Deutscher Verzinkerpreis 2015

Zum 14. Mal hat der Industrieverband Feuerverzinken den mit 15.000 Euro dotierten Deutschen Verzinkerpreis für Architektur und Metallgestaltung verliehen. 55 Einreichungen zeugen von der Bedeutung und der Resonanz des Preises in der Fachwelt. Die Jury unter dem Vorsitz von Prof. Mirko Baum, Preisträger des Jahres 2013, vergab fünf Preise und drei Anerkennungen - verteilt auf die Kategorien Architektur und Metallgestaltung.

1. Preis Architektur: Energiebunker Hamburg
Architektur: HHS Planer und Architekten AG, Kassel
Preisgeld: 5000 Euro

Die Jury: Die mahnenden Zeugen der Bombennächte des letzten Krieges einer zivilen Nutzung zuzufügen, ist eine sowohl reizvolle als auch außerordentlich schwierige Herausforderung. Einerseits haben sie in ihrer monumentalen Monofunktionalität durchaus gestalterische Qualitäten, andererseits sind fast alle Eingriffe in ihre oft unzerstörbare Bausubstanz technisch und ökonomisch kaum durchführbar. Die Verfasser der Umnutzung eines Hamburger Flakturmes aus dem Jahre 1943 zu einem „Energiebunker“ lösten dieses Problem auf eine sehr elegante Weise. Sie trafen mit der Akzentuierung der regenerativen Energie nicht nur den Nerv der Zeit, sondern machten diese auch als ein konstruktives Manifest sichtbar. Die filigrane feuerverzinkte Stahlstruktur umhüllt in einem respektvollen Abstand das Dach und die Südfassade des Turmes, während der Turm selbst - teils als Skulptur, teils als Mahnmal - praktisch unangetastet bleibt. Das Filigrane des feuerverzinkten Stahls und das Schwere des Betons ergänzen sich in einem ästhetisch wirksamen Kontrapunkt ohne die ursprüngliche Funktion des Bauwerkes zu verschleiern. Die fast asketische Beschränkung auf nur drei Materialien (Stahl, Beton und Glas) lässt nicht nur eine große gestalterische Leistung erkennen, sondern macht auch die Verwendung der Feuerverzinkung auf allen Teilen der sichtbaren Stahlkonstruktion zu einer kaum verzichtbaren Alternative.

1. Preis Metallgestaltung: Schlüsselkreuz der St. Elisabeth Kapelle, Friesoythe
Metallgestaltung: Atelier Eisenzeit - Alfred Bullermann, Friesoythe
Preisgeld: 4500 Euro

Die Jury: Alfred Bullermann, Atelier Eisenzeit, wurde mit der Aufgabe konfrontiert ein Wandkreuz für die kleine Kapelle des Pflegezentrums St. Elisabeth-Haus in Friesoythe zu gestalten und wollte dabei die Kirchengemeinde mit einbeziehen. Hierdurch sollte eine enge persönliche Beziehung der Gemeindemitglieder zum Kreuz hergestellt werden. Alfred Bullermann entwickelte die Idee, ein Kreuz, gefertigt aus vielen Schlüsseln, für die Kapelle zu entwerfen. In „Schlüsselpredigten“ wurde dazu aufgefordert, nicht mehr verwendbare Schlüssel aus dem persönlichen Besitz für das Kreuz zu spenden. Jeder gespendete Schlüssel steht für eine Geschichte, die in dem Kreuz erhalten bleibt.
Entworfen und gefertigt wurde das etwa 2,2 Meter hohe dreidimensionale Schlüsselkreuz aus fast 3.000 Schlüsseln. Diese wurden in einer kastenförmigen Kreuzform zu einem sehr plastischen und transparenten, gleichzeitig leicht und massiv wirkenden Kreuz durch Punktschweißen miteinander verbunden. Die Oberfläche des Schlüsselkreuzes wurde nach sehr behutsamer Sandstrahlung vorsichtig feuerverzinkt, damit sich die leichte Konstruktion nicht verzieht. Die silberfarbene Zinkoberfläche wurde so belassen und gibt dem Kreuz zusätzlich ein harmonisches Erscheinungsbild und steht in gelungenem Kontrast zu dem bronzenen Korpus. Die Verzinkerpreis-Jury ist der Meinung, "dass es dem Metallgestalter mit dieser ungewöhnlichen, zeitgemäßen und zugleich sehr persönlichen Gestaltung gelungen ist, ein würdiges Kunstwerk für den sakralen Raum zu schaffen, das gleichzeitig bodenständig und alltagsverbunden ist und mit dem sich die Kirchenbesucher identifizieren können."

