellen Produktion Hallen im Bausatz mit Montageanleitung anzubieten und den Kunden einen Berater als Ansprechpartner zur Seite zu stellen. Hallen in der Größe 30 x 15 Meter können selbst montiert werden. „Minimale Anleitung reicht aus, um die Bauern und Handwerker in die Lage zu versetzen, eine Halle aufzustellen“, weiß Tauschke. Wer spart sich nicht gerne 15.000 Euro?
Vertraute Belegschaft. „Die Mitarbeiter sind meist schon lange Jahre für uns tätig, Herr Mattuschka beispielsweise ist immer noch dabei!“ Nicht ohne Stolz weist Steffi Tauschke darauf hin, dass die Zusammenarbeit mit Rene Mattuschka, der mit ihrem Mann 1994 startete, an all den unternehmerischen Herausforderungen nicht zerbrochen ist. Die Belegschaft ist ein vertrauter Kreis, teils freundschaftlich teils verwandtschaftlich verbandelt. Mit Ulfs Frau Steffi engagieren sich seine Mutter und ihre Mutter für den Betrieb, beide haben Berufserfahrung im Bereich Buchhaltung. Eine langfristige Perspektive bei den Tauschkes sieht auch der Auszubildende Guido Busse. Der Zwanzigjährige ist im dritten Ausbildungsjahr zum Metallbauer, Fachrichtung Konstruktionstechnik. Aber schon als 15-jähriger Schüler hat er beim jetzigen Chef gejobbt. Aufgepasst haben sein Vater Enrico, sein Onkel Jan und auch sein Schwager – alle drei arbeiten für Tauschke. „Du warst doch schon mit 15 Jahren in Frankreich mit dabei.“ Ulf Tauschke klopft dem Azubi auf die Schultern, er macht sich im Pausenraum gerade eine Linsensuppe heiß. Die Chefin sitzt am Tisch und sorgt sich um den Unterricht in der Berufsschule. Sie erzählt: „Drei Fachrichtungen Metallbau in einer Klasse, das mindert doch die Qualität – aber heutzutage hat eben die Inklusion Vorrang.“ Der Metallbau war nicht immer Sache der 43-Jährigen. Als die gelernte Erzieherin ihren Mann im Betrieb unterstützen wollte, hat sie sich zunächst zur Fachkauffrau des Handwerks (HWK Frankfurt/O) ausbilden lassen, jetzt absolviert sie den Betriebswirt des Handwerks (HWK Potsdam) – beides Angebote der Handwerkskammern. Noch managt sie Verwaltung und Buchhaltung aus ihrem privaten Büro. Weil dies aber inzwischen zu eng ist, soll noch in diesem Jahr auf dem Betriebsgelände ein Bürotrakt gebaut werden.
Steter Ausbau. Seit dem Jahr 2001 baut Ulf Tauschke auf dem ehemaligen Gelände der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (LPG) sein Unternehmen aus. Die Anfänge haben die Tauschkes im umgebauten Lagerraum der LPG genommen, 2006 schuf der Unternehmer mit der ersten Fertigungshalle Platz, um eine CNCgesteuerte Brennschneideanlage – eine Zinser 2325-N – und eine CNC-gesteuerte Bohranlage von Peddinghaus anzuschaffen. Der Betrieb wuchs kontinuierlich, 2010 wurde er um eine zweite Produktionshalle erweitert. Dort wurden zum Jahreswechsel 2012/2013 zwei sechs Meter lange Maschinen des türkischen Herstellers Ermaksan installiert: Eine CNC HVR hydraulische Tafelschere und eine synchronisierte hydraulische Abkantpresse. „Zunächst waren wir etwas unsicher, Maschinen eines türkischen Herstellers zu kaufen. Nachdem wir jedoch das Unternehmen in Bursa besichtigt hatten, waren wir überzeugt“, berichtet Steffi Tauschke. Zudem gibt es im nahen Zwickau eine Firma, die die Servicetechnik für die Maschinen gewährleistet. Mit einer Kranbahn von Carl Stahl (bis 1.000 kg) an der Decke der Halle wurden die logistischen Abläufe für den Transport der Stahlplatten optimiert. „Elemente, die mehr als 30 Kilogramm wiegen, werden mit dem Kran transportiert“, sagt Tauschke. Mit der Produktion an den beiden neuen Maschinen fallen die Lagerkapazitäten weg, noch 2013 wird deshalb ein neues Lager errichtet. Dort könnten auch die Bausätze für Hallen vorrätig gesichert werden.
Finanzierung der Maschinen. Für die beiden hydraulischen Maschinen von Ermaksan hat der Betrieb rund 270.000 Euro gezahlt, die gleiche Summe wurde 2006 für die Bohranlage von Peddinghaus und die Brennanlage von Zinser ausgegeben.
Was die Finanzierung der Maschinen anbelangt, achten die Tauschkes darauf, diese in fünf Jahren abzuschließen. „Das ist für uns ein absehbarer Zeitraum“, so Steffi Tauschke. Dank Förderzulagen und -zuschüsse für produzierende Gewerke in strukturschwachen Regionen beschränken sich die Investitionen erheblich. Ein Bonus für Tauschkes Trotz, zu bleiben und auf dem ehemaligen Gelände der LPG einen Stahlbaubetrieb aus dem Boden zu stampfen. Angesichts dessen, dass viele andere in Brandenburg die Segel gestrichen haben, wirkt sein unternehmerischer Initiativgeist fast ein bisschen heroisch. Die Zusage für die Förderung der Maschinen von Ermaksan erwarten die Tauschkes jeden Tag, die Rechnungen dafür sind bereits beglichen. „Bis zur Auszahlung der Fördermittel springt der alleinige Gesellschafter der GmbH mit Darlehen ein“, erklärt Steffi Tauschke. Für größere Investitionen arbeitet das Unternehmen mit der Hausbank, der MMV Leasing, der Gesellschaft für Absatzfinanzierung mbH (GEFA), der Landesinvestitionsbank (ILB) und dem Finanzamt (IZ) zusammen.
Am Handwerk festhalten. Mit dem modernen Maschinenpark und den Softwareprogrammen AutoCAD, Trepcad und Tenado Metall wäre es ein Leichtes, die PC-Daten aus der Arbeitsvorbereitung direkt in die Steuerungen der Maschinen einzuspielen. „Daten direkt nur aus dem CAD-Büro – das wollen meine Mitarbeiter nicht“, stellt Tauschke fest. Der Metallbaumeister hält an handwerklichen Strukturen fest. „Mein Werkstattleiter Sven Kröning schweißt, nimmt das Aufmass auf einer Baustelle, begleitet nebenbei die Fertigung einer Halle und zeichnet eine Treppe für eine Biogasanlage.“ Mit einer eher industriellen Fertigung ginge die Flexibilität seiner Facharbeiter verschütt. Doch auf dem Weg von sieben auf 30 Hallen im Jahr wird er schrittweise einiges in der Arbeitsorganisation umstellen müssen. An Platz, Maschinen und Software fehlt es jedenfalls für diese Größenordnung nicht. Die Produktion von zwei Hallen im Monat mit einem Materialdurchfluss von 16 Tonnen Stahl ist jetzt schon machbar. „Wenn es soweit ist, brauchen wir dann möglicherweise noch einen Technischen Zeichner im CAD-Büro und einen Berater, der die Kunden bei der Selbstmontage der Hallen als Richtmeister anleitet.“