Nachhaltiger Metallbau

Mit „Knuten, Karotten und Tambourins“ in die Zukunft

Was seltsam klingt, kann realistisch sein: Metallbauer diskutieren mit Politkern, Architekten, Wissenschaftlern und Managern über die Zukunft am Bau.

Hydro Building Systems hatte im Juli politische Prominenz, Architekten, Wissenschaftler und Top-Manager des Mutterkonzerns Hydro mit Führungskräften aus Metallbaufachbetrieben zu einer Fachtagung ins WICONA Test Centre eingeladen. Einziges Thema: nachhaltiges Bauen.  
Energiegewinn. Svein Richard Brandtzæg, Präsident und CEO von Hydro, nahm zuvor zusammen mit Jarand Falland vom norwegischen Energieministerium durch einen symbolischen Knopfdruck das WICONA Test Centre auch für den Konzern offiziell in Betrieb. Im Mittelpunkt standen diesmal allerdings weniger die eigentlichen Prüfstände als vielmehr das architektonische Gesamtkonzept des Gebäudes und seine energieautarke Betriebsweise. Als „Plus-Energie­gebäude“ konzipiert erreicht es als eines der ersten Betriebsgebäude weltweit eine positive Energiebilanz selbst unter Einbezug des Energieverbrauchs bei der Betriebsnutzung als Fassaden-Prüfzentrum.
Der Hydro-Konzernchef hob hervor, wie das Testzentrum durch Passivhausfassade und Sonnenkraftnutzung mehr Energie erzeuge, als es selber benötige. Hydro wird sich hier weiter engagieren: „Unser Ziel ist, noch viel mehr solcher Lösungen in neuen und renovierten Gebäuden mit zu verwirklichen. Nachhaltiges Bauen nützt der Umwelt, dem Geschäft und den Bewohnern", so Brandtzæg.
 
Blick voraus. „Wir haben mit dem neuen Test Centre genau die passende Bühne für diese Veranstaltung bieten können“, so Arnd Brinkmann, Geschäftsführer von Hydro Building Systems, „die Zusammensetzung dieses Referentenkreises dürfte einzigartig sein: ein international geprägtes Niveau, das Aktualität und Stellenwert des Themas Nachhaltigkeit in der Gebäudearchitektur zum Ausdruck bringt. Bei WICONA sind wir in diesem Bereich ein Vorreiter für unsere Branche, der Nutzen dieses Treffens liegt vor allem im Blick über den nationalen Tellerrand – Nachhaltigkeit muss grenzüberschreitend gesehen und realisiert werden.“
In der Fachveranstaltung rügte Prof. Dr. Samuele Furfari (Universität Brüssel), Generaldirektor der EU für Energie und Transport, die aus seiner Sicht übertriebene Förderung der Photovoltaik: „Wenn wir unsere Häuser dämmen, tun wir viel für das Klima und sparen dabei noch Geld für eigentlich überflüssigen Energieverbrauch. Für Sonnenstrom oder auch Biodiesel dagegen zahlen wir deutlich mehr." Furfari begründete nochmals die 2002 erlassene EU-Richtlinie zur Energiebilanz von Gebäuden und erläuterte die darin enthaltenen Forderungen, die in Deutschland durch die verschärfte EnEV und den Energieausweis schrittweise umgesetzt werden. Trotzdem bliebe noch sehr viel zu tun. So gelte es, die Frage zu klären, wie die energetische Optimierung von rund 190 Millionen Häusern in der EU finanziert werden könne und welche der erneuerbaren Energien die sinnvollste sei, um auf den avisierten 20%-Anteil am Energieeinsatz zu kommen.
 
Kraftakt. Dr. Arab Houballah, Repräsentant des „Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP)“ betonte, es brauche „Knuten, Karotten und Tambourins", um das große Projekt eines umweltfreundlichen, nachhaltigen Bauens zu stemmen: strikte Regeln, gute Anreize und überzeugende Werbung. Ohne verbesserte Gebäudetechnik mit mehr Energieeffizienz könne so gut wie kein Land seine Kyoto-Ziele erfüllen. In seinem Vortrag wurde vor allem deutlich, wie sehr die Bedeutung von Gebäuden für den Klimaschutz im Fokus der internationalen Wissenschaft und Politik gewachsen ist. Mit immer besseren Instrumenten hat man deren hohen Anteil am CO2-Ausstoß immer exakter definiert. Die Kosten für den Bau und die Modernisierung energieeffizienterer Gebäude ließen sich durch das über die Verbrauchsreduzierung eingesparte Geld ausgleichen, so Dr. Houballah. Bestehende Barrieren müssten überwunden werden, darunter die heterogenen Voraussetzungen im Bausektor, rein wirtschaftliche Interessen und der Mangel an Information und Transparenz.
 
