Fachkräfte im Metallbau (1)
Der Trend ist aufrüttelnd genug, er macht vielen Metallbauern zu schaffen: Jedes dritte Unternehmen hierzulande beklagt Fachkräftemangel, so eine aktuelle Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK). Besonders betroffen ist die Metallbranche. Über 40.000 Mitarbeiter werden gesucht.
Zur besseren Einschätzung: In der Bundesrepublik zählen zur metallverarbeitenden Branche insgesamt ungefähr 40.000 kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Sie beschäftigen rund 400.000 Mitarbeiter, darunter 36.000 Auszubildende, und erwirtschaften einen Jahresumsatz von über 35 Milliarden Euro.
In der Metallbranche nehmen die Metallbaubetriebe mit rund 30.000 Unternehmen in den Bereichen Konstruktionstechnik, Aluminium- und Stahlbau sowie Metallgestaltung und Nutzfahrzeugbau eine starke Position ein. Über 200.000 Metallbauer erarbeiten einen Umsatz von mehr als 20 Milliarden Euro.
Bestandsaufnahme. Gegenwärtig fällt selbst das zurückhaltende Fazit einer sorgfältigen, realistischen Bestandsaufnahme bei Unternehmen, Innungen und Verbänden – gänzlich, ohne Horrorszenarien zu bemühen – ernüchternd aus: Zwar stellt sich die Lage im bundesdeutschen Metallbau regional sehr unterschiedlich dar, doch wird der Ruf nach Fachkräften in den einzelnen Bundesländern immer lauter, wie beispielsweise der vergleichsweise große Fachverband Metall Nordrhein-Westfalen bestätigt. Es verstärkt sich eine Entwicklung, die manchmal schon schlimme Formen annehmen kann. So etwa bei einem zum „Unternehmen des Jahres“ gewählten Metallbaubetrieb, der wegen Kapazitätsengpässen Aufträge ablehnen musste. Für diese Firma gestaltete es sich äußerst schwierig, Fachkräfte – und Auszubildende – zu gewinnen. Intensive und beharrliche Bemühungen endeten schließlich fast in Resignation und im nichts beschönigenden Eingeständnis: Wir finden keine Neuen.
Risiken. Im direkten Vergleich weisen Fachleute auf eine weitere bemerkenswerte Tatsache hin: In der dem Metallbau übergeordneten Bauwirtschaft befürchten sogar 44 Prozent der Unternehmen Risiken für die betriebsinterne wirtschaftliche Entwicklung, weil dringend benötigte Spezialisten fehlen. Auch dies ist ein Ergebnis der DIHK-Umfrage - vor dem Hintergrund von derzeit knapp drei Millionen Arbeitslosen bundesweit.
Dialog über Azubis. Dem von Arbeitgebern beklagten Mangel an Fachkräften halten mitunter Vertreter der Gewerkschaft IG Metall entgegen, dass beispielsweise im Bundesland Sachsen-Anhalt von rund 130 Jugendlichen, die 2011 ihre Ausbildung in der Metall- und Elektroindustrie abgeschlossen haben, trotzdem 66 Prozent lediglich einen befristeten Arbeitsvertrag oder gar kein Angebot bekommen haben. Nur 33 Prozent der Ausgebildeten seien in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen worden.
Eine Tatsache, die beispielsweise in der Zentralstelle für die Weiterbildung im Handwerk (ZWH) eine intensive Diskussion auslösen dürfte. Dort hieß es nämlich noch in ZWH aktuell 3/2011 wörtlich: „Die Gruppe der Absolventen mit guten Schulabschlüssen kann aus einem Angebot an Lehrstellen auswählen. Für diejenigen mit schlechten Abschlüssen gestaltet sich der direkte Übergang von der Schule in den Beruf nach wie vor schwierig.“ Und weiter: „Wollen Handwerksbetriebe ihren Fachkräftenachwuchs sichern, müssen sie sich auf die Ausbildung von Jugendlichen mit unterschiedlichen Voraussetzungen einstellen. Das stellt die Ausbilder im Handwerk vor Herausforderungen.“
Prognosen. Angesichts einer immer älter werdenden Gesellschaft lassen auch andere Prognosen eher Düsteres ahnen: Nach einer Umfrage des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH) verabschieden sich bis 2016 in jedem Handwerksbetrieb – auch im Metallbau - durchschnittlich zwei Mitarbeiter in die Rente. Im vergangenen Jahr konnten 26,8 Prozent der befragten Firmen aus unterschiedlichen Gründen Stellen nicht besetzen, etwa wegen nicht ausreichender Qualifikation der Bewerber oder wegen ausgebliebener Reaktionen. 41 Prozent der Betriebe hatten im gleichen Zeitraum nach eigenem Bekunden erhebliche Probleme, Mitarbeiter von außen zu verpflichten.
