Konzentrierte Zuhörer beim metallbau FACHFORUM

Referenten und Zuhörer im Gespräch beim metallbau FACHFORUM

Beim FACHFORUM in der Handwerkskammer Hamburg haben vier Fachreferenten über Schweißtechnologie, Baukörperanschlussfugen, Beschlagstechnik für neue Lüftungskonzepte und über effiziente Durchlaufzeiten in der Fertigung referiert. In den  Pausen klärten Metallbauer mit den Referenten fachliche Details.

Das metallbau FACHFORUM 2012 hat sich thematisch der Energiewende gewidmet. So fordern beispielsweise energieeffiziente Bauweisen der Fassaden neue Lüftungskonzepte. Die Gebäudehüllen sind inzwischen so dicht, dass bei einem herkömmlichen Lüftungsverhalten der Bewohner nicht genügend neue Luft nachströmt. Feuchteschäden, Schimmelbefall und Schadstoffanreicherungen in der Raumluft können die Folgen sein. „Jeder Mieter ist rein rechtlich ebenfalls verantwortlich, tägliche Querlüftungen zwecks Feuchteschutz durchzuführen“, berichtete Karsten Tessmann von esco Metallbausysteme in Ditzingen. Werden im Ein- oder Mehrfamilienhaus mehr als ein Drittel der Fensterflächen saniert, sind Metallbauer gegenüber dem Bauherrn hinweispflichtig und sollten ihn über das Lüften nach DIN 1946-6 informieren. Diese DIN ist für den Feuchteschutz ausgestellt. Sie fordert, dass ein Lüftungskonzept für Renovierungen und Neubauten angefertigt wird. Das Konzept kann auch vom Metallbauer erstellt werden.

Wohl bekannt, aber nur von einigen Metallbauern bereits verarbeitet, ist das Parallelausstellfenster. Tessmann erläuterte das Beschlagskonzept und die Scherengeometrie. „Die Beschläge lassen sich sowohl manuell als auch motorisch betätigen.“ Motorisch angetrieben können großformatigere Fenster eingebaut werden, und die Öffnungsweite der Fenster ist größer.

Für Parallelausstellfenster sprechen drei Argumente: Trotz unterschiedlich geöffneter Fenster bleibt mit Einsatz von Parallelausstellscheren eine gleichförmige Ansicht der Fassade erhalten. Aufgrund stufenlos regelbarer Öffnungsweiten lassen sich mit dieser noch neuen Beschlagslösung natürliche Lüftungskonzepte umsetzen. „Im Vergleich zum gekippten Fenster erreichen Parallelausstellfenster bei gleicher Öffnungsweite eine höhere Luftwechselrate“, sagte Tessmann. Drittens funktioniert bei geöffneten Parallelausstellfenstern der Kamineffekt, das heißt Zuluft wird zugeführt und zugleich Abluft nach draußen gezogen.

Als weitere Sonderlösungen stellte der Referent von esco das Schiebe-Dreh-Fenster sowie das Schwing-Wende-Fenster vor. Der Einbau des Schiebe-Dreh-Fensters ist vorteilhaft, wenn schmale, raumhohe Drehelemente notwendig sind. Der Beschlag ist systemneutral bei Aluminium- und  Stahlprofilen anwendbar und hat den Drehbegrenzer bereits als Steuerungselement integriert, sodass sich der Flügel (max. 100 kg) kontrolliert bewegen lässt. Auch diese Variante lässt sich motorisch erstellen und hat ebenfalls die Möglichkeit über die Gebäudeleittechnik eine Be- und Entlüftung, z.B. für die Nachtauskühlung in Bürogebäuden, einzusetzen. Eine dritte Sonderlösung ist das Schwing-/Wende-Fenster, das sich in allen Aluminium- und Stahlfenstersystemen in Pfosten-Riegel-Konstruktionen einsetzen lässt. Besonderes Merkmal dieses Beschlags ist das verdeckt eingebaute, wärmebrückenfreie Spezialwendelager sowie die integrierte Wasserführung, die für eine sichere  Abführung von Feuchtigkeit sorgt. Mit einem Öffnungswinkel von 110 Grad ist eine natürliche Belüftung möglich.