Bewertbar. Prof. Dr.-Ing. Gerd Hauser, Ordinarius am Lehrstuhl für Bauphysik der Technischen Universität München und Leiter des Fraunhofer Instituts für Bauphysik IBP, stellte als Gründer und Leiter der Gesellschaft für nachhaltiges Bauen das mit dem Bund abgestimmte DGNB-Gütesiegel in den Vordergrund seiner Ausführungen und unterstrich die verglichen mit anderen internationalen Zertifizierungssystemen höhere Komplexität dieses Bewertungsinstrumentes: „Das DGNB-Siegel bemisst sich nach 63 Parametern mit jeweils mehreren Indikatoren und Messgrößen.“ Beispielhaft erläuterte Hauser, wie detailreich die Prüfkriterien angelegt sind und welch hohe Intensität bei der Datenermittlung je Objekt durch die Auditoren notwendig ist.
Die differenzierten Ergebnisse sind inzwischen abzulesen an den Zertifikaten der seit Januar 2009 mit einem DGNB-Gütesiegel ausgezeichneten Gebäude. Professor Hauser stellte dem Auditorium einige dieser Objekte und ihre Bewertungen vor; WICONA hat inzwischen bereits verschiedene in Deutschland mit dem Gütesiegel in Gold- und Silber ausgezeichnete Bürogebäude in der aktuellen Referenzliste.
 
Regelwerk. Der Vorstand des Zentrums für umweltbewusstes Bauen, Prof. Dr.-Ing. Anton Maas (Universität Kassel), präsentierte in Bellenberg Details zur aktuell verschärften Version der Energieeinsparverordnung (EnEV) und die Änderungen bei den Berechnungsverfahren. Welche Dimensionen hier bereits fest im Blick des Gesetzgebers sind, zeigte sein Blick in die nahe Zukunft: 2012 werden die Kriterien und Anforderungen der EnEV mit ihren Ausführungen über mögliche Referenzbau- und –anlagentechnik für Wohngebäude verschärft.
 
Visionen. Im anschließenden Impulsvortrag erörterte Prof. Matthias Schuler, Harvard University und Geschäftsführer von „Transsolar“, Grundlagen des nachhaltigen Bauens und schilderte den Zuhörern sein Großprojekt in den Vereinigten Arabischen Emiraten, Masdar City, das die erste energieautarke Stadt der Welt ohne CO2-Emissionen oder Abfall werden soll. Weitere aktuelle Beispiele nachhaltigen Bauens zeigte schließlich das Berliner Architekturbüro Sauerbruch Hutton, das mit rund 100 Mitarbeiter(inne)n in diesem Bereich auch international als einer der Trendsetzenden Ideengeber gilt. Die Bandbreite der deutschen Objekte reicht z.B. vom neuen Brandhorst Museum in München bis zum Umweltbundesamt Dessau, einem Musterbeispiel für nachhaltigen Verwaltungsbau.
Inhaber Matthias Sauerbruch äußerte sich in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung zur Nachhaltigkeit in der Architektur: „Für die Architektur ist zunächst mal Ressourcenschonung ein großes Thema. Das gilt für alle Aspekte des Bauens – von der Auswahl der Materialien bis zur Verwendung auf der Baustelle und dem späteren Betrieb des Gebäudes. Bauen hat am Energieverbrauch immer noch einen Anteil von 40% bis 50%. Das ist eine Schraube, an der man drehen muss.“ red $
 
Info + Kontakte
 
Hydro Building Systems GmbH
Söflinger Straße 70
89077 Ulm/Donau
Telefon +49 (0)731/3984-0
Telefax +49 (0)731/3984-241
info@hydro.com
www.wicona.de  

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