Kunst- und Kulturzentrum NYC
Vector Foiltec gestaltet „The Shed“ in Manhattan
Die Gebäudehülle von Manhattans neuem Kunst- und Kulturzentrum „The Shed“ besteht aus 148 mit Luft gefüllten ETFE-Folienkissen und einem innenliegenden Stahltragwerk. Über Rollen lässt sich die Hüllenkonstruktion komplett verfahren. Am 5. April wurde das spektakuläre Gesamtkunstwerk eröffnet.
Direkt an der High Line in Manhattans neuem Geschäftsviertel Hudson Yards haben Diller Scofidio + Renfro in Zusammenarbeit mit Rockwell Group eine avantgardistische Architektur für Kunst und Popkultur erbaut: „The Shed“. Das achtstöckige Bauwerk mit der silbrig-glänzenden Folienkissenhaut umfasst im Hauptgebäude zwei stützenfreie Galerieebenen von 2.300 Quadratmetern Fläche, ein in mehrere Bereiche unterteilbares Theater mit bis zu 500 Sitzplätzen sowie Proben- und Veranstaltungsräume im obersten Geschoss. Die Idee der Architekten war es, „The Shed“ als multifunktionales und transformierbares Gebäude zu gestalten. So lässt sich sein bespielbares Volumen durch eine bewegliche Stahldachkonstruktion nahezu verdoppeln und ermöglicht großformatige Installationen, Aufführungen. Das Tragwerk der Hülle steht beidseitig auf je einer Doppel- und zwei Einzelachsen, deren mannshohe Doppelräder wiederum auf Schienen gelagert sind. Binnen fünf Minuten wird die Struktur mitsamt den 148 Membrankissen über den östlichen und rund 1.700 Quadratmeter großen Zentrumsvorplatz gefahren. Der auf diese Weise geschaffene Hallenraum ist für bis zu 2.700 Personen ausgelegt und trägt den Namen McCourt. Über senkrecht und horizontal verschiebbare Tore lässt er sich zum Hauptbau und zum Außenraum öffnen. Ist die Struktur über dem Haus „geparkt“, wird der Platz öffentlich oder aber für Veranstaltungen mit der Membranhaut als mediale Projektionsfläche genutzt.
Hohen Windlasten ausgesetzt
Die gestalterische Vorgabe der rollbaren Gebäudehülle legte eine Fassadenlösung nahe, die zum einen ein geringes Eigengewicht, zum anderen gegenüber den aus der Bewegung resultierenden Erschütterungen hohe Toleranzen aufweist. Die Architekten entschieden sich daher für eine Membranhaut auf Basis des Texlon-ETFE-Systems von Vector Foiltec. 146 dreilagige und zwei vierlagige Folienkissen umhüllen eine Gesamtfläche von 4.110 Quadratmetern. Die beiden vierlagigen Folienkissen befinden sich auf der Nordseite am äußersten Rand zum Hauptgebäude. Aufgrund der an dieser Stelle zu erwartenden extremen Windlasten sind sie mit einem patentierten Lastteilungsventil (load sharing valve) ausgestattet. Dieses bedingte auch den Einsatz der zusätzlichen Folienlage, die – genau wie die darunterliegende Folie – 300 µm dick ist. Hohen Windlasten ausgesetzt sind zudem die angrenzenden dreilagigen Kissen sowie die oberen Randbereiche der Konstruktion. Hier sind die Oberfolien ebenfalls 300 µm stark.
Eine homogene Hülle
Großen Wert legten die Architekten auf eine homogene Optik der Hülle. Die Kissen sind daher so beschaffen, dass alle Foliennähte in einer durchgehenden Linie verlaufen. Eine weitere gestalterische Vorgabe betraf die Schnittstelle Fassade-Dach, hier sollten sich die dreieckigen ETFE-Folienkissen im 90-Grad-Winkel über das Tragwerk wölben. Um ein faltenfreies Ergebnis zu erzielen, setzte das Ingenieursteam von Vector Foiltec sowohl rechnerische als auch reale Modelle ein. Am Unternehmensstandort in Bremen bauten sie ein Mock-Up auf, anhand dessen sie die verschiedenen Zuschnittsvarianten der Folienlagen testeten und schließlich die optimale Lösung generierten. Die Tatsache, dass Vector Foiltec von der Planung über die Entwicklung und Fertigung bis hin zum Projektmanagement alle Kompetenzen in einer Hand vereint, war für die Beauftragung mit der Gebäudehülle von "The Shed" sicherlich ein ausschlaggebender Faktor.
Schallschutz mit Textilmembranbahnen
Art, Farbgebung und Intensität der Folienbedruckungen wurden anhand eines 1:1-Mock-Ups in New York dargestellt und gemeinsam mit den Architekten in einem intensiven Designprozess festgelegt. Eine auf der Kissen-Oberfolie gedruckte Punktmatrix schirmt zu starke Solarstrahlung ab. Die ETFE-Hülle erreicht somit einen sehr geringen g-Wert von 0,40. Zudem schützt sie auch das Hauptgebäude als strahlungsreflektierende Second Skin. Da die Bedruckung auf den Oberfolien der ETFE-Kissen im Innenraum keine Schatten werfen sollte, wurden die Mittelfolien transluzent gestaltet. Ihr Weißanteil beträgt 29 Prozent. Um die Verdunklung der Halle und gleichzeitig den Schallschutz zu gewährleisten, werden mehrlagige, auf der Innenseite der stählernen Tragkonstruktion angebrachte Stoff- und Textilmembranbahnen genutzt.
In der Dachebene des Stahltragwerks sind, neben der gesamten Veranstaltungstechnik, die vier Gebläsestationen (1300 x 800 x 750 mm) der ETFE-Folienkissen untergebracht. Die Zuluftleitungen wurden nicht sichtbar durch die Aufständerungen zwischen Texlon-System und Tragwerk verlegt. Eine weitere konstruktive Besonderheit von „The Shed“ sind die senkrecht verlaufenden und als Schienen ausgebildeten Abdeckprofile der ETFE-Hülle. Um die Fassade zu warten, wird in diesen ein Rollensystem für den auf- und abfahrbaren Wartungskorb eingehängt.
Eine große Herausforderung stellten die Baustellenlogistik und der Aufbau des Dachs dar. Da „The Shed“ direkt an Hochglanzbauten und die High Line grenzt, waren Zufahrtswege und Montageräume sehr beengt. Zudem galt es, hohe Sicherheitsvorkehrungen einzuhalten, um Beschädigungen an Material und benachbarter Architektur vorzubeugen. red