Dichte Fugen. Unter Berücksichtigung aktueller energetischer Richtlinien und der Vorgaben der RAL-Montagerichtlinien (2010) für Baukörper anschlüsse, referierte Heinz-Josef Nilges über fachgerechtes Abdichten der Fugen. Der Dichtigkeit wird besondere Aufmerksamkeit geschenkt, weil diese schlichtweg das Nadelöhr für den Wasserdampf darstellt, der naturgemäß einen Ausgleich vom hohen zum niedrigen Niveau anstrebt – in der Regel also von innen nach außen.

Nilges besprach in seinem Vortrag Möglichkeiten, wie sich Wärmebrücken weiter minimieren und die Luftdichtheit der Anschlussfugen im Bereich Fenster/Fassade optimieren lassen. In §6 und §7 der EnEV 2009 sind diese Soll-Vorgaben verbindlich gefasst. „Die Luftdichtheit ist ein wesentliches Kriterium bei der Bauabnahme. Diese kann mit dem sogenannten Blower-Door-Messverfahren überprüft werden“, berichtete Nilges. Damit der Metallbauer den Anforderungen gerecht wird, sollte er neben den Normen und Regelwerken auch die RAL Montagerichtlinien (2010) kennen. Letztere differenzieren die abzudichtenden Baukörperanschlussfugen in drei Dichtebenen:

1.Ebene:
Im inneren Fugenbereich muss eine Luftdichtheit zum Wohnraum hin erreicht werden, die das Normalklima vom Außenklima trennt. In dieser Ebene muss die Temperatur über der für das  Schimmelpilzwachstum kritischen Temperatur liegen (+13-°C-Isotherme).

2.Ebene:
Im mittleren Bereich der Fuge muss ein Wärme- und Schallschutz über einen angemessenen Zeitraum sichergestellt werden.

3.Ebene:
Außen muss die Fuge vor Eintrag von Regenwasser geschützt werden. Dennoch muss diese Ebene diffusionsoffen sein, um eingedrungene Feuchtigkeit wieder verdunsten zu lassen.

Nilges hebt hervor, bei diesem Modell lasse sich der klassische Leitsatz „innen dichter als außen“ deutlich erkennen.

Als Abdichtungsmasse setzen Handwerker gerne PU, Acryl oder Silikon ein. Diese drei nennt auch das Publikum des metallbau-FACHFORUMS. „Acryl findet gerne Verwendung, weil es sich sehr gut mit Farbe überstreichen lässt“, weiß Nilges und warnt vor Rissen in der Farbe. „Diese setzen sich meist in der Fuge fort.“ Hopp oder Top – ein wesentlicher Parameter für den Einsatz von Acryl oder Silikon ist die mögliche Verarbeitungstemperatur. „Nicht mit jedem Produkt lassen sich bei minus fünf Grad oder über 30 Grad Fugen abdichten, in diesem Punkt sollte der Verarbeiter auf das Kleingedruckte achten“, so Nilges. Auch bei der Anwendung vorkonfigurierter Dichtungsbänder sind ihm vielfach Schadensfälle bekannt. „Häufig sind die Bänder nichtausreichend für die jeweilige Fuge dimensioniert und dämmen nicht gut.“ Von außen lässt sich die Durchfeuchtung im Fenster- und Fassadenbereich auch mit einer wasserdichten, aber wasserdampfdiffusionsoffenen Folie verhindern.

