Das Programm „Berufsbildung ohne Grenzen“
Im Gespräch mit Mobilitätsberater René Grund
Nicht nur Konzerne agieren global, sondern auch der Mittelstand und Familienunternehmen müssen sich immer mehr internationalen Anforderungen stellen. Autorin Petra Keidel-Landsee sprach mit René Grund, Mobilitätsberater bei der Handwerkskammer Cottbus, über das Programm „Berufsbildung ohne Grenzen“. Dieses unterstützt Azubis und Mitarbeiter dabei, Erfahrungen in europäischen Betrieben zu sammeln.
metallbau: Warum engagiert sich die Handwerkskammer Cottbus, um Auslandsaufenthalte für Azubis zu organisieren?
Grund: Ein wichtiger Aspekt ist sicher die Globalisierung. Die Unternehmen müssen immer mehr international agieren. Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit wird intensiver. Dafür brauchen sie qualifizierte Mitarbeiter - und zwar nicht nur Akademiker. Mit einem Auslandsaufenthalt können die Auszubildenden ihren Horizont erweitern, werden offener für andere Kulturen, lernen andere Techniken und Arbeitsweisen kennen. Zudem ist das für die jungen Teilnehmer eine tolle Erfahrung. Sie wachsen mit den Herausforderungen, werden teamfähiger, selbstständiger und trauen sich mehr zu. Das sind alles Softskills, die im Zuge der Globalisierung immer wichtiger werden.
metallbau: Welche konkreten Vorteile haben Unternehmen von solch einem Engagement?
Grund: Erstens werden diese Firmen international wettbewerbsfähiger. Mitarbeiter mit Auslandserfahrung sehen auch mal über ihren Tellerrand, sind engagiert und bringen Erfahrungen für weitere Auslandseinsätze mit. Außerdem stärken Unternehmen mit solch einem Angebot ihre Attraktivität im Wettbewerb um Azubis und Fachkräfte. Sie können sich so als attraktiver Arbeitgeber und als innovativer Ausbildungsbetrieb positionieren.
metallbau: Wo kann man sich informieren?
Grund: Der erste Ansprechpartner ist immer die jeweilige Handwerkskammer oder die jeweilige Industrie- und Handelskammer. Zudem informieren wir über unsere Berufsschulen, in Brandenburg heißen diese Oberstufenzentren. Viel läuft auch über Mund-zu-Mund-Propaganda.
metallbau: Wie werden die Azubis ausgewählt?
Grund: Die Azubis oder Betriebe können sich jeweils für die angebotenen Projekte bewerben. Zwar ist es möglich, dass Azubis bereits im ersten Lehrjahr teilnehmen können. Es empfiehlt sich jedoch erst im zweiten Lehrjahr, da sie dann schon etwas Erfahrung im Beruf sammeln konnten. Voraussetzung ist zudem, dass die Jugendlichen ein gewisses Engagement zeigen und ihr Ausbildungsbetrieb dahinter steht.
metallbau: Wie erfolgt die Finanzierung?
Grund: Die Bundesregierung ist im Zuge der Globalisierung bestrebt, Unternehmen, sprich Mitarbeiter für die internationalen Märkte zu stärken. Als Instrument dient das Mobilitätsberatungsprogramm "Berufsbildung ohne Grenzen", das bei den Kammern angesiedelt ist. Damit möchte die Bundesregierung den Anteil der Azubis an Auslandsmobilitäten auf zehn Prozent bis zum Jahr 2020 erhöhen. Es wird kofinanziert aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) und des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS). Die Auslandspraktika selbst werden größtenteils über das große EU-Programm „Erasmus+“ gefördert. Des Weiteren gibt es Unterstützung durch bilaterale Programme. Diese decken den Großteil der Kosten für die Anreise (Flug/Bahn), Unterkunft und Sprachkurse ab. Zusätzlich fällt bei den meisten Projekten ein Eigenanteil für die Azubis an, der im Schnitt circa 350 Euro für drei Wochen beträgt. Wir haben aber schon oft erlebt, dass bei guter Leistung der Azubis die Betriebe diese Kosten als Auszeichnung übernehmen.
metallbau: Wo sind die Azubis untergebracht?
Grund: In der Regel in Mehrbettzimmern in Pensionen oder bei Gastfamilien vor Ort. Damit haben wir gute Erfahrungen gemacht.
metallbau: Für welche Länder gibt es diese Angebote?
Grund: Wir hier bei der HWK Cottbus haben hauptsächlich Norwegen, Frankreich und Polen im Programm. Mit Norwegen arbeiten wir vorwiegend bei technischen Berufen zusammen, wie Metallbauer, Zimmerer, Tischler etc. Aber das ist von HWK oder IHK unterschiedlich.
metallbau: Nach welchen Kriterien erfolgt die Auswahl der Partnerfirmen im Ausland aus und wie werden die Jugendlichen vor Ort betreut?
Grund: Wir führen diese Austauschprojekte bereits seit neun Jahren durch und konnten so ein gutes und verlässliches Netzwerk aufbauen, das die Grundlage für einen gelungenen Austausch ist. So z. B. sind wir von der HWK Cottbus für das Programm und die Praktikumsbetriebe für die ausländischen Jugendlichen, die hier bei uns Praktika machen, zuständig. Wenn unsere Jugendlichen ins Ausland fahren ist es genau andersherum. Die Partner in den jeweiligen Gastländern organisieren den Aufenthalt inklusive des Praktikumbetriebes vor Ort. Für die Azubis gibt es einen Ansprechpartner im jeweiligen Gastland. Bei größeren Gruppen fährt oft eine Begleitung zur Betreuung mit.
Info & Kontakte
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Tel: 030/20308-0
www.dihk.de
Ansprechpartnerin DIHK
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Tel: 030 / 20308 2510
moll.tamara@dihk.de
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Tel: 0211/30 20 09-38
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