Das Leadenhall Building
Eine geneigte Fassade über 46 GeschosseIn der City von London wird in die Höhe gebaut. Mit seinen 225 Metern steht das Leadenhall Building in der Reihe mit den jüngsten Skyscrapern wie The Shard – 306 Meter hoch – und The Pinnacle – 288 Meter hoch. Die um 10 Grad nach innen geneigte Doppelfassade hat das Basler Fassadenunternehmen Yuanda Europe ausgeführt.
Das Leadenhall Building ist ein 46-geschossiges Gebäude, das an die Leadenhall Street im Süden und St Hele´ns Square im Osten sowie Norden angrenzt. In dem Bauwerk, das dieses Jahr fertiggestellt wird, werden 18.000 Tonnen Stahl verarbeitet. Die Bauherren sind British Land and Oxford Properties, die Architekten gehören zum internationalen Büro Rogers Stirk Harbour + Partners in London.
Von sich reden macht der Skyscraper vor allem wegen seiner nach innen geneigten Fassade, die ihn wie eine Käsereibe aussehen lässt. Die Architektur hat sich unter anderem ergeben, weil der Ausblick auf die St. Paul’s Cathedral nicht zugebaut werden durfte. Nun ragt das Hochhaus wie ein Keil in den Himmel. Dass diese außergewöhnliche Geometrie auch die Konstruktion von Fenstern etwas schwieriger gestaltet als üblich, leuchtet schnell ein. Es kommt vor allem auf die Beschläge an. Die Sonderkonstruktion stammt von Roto Frank mit Sitz in Leinfelden-Echterdingen.
Das Gebäude setzt sich aus ganz unterschiedlichen architektonischen Elementen zusammen. Dazu gehören das Primärtragwerk, die Leiterrahmen, die Geschossdecken der Büros, der nördliche Gebäudekern und die äußere Gebäudehülle, die insgesamt rund 70.000 m2 Glas- und Lamellenfassade umfasst. Für den Bau und die Montage der Fassade war Yuanda Europe mit Geschäftssitz in Basel verantwortlich. Der Fassadenbauer ist mit mehreren Tochterunternehmen in Europa international aufgestellt und beschäftigt 150 Mitarbeiter. „Bei Aufträgen im Ausland steht und fällt alles mit der Logistik, diese muss präzise auf das Projekt abgestimmt werden“, so Lorenzo Bellaria – bei Yuanda Europe Senior Designer. Für das Leadenhall Building wurde der Ablauf der Montage mit dem Generalunternehmer (GU) exakt abgestimmt und ein genaues Programm erstellt. „Gemäß diesem Programmablauf wurde jedes Fassadenelement mit einer Nummer versehen, auf Paletten in Container verpackt und von China nach London verschifft“, berichtet Bellaria. Die Fassadenelemente wurden nämlich in China vorgefertigt: „Fix und fertig zum Einhängen auf die Baustelle nach London geliefert.“ Vor Ort wurden lediglich Befestigungsteile installiert, Abschlussbleche befestigt und Abdichtungsarbeiten an den Gummistößen ausgeführt. Für die Montage der Fassade hatte Yuanda 72 Wochen Montagetrupps in London stationiert. Als Herausforderungen an den Fassadenbau nennt Bellaria vier Punkte:
die Toleranzaufnahme, die es konstruktiv zu berücksichtigen galt, wegen der unterschiedlichen Gebäudebewegungen in den diversen Bereichen des Hochhauses
die recht unterschiedlichen Anschlussdetails an den Stahlbau: die Außenelemente sind mittels Stahlhänger, die Innenelemente mittels Stahlhalter am Baukörper befestigt
das Einhalten der Sicherheitsvorschriften in puncto Absturzgefährdung wegen der Gebäudehöhe und des Umfelds der Londoner City
der Einbau der großen und schweren Flügelelemente in der geneigten Fassade im Bürobereich
In den Verantwortungsbereich des Schweizer Fassadenbauers gehörten Fertigung und Montage der geschosshohen, zweischalig hinterlüfteten Fassade und die Installation der fassadenintegrierten elektrisch betriebenen Jalousien mit Bereitstellung der Verkabelung für die Haustechnik. Die Vernetzung der Haustechnik beziehungsweise die Steuerung wurde vom Generalunternehmer berechnet und gemanagt. Weitere Leistungen von Yuanda sind die geschosshohen, wärmegedämmten Glasfassaden und die geschosshohen Glasfassaden der Aufzugsschächte. Insgesamt gibt es in dem Hochhaus 29 Aufzüge, 22 davon mit Sicht auf die Metropole. Das Glas für die Doppelfassade stellte im Schwerpunkt Shanghai Yaohua Pilkington Glass Group her, für die anderen Fassadenbereiche wurde Guardian UK beauftragt. SYP lieferte das Glas YME0185, Guardian u.a. Clima Guard Premium und Sun Guard 62/34. Der Wärmedurchgangskoeffizient der Doppelhautfassade inklusive Wärmebrücke beträgt Ucw ≤ 1,6 W/m2K, der Lichtreflexionsgrad der Außenhaut liegt bei RI= 8 % und die Schalldämmung R’w ≥ 35 dB.
Die Standardelemente der Außen- und Innenfassade haben die gleiche Größe: 1.500 x 2.900 mm. Das Gewicht ist unterschiedlich: Die Außenelemente bringen 200 kg auf die Waage, die Innenelemente 270 kg. Das hohe Gewicht der Flügel in Kombination mit der Neigung nach innen machte die Sonderkonstruktion seitens des Beschlagherstellers nötig. „Nur unser aufliegendes Beschlagsystem AL 540 in der 300-kg- Variante ist in der Lage, das Gewicht der Drehflügel abzutragen“, so Stefano Gianfreda – Sales Manager Object Business AluVision der Roto Gruppe. Der Beschlaghersteller lieferte ca. 600 solcher Garnituren für das Leadenhall Building. Diese Beschläge sind prinzipiell für eine 10 Grad geneigte Fassade geeignet. „Zur Validierung haben wir einen Dauerlauftest durchgeführt“, berichtet Gianfreda. Das Bohrbild der Beschläge wurde an das Profil und die Eckverbinder angepasst. Um trotz der Neigung nach innen den Flügel in Drehstellung offen zu halten, wurden speziell auf die Elemente abgestimmte Gasdruckfedern eingesetzt. „Wir haben die Gasdruckfedern eigens auf die Flügelabmessungen und Lasten abgestimmt und eingestellt“, sagt Gianfreda.
Fazit. Fast eineinhalb Jahre waren die Schweizer Fassadenmonteure in London zugange. Die Vorfertigung der Elemente ging in China über die Bühne. Die technischen Herausforderungen der Architektur sind nur ein Teil eines solchen Bauwerkes, dem gegenüber steht ein mindestens ebenso forderndes internationales Projektmanagement. An den präzise geplanten Abläufen der Logistik hängt ein Großteil der künftigen Sicherheit des Gebäudes und schon während der Bauphase der Arbeitsschutz für die am Bau Beteiligten in den Produktionsstätten und vor allem vor Ort auf der Baustelle.