2. Preis Architektur: Forschungsgewächshaus Campus Riedberg
Architektur: Königs Architekten Köln
Preisgeld: 2000 Euro

Die Jury: Das Forschungsgewächshaus Riedberg ist ein überzeugendes Beispiel für eine fachgerechte Nutzung von feuerverzinktem Stahl und übertrifft in seiner Ausführung die für diesen Gebäudetypus ohnehin typischen Standard. Es handelt sich um ein spezielles Gewächshaus, das aufgrund besonderer funktionaler und topografischer Anforderungen des Ortes entwickelt wurde. Der Bau besteht aus drei unterschiedlich hohen Hallen (5.00 , 7.50, 10.50 m), die sich sinnvoll den Hang hinaufstaffeln, um die Lichtausbeute der einzelnen Hallen zu maximieren. In der höchsten Halle nimmt ein langgestreckter Massivbaus mit Nebenfunktionen wie Technik- und Sozialräumen geschickt den Erddruck des Geländeversprunges auf. Auch die Trennungen der unterschiedlichen klimatischen Anforderungen der einzelnen Forschungsbereiche sind konstruktiv überzeugend gelöst.

3. Preis Architektur: Grundschule am Wasserturm, Karlsruhe
Architektur: h.s.d. architekten bda, Lemgo
Preisgeld: 1000 Euro
Die Jury: Die Schule bildet mit ihrer städtebaulich sensiblen Reaktion auf das bauliche Umfeld und mit ihrer ausdrucksstarken Fassade aus feuerverzinkten Tafeln einen sehr eigenständigen und definierten Ort mit hohem Identifikationswert, der sich durch spannungsvolle innen- und außenräumliche Qualitäten auszeichnet. Das Bild, das durch die lebendige Oberfläche der feuerverzinkten Tafeln entsteht, ist eine Reminiszenz an die historische Vergangenheit des Ortes, an dem in früheren Zeiten DB-Personenwaggons, sogenannte Silberlinge, instandgesetzt wurden. Die spannungsvolle Fassade lebt zudem vom plastischen Spiel der geschlossenen und verglasten Flächen und verleiht dem Gebäude eine mutige und zeitgemäße Erscheinung.

3. Preis Architektur: Druck- und Versandzentrum des LZfD Karlsruhe
Architektur: hotz + architekten, Freiburg
Preisgeld: 1000 Euro
Die Jury: Der Neubau des Druck- und Versandzentrums des Landeszentrums für Datenverarbeitung (LZfD) auf dem Areal der ehemaligen Grenadierkaserne fügt sich behutsam zwischen die denkmalgeschützten Nachbargebäude ein. Der 80 x 11 m große monolithische Baukörper mit seiner vorgehängten hinterlüfteten Fassade aus feuerverzinkten Stahlblechen besticht durch Klarheit und Stringenz in seiner Gestaltung. Die sichtbaren Schraubbefestigungen der Fassadenplatten verleihen dem langgestreckten Eingeschosser eine optische Simplizität, die das Druck- und Versandzentrum in angenehmer Weise zurückhaltend und reduziert in das bauliche Umfeld integriert und das dem Entwurfsprinzip „form follows function“ verpflichtet scheint.

Anerkennungen Architektur: Loku Paalama - Hängebrücke im Dschungel Sri Lankas
Architektur/Bau: Engineers Without Borders - Karlsruhe Institute of Technology e.V., Karlsruhe
Preisgeld: 500 Euro

Die Jury: Der Bentara River, im Dschungel Sri Lankas, ist infolge des Monsun-Hochwassers in jedem Jahr zeitweise nicht passierbar und teilt dann die Lebens- und Arbeitsbereiche einer Gemeinde. 22 Studierende haben sich die Aufgabe gestellt eine Fußgängerbrücke zu planen, zu finanzieren (Sponsoring) und selbst zu bauen. Die gewählte Hängeseilbrücke wurde kleinteilig und leicht vorkonfektioniert, um ohne schweres Gerät und ohne Baumaschinen im Wesentlichen in reiner Handarbeit vor Ort montiert und aufgestellt werden zu können. Die Brücke ist ca. 60 m lang und besitzt eine Spannweite zwischen den beiden Pylonen von ca. 30 m. Die Laufbreite beträgt ca. 1,70 m. Zur Erreichung der Dauerhaftigkeit wurde die gesamte Stahlkonstruktion feuerverzinkt. Der „Brückenschlag“ kann in vielerlei Hinsicht als äußerst gelungen bezeichnet werden.

