Ein glänzender Wettbewerb
Der Industrieverband Feuerverzinken verlieh zum 12. Mal den Deutschen Verzinkerpreis für Architektur und Metallgestaltung. Seiner mehr als 20-jährigen Tradition folgend wurden auch 2011 wieder herausragende Architekturen und Objekte der Metallgestaltung prämiert.
Erstmals wurde der Preis in zwei getrennten Kategorien und mit einem auf 15.000 Euro erhöhten Preisgeld vergeben. Mit 67 eingereichten, innovativen Projekten und Objekten, die ganz oder in wesentlichem Umfang feuerverzinkt sind, fand der Preis in der Fachwelt erneut eine große Resonanz. Der zehnköpfigen, unabhängigen Jury unter Vorsitz von Prof. Manfred Hegger, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen, wurden die Einreichungen zur Beurteilung und Bewertung vorgelegt.
Entscheidung. Die eingereichten Bewerbungen offenbarten das breit gefächerte Anwendungsspektrum von feuerverzinktem Stahl und die wachsende Bedeutung des Feuerverzinkens vor allem unter den Aspekten Nachhaltigkeit, Dauerhaftigkeit und Ästhetik. Einstimmig vergab die Jury folgende Preise und Anerkennungen in den beiden Kategorien Architektur und Metallgestaltung.
1. Preis – Kategorie Arichtektur
Werner-von-Siemens-Schule, Bochum
Reiser + Partner Architekten BDA, Bochum
Begründung der Jury: In seiner kubischen Gesamtform greift der Neubau des Ganztagsbereiches Bezüge zum benachbarten Schulbau aus den siebziger Jahren auf, interpretiert diese jedoch eigenständig und in einer zeitgemäßen Architektur.
Die Jury war besonders beeindruckt von der Fassadenverkleidung des Neubaues. Großformatige, feuerverzinkte Stahlbleche (2700 x 1500 mm), nur 3 mm stark, erfüllen wichtige Anforderungen. Sie sind äußerst preiswert und dabei dennoch sehr widerstandsfähig und dauerhaft. Aus Kostengründen wurde auf eine Kantung der Bleche und eine unsichtbare Aufhängung verzichtet. Die Bleche sind auf einer thermisch entkoppelten Unterkonstruktion verschraubt und eignen sich als vergleichsweise leichte Außenschale auch für heute gebräuchliche, dicke Dämmschichten. Der Montageprozess dürfte dank Vorfertigung und Formatgrößen unproblematisch gewesen sein. Die hohe Materialeffizienz, Demontagefreundlichkeit und Dauerhaftigkeit stellen wichtige Argumente in der Nachhaltigkeitsdiskussion zum Bauen dar.
Die hohe Präzision in Detaillierung und Fugenbild, besonders aber die bewusste Einbeziehung der Zinkblume und weiterer Produktions- und transportbedingter Zufälligkeiten in das Erscheinungsbild der Fassade, sind besonders benennenswert. Dies macht für den aufmerksamen Betrachter nachvollziehbar, welch hohe Lebendigkeit und Unverwechselbarkeit dieser spannungsvolle Kontrast zum Waschbeton des Bestandgebäudes besitzt.
1.Preis – Kategorie Architektur
Kunst-Galerie Stihl und Kunstschule Waiblingen
Hartwig Schneider Architekten, Stuttgart
Begründung der Jury: An der Nahtstelle zwischen Altstadt und Rems ist ein Kunstquartier entstanden, das den Raum zwischen Stadt und Fluss neu ordnet. Zwei Gebäude auf rechteckig-trapezförmigen Grundriss mit gerundeten Außenwänden und Kanten nehmen eine Kunstschule und ein Ausstellungsgebäude auf. Die Anordnung der Gebäude öffnet zwei Plätze - den zur Stadt orientierten Museumsplatz sowie die sich zum Fluss öffnende Rems-Terrasse. Beide Gebäude wirken auf den ersten Blick einheitlich. Flächen aus feuerverzinktem Streckmetall wechseln sich mit Gussglaselementen ab. Durch die äußere Hellschicht ist das Innere der Gebäude mit ihren unterschiedlichen Nutzungen zu erkennen, die hinter der zweiten Schicht der Fassade liegen. Die streckmetallverkleideten Lamellen und Tore filtern das Licht, ermöglichen Ausblicke und schaffen den räumlichen Bezug zwischen innen und außen.