Für die Schalldämmung gibt es gute elastische Klebstoffe auf PU-Basis. Neben höheren Anforderungen an die Dichtigkeit geht es verstärkt um gesundheitsgefährdende Emissionen, die beispielsweise schädliche organische Verbindungen (Volatile Organic Compounds – VOC) in der Luft noch tagelang nach dem Einbau ansteigen lassen. „Das Umweltlabel Blauer Engelwird nicht mehr auf Basis neuester Kenntnisse ausgestellt“, informiert Nilges. Er verweist auf den EMICODE der Gemeinschaft Emissionskontrollierte Verlegewerkstoffe, Klebstoffe und Bauprodukte e.V. Dieses Label berücksichtige den aktuellen Forschungsstand.

Nachhaltige Schweißprozesse. Um wirtschaftliche Fertigung mit beschleunigten Fertigungszeiten und reduziertem Stromverbrauch sowie Schweißzusatzwerkstoffe und Schweißschutzgase ging es im Vortrag von Dieter Kocab, Assistent der EWM Geschäftsführung. „Vielfach arbeiten Schweißer im Aluminium- und Stahlbau noch mit älteren Technologien und riskieren auf diese Weise, vom Markt gedrängt zu werden“, stellte der Referent fest. Einsparungen, die innovative Technologien bieten, haben Größenverhältnisse, die sich auf die Kalkulation von Angeboten enorm auswirken. „Bringt sich eine Firma nicht auf den aktuellen Stand der Schweißtechnik, läuft sie Gefahr, den Anschluss an den Wettbewerb zu verlieren“, so Kocab. Für Metall-Schutzgas-Schweißen (MIG/MAG) stellte er den energiereduzierten forceArc- und coldArc-Prozess vor. Im Vergleich zum herkömmlichen Sprühlichtbogen verbraucht der forceArc-Prozess deutlich weniger Energie, setzt weniger Emissionen frei und reduziert die Herstellkosten bis zu 50 %. Mit dem coldArc-Schweißprozess können nicht immer vermeidbare Luftspalte hervorragend geschweißt werden. Die innovativen Schweißprozesse werden auch in Kombination eingesetzt.

Als enorm produktiven Wolfram-Inertgas (WIG)-Prozess präsentierte Kocab das  Heißdrahtschweißen. Eine Technologie, die EWM 2009 eingeführt hat. Selbst beim manuellen Schweißen ist die Abschmelzleistung um ein Vielfaches höher als beim  IG-Standardschweißprozess und 60 % höher als beim WIG-Kaltdraht-Schweißen. Zudem ist ein wesentlich schnelleres Schweißen möglich, sodass dieses System die Wirtschaftlichkeit des WIG-Verfahrens auf die Stufe des MIG/MAG hebt. Keine Spritzer, geringer Verzug und eine feinschuppige Naht reduzieren wesentlich die Nacharbeiten.

Standardisierte Produktion. Wie sich mit Integration einer Doppelgehrungssäge und einem Profilbearbeitungszentrum die Fertigung im Tür- und Fensterbau straffen lässt, darüber referierte Cengiz Kip, bei Emmegi Deutschland Gebietsverkaufsleiter Nord. Der italienische Hersteller hat eine Niederlassung in Zell mit Vorführ- und Schulungszentrum, Serviceabteilung und Ersatzteillager.

Im Vergleich „konventionelle Produktion“ und „CNC gesteuerte Produktion“ erläuterte Kip den Aufbau kurzer Durchlaufzeiten. Ein entscheidender Mehraufwand ist die notwendige Logistik, die bei der herkömmlichen Fertigung von Arbeitsschritt zu Arbeitsschritt anfällt: Konventionell müssen die Elemente nach dem Sägen zunächst sortiert und von der Bandsäge zur Kopierfräse, von der Kopierfräse zur Ausklinkfräse gefahren werden, damit dann nach einem weiteren Transport die Endmontage ausgeführt werden kann. Bei der CNC gesteuerten Produktion werden bereits mit Erstellen des Werkauftrags die Säge- und Bearbeitungsdaten an Doppelgehrungssäge und  Bearbeitungszentrum (BAZ) weitergeleitet. „Dies gilt sowohl für die Daten der 3D-CAD Software als auch für die Kalkulationssoftware“, sagte Kip. Die händische Weitergabe der Daten kostet nicht nur Zeit, sondern birgt ein großes Fehlerrisiko.

Das Sortieren der Elemente inklusive die Etikettierung mit Barcode leistet beim modernen Maschinenpark die Doppelgehrungssäge. „Die Arbeitskraft, die bei der herkömmlichen Fertigung die gesägten Elemente sortiert, kann anderweitig eingesetzt werden.“ Das BAZ übernimmt mit dem Fräsen und Klinken zwei Arbeitsschritte zugleich, der Transport von Kopierfräse zu Ausklinkfräse fällt weg. Damit das Potenzial der Maschinen optimal umgesetzt wird, gilt es die Projektierung individuell

auf die baulichen Gegebenheiten der Werkstatt und das jeweilige Produktportfolio abzustimmen. „Unsere Beratung bezieht deshalb die räumlichen Voraussetzungen der Betriebe mit ein, wir erstellen mit dem Unternehmen gemeinsam ein neues Konzept für die Produktion“, so Kip. Die Beratung vor Ort ist ein wesentlicher Teil des Vertriebs.

Was meinen die Teilnehmer

Pren Selitaj, Alcon Metallbau und Schlosserei in Norderstedt:
„Die Vorträge sind inhaltlich sehr gut gewesen. Ich fand sowohl den Vortrag über Bearbeitungszentren als auch den über Beschlagstechnik sehr informativ. Die Argumente des Referenten von Emmegi haben mich in der Anschaffung eines neuen Profilbearbeitungszentrums noch mal bestätigt. Den speziellen Beschlag für das Parallelausstellfenster finde ich sehr interessant, die Informationen darüber kann ich künftig bei Beratungen von Kunden und Architekten einfließen lassen.“

Uwe Wroblewski, Wroblewski Schmiede Metallbau Rehna:
„Ich will auf dem Fachforum Gespräche mit Kollegen aus der Branche führen und mein Fachwissen wieder auffrischen, zugleich geht es mir um Informationen über neue Produkte. Das Referat über die Baukörperanschlussfuge fand ich sehr interessant. Man muss sein Wissen in den einzelnen Bereichen immer wieder in Erinnerung rufen. Während der Pausen habe ich die Ausstellung genutzt, die Leute von CAD-Plan und Orgadata kenne ich zwar, aber hin und wieder ist ein persönliches Gespräch hilfreich. Der Austausch auf einem solchen Forum ist intensiver als auf einer Messe. Auf den Vortrag über nachhaltige Schweißtechnologie bin ich besonders gespannt, weil wir gerade den Betrieb nach EN 1090 zertifizieren. Ich mache das mit der SLV zusammen und nutze Unterlagen vom Verband, die die Vorbereitungen erleichtern. Insgesamt finde ich die Veranstaltung sehr angenehm arrangiert.“

Hansfried Kuhnke, Prokurist und Leiter des Metallbaues bei Goldbeck Bauelemente Bielefeld:
„Ich wollte auf dem Fachforum Branchenvertreter und Verarbeitungstechniker kennenlernen. Dann möchte ich mit einigen Vertretern der Zulieferbranche, die sich hier mit einer Ausstellung präsentieren, Gespräche führen. Beispielsweise sind wir mit Henkel kürzlich enger in Kontakt getreten, um uns in diesem Bereich weiterzuentwickeln und vielleicht auch unser Produktportfolio zu verändern. Bei den Vorträgen geht es mir um Informationen über neue Technologien, die uns in irgendeiner Form betreffen. Beispielsweise sind wir mit der Zertifizierung nach EN 1090 im Bereich Aluminium noch nicht durch. Mal schauen, ob wir die richtigen Technologien einsetzen, vielleicht erhalten wir da neue Anregungen von Herrn Kocab von EWM Hightec Welding.“

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