Demografische Trends. Was Experten unter anderem in der Bundesagentur für Arbeit darüber hinaus beunruhigt, ist die Tatsache, dass immer weniger junge Menschen auf den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt kommen und zunehmend ältere Arbeitnehmer in Rente gehen. In ihrem Demografiebericht macht die Bundesregierung auf die Folgen dieser besorgniserregenden Entwicklung aufmerksam: Statt heute 50 Millionen Erwerbstätigen wird es im Jahr 2050 nur noch 26,5 Millionen geben. Schon 2025 dürften bis zu sieben Millionen Arbeitskräfte fehlen.
Wege aus der Krise. Wie kann der Metallbau dem immer dringlicher werdenden Problem einigermaßen Herr werden? Das schnelle Patentrezept bleibt wohl Illusion. Ernstzunehmende Fachleute sind überzeugt, es gebe eine Vielfalt von Lösungsansätzen - ausgehend von der Überlegung, dass für die eigene Zukunft jeder Betrieb selbst verantwortlich ist. Vor allem beim Ausbilden des Nachwuchses, beim Binden von Fachkräften und letztlich beim rechtzeitigen Regeln der Nachfolge.
Beispiel. Wie das im Alltag funktionieren kann, zeigt beispielsweise der Familienbetrieb Siegfried Huhle aus dem hessischen Wiesbaden (ein ausführlicher Bericht erscheint in Teil 3 unserer Serie). Bereits seit über 100 Jahren existiert die Stahl- und Metallbau Huhle GmbH, die sich stets von Neuem konstruktiv wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen gestellt hat – seit ihrer Gründung als Bau- und Gasschlosserei im Jahr 1910 im sächsischen Dresden. Investitionen in die nächste Generation sind seit jeher als Investition in die Zukunft des eigenen Unternehmens verstanden worden. So betont Firmenchef Siegfried Huhle: „Eine positive Energiebilanz, gute Aus- und Weiterbildung und die Förderung junger Familien stehen ganz oben auf unserer Liste, um den Betrieb immer weiter in Richtung Zukunft zu entwickeln.“
Anregungen. Darüber hinaus betonen Experten für die Sicherung von Fachkräften beim RKW-Kompetenzzentrum des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie, wie unerlässlich ein gutes Betriebsklima im Handwerksbetrieb bleibt, wie förderlich flache Hierarchien, offene Kommunikation und große Entscheidungsspielräume bei der Arbeit sein können. Ein Gebot der Stunde seien auch flexible Arbeitszeitmodelle, nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Kinderbetreuung ist für nicht wenige arbeitende Mütter und Väter keine einfach zu lösende Aufgabe, die Versorgung pflegebedürftiger Eltern für viele Beschäftigte oftmals schwierig.
Auch attraktive Aus- und Weiterbildungsangebote mit betrieblichen Perspektiven gehören nach Ansicht von Fachleuten zu bewährten Mitteln, um Mitarbeiter längerfristig an den Betrieb zu binden. Soll die Mannschaft bei der Stange bleiben, sei zudem eine ständige Information über betriebliche Entwicklungen und über mögliche Verbesserungen zum Wohle des Einzelnen - etwa bei der gesundheitlichen Förderung - wertvoll.
Nutzen für die Branche. In unserer Serie zum Thema Fachkräftemangel im Metallbau sollen konstruktive Beiträge aus dem Alltag vielerlei Lösungsmöglichkeiten aufzeigen. Selbst tatkräftig anpacken ist sicherlich eine nutzbringende Devise. Es gibt indes auch wirksame Hilfe von außen. Zum Nutzen aller sollte daher das Motto lauten: Ist das Problem im eigenen Betrieb gemeistert, kann letztlich die gesamte Branche davon profitieren.
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