Die ursprünglich aus dem Industriebau stammenden Materialien feuerverzinkter Stahl und Gussglas kamen präzise und detailliert zum Einsatz und werden dadurch modifiziert. Aus der Industrie-Ästhetik werden Räume für die Kunst.
3. Preis – Kategorie Architektur
St. Antony Oberhausen – Wiege des Ruhrgebiets
ARGE Ahlbrecht-Scheidt-Kasprusch, Essen sowie Schülke und Wiesmann Ingenieurbüro, Dortmund
Begründung der Jury: Auf dem Gelände der St. Antony Hütte in Oberhausen wurde vor ca. 250 Jahren der erste Hochofen im Revier errichtet. Zum Schutz der archäologisch ergrabenen und wissenschaftlich aufbereiteten Gebäudereste und -spuren wurde ein Architektenwettbewerb ausgelobt, den die Architekten Frank Ahlbrecht und Hermann Scheidt, Essen-Berlin, gewannen. Die gewählte Schalenkonstruktion aus Metall wurde im Rahmen der Realisierung weiterentwickelt und modifiziert. Sie wird auf vier Punkten gelagert und überdeckt eine Fläche von ca. 40 m x 18 m. Die Schale besteht aus 5 mm starken, feuerverzinkten Blechschindeln, deren Endseiten um jeweils ca. 150 mm auf- bzw. abgekantet wurden. An diesen Auf- und Abkantungen werden die Schindeln miteinander verschraubt. Hierdurch entsteht eine Versteifung, die zu einer Rippenschale führt. Auf der Schalenoberseite verlaufen die Rippen in Längs- und an der Unterseite in Querrichtung. Alle Blechschindeln und die Randverstärkungen der Schale wurden nach der Fertigung feuerverzinkt, sodass ausschließlich Schraubverbindungen zum Einsatz kamen und ein nachhaltiger, dauerhafter Korrosionsschutz gewährleistet wird. Die feuerverzinkte Oberflächenausbildung liefert auf der Ober- und Unterseite der Schale den technischen Charme, verbunden mit dem typischen lebhaften metallischen Farbbild.
Anerkennung – Kategorie Architektur
Oeconomicum der Universität Düsseldorf
ingenhoven architects, Düsseldorf
Begründung der Jury: Das neue Oeconomicum auf dem Campus der Universität Düsseldorf bietet Raum für die Lehrstühle der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät, das Dekanat und das Prüfungsamt. Trotz seiner aus dem umfangreichen Raumprogramm resultierenden Baumasse und der präsenten Lage am Universitätssee schaffen ingenhoven architects eine gelungene Ergänzung innerhalb des heterogenen Universitäts-Campus. Die feuerverzinkten Streckmetallbleche, die bandartig die Nordseite, die Dachuntersichten und die gesamte Dachfläche strukturieren, stehen im eindrucksvollen Wechselspiel mit der offenen, lichten Fassade zum Universitätssee hin. Die aufgeständerte Konstruktion des Baues umfasst das dreigeschossige Oeconomicum wie eine Klammer. Nach Norden hin behütend und schließend, nach Süden und zum See hin sich wie ein Schiffsdeck öffnend - hell, fast maritim. Das Projekt ist ein Beispiel gelungener zweckgebundener Architektur im Universitätsbereich, das Schule machen sollte.
Anerkennung – Kategorie Architektur
Hochwasserpumpwerk, Köln
Kaspar Kraemer Architekten BDA, Köln
Begründung der Jury: Das Hochwasserpumpwerk Schönhauser Straße entstand im Zuge des erweiterten Hochwasserschutzkonzeptes der Stadt Köln. Es stellt sicher, dass das geklärte Ab- und Regenwasser auch in Hochwassersituationen rückstaufrei in den Rhein geleitet wird. Das aus einem Hoch- und Tiefbauteil bestehende Gebäude wurde durch eine fließende Gebäudemodulation in den Landschaftsraum Rheinstrom integriert.
Der Hochbauteil wurde als Betonkörper realisiert und mit einer hinterleuchteten und vandalismussicheren Gitterrostfassade aus feuerverzinktem Stahl umkleidet. Hierdurch wurde der Bau über seine eigentliche Funktion hinaus zu einer Landmarke und einem echten Highlight der Kölner Rheinpromenade. Das Hochwasserpumpwerk der Kaspar Kraemer Architekten zeigt, dass Funktionsbauten mit einer hohen architektonischen Qualität realisiert werden können. Es erhält eine verdiente Anerkennung.
1.Preis – Kategorie Metallgestaltung
Toranlage Kath. Pfarramt St. Georg, Nieder-Olm
Gradinger & Gradinger GBR - Werkstatt für Metallgestaltung, Mainz
Begründung der Jury: Die Toranlage der Werkstatt für Metallgestaltung Gradinger & Gradinger präsentiert sich als formal und handwerklich vorbildliche Interpretation einer, in seiner äußeren Formgebung klassisch eingefassten Toranlage. Die schnörkellos grafische Rhythmisierung der Fläche ergibt aus den unterschiedlichen Blickwinkeln den mal verschlossenen, dann durchlässigen Charakter. Die traditionellen konstruktiven Elemente wie Horizontalgurt und Diagonalverspannung sind durch den Einsatz von Laserschneid- und Schweißtechniken gefügt. Gradinger & Gradinger zeigen in vorbildlicher Art und Weise wie auf der Grundlage fundierten handwerklichen Wissens und Könnens aktuelle Bearbeitungstechniken eingesetzt werden können, ohne sich formal in den Vordergrund zu spielen und so zum Handwerkszeug werden. Der Entwurf fügt sich in seiner Ausführung sensibel in die umgebende Architektur ein.
Anerkennung – Kategorie Metallgestaltung
Restaurierungen an der Gedenkstätte Buchenwald
Preisträger: Metallbau und Kunstschmiede Schwarz, Hetschburg
Begründung der Jury: Weithin sichtbar erhebt sich auf dem Ettersberg bei Weimar ein Mahnmal für die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. An den notwendigen Restaurationsarbeiten ist Metallgestalter Andreas Schwarz seit Jahren beteiligt. Seiner handwerklich ausgezeichneten Arbeit und der großen Sachkunde ist der Erhalt der Schmiedearbeiten in diesem Stil zu verdanken. Insbesondere der Glockenturm und das Lagertor wurden originalgetreu restauriert und wiederhergestellt. Mit großem Einfühlungsvermögen hat er Elemente ergänzt, nachgearbeitet und sich bei Neuanfertigungen der federführenden Gestaltungslinien untergeordnet. Für seine umfangreiche Arbeit bei der auf den Korrosionsschutz durch Feuerverzinken gesetzt wird, spricht die Jury der Metallbau und Kunstschmiede Andreas Schwarz eine besondere Anerkennung aus.
Die Jury:
Alfred Bullermann, Schmiedeatelier Eisenzeit, Friesoythe
Gerd Deimel, Hauptgeschäftsführer Industrieverband Feuerverzinken e.V., Düsseldorf
Stefan Elgaß, Chefredakteur metallbau, Geretsried
Holger Glinde, Chefredakteur Feuerverzinken, Düsseldorf
Michael Hammers, Michael Hammers Studio GmbH, Wesseling
Prof. Manfred Hegger, Präsident Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB), Stuttgart
Prof. Dr. Rainer Hempel, Fachbereich Architektur Fachhochschule Köln, Köln
Carl Steckeweh, Pentapolis, Bonn
Tim Westphal, Redaktion DETAIL, München
Michael Wimmer, 03 Architekten, München (1. Preis Deutscher Verzinkerpreis 2009)