Anerkennungen Architektur: Glasdach über dem Kleinen Ratshof im Rathaus Lüneburg
Architektur: pmp Architekten Padberg + Partner, Hamburg
Preisgeld: 500 Euro

Die Jury: Im Rahmen der Neuordnung des Besucherzugangs in den musealen Gebäudeteil des Rathauses Lüneburg wurde ein sehr filigranes Stahl-Glasdach über dem "Kleinen Ratshof" entworfen. Es dient dem Wetterschutz und der Taubenabwehr. 12 unterspannte Bogenbinder tragen eine geneigte, punktgestützte Glasfläche, die zu Reinigungszwecken begehbar ist. Die Druckgurte der Bogenbinder sind extrem schlank und bestehen aus lediglich 35 mm starken Rundstäben. Obwohl die Spannweiten der Bogenbinder nur zwischen ca. 3 und 4 m betragen, müssen die Obergurte räumlich durch vorgespannte Zugglieder stabilisiert werden. Insgesamt fügt sich das Glasdach mit seiner filigranen Tragkonstruktion und seiner überzeugenden Transparenz gelungen in den historischen Bestand ein. Die Anschlüsse an die historische Substanz erfolgen ebenfalls sehr behutsam. Aus Gründen der Nachhaltigkeit und der Dauerhaftigkeit wurden alle Stahlprofile feuerverzinkt und anschließend in einem Grauton pulverbeschichtet. Es handelt sich insgesamt um einen äußerst gelungenen Beitrag zur Baukultur.

Anerkennung Metallgestaltung: Toranlage des Wohn- und Geschäftshauses „RIVA 1", Dortmund
Metallgestaltung: Werkstatt für Metallgestaltung Michael Stratmann, Essen
Preisgeld: 500 Euro

Die Jury: In Dortmund-Hörde wurde das Wohn- und Geschäftshaus „RIVA 1“ mit hohen architektonischem Anspruch in einer urbanen Stadtteilsituation erstellt. Bauherr und Architekt wünschten sich statt einer einfachen Gitteranlage eine strukturierte Arbeit, die dem Anspruch der Gebäudearchitektur nahekommt. Michael Stratmann entwickelte eine Struktur, die das architektonische Thema des Gebäudes aufgreift, aber in einer eigenen Art wiedergibt. Quadratische Elemente und Linien als auch verschiedene Ebenen der Fassade fließen in der Toranlage ineinander und werden neu geordnet. Das Ergebnis erzeugt positive Rückmeldungen von Besuchern und Nutzern.

red

x

Thematisch passende Artikel:

Ausgabe 12/2010 Ein attraktiver Wettbewerb für Metallbauer

Verzinkerpreis 2011

Der „Verzinkerpreis für Architektur und Metallgestaltung“, wie seine komplette Bezeichnung lautet, wird ab 2011 in zwei getrennten Kategorien vergeben. „In der Vergangenheit stand die Jury bei der...

mehr
Wettbewerb

1. Preis Architektur - Verzinkerpreis

Die sieben Gewinner in Bild und Text

Der erste Preis ging an das Eingangsgebäude Freilichtmuseum Hagen, geplant und umgesetzt von Schnoklake Betz Dömer Architekten und rmt Metall Technik. Die Jury kommentierte: Mit dem Eingangsgebäude...

mehr
Verzinkerpreis 2019

1. Preis Architektur

taz-Neubau, Berlin

Der Neubau der taz vermittelt in seiner Ecklage an der Friedrichstraße zwischen dem traditionellen Berliner Block und den Bauten der IBA-Zeit, so die Bewertung der Jury. Die Gebäudehülle des Hauses...

mehr
Ausgabe 11/2011 Objekte aus Gestaltung, Metall- und Stahlbau prämiert

Ein glänzender Wettbewerb

Erstmals wurde der Preis in zwei getrennten Kategorien und mit einem auf 15.000 Euro erhöhten Preisgeld vergeben. Mit 67 eingereichten, innovativen Projekten und Objekten, die ganz oder in...

mehr
Ausgabe 01/2011 Verzinkerpreis erstmals in zwei Kategorien

Chance für Metallbauer

Der Verzinkerpreis 2011 ist eine große Chance für Metallbauer. Erstmals wird die Auszeichnung in den Kategorien Architektur und Metallgestaltung vergeben. Gerd Deimel, Hauptgeschäftsführer des...

mehr