Das Grand Théâtre des Cordeliers

Ein strahlendes Wahrzeichen bescherte der Pariser Stararchitekt Dominique Perrault der französischen Kleinstadt Albi in der Region Midi-Pyrénées. Pittoreske Backsteinbauten und die imposante Kathedrale Sainte-Cécile, erbaut im 13. Jahrhundert und Teil des Unesco Weltkulturerbes, prägen das mittelalterliche Flair des Städtchens nordöstlich von Toulouse. Es ist die Heimat des Malers Henri Toulouse-Lautrec und blickt auf ein reiches historisches und kulturelles Erbe zurück.

Das Grand Théâtre des Cordeliers erhebt sich am Rande der historischen Altstadt. Auf rund 30.000 Quadratmetern Nutzfläche beherbergt es ein Auditorium mit Platz für 900 Besucher, einen experimentellen Raum mit weiteren 250 Sitzplätzen, acht Kinosäle sowie Büros und logistische Bereiche, Foyers und ein Dachgartenrestaurant mit Blick über die Stadt. Die gewebte Hülle steht gleichsam metaphorisch für den Theatervorhang. Bei Tag scheint er durch die Lichtreflexion geschlossen; erst mit Beleuchtung aus dem Innern offenbart er Aktivität. Zum Theaterplatz hin hebt sich der Vorhang an und lässt die Besucher hinein. Die gebäudeumspannende Fassadenverkleidung ist gestaltendes und funktionales Element zugleich. Sie filtert die Sonneneinstrahlung, hält Wind und Regen ab und hat so schützende und klimaregulierende Funktion.

Für die Umsetzung des Fassadenkunstwerks mit seinen gegenläufigen Krümmungen und unterschiedlichen Höhen wurde ein spezielles Spiralgewebe entwickelt. Insgesamt besteht die gewebte Hülle aus knapp 5.000 Spiralen individueller Längen, eloxiert in einem speziellen, vom Architekten vorgegebenen Goldton. 36 Paneele, keines davon im rechten Winkel, formen das 4.800 Quadratmeter große Gebäudekleid. Um die bogenförmige und zugleich konkave Kantengestaltung zu realisieren, wurden die angeschrägten Längsseiten und Unterkanten an der Unterkonstruktion fixiert. Möglich machen diese spezielle Befestigung eigens in das Gewebe eingezogene Edelstahlseile aus dem I-SYS Programm von Carl Stahl. 600 Seilkonfektionen in unterschiedlichen Längen zwischen 3 und 15 Metern und mit einem Durchmesser von 10 Millimetern tragen das Aluminiumgewebe. Da fast jedes der Seile eine individuelle Länge hat, mussten die Seiler aus Süßen sie einzeln exakt für ihren genauen Einbauort belabeln. Die aufgewalzten Gewindeenden wurden speziell für das Objekt entwickelt, da die benötigten Gewindelängen den Standard übertreffen. Bestehend aus 1 x 19 Einzeldrähten bieten die I-SYS Spiralseile eine hohe Stabilität und übernehmen selbst große Lasten, wie sie beispielsweise durch Wind in dem oft rauen Klima der Region entstehen. red

x

Thematisch passende Artikel:

Ausgabe 5/2015

Brückenbau in Madrid

Die Pasarela del Arganzuela

Neben seiner eigentlichen Funktion, die beiden Ufer des Rio Manzanares miteinander zu verbinden, schützt der spektakulär entworfene Brückenbau Fußgänger und Radfahrer vor Wind und Sonne. Darüber...

mehr
Ausgabe 05/2010 Top-Stahlbau

Großes Theater um Fassaden aus Würzburg

Das Würzburger Unternehmen Gartner Steel and Glass fertigte eine winkelförmige Stahl-Glas-Fassade für das Grand Canal Theatre in der irischen Hauptstadt. Seine geknickten Dach- und Fassadenflächen...

mehr
Ausgabe 03/2023

Haver & Boecker

Architekturgewebe für nachhaltiges Bauen

Im Fokus des Messeauftritts steht das Thema Nachhaltigkeit. Bei den Architekturgeweben des Herstellers handelt es sich um gewebte Drahtelemente aus rostfreiem Edelstahl, das zu mehr als 60 % aus...

mehr
Ausgabe 09/2020

Palais de Justice auf Guadeloupe

Metallgewebefassade als Sonnenschutz

Das Gerichtsgebäude von Pointe-à-Pitre im französischen Guadeloupe stellt eine zeitgemäße Neuinterpretation traditioneller Justiz- architektur dar. Autorität, Stabilität, Stärke und...

mehr
Ausgabe 05/2010 Bauen mit Stahl

Architekturkongress 2010: Nachhaltigkeit ist Trumpf

Die Anforderungen an Metallbauer, Architekten und Ingenieure werden allerdings komplexer: Bisher waren vor allem Funktionalität, Baukosten sowie die architektonische und energetische Qualität eines